Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Friedrich als Einzelrichter (§ 33 Abs 2 StPO) in der Strafsache gegen A* wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 31.12.2024 zu ** (GZ **-12 der Staatsanwaltschaft Innsbruck) beschlossen:
Der Beschwerde wird t e i l w e i s e Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahingehend a b g e ä n d e r t , dass der Beitrag zu den Kosten der Verteidigung des A* gemäß § 196a Abs 1 StPO mit EUR 900,-- bestimmt wird.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
BEGRÜNDUNG:
Die Staatsanwaltschaft Innsbruck führte aufgrund einer Sachverhaltsdarstellung der B* GmbH Co KG vom 12.9.2024 (ON 2) ein Ermittlungsverfahren gegen den am ** geborenen A* wegen des Verdachtes des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB, welches sie am 4.12.2024 gemäß § 190 Z 2 StPO einstellte (ON 1.3).
Mit Schriftsatz vom 19.12.2024 beantragte der Verteidiger unter Hinweis auf eine Leistungsaufstellung in der Gesamthöhe von EUR 2.255,29 den Zuspruch des angeführten Betrages als Beitrag zu den Verteidigungskosten (ON 11).
Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht den vom Bund an den Beschuldigten gemäß § 196a Abs 1 StPO zu leistenden Beitrag zu den Verteidigungskosten mit EUR 600,--.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde des Beschuldigten mit dem Antrag, den Beitrag zu seinen Verteidigungskosten mit insgesamt EUR 2.255,29 zu bestimmen. Erst nach umfangreicher Stellungnahme des Verteidigers sei das Ermittlungsverfahren eingestellt worden, wobei diese auch in der Einstellungsbegründung übernommen worden sei.
Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, ist teilweise berechtigt.
Wird ein Ermittlungsverfahren gemäß § 108 oder § 190 StPO eingestellt, so hat gemäß § 196a Abs 1 StPO der Bund dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Dieser Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang der Ermittlungen, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen und darf den Betrag von EUR 6.000,-- nicht übersteigen.
Die Kriterien des Umfangs der Ermittlungen und der Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen sind anhand des konkreten Ermittlungsverfahrens zu gewichten. Ausschlaggebend sind insbesondere der sich auf die Verteidigung durchschlagende Aufwand bei den Ermittlungsmaßnahmen, die Dauer des Ermittlungsverfahrens, die Anzahl der Verfahrensbeteiligten sowie die Gestaltung des dem Ermittlungsverfahren zugrundeliegenden Sachverhalts, der in seiner Komplexität von ganz einfachen Fällen bis hin zu umfangreichen Strafverfahren (etwa organisierter Kriminalität oder Wirtschaftsstrafverfahren) variieren kann und bei dem auch Aspekte, die die Ermittlungsarbeit erheblich aufwendig gestalten (beispielsweise wirtschaftliche Verflechtungen, Auslandsbeteiligungen, schwer nachvollziehbare Geldflüsse, Erfordernis von Sachverständigengutachten oder Rechtshilfeersuchen) zu berücksichtigen sind.
Zudem steht die Bemessung des Verteidigerkostenbeitrages immer auch unter dem Blickwinkel der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Verteidigung bzw der einzelnen Verteidigungshandlungen (EBRV 2557 der Blg XXVII. GP, S 3). Die Regelung des § 196a StPO wurde an jene des § 393a StPO angelehnt, für den von der Judikatur der Aktenumfang, die Schwierigkeit bzw Komplexität der Sach- und Rechtslage sowie der Umfang des Verfahrens (Hauptverhandlungen, Rechtsmittel) herangezogen wurden.
Der Pauschalkostenbeitrag im Höchstbetrag der Grundstufe 1 in Höhe von EUR 6.000,-- soll grundsätzlich für alle Verteidigungshandlungen zur Verfügung stehen, die nicht außergewöhnlich oder extrem sind. Da die Bandbreite der Verfahren, die in diese Grundstufe fallen, von ganz einfachen Verteidigungsfällen, wie etwa einer gefährlichen Drohung, bis hin zu Wirtschaftsstrafsachen, reichen, kann sich der Beitrag je nach Umfang der Ermittlungen und Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen dem im Gesetz vorgesehenen Höchstbetrag annähern bzw sich von diesem weiter entfernen. Dabei wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass ein durchschnittliches Standardverfahren rund EUR 3.000,-- an Aufwand für die Verteidigung verursachen wird, wobei in dieser Berechnung zwar der Einheitssatz Berücksichtigung findet, Erfolgs- und Erschwerniszuschläge jedoch außer Betracht zu bleiben haben. Für Verfahren die in die bezirksgerichtliche Zuständigkeit fallen, erscheint angesichts deren zu erwartender im Regelfall geringeren Komplexität und auch der kürzeren Verfahrensdauer in diesem Sinne eine Reduktion der Ausgangsbasis auf die Hälfte des Durchschnittswerts, sohin EUR 1.500,-- angemessen (EBRV 2557 der Blg XXVII. GP, S 5). Da die Kriterien für die Bemessung des konkreten Pauschalkostenbeitrages an die Regelung des § 393a Abs 1 StPO angelehnt werden sollen, ist bei ganz einfachen Verteidigungsfällen der Einstieg etwa bei 10 % des jeweiligen Höchstbetrages anzusetzen (
Eine Verpflichtung, einem Beschuldigten sämtliche Aufwendungen für seine Verteidigung zu ersetzen, sieht das Gesetz nicht vor und ist eine solche Verpflichtung weder den geltenden Verfassungsbestimmungen noch der Judikatur des EGMR zu entnehmen (EBRV 2557 der Blg XXVII. GP, S 2).
Hintergrund des gegenständlichen Strafverfahrens ist die Beurteilung der vom Beschuldigten in Auftrag gegebenen Reparaturen an seinem Fahrzeug als unfallskausal.
Mit Schriftsatz vom 4.10.2024 teilten die Verteidiger ihre Bevollmächtigung mit und stellten den Antrag auf elektronische Akteneinsicht (ON 6). Am 9.10.2024 brachten die Verteidiger eine vierseitige inhaltliche Stellungnahme samt zweier Beilagen ein (ON 7). Am 15.10.2024 schritt einer der Verteidiger bei der knapp einstündigen Beschuldigtenvernehmung bei der Polizeiinspektion ** ein, bei der vom Beschuldigten weitgehend auf die bereits vorliegende schriftliche Stellungnahme verwiesen wurde. Am 4.12.2024 stellte die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren gemäß § 190 Z 2 StPO ein, dies auch unter Hinweis auf die Aussage des über Antrag der Verteidiger in ihrer Stellungnahme vernommenen Zeugen C* .
Die vorgenommenen Verteidigungshandlungen waren notwendig und zweckmäßig. Mit Blick darauf und unter Berücksichtigung des notwendigen Aktenstudiums zur Vorbereitung durch den Verteidiger sowie der Führung von jedenfalls einer Besprechung mit dem Mandanten erweist sich der vom Erstgericht bestimmte Kostenbeitrag mit EUR 600,-- als etwas zu gering und war auf EUR 900,-- anzuheben.
Bei den angesprochenen ERV-Kosten handelt es sich um keine Barauslagen, sondern im Rahmen des Pauschalbeitrags abgegoltene Spesen des Verteidigers (RIS-Justiz RS0126594 [T2], RS0101439). Abfragekosten – soweit es sich dabei überhaupt um Barauslagen handelt (siehe zuletzt eingehend OLG Linz 8 Bs 170/24t mwN) - wurden jedenfalls nicht bescheinigt (zur Bescheinigungspflicht: Lendl in Fuchs/Ratz, WK StPO § 393a Rz 4).
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