Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch die Richterin Mag. a Hagen als Vorsitzende sowie den Senatspräsidenten Mag. Dampf und die Richterin Mag. a Obwieser als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit sowie der Aussprüche über die Schuld und Strafe gegen das einzelrichterliche Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 21.7.2025, GZ **-13, nach der am 14.10.2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Rp Mag. a Ölmez, des Sitzungsvertreters der Oberstaatsanwaltschaft EOStA Mag. Kuznik, der Verteidigerin RA Dr. in Gabriele Opperer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung am selben Tag zu Recht erkannt:
Der Berufung wird n i c h t Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen, auch einen unzulässigen, aber prozessual bedeutungslosen Subsumtionsfreispruch von einer ideell konkurrierenden strafbaren Handlung (RIS-Justiz RS0115553, RS0120128) enthaltenden Urteil wurde der Angeklagte des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in B* als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache bei seiner Einvernahme am 05.03.2025 vor dem Bezirksgericht B*, nämlich vor der Richterin Mag. C* im Zivilverfahren zum Aktenzeichen D*, durch die wahrheitswidrige Behauptung, dass alles eine Verwechslung gewesen sei, und es sich beim Täter gar nicht um E* F* gehandelt habe, seine Aussage vor der Polizei nicht stimme und er seine Aussage schon von Anfang an habe ändern wollen, der einvernehmende Polizeibeamte dies jedoch nicht erlaubt habe, falsch ausgesagt .
Hiefür wurde er nach § 288 Abs 1 StGB in Anwendung des § 37 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe von 420 Tagessätzen à EUR 4,--, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 210 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 14) und fristgerecht ausgeführte Berufung des anwaltlich vertretenen Angeklagten wegen Nichtigkeit sowie der Aussprüche über die Schuld und Strafe (ON 15), die auf einen Freispruch, in eventu die Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht, in eventu auf die Herabsetzung der Geldstrafe und deren bedingte Nachsicht zu drei Viertel anstrebt.
Die Oberstaatsanwaltschaft vertritt in ihrer Stellungnahme den Standpunkt, dass dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben sein werde.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Zum besseren Verständnis werden im Folgenden die erstrichterlichen Sachverhaltsannahmen – soweit für das Berufungsverfahren noch von Relevanz – wiedergegeben (US 3 f):
Am 07.10.2023 schlug E* F* in B* einer Frau mehrfach mit seiner Hand ins Gesicht und auf den Körper.
Am 20.02.2024 wurde der Angeklagte auf der Polizeiinspektion B* förmlich als Zeuge zur Sache einvernommen. Die förmliche Vernehmung wurde von G* durchgeführt. Im Rahmen dieser Zeugenvernehmung behauptete der Angeklagte – nachdem er über die Wahrheitspflicht und die Folgen einer falschen Beweisaussage belehrt worden war – Folgendes:
„Ich weiß nicht mehr, wann es war, irgendwann Ende letzten Jahres. Ich war vor dem Rauch Club in der Gasse. Drei Männer, E* und zwei andere, waren auch dort. Dort waren auch ein Mann und eine Frau, die stark betrunken war. Vermutlich weil sie betrunken waren lag der Mann auf dem Boden. Die Frau lag auf dem Mann. Plötzlich wurde es laut. Ich habe nur gesehen, wie E* mehrfach mit seiner Hand der Frau ins Gesicht und auf den Körper geschlagen hat. Die anderen beiden Männer, die ich nicht kenne, haben nur geschaut. Ich bin dann gegangen, die Schlägerei war dabei aber noch im Gange.“
Im Zuge seiner Einvernahme bat der Angeklagte die Polizei darum, anonym zu bleiben.
Als E* F* von der Aussage des Angeklagten bei der Polizei erfuhr, schickte er H* zum Angeklagten. Dieser sollte dem Angeklagten von E* F* ausrichten, dass der Angeklagte falsch aussagen solle, ansonsten würde etwas passieren. Kurz darauf schickte E* F* mehrere Leute beim Angeklagten vorbei, die ihm gegenüber dasselbe äußerten. Der Angeklagte verstand die Äußerung so, dass er geschlagen werde, wenn er der Aufforderung nicht nachkomme. Zwischen der polizeilichen Einvernahme und den Besuchen von H* und den weiteren Kollegen von E* F* lag immer nur einer kurze Zeitspanne.
Der Angeklagte rief aufgrund dessen auf der Polizeiinspektion B* an, um seine Aussage noch abzuändern. Bei diesem Telefonat wurde ihm mitgeteilt, dass sich der Akt bereits bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch befinde und eine Änderung seiner Aussage nicht mehr möglich sei. Mit wem der Angeklagte gesprochen hat, kann nicht festgestellt werden.
Bei einem Telefongespräch mit der Polizeiinspektion B*, (nicht festgestellt werden kann, ob es sich dabei um dasselbe Telefongespräch oder ein weiteres handelt) beschwerte sich der Angeklagte, dass seine Daten an E* F* weitergegeben worden seien. Dabei wurde er darauf hingewiesen, dass er bei Problemen mit E* F* jederzeit die Polizei verständigen könne.
In der am 5.3.2025 vor dem Bezirksgericht B* zu D* im Rahmen eines zivilrechtlichen Schadenersatzprozesses gegen E* F* als Beklagten durchgeführten Tagsatzung wurde der Angeklagte vor Gericht nochmals förmlich zur Sache einvernommen. Die förmliche Vernehmung wurde von der Richterin des Bezirksgerichts B* Mag. C* durchgeführt. Im Rahmen dieser Zeugenvernehmung behauptete der Angeklagte – nachdem er über die Wahrheitspflicht und die Folgen einer falschen Beweisaussage belehrt worden war – Folgendes:
„Es war alles eine Verwechslung. Es war gar nicht der Beklagte [Anm: E* F*]. Auch meine Aussage vor der Polizei stimmt nicht. Auch dort habe ich ihn verwechselt. Es tut mir leid. Ich wollte die Aussage schon am Anfang ändern aber irgendwie haben sie es nicht erlaubt, dass ich sie ändere. Mehr gibt es aber eigentlich dazu nicht zu sagen.“
Diese Angaben vor dem Bezirksgericht B* waren objektiv falsch und wahrheitswidrig. Es war E* F*, der der Frau mehrfach mit seiner Hand ins Gesicht und auf den Körper schlug.
Der Angeklagte wusste bei seiner Zeugenvernehmung am 5.3.2025 vor dem Bezirksgericht B*, dass es sich um eine förmliche Zeugenvernehmung zur Sache vor Gericht handelte, bei der er unter Wahrheitspflicht stand. Der Angeklagte wusste bei seiner Aussage als Zeuge vor Gericht, neben seiner Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Aussage auch über die Folgen einer Falschaussage. Der Angeklagte wusste bei seiner Zeugenvernehmung weiters, dass seine Angaben nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen und objektiv falsch sind.
Der Angeklagte nahm es billigend in Kauf, durch seine wahrheitswidrigen Angaben vor Gericht als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch auszusagen. Damit fand er sich auch ab.
Aus Angst vor E* F* lie[ß] sich der Angeklagte dazu hinreißen, falsche Angaben vor dem Bezirksgericht B* zu machen. Der Angeklagte erwähnte gegenüber der Richterin des Bezirksgerichts B* Mag. C* nicht, dass er Angst vor E* F* habe, er beantragte keine abgesonderte Einvernahme und nahm auch im Vorfeld keine polizeiliche Hilfe in Anspruch. Es wäre ihm allerdings zumutbar und möglich gewesen, polizeiliche Hilfe in Anspruch zu nehmen oder eine abgesonderte Einvernahme zu beantragen und weiters wahrheitsgemäße Angaben vor dem Bezirksgericht B* zu machen.
Die Mängelrüge(§ 281 Abs 1 Z 5 [der Sache nach vierter Fall] iVm § 489 Abs 1 StPO) behauptet, das Erstgericht habe (zu den Feststellungen) zur subjektiven Tatseite keine Begründung angeführt. Mit diesem Vorbringen übergeht sie aber prozessordnungswidrig (RIS-Justiz RS0119370) die beweiswürdigenden Erwägungen des Erstgerichts genau dazu, nämlich dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung zugegeben habe, bei seiner förmlichen Einvernahme vor dem Bezirksgericht gelogen zu haben und sich die Feststellungen zur inneren Tatseite darüber hinaus aus dem äußeren Tatgeschehen und dessen lebensnahen Betrachtung ergäben (US 5 f). Im Übrigen ist dem Begründungserfordernissen damit auch ausreichend entsprochen worden. Bleibt der Vollständigkeit halber an dieser Stelle anzuführen, dass das von der Mängelrüge ebenfalls ins Treffen geführte Motiv für die Falschaussage, nämlich die Angst vor E* F*, den Sachverhaltsannahmen zum Vorsatz des Angeklagten nicht im Wege stehen. Vielmehr vermengt die Berufung (auch an dieser Stelle) die Tatbestands- mit der Schuldebene.
Die Schuldberufungverliert sich ausschließlich in Rechtsausführungen zum Entschuldigungsgrund des Notstands nach § 10 StGB und mündet in die Behauptung, „bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das Erstgericht den Angeklagten nicht bestrafen dürfen“. Sie verfehlt damit den in der Bekämpfung der erstrichterlichen Beweiswürdigung und den tatsächlich getroffenen entscheidenden Sachverhaltsannahmen gelegenen Bezugspunkt (RIS-Justiz RS0122980). Weil aber für die Schuldberufung keine Begründungspflicht besteht, überprüfte das Oberlandesgericht die entscheidenden Sachverhaltsannahmen des Erstgerichts. Diese Überprüfung ergab keine Bedenken an deren Richtigkeit. Das Erstgericht begründete mit Blick auf das Geständnis des Angeklagten überzeugend, weshalb dessen Zeugenaussage am 5.3.2025 vor dem Bezirksgericht B* objektiv und subjektiv falsch war und insbesondere auch, dass er im Vorfeld dieser Aussage keine polizeiliche Hilfe wegen der Drohungen in Anspruch genommen hatte, ihm dies aber zumutbar und möglich gewesen wäre. Das Oberlandesgericht teilt diese Beweiswürdigung ausdrücklich, weshalb es bei den entscheidenden erstrichterlichen Sachverhaltsannahmen zu bleiben hatte.
Die Rechtsrüge(§ 281 Abs 1 Z „9a“ [der Sache nach Z 9 lit b] iVm § 489 Abs 1 StPO) behauptet einen schuldausschließenden Notstand gemäß § 10 StGB, weil der Angeklagte bedroht worden sei, daher nachvollziehbare Angst um seine körperliche Unversehrtheit gehabt habe und ihm ein anderer, schonender Weg nicht zur Verfügung gestanden sei. Damit ist die Rüge aber nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie die gegenteiligen, einen entschuldigenden Notstand ausschließenden Sachverhaltsannahmen zur Zumutbar- und Möglichkeit der Inanspruchnahme polizeilicher Hilfe (US 4), die ihm im Übrigen auch explizit bei einem Telefonat von der Polizei für den Fall von Problemen mit E* F* angeboten wurde (US 3), übergeht (RIS-Justiz RS0099810, RS0089644; Koller/Schütz in Leukauf/Steininger, StGB 5 § 10 Rz 21).
Schließlich dringt auch die Strafberufung nicht durch.
Bei der Strafbemessung ging das Erstgericht von einer bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe reichenden Strafbefugnis aus und berücksichtigte mildernd, dass sich der Angeklagte geständig gezeigt (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) und die Tat aus Furcht verübt habe (§ 34 Abs 1 Z 4 StGB); erschwerende Umstände lagen nicht vor. Im Zuge allgemeiner Strafbemessung wertete das Erstgericht zudem ein „langes Wohlverhalten des Angeklagten“ als mildernd.
Weshalb „der bisherige Lebenswandel des Angeklagten und der Widerspruch der Tat mit seinem sonstigen Verhalten“ mildernd wirken sollte, vermag die Strafberufung nicht aufzuzeigen, weil sie die vier, wenn auch nicht einschlägigen Vorstrafen ausblendet.
Soweit der Berufungswerber eine „extreme Drohsituation“ ins Treffen führt, ist ihm zu erwidern, dass das Erstgericht ohnehin bereits den besonderen Milderungsgrund nach § 34 Abs 1 Z 4 StGB in Anschlag brachte.
Der Strafberufung gelingt es daher nicht, weitere, zu Unrecht nicht berücksichtigte Milderungsgründe aufzuzeigen.
Demgegenüber hatte das vom Erstgericht als mildernd gewertete „lange Wohlverhalten“ zu entfallen, weil von einem Wohlverhalten durch längere Zeit (iSd § 34 Abs 1 Z 18 StGB) nur gesprochen werden kann, wenn der Zeitraum seit der Tatetwa der fünfjährigen Rückfallverjährungsfrist des § 39 Abs 2 StGB entspricht (RIS-Justiz RS0108563). Sollte das Erstgericht damit aber das Wohlverhalten seit der letzten Verurteilung im Jahr 2018 und dem Vollzug der unbedingten Geldstrafe mit 3.5.2019 gemeint haben, so begründet dies ebenfalls keinen mildernden Umstand.
Ausgehend von den lediglich zu Lasten des Angeklagten korrigierten Strafzumessungsgründen sowie unter weiterer Berücksichtigung allgemeiner Strafbemessungsgrundsätze des § 32 StGB und des Strafrahmens (bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe) erweist sich die Geldstrafe der Strafberufung zuwider keineswegs als unangemessen zu hoch, sondern vielmehr als ohnehin äußerst moderat. Insbesondere maß das Erstgericht offenbar dem besonderen Milderungsgrund nach § 34 Abs 1 Z 4 StGB hohes Gewicht zu, weil es trotz bereits in der Vergangenheit über den Angeklagten viermal verhängter Geldstrafen, die ihn aber nicht vor neuerlicher Delinquenz abhalten konnten, erneut (in Anwendung des § 37 Abs 1 StGB) eine Geldstrafe über ihn verhängte, die den Strafrahmen nicht einmal zu einem Fünftel ausschöpft. Das Oberlandesgericht sah sich daher nicht veranlasst, die Geldstrafe noch weiter herabzusetzen.
Der einzelne Tagessatz wurde ohnehin mit der Mindesthöhe des § 19 Abs 2 StGB bestimmt, weshalb der Angeklagte auch hiedurch nicht beschwert ist.
Auch bei seiner weiteren Forderung nach einer bedingten Nachsicht von drei Viertel der Geldstrafe übergeht der Angeklagte den Umstand, dass über ihn bereits viermal und davon zuletzt dreimal gänzlich unbedingte Geldstrafen verhängt wurden, weshalb schon spezialpräventive Erwägungen einer erneuten teilbedingten Strafnachsicht entgegenstehen.
Die Berufung musste daher insgesamt erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung ist Folge des Ausgangs des Berufungsverfahrens. Sie gründet in der angeführten Gesetzesstelle.
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