JudikaturOLG Innsbruck

2R80/25v – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
14. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch den Richter des Oberlandesgerichts Mag. Michael Ortner als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichts Mag. Ladner-Walch und Mag. Grössl als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A* B* , geb. **, Elektroinstallateur, 2. C* B* , geb. **, Kassiererin, und 3. D* B*, geb. **, alle wohnhaft in **, alle vertreten durch Ing. Mag. Hamza Ovacin, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, wider die beklagten Parteien 1. Stadt E* , **, und 2. F* AG , FN **, **, beide vertreten durch Dr. Bertram Grass, Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, wegen EUR 16.785,50 s.A. über die Berufung der erstbeklagten Partei (Berufungsinteresse EUR 6.049,13 s.A.) gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 17.03.2025, **-81, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die Berufungsbeantwortung der zweit- und der drittklagenden Partei wird zurückgewiesen.

II.1. Der Berufung wird keine Folge gegeben.

II.2. Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der erstklagenden Partei zu Handen ihres Vertreters die mit EUR 437,84 (davon EUR 72,97 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

II.3. Die ordentliche Revision ist zulässig .

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger machen Schadenersatzansprüche aus einer Explosion am 18.10.2020 in ** in der gegenüber von den Klägern liegenden Ausweichschule G* (in Folge nur: Schule) geltend. Im Berufungsverfahren ist nur noch strittig, ob die Erstbeklagte dem Erstkläger für dabei entstandene Schäden EUR 6.049,13 s.A. zu zahlen hat.

Die Schule steht im Eigentum der Erstbeklagten und war bei der Zweitbeklagten haftpflichtversichert. Ursache der Explosion war ein Gasaustritt im versperrten Technikraum, in dem sich ua eine Gastherme, ein Gasdruckregler und ein Gaszähler befanden. Der Gaszähler und der Gasdruckregler standen im Eigentum der H* GmbH (in Folge: Energieunternehmen), die Gastherme im Eigentum der Erstbeklagten. Den Schlüssel für diesen versperrten Technikraum hatte nur die Erstbeklagte. Das Energieunternehmen verfügte über keinen Schlüssel und konnte den Technikraum nicht selbstständig, sondern nach vorheriger Absprache mit der Erstbeklagten betreten.

Durch die Gasexplosion wurden nachfolgende (Einrichtungs-)Gegenstände des Erstklägers in seiner Wohnung und in seiner Garage beschädigt:

Gegenstände in der Wohnung: Fernseher, Couch, Schuhe, Kleiderschrank, Vasen, Computer, Stehlampe, Gardinen, Teppiche, Klima Kupferleitung geknickt, Computertische / Sessel / Monitor, Sat-Anlage 110 cm mit Motor, Drucker, Telefon I*, Wohnzimmertisch

Gegenstände in der Garage: J* 4 Stück, Multischalter K* 2 Stück, L* Boxen samt Inhalt 4 Stück, Sortierboxen samt Inhalt 2 Stück, Messgeräte Multimeter M* Netzwerk, Satmessgeräte Analog und Digital, Schrauben und Dübel und Befestigungskleinteile, Satreceiver N* mit 2 Kameras und Festplatte 2 Stück, Satreceiver O* 2 Stück, Wandleuchte P*, verschiedene Netzteile, diverse Werkzeuge und Akku, Q* Bohrer verrostet 7 Stück, Kunststoffboxen 4 Stück, Satantenne R* 2 Stück, verschiedene Bänder Beschriftung S*, verschiedene Kleinmaterialien, Schrauben, Schaumstoffklebeband UV beständig 3 Stück, Dunstabzug T*, diverse Werkzeuge und Bohrer

Die Haushaltsversicherung des Erstbeklagten hat dem Erstkläger einen Betrag von pauschal EUR 4.000,-- auf die beschädigten Sachen in der Wohnung geleistet.

Insoweit ist der (auszugsweise wiedergegebene) Sachverhalt nicht strittig. Im Detail wird gemäß § 500a ZPO auf die unbekämpften Feststellungen des Erstgerichts (Urteil Seite 5 - 6) verwiesen.

Mit der am 17.10.2023 eingebrachten und am 08.11.2023 verbesserten Mahnklage begehrten die Kläger die Beklagten zuletzt zur Zahlung von EUR 14.785,-- s.A. an den Erstkläger, EUR 1.000,-- s.A. an die Zweitklägerin sowie EUR 1.000,-- s.A. an den Drittkläger zu verpflichten. Soweit im Berufungsverfahren relevant, brachten sie vor, die Explosion in der Schule sei auf eine Undichtheit an dem an der Wand montierten Gaszähler bzw dessen Gasdruckregler zurückzuführen. Die Erstbeklagte sei verpflichtet gewesen, die Gasleitungen und die Gasthermen samt Zubehör ordnungsgemäß zu warten. Dieser Verpflichtung sei sie nicht nachgekommen. Die Gaszähler, Gasthermen und Gasleitungen hätten nicht der allgemein zu erwartenden Sicherheit entsprochen. Bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätten der Gasaustritt und die darauffolgende Explosion vermieden werden können.

Die Schäden der Kläger würden aufgrund des Einsturzes der Schule und der Ablösung von dann weggeschleuderten Teilen resultieren. Der Einsturz bzw die Ablösung von Teilen der Schule sei auf die mangelhafte Beschaffenheit des an der Wand montierten Gaszählers bzw Gasdruckreglers zurückzuführen.

Seinen Anspruch für die durch die Gasexplosion in der Wohnung und in der Garage beschädigten Gegenstände bezifferte der Erstkläger mit gesamt EUR 8.785,50, welcher sich wie folgt aufschlüsselt:

Gegenstände in Wohnung:

Gegenstände in der Garage:

An Aufräumarbeiten machte der Erstkläger einen Betrag von EUR 500,-- und an Entsorgungsarbeiten einen Betrag von EUR 225,-- sowie an Mülltrennungsarbeiten einen Betrag von EUR 250,-- geltend, sodass sich ein Betrag von EUR 8.785,50 ergebe. Davon bringe er den von seiner Haushaltsversicherung erstatteten Betrag von EUR 4.000,-- in Abzug, sodass sich der verbleibende Anspruch mit EUR 4.785,50 beziffere. Den Fahrzeugschaden bezifferte der Erstkläger mit EUR 9.000,--.

Die Kläger hätten aufgrund der Explosion unter Angstzuständen bzw Schlafstörungen gelitten, wofür ihnen ein Schmerzengeld von jeweils EUR 1.000,- zustehe.

Die Beklagten bestritten und wendeten (soweit im Berufungsverfahren relevant) ein, die Erstbeklagte habe als Eigentümerin der Schule gegenüber den Klägern keine Wartungs- und Instandhaltungsverpflichtung getroffen. Die im Technikraum befindlichen Geräte seien regelmäßig überprüft und gewartet worden. Der Schaden sei nicht Folge der mangelhaften Beschaffenheit der Schule gewesen. Diese sei im Jahr 2010 fach- und sachgerecht errichtet worden. Die Explosion sei auf eine undichte Stelle des im Technikraum installierten Gasdruckregelgeräts und des Gaszählers zurückzuführen. Diese stünden im Eigentum des Energieunternehmens, sodass eine allfällige Haftung nach dem RHPflG diese treffe. Das Energieunternehmen habe die ausschließliche Verfügungsberechtigung über den Gaszähler und den Gasdruckregler gehabt. Somit scheide die Haftung der Erstbeklagten aus. Es liege ein unabwendbares Ereignis vor. Entweder sei das Gasdruckregelgerät vorbeschädigt gewesen oder es sei im Zuge der Anschlussarbeiten an das Nahwärmenetz von einem Professionisten beschädigt worden, indem dieser mit dem Gerät in Berührung gekommen sei und so dessen Gehäuse und Membran zerstört habe.

Auch die Höhe der geltend gemachten Ansprüche werde bestritten.

Mit dem angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht die Erstbeklagte zur Zahlung von EUR 6.049,13 s.A. (davon EUR 2.835,-- für den Kfz-Schaden, EUR 712,50 für Schäden im Haus und EUR 2.501,63 für Schäden in der Garage) an den Erstkläger, wies dessen Mehrbegehren von EUR 8.736,38 (davon EUR 6.165,-- für den Kfz-Schaden, EUR 1.000,-- an Schmerzengeld, EUR 237,50 für Sachschäden im Haus und EUR 1.333,88 für Sachschäden in der Garage) sowie die Schmerzengeldansprüche der Zweitklägerin und des Drittklägers von jeweils EUR 1.000,-- ab.

In der rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Erstbeklagte sei Inhaberin der zur Explosion führenden Gasanlage iSd § 1a Abs 1 S 1 Reichshaftpflichtgesetz (RHPflG), weil diese unabhängig vom Eigentum des Energieunternehmens am Gaszähler und am Gasdruckregler als Abnehmerin die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Gasanlagen in ihrem Schulgebäude gehabt habe und damit in der Lage gewesen sei, allfällige Gefahren durch erforderliche Vorkehrungen rechtzeitig abzuwenden. Die Frage, welches Gerät für den Gasaustritt letztendlich verantwortlich gewesen sei, sei rechtlich nicht von Relevanz. Die Erstbeklagte hafte daher für die Sachschäden.

Den Schadenersatzbetrag für die beschädigten Gegenstände setzte das Erstgericht nach richterlichem Ermessen in Anwendung des § 273 ZPO unter Vornahme eines Abschlags von 25 % vom Begehren mit insgesamt EUR 3.214,13 fest. Hinsichtlich des beschädigten Fahrzeugs hielt es der Höhe nach einen Anspruch von EUR 2.835,-- für gerechtfertigt. Insgesamt stehe dem Kläger gegen die Erstbeklagte ein Anspruch von EUR 6.049,13 zu. Darüber hinaus sei das Klagebegehren nicht berechtigt.

Im Umfang der Abweisung wurde diese Entscheidung unbekämpft rechtskräftig. Gegen den Zuspruch richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung der Erstbeklagten, die unter Ausführung einer Verfahrens- sowie einer Rechtsrüge beantragt, das angefochtene Urteil im im Sinne einer vollständigen Klagsabweisung abzuändern; hilfsweise wird die Aufhebung und Zurückverweisung an die erste Instanz beantragt.

Alle drei Kläger beantragen in ihrer ebenfalls fristgerecht erhobenen Berufungsbeantwortung, dem Rechtsmittel den Erfolg zu versagen. Sie verweisen darauf, die Berufung der Zweitbeklagten sei mangels Beschwer zurückzuweisen. Die Berufung wurde aber ausdrücklich (nur) im Namen der Erstbeklagten erhoben (Berufung S 3 oben, Berufungsantrag S 9 oben). Tatsächlich ist es genau umgekehrt: Die Berufungsbeantwortung wurde durch „die klagenden Parteien“, also alle drei Kläger, erstattet (Berufungsbeantwortung S 2 oben, vgl auch Fertigungsblock durch alle drei Kläger S 6). Die Berufung der Erstbeklagten richtet sich aber nur gegen das Urteil, soweit es den Erstkläger betrifft. Eine Veränderung der Rechtsposition der Zweitklägerin und des Drittklägers ist im Rechtsmittelverfahren also nicht denkbar. Mangels Beschwer ist ihre Berufungsbeantwortung daher zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung , über die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden ist, ist nicht berechtigt.

1.1. In ihrer Rechtsrüge argumentiert die Erstbeklagte, entgegen der Ansicht des Erstgerichtes sei sie nicht als Inhaberin iSd RHPflG aller im Technikraum befindlichen Geräte, insbesondere des Gasdruckregelgeräts, anzusehen. Auch wenn das Energieunternehmen nur nach vorheriger Absprache mit der Erstbeklagten Zugang zum Technikraum gehabt habe, gehe damit nicht zwangsläufig eine Inhaberschaft der Erstbeklagten am Gasdruckregelgerät einher, weil sie über den Schlüssel verfüge. Vielmehr sei das Energieunternehmen als Inhaber zu qualifizieren, weil es Eigentümer des Gasdruckregelgeräts sei und ausschließlich ihm die für den Betrieb des Geräts nötigen Anweisungen, Reparaturen, Änderungen und Überprüfungen vorbehalten gewesen seien. Es sei ein sekundärer Mangel, dass das Erstgericht dazu nicht die folgenden, sich aus (näher angeführten) Zeugenaussagen ergebenden Feststellungen getroffen habe:

„Der Erstbeklagten war es nicht erlaubt, Wartungstätigkeiten und Kontrolltätigkeiten am Gasdruckregelgerät sowie am Gaszähler durchzuführen. Zweck an der am Gasdruckgerät angebrachten Plombierung war es, Manipulationen an diesem Gasdruckregelgerät durch Dritte zu verhindern.“

1.2. Dass am Gasdruckgerät eine Plombierung an dem Gasdruckregelgerät zur Verhinderung von Manipulationen durch Dritte angebracht worden sei, haben die Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgebracht. Nach der Rechtsprechung kann ein sekundärer Feststellungsmangel aber nur vorliegen, wenn bereits im Verfahren erster Instanz ein entsprechendes Tatsachenvorbringen erstattet wurde (RS0053317 [T2]).

1.3. Die Beklagten haben sich aber darauf gestützt, nicht Inhaberin des Gasdruckregelgeräts gewesen zu sein (ON 77, S 4). Die Explosion sei auf eine undichte Stelle des im Eigentum des Energieunternehmens stehenden Gasdruckregelgeräts und des Gaszählers zurückzuführen. Der Erstbeklagten sei es nicht erlaubt gewesen, daran Wartungs- und Kontrolltätigkeiten durchzuführen (ON 36, S 8).

Das Eigentum des Energieunternehmens steht ohnehin fest. Zur Frage von Wartungs- und Kontrolltätigkeiten hat das Erstgericht hingegen keine Feststellungen getroffen. Ob rechtlich relevante Feststellungsmängel vorliegen, hängt von der Auslegung des Inhaberbegriffs nach dem RHPflG ab, weshalb zunächst darauf einzugehen ist:

2.1. Wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat, ist der Sachverhalt nach den Bestimmungen des RHPflG, welche eine Gefährdungshaftung normieren, zu beurteilen. Gemäß § 1a Abs 1 RHPflG ist der Inhaber einer Anlage verpflichtet, jenen Schaden zu ersetzen, der auf einem Unfall beruht, der auf die Wirkungen der Elektrizität oder des Gases zurückzuführen ist, die von einer Anlage zur Fortleitung oder Abgabe von Elektrizität oder Gas ausgehen. Das gleiche gilt, wenn der Schaden, ohne auf den Wirkungen der Elektrizität oder des Gases zu beruhen, auf das Vorhandensein einer solchen Anlage zurückzuführen ist, es sei denn, dass sich diese zur Zeit des Unfalls in ordnungsgemäßem Zustand befand. Ordnungsgemäß ist eine Anlage, solange sie den anerkannten Regeln der Technik entspricht und unversehrt ist.

Gehaftet wird einerseits für die schädigenden Wirkungen der Elektrizität oder des Gases (Wirkungshaftung), andererseits für einen nicht ordnungsgemäßen Zustand der Anlage (Zustandshaftung). Zu derartigen Anlagen gehören etwa Gasleitungen (insbesondere Erdgasleitungsanlagen, die Bestandteil einer gewerblichen Betriebsanlage sind und sich innerhalb des Betriebsgeländes befinden, sowie solche ab dem Ende des Hausanschlusses), Flüssiggasanlagen, Masten und Drähte der Stromleitungen (Freileitung oder Erdkabel), Transformatoren, Schaltanlagen, Messgeräte, Druckregler und Gasometer ( Koziol/Apathy/Koch , Haftpflichtrecht III 3 A/3/ Rz 1).

2.2. Voraussetzung für die Gefährdungshaftung ist ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen den Wirkungen von Elektrizität oder Gas und dem eingetretenen Personen- oder Sachschaden; ein mangelhafter Zustand der Anlage ist nicht Voraussetzung für die Wirkungshaftung. Zudem muss sich das mit der Leitung oder Abgabe von Elektrizität oder Gas typischerweise verbundene Schadensrisiko verwirklicht haben (Gefahrenzusammenhang). Derartige Schäden sind zB Explosionen von Gasen oder Sachbeschädigung durch Gase (3 Ob 548/92). Der Begriff des Unfalls ist der gleiche wie in den anderen Normen über die Gefährdungshaftung ( Koziol/Apathy/Koch aaO A/3/ Rz 4 f). Unter einem Unfall wird auch im RHPflG ein von außen her plötzlich einwirkendes schädigenden Ereignis verstanden ( Böhmer, RHPflG 26; Ehrenzweig II/12, 611; Friese , RHPflG 140; 5 Ob  91/64 in ZVR 1965/200; RS0058077).

Die hier zu beurteilende Gasexplosion fällt unter den im § 1a Abs 1 genannten Unfallbegriff. Es steht fest, dass ausgetretenes Gas die Ursache der Explosion war.

2.3. Ersatzpflichtig ist nach den Bestimmungen des RHPflG der „Inhaber“ der Anlage. Soweit überblickbar, liegt keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung dieses Begriffs vor. In Koziol/Apathy/Koch , Haftpflichtrecht III 3 A/3/ Rz 3 wird dazu folgendes ausgeführt:

Wie bei anderen Gefährdungshaftungstatbeständen wird auch hier nicht auf das Eigentum an der Anlage abgestellt, wenngleich vielfach der Eigentümer der Anlage auch der Inhaber ist und das Eigentum ein Indiz für die Innehabung ist. Mit der Formulierung soll vielmehr – wie sonst durch das Wort „Halter“ – auf ein eigenverantwortliches tatsächliches Herrschaftsverhältnis (Verfügungsgewalt und Betrieb auf eigene Rechnung) hingewiesen werden. In der amtlichen Begründung wird dementsprechend zum Begriff des Inhabers ausgeführt: »Inhaber ist im allgemeinen der Eigentümer. Betreibt aber der Eigentümer die Energieanlage nicht selbst, so ist derjenige, der nach außen hin als der für die Anlage Verantwortliche auftritt, Inhaber der Anlage. Inhaber können nicht nur die Energieerzeugungs- oder Verteilungsunternehmen sein, sondern auch die Abnehmer, die eine eigene Energieversorgungsanlage betreiben oder eine eigene Leitungsverbindung zu einem Energieerzeuger oder Energieversorgungsunternehmen haben. Die amtliche Begründung geht davon aus, dass der Abnehmer »zumeist der Inhaber der in Gebäuden oder befriedeten Grundstücken (Höfe, Gärten) befindlichen Leitungsanlage ist.

2.4. Dem schließt sich das Berufungsgericht an. Bei gefährlichen Anlagen soll die Haftung einerseits den treffen, der diese Gefahr am besten beherrschen kann, auf eine Gefahrenabwendung also Einfluss nehmen kann nehmen ( Danzl , EKHG 11 § 5 E 1/1 mwN). Der Gefährdungshaftung liegt außerdem der Gedanke zugrunde, dass derjenige, der sich zu seinem Nutzen erlaubterweise einer gefährlichen Sache bedient, zum Ausgleich dafür auch die durch die Verwirklichung der Gefahr entstehenden Schäden tragen soll (8 Ob 84/12d, vgl RS0029948; RS0058088). Nach Ansicht des Senats ist es sachgerecht, auch die Judikatur zum Halterbegriff nach dem EKHG hilfsweise heranzuziehen. Die Haltereigenschaft ist nach objektiven Gesichtspunkten zu betrachten (RS0058149). Sie ist primär ein wirtschaftliches und tatsächliches Verhältnis und weniger ein rechtliches - auch wenn die Frage der Haltereigenschaft eine Rechtsfrage ist (RS0058181 [T1]). Entscheidend sind die Merkmale der Verfügungsgewalt und der Gebrauch auf eigene Rechnung (RS0058262). Der Betrieb erfolgt auf eigene Rechnung des Halters, wenn er den Nutzen aus der Verwendung zieht und die Kosten trägt. Der Nutzen kann in der Erlangung wirtschaftlicher oder ideeller Vorteile liegen. Für die Tragung der Kosten ist vor allem auf die Unterbringung, Instandhaltung, Bedienung, Versicherung, Steuer etc abzustellen. Die freie Verfügung ermöglicht es, über die Verwendung des Kraftfahrzeugs zu entscheiden und korreliert mit der Möglichkeit zur Gefahrenabwendung. Auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis, wie zB auf das Eigentum oder ein Mietrecht am Fahrzeug, kommt es dabei nicht an (RS0058149 [T2]). Die freie Verfügung ermöglicht es, über die Verwendung des Kraftfahrzeugs zu entscheiden und korreliert mit der Möglichkeit zur Gefahrenabwendung. Auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis, wie zB auf das Eigentum am Fahrzeug, kommt es auch hier nicht an; ebensowenig darauf, auf wen das Fahrzeug zugelassen ist. Maßgebend ist nur, dass der Halter tatsächlich in der Lage ist, die Verfügung über das Fahrzeug auszuüben. Die Eigentümereigenschaft ist aber ein gewichtiges Indiz für die Haltereigenschaft, das allerdings widerlegt werden könnte (RS0058149 [T3, T4). Wenn die zwei Merkmale Gebrauch für eigene Rechnung und Verfügungsgewalt nicht auf dieselbe Person zutreffen, vielmehr das Merkmal des Gebrauchs für eigene Rechnung auf eine und das Merkmal der Verfügungsgewalt auf eine andere Person zutrifft, dann ist zu prüfen, welches der beiden Merkmale im gegebenen Fall die größere Bedeutung hat ( Danzl , EKHG11 § 5 Anm 3).

2.5. Dass alle Geräte im Technikraum der Versorgung der Schule mit Energie dienen, ist eine offenkundige Tatsache. Die gefährlichen Gegenstände dienen also dem Nutzen der Erstbeklagten. Weiters steht fest, dass nur das Schulpersonal über einen Schlüssel zum Technikraum verfügte. Durch die ständige Präsenz des Schulpersonals kann dieses (jedenfalls von technischen Laien von außen erkennbare) Auffälligkeiten an den Geräten (etwa Gasaustritte, Beschädigungen) am besten erkennen und darauf reagieren, indem Professionisten (insbesondere die Eigentümerin des Gasdruckreglers und des Gaszählers) zu Hilfe gerufen werden.

Sollte es zutreffen, dass es dem Schulpersonal nicht erlaubt gewesen sei, Wartungs- und Kontrolltätigkeiten an den Geräten durchzuführen, wäre das zwar als Beschränkung der Verfügungsgewalt der Erstbeklagten zu sehen. Dennoch wäre deren Möglichkeit zur Gefahrenabwehr schon durch ihre ständige Präsenz und die ausschließliche Zutrittsmöglichkeit als ungleich größer zu werten als jene der Eigentümerin. Berücksichtigt man außerdem ihren Nutzen aus den Geräten, bestehen nach Ansicht des Senats jedenfalls deutlich stärkere Anknüpfungselemente zur Erstbeklagten als zur Eigentümerin dieser Geräte. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Erstbeklagten Wartungs- und Kontrolltätigkeiten untersagt worden sein sollten, wäre sie dennoch als Inhaberin iSd § 1a Abs 1 RHPflG zu qualifizieren. Der gerügte Feststellungsmangel ist daher mangels Relevanz zu verneinen.

3.1. Die Berufungswerberin kritisiert in ihrer Mängelrüge die Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens. Dieses habe sie zum Beweis dafür beantragt, dass das Gas mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aus dem Gasdruckregelgerät entwichen sei und dadurch die Explosion verursacht worden sei, außerdem zum Beweis dafür, dass die Explosion unabwendbar gewesen sei. Wie von ihr vorgebracht, sei das Gasdruckregelgerät nämlich anlässlich stundenlanger und mehrtägiger Betonbohrarbeiten beschädigt worden, und zwar dadurch, dass ein Professionist entweder mit seinem Körper oder mit einem Bohrgerät mit dem Gasdruckregelgerät in Berührung gekommen ist, angeboten.

3.2. Die erfolgreiche Geltendmachung eines Stoffsammlungsmangels in der Berufung setzt keine Rüge gemäß § 196 ZPO in erster Instanz voraus (RS0037055), wohl aber die Dartuung der Erheblichkeit des Mangels in der Berufung. Der Mangel muss somit abstrakt geeignet sein, die Unrichtigkeit der Entscheidung zum Nachteil der rügenden Partei herbeizuführen (RS0043049; Pochmarski/Lichtenberg/ Tanczos/Kober , Berufung in der ZPO 4 97).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Dass die Erstbeklagte auch als Inhaberin des Gasdruckregelgeräts iSd RHPflG anzusehen ist, wurde bereits dargelegt. Insofern spielt es keine Rolle, ob dieses Gerät durch Aufnahme des Sachverständigengutachtens als Explosionsursache festgestellt worden wäre.

3.3. Nach § 1a Abs 3 Z 3 RHPflG ist die Haftung bei Verursachung des Schadens durch höhere Gewalt (und nicht ein unabwendbares Ereignis) ausgeschlossen. Der Begriff der höheren Gewalt ist im RHPflG nicht näher definiert. Nach der Rechtsprechung ist höhere Gewalt ein von außen her auf den Betrieb einwirkendes außergewöhnliches Ereignis, das nicht in einer gewissen Häufigkeit und Regelmäßigkeit vorkommt und zu erwarten ist und durch äußerste zumutbare Sorgfalt weder abgewendet noch in seinen Folgen unschädlich gemacht werden kann (RS0029808). Höhere Gewalt wird dementsprechend angenommen bei schweren Naturkatastrophen, bei ungewöhnlichen Handlungen Dritter (Attentaten) und bei selbstmörderischen Handlungen des Verletzten. Höhere Gewalt liegt dann nicht vor, wenn es sich um einen Zufall handelt, der im Verlauf des Gewerbeunternehmens als diesem eigentümlich mehr oder weniger häufig vorzukommen pflegt und auf den der Unternehmer gefasst sein muss, den er also in Kauf nehmen muss; es bedarf eines außergewöhnlichen Ereignisses ( Tades/Hopf/Kathrein/Stabentheiner , ABGB 37 , § 1a RHPflG E 8). Als höhere Gewalt werden nur Ereignisse in Betracht gezogen, die nicht mit dem Betrieb zB einer elektrizitätsführenden Anlage typischerweise verbunden und außergewöhnlich sind. Es darf sich also um keinen (wenngleich selbst bei äußerster Sorgfalt unabwendbaren) Zufall handeln, der mehr oder weniger häufig vorzukommen pflegt und auf den der Unternehmer gefasst sein muss, den er also in Kauf zu nehmen hat. So gehört die fahrlässige Berührung einer Stromleitung grundsätzlich zu den mit elektrischen Freileitungen typischerweise verbundenen Betriebsgefahren ( Koziol/Apathy/Koch, Haftpflichtrecht III 3 A/3/Rz 12).

3.4. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass das für die Explosion ursächliche Gasdruckregelgerät im Zuge von Bohrarbeiten beschädigt worden wäre, stellte dies im Lichte dieser Grundsätze keine höhere Gewalt iSd § 1a Abs 3 Z 3 RHPflG dar. Selbst wenn die Erstbeklagte den Beweis dieser Schadensursache durch Einholung des Gutachtens erbracht hätte, würde das an ihrer Haftung nichts ändern. Nur der Vollständigkeit halber ist darauf zu verweisen, dass sie diese Schadensursache nur als eine von zwei Möglichkeiten (neben einer Vorschädigung) behauptet hat und sich nur auf ein unabwendbares Ereignis, nicht aber höhere Gewalt berufen hat. Auch diese Mängelrüge ist daher mangels Relevanz nicht erfolgreich.

4.1. Die Berufungswerberin moniert, das Erstgericht habe zu Unrecht § 273 ZPO zur Feststellung des dem Erstkläger entstandenen Sachschadens mit Ausnahme des Pkw angewendet. Es wäre möglich gewesen, den Erstkläger zu den einzelnen beschädigten Gegenständen zu befragen. Dieser hätte auch das Gutachten seiner Haushaltsversicherung vorlegen können.

4.2. Ob § 273 ZPO anzuwenden ist, ist eine verfahrensrechtliche Frage, die mit Mängelrüge zu bekämpfen ist (RS0040364 [T3], RS0040282). Mit Rechtsrüge ist überprüfbar, ob das Ergebnis der Anwendung des § 273 ZPO richtig ist (RS0040341). Wenn auf Grund eines regulären Beweisverfahrens für den Richter feststeht, dass ein Anspruch dem Grunde nach besteht, soll der Richter die Höhe frei schätzen können, wenn diese gar nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten bewiesen werden könnte (7 Ob 218/14f, JusGuide 2015/35/14014). Bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit fließen sowohl der Streitwert als auch die Kosten der Beweisaufnahme sowie die damit verbundene Verfahrensdauer in eine Kosten/Nutzen-Rechnung mit ein ( Spitzer in Spitzer/Wilfinger, Beweisrecht § 273 ZPO Rz 6).

Das Erstgericht begründete die Anwendung der Bestimmung damit, dass es dem Erstkläger nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Aufwand möglich sei, sämtliche Kaufbelege vorzulegen oder sich an sämtliche Kaufzeitpunkte zu erinnern, geschweige denn die Verkehrswerte der Gegenstände zu ermitteln. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens würde den in diesen Positionen geltend gemachten Betrag nahezu erreichen, weshalb eine Unverhältnismäßigkeit vorliege.

4.3. Diese Rechtsansicht ist zumindest vertretbar. Entgegen den Ausführungen des Berufungswerbers ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger den Zeitwert der beschädigten Gegenstände hätte angeben können. Viele Personen bewahren für Gebrauchsgegenstände wie die festgestellten (Urteil S 5 f) keine Rechnungen auf und können sich oft nicht daran erinnern, vor wie vielen Jahren sie angeschafft wurden. Also kann gerade nicht davon ausgegangen werden, dass der Beweis zur Schadenshöhe mit einer Parteieneinvernahme hätte geklärt werden können. Hinsichtlich eines Gutachtens zum Inventarschaden gab der Klagsvertreter bekannt, er werde dieses vorlegen, falls es eines gebe (ON 32, S 5). In weiterer Folge legte er keines vor, weshalb jedenfalls unklar geblieben ist, ob die Haushaltsversicherung tatsächlich ein Gutachten veranlasste oder aufgrund eigener Schätzungen Ersatz für die Geräte leistete. Auch dieser Aspekt spricht daher nicht gegen den Schluss des Erstgerichts, dass der Beweis nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten hätte erbracht werden können. Indem das Erstgericht die Ansicht vertrat, die Kosten eines gerichtlichen Gutachtens stünden in keiner angemessenen Relation zum begehrten Schadensbetrag, hat es den ihm eingeräumten Ermessensspielraum bei Anwendung des § 273 ZPO daher nicht überschritten.

Die Mängelrüge bleibt daher auch in diesem Punkt erfolglos.

4.4. In ihrer Rechtsrüge zu den Sachschäden bemängelt die Berufungswerberin, dass der zugesprochene Schadenersatzbetrag hinsichtlich der beschädigten Gegenstände nicht nur zu hoch bemessen sei, sondern auch nicht nachvollziehbar sei. So habe das Erstgericht zur Art der Beschädigung der Gegenstände sowie zu deren Alter keine Feststellungen getroffen.

Der Richter hat die Voraussetzungen für die Betragsfestsetzung nach Abs 1 nach bestem Wissen und Gewissen aufgrund seiner Lebenserfahrung und Menschenkenntnis und anhand der Ergebnisse der gesamten Verhandlung zu würdigen ( Rechberger in Fasching/Konecny III/1 § 273 ZPO Rz 11). Bei einer Entscheidung nach § 273 müssen alle richterlichen Erwägungen zur Festsetzung in nachvollziehbarer Weise dargelegt werden (RS0040498). Dem ist das Erstgericht in seiner Entscheidung nachgekommen.

4.5. Es verwies überzeugend darauf, dass die beschädigten Gegenstände wohl bereits mehr oder weniger lang gebraucht worden seien und einem Wertverfall unterlägen. Auch dem Berufungsgericht erscheinen Zeitwerte wie beispielsweise EUR  150,-- für einen Fernseher, EUR 900,-- für eine Couch, EUR 500,-- für Boxen oder etwa EUR 350,-- für Werkzeuge und Bohrer schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung keineswegs unrealistisch, wobei bei einem Elektroinstallateur wie dem Erstkläger auch davon ausgegangen werden kann, dass die Werkzeuge gebrauchsfähig waren. Dass die behaupteten Gegenstände beschädigt wurden, steht unangefochten fest. Die Heftigkeit der Explosion ist auf Beilage ./A gut zu sehen. Ausgehend davon ist es plausibel, dass die Beschädigungen keine unbeträchtlichen waren. Das Erstgericht hielt in der Beweiswürdigung fest, es sei überzeugt, dass etliche Gegenstände zerstört wurden. Aufgrund der Unsicherheit hinsichtlich der Nutzungsdauer hat das Erstgericht einen Abschlag von 25 % von den behaupteten Zeitwerten vorgenommen, was das Berufungsgericht für eine wiederum vertretbare, nicht korrekturbedürftige Ermessensentscheidung hält. Dass die Erstbeklagte grundsätzlich für die festgestellten Schäden zu haften hat, wird in der Berufung nicht in Zweifel gezogen.

Der Berufung ist daher keine Folge zu geben.

5. Der Erstkläger hat Anspruch auf Ersatz seiner erfolgreichen Berufungsbeantwortung. Wie bereits dargelegt, wurde diese aber unzulässigerweise auch im Namen der Zweitklägerin und des Drittklägers eingebracht. Obsiegen mehrere Parteien, so sind jedem von ihnen nur die anteiligen Kosten ihrer Beteiligung am Rechtsstreit zuzuordnen. Die Beteiligung der einzelnen von mehreren Parteien am Rechtsstreit ist die wertmäßige Quote am Gesamtstreitwert ( Obermaier Kostenhandbuch 4 Rz. 1.347 mwN). Im vorliegenden Fall liegt materiellrechtlich eine wertmäßige Beteiligung der Zweitklägerin und des Drittklägers am Rechtsstreit nicht vor. Da sie die (nur) den Erstkläger betreffende Berufung aber auch im eigenen Namen bekämpfen, ist diese Konstellation am ehesten mit einer Geltendmachung von Gesamthandansprüchen mehrerer Kläger vergleichbar, was zur kostenmäßigen Solidarhaftung (vgl 3 Ob 176/18f; 5 Ob 218/20z) der unterlegenen Kläger führen würde. Ausgehend davon ist es sachgerecht, (nur) ein Drittel der Kosten der Rechtsmittelbeantwortung dem Erstkläger zuzuordnen, weshalb ihm nur in diesem Umfang, also in Höhe von EUR 437,84 (davon EUR 72,97 USt) Kostenersatz zusteht. Der Zweitklägerin und dem Drittkläger stehen aufgrund der Unzulässigkeit der in ihrem Namen eingebrachten Berufungsbeantwortung keine Kosten zu.

6. Die ordentliche Revision ist für zulässig zu erklären, weil - soweit überschaubar - noch keine Rechtsprechung des Höchstgerichts zum Inhaberbegriff nach dem RHPflG vorliegt.