Das Oberlandesgericht Graz hat durch den Richter Mag. Redtenbacher als Vorsitzenden, die Richterin Mag a . Schwingenschuh und den Richter Mag. Wieland in der Strafvollzugssache des A*wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe nach § 46 StGB über die Beschwerde der Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 3. Oktober 2025, GZ **- 8, in nichtöffentlicher Sitzung den
BESCHLUSS
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
BEGRÜNDUNG:
Der am ** geborene, österreichische Staatsbürger A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Graz-Karlau Freiheitsstrafen in der Gesamtdauer (§ 46 Abs 5 StGB) von sechs Jahren und drei Monaten, wobei zu den Anlassverurteilungen und zum Widerruf bedingter Strafnachsichten und Entlassungen zur Vermeidung von Wiederholungen auf die aktenkonforme Darstellung im angefochtenem Beschluss (BS 2 ff) und die vorangegangenen Rechtsmittelentscheidungen (zuletzt Oberlandesgericht Graz, AZ 9 Bs 80/25w [siehe Ordner „Beilagen“]) verwiesen wird.
Das Ende der Strafzeit fällt auf den 22. Jänner 2026. Zwei Drittel der Strafe waren am 21. Dezember 2023 verbüßt (ON 3).
Zuletzt lehnte das Landesgericht für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht mit Beschluss vom 6. August 2025, AZ **, den Antrag des Strafgefangenen auf bedingte Entlassung nach dem Vollzug von mehr als zwei Drittel der verhängten Strafe ab.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht nunmehr auch den Antrag des A* vom 7. August 2025 (ON 2) auf bedingte Entlassung nach Verbüßung von mehr als zwei Dritteln der Strafe aus spezialpräventiven Gründen ab (ON 8). Unter einem wurde in dem Beschluss auch der Antrag auf Einholung eines kriminalpsychologischen Sachverständigengutachtens abgewiesen.
Der Beschluss wurde dem Strafgefangenen am 9. Oktober 2025 (ON 8.1) und seinem Verteidiger am 7. Oktober 2025 zugestellt.
Gegen den Beschluss richtet sich sowohl die vom Strafgefangenen selbst verfasste (ON 9.2), als auch die vom Rechtsvertreter (ON 11 [zur Zulässigkeit mangels Einmaligkeit des Rechtsmittels im Beschwerdeverfahren vgl RIS-Justiz RS0117216 [T4]) eingebrachte Beschwerde.
Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft inhaltlich nicht äußerte, ist nicht berechtigt.
Das Erstgericht hat im bekämpften Beschluss die Anlassverurteilungen, die weiteren Verurteilungen (ON 5), die Stellungnahme des Strafgefangenen (ON 2), des Anstaltsleiters (ON 6.2), der Bewährungshilfe (ON 7) und der Staatsanwaltschaft (ON 1.2) sowie die anzuwendende Norm, somit die Sach- und Rechtslage, zutreffend dargestellt, weshalb darauf identifizierend verwiesen wird (zur Zulässigkeit vgl RIS-Justiz RS0115236 [T1], RS0119090 [T4]).
Das vom Erstgericht erstellte Prognosekalkül ist zudem nicht korrekturbedürftig. Die Person des Rechtsbrechers, sein Vorleben, sein Verhalten nach der Tat, sein privates Umfeld und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit sind maßgebliche Beurteilungsgrundlage der das künftige Verhalten betreffenden Prognoseentscheidung ( Jerabek/Ropperin WK² StGB § 46 Rz 15/1, Jerabek/Ropperin WK² StGB § 43 Rz 21). Bei Entscheidungen nach § 46 Abs 1 StGB ist nach Abs 4 leg cit darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB ausgeglichen werden können ( Jerabek/Ropperin WK² StGB § 46 Rz 15/1). Der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe soll auf (Ausnahme-)Fälle evidenten Rückfallrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben ( Jerabek/Ropper, aaO § 46 Rz 17), ist aber auch nicht ausgeschlossen.
Im vorliegenden Fall ist von einem solchen evidenten Rückfallsrisiko auszugehen, wobei den erstgerichtlichen Ausführungen (BS 6 ff) in Zusammenschau mit dem nach wie vor aktuellen Prognosekalkül in der Rechtsmittelentscheidung des Oberlandesgerichts Graz zum AZ 9 Bs 80/25w im Wesentlichen nichts mehr hinzuzufügen ist. Für den forensischen Erfahrungssatz, dass die Gefahr der Begehung weiterer strafbarer Handlungen mit zunehmender Zahl von Verurteilungen steigt und die Wahrscheinlichkeit künftigen straffreien Verhaltens schwindet ( Leukauf/Steininger/Tipold, StGB 4§ 46 Rz 7; OLG Graz, AZ 1 Bs 49/25b), stellt der Lebenslauf des Strafgefangenen ein eindringliches Beispiel dar. Angesichts der zahlreichen Ordnungswidrigkeiten (ON 6.5; siehe auch ON 6.1 [„ Der Insasse weist 2 Ordnungsstrafen in der ho. Justizanstalt und 10 Ordnungsstrafen aus der Voranstalt auf.“), wobei den Beschwerdeausführungen zuwider auch ein Verweis (§ 110 StVG) - als darauffolgende Sanktion - eine solch vorangegangene Ordnungswidrigkeit begrifflich voraussetzt, kann die Behauptung in der Beschwerde (ON 11,3), über den Strafgefangenen sei während der gesamten Dauer des Strafvollzugs keine Ordnungsstrafe verhängt worden, nicht nachvollzogen werden. Zieht man zusätzlich ins Kalkül, dass der Strafgefangene wegen eines Vorfalls im Ausgang im März 2025 wieder in die Hauptanstalt rücküberstellt wurde (ON 6.3,5), vermag das massiv getrübte Vollzugsverhalten (vgl. RIS-Justiz RS0090874) die vom Beschwerdeführer nunmehr bekundete Einsicht in sein Fehlverhalten nicht zu verifizieren. Vielmehr spiegelt die Antragstellung nur einen Tag nach dem zuletzt ergangenen Beschluss am 6. August 2025, AZ **, die von der Anstaltsleitung beschriebene betrügerisch-manipulative und narzisstische Akzentuierung wieder (ON 6.1).
Zu Recht sah das Erstgericht, zumal der Anstaltsleiter bzw. der psychologische Dienst der Justizanstalt im Regelfall die Person des Rechtsbrechers bestens kennen (OLG Wien, AZ 19 Bs 89/25i; OLG Graz, AZ 10 Bs 90/13f und AZ 10 Bs 198/25f; OLG Innsbruck, AZ 7 Bs 339/16k), auch von der in Form eines Erkundungsbeweises (RIS-Justiz RS0117928 [T6]; vgl auch RIS-Justiz RS0099453) beantragten Einholung eines „kriminalpsychologischen Sachverständigengutachtens“ (ON 2,2) mangels entsprechender Indikation ab (siehe auch OLG Graz, AZ 10 Bs 324/24h und AZ 9 Bs 108/25p).
Der Verweis auf den schlechten Gesundheitszustand des Beschwerdeführers vermag keine Änderung der Einschätzug zur Legalbewährung zu bewirken, weil dieser bei bestimmten Tätertypen zwar risikominimierend ist, de facto aber nicht jegliche Gefährlichkeit der neuerlichen Tatbegehung, insbesondere hier im mannigfaltigen Betätigungsfeld des Betrugs, ausschließt (siehe auch OLG Wien, AZ 23 Bs 331/21a). Die Anordnung der Bewährungshilfe konnte schon in der Vergangenheit nicht legalbewährend wirken.
Angesichts der vom Erstgericht dargelegten gravierenden spezialpräventiven Bedenken aufgrund der bereits durch die Vorstrafenbelastung erwiesenen Umstände, die Ordnungswidrigkeiten und die Tatsache, dass der Strafgefangene bereits einmal auf Grund seines Antrags (siehe Ordner „Beilagen“) angehört wurde, konnte fallaktuell eine (erneute) Anhörung unterbleiben ( Pieberin WK² StVG § 152a Rz 1 mwN; OLG Graz, AZ 10 Bs 142/25w ua; vgl. auch OLG Wien, AZ 21 Bs 456/24y).
Bei Gesamtwürdigung der dargestellten Umstände ist daher (immer noch) der weitere Vollzug der Strafe zur Erzielung künftiger Straffreiheit deutlich wirksamer einzuschätzen als eine bedingte Entlassung ( Jerabek/Ropper , WK 2StGB § 46 Rz 15/1; Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 14 § 46 Rz 1; Tipold in Leukauf/Steininger, StGB 4 § 46 Rz 7).
Der angefochtene Beschluss entspricht somit der Sach und Rechtslage, sodass der Beschwerde ein Erfolg zu versagen war.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).
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