JudikaturOLG Graz

10Bs142/25w – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
03. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Mag. a Tröster (Vorsitz), Mag. a Haas und Mag. Wieland in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe nach § 46 StGB über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Vollzugsgericht vom 29. April 2025, GZ **-3, in nichtöffentlicher Sitzung den

BESCHLUSS

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.

Text

BEGRÜNDUNG:

Der am ** in ** (Slowakei) geborene slowakische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Leoben die über ihn im Verfahren AZ ** des Landesgerichts Wiener Neustadt wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 Abs 1 erster Fall StGB verhängte Freiheitsstrafe von zwei Jahren (ON 2.4).

Zu dem dieser Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt wird auf die im Akt erliegende Urteilsausfertigung (ON 2.7) und auf den angefochtenen Beschluss (BS 2 und 3) verwiesen.

Urteilsmäßiges Strafende ist der 20. März 2026. Die Hälfte der Freiheitsstrafe (§ 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG) ist seit 21. März 2025 verbüßt, zwei Drittel (§ 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG) werden am 21. Juli 2025 erreicht sein (ON 2.4). Eine bedingte Entlassung zum Hälfte-Stichtag wurde mit Beschluss des Landesgerichts Leoben als Vollzugsgericht vom 4. Februar 2025, AZ **, aus spezialpräventiven Gründen abgelehnt (siehe „verketteter“ Akt des Landesgerichts Leoben, AZ **).

Mit dem angefochtenem Beschluss (ON 3) vom 29. April 2025 lehnte das Erstgericht – konform der ablehnenden Stellungnahme der Staatsanwaltschaft (ON 1.2), jedoch entgegen der Stellungnahme der Anstaltsleitung (ON 2.2,2) – nach Einräumung einer Äußerungsmöglichkeit (ON 2.3) die bedingte Entlassung des Strafgefangenen zum Zwei-Drittel-Stichtag aus spezialpräventiven Gründen ab.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Strafgefangenen.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft inhaltlich nicht äußerte, ist nicht berechtigt.

Das Erstgericht hat im bekämpften Beschluss die Anlassverurteilung (ON 2.7), die weiteren Verurteilungen (ON 2.5 und ON 2.6), die Stellungnahme des Strafgefangenen (ON 2.3), des Anstaltsleiters (ON 2.2) und der Staatsanwaltschaft (ON 1.2) sowie die anzuwendende Norm, somit die Sach- und Rechtslage, zutreffend dargestellt, weshalb darauf identifizierend verwiesen wird (zur Zulässigkeit vgl RIS-Justiz RS0115236 [T1], RS0119090 [T4]).

Das vom Erstgericht erstellte Prognosekalkül ist zudem nicht korrekturbedürftig. Die Person des Rechtsbrechers, sein Vorleben, sein Verhalten nach der Tat, sein privates Umfeld und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit sind maßgebliche Beurteilungsgrundlage der das künftige Verhalten betreffenden Prognoseentscheidung ( Jerabek/Ropper in WK² StGB § 46 Rz 15/1, Jerabek/Ropper in WK² StGB § 43 Rz 21). Bei Entscheidungen nach § 46 Abs 1 StGB ist nach Abs 4 leg cit darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB ausgeglichen werden können ( Jerabek/Ropper in WK² StGB § 46 Rz 15/1). Der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe soll auf (Ausnahme-)Fälle evidenten Rückfallrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben ( Jerabek/Ropper, aaO § 46 Rz 17).

Der Strafgefangene weist neben der vollzugsgegenständlichen Tat eine weitere Verurteilung wegen im engsten Sinn einschlägiger Vermögensdelinquenz in Österreich (aus dem Jahr 2022 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe [ON 2.5]) und vier in der Slowakei (aus den Jahren 2017 bis 2020 zu bedingten bzw. unbedingten Freiheitsstrafe) auf (Position 2. bis 5. der ECRIS-Auskunft [ON 2.5]). Die in seinem Heimatland gewährten bedingten Strafnachsichten, teils unter Beigebung der Bewährungshilfe (siehe ON 2.6,5), konnten ebenso wie der mehrmalige Vollzug von unbedingten Freiheitsstrafen nicht legalbewährend wirken. Die vollzugsgegenständliche Tathandlung setzte er nur rund vier Monate nach seiner Entlassung aus dem Strafvollzug in dem Verfahren AZ ** des Landesgerichts Korneuburg im raschen Rückfall, sodass diese skizzierten Umstände prognostisch äußerst ungünstig wirken. All dies lässt auf eine besondere Delinquenzneigung und Sanktionsresistenz schließen, die weiterhin eine gesteigerte Rückfallgefahr, indiziert, was sich auch aus der Anwendung der Strafschärfung des § 39 Abs 1 StGB ergibt (US 2). Der Umstand, dass der Strafgefangene nunmehr über eine Beschäftigungszusage (ON 5.2) verfügt, vermag eine bedingte Entlassung nicht zu rechtfertigen, war doch der Strafgefangene bei seiner Tathandlung (siehe US 1 und ON 6.2,1) ebenfalls in einem Arbeitsverhältnis und konnte dieses nicht tatabhaltend wirken. Eine nachhaltige Änderung der für die Vermögensdelinquenz maßgeblichen Verhältnisse ist ungeachtet des solcherart nicht zu beanstandenden Vollzugsverhaltens, was allerdings den Regelfall darstellen sollte, nicht belegt (§ 46 Abs 4 StGB).

Bei einer Gesamtbetrachtung besteht daher im Sinne der zutreffenden Einschätzung des Erstgerichts derzeit kein ausreichender Grund zur Annahme, dass A* durch eine bedingte Entlassung – selbst unter Anwendung flankierender Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird ( Jerabek/Ropper , WK 2 StGB § 46 Rz 15/1; Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari , StGB 14 § 46 Rz 1; Tipold in Leukauf/Steininge r, StGB 4 § 46 Rz 7). Für eine ausreichende Behandlung der im Rechtsmittel angesprochenen (vermeintlich [das Urteil enthält darüber keine Aussage]) tatmitbestimmenden Drogensucht ergeben sich aus den Akten (siehe auch ON 2.2,1) keine Anhaltspunkte und spricht die im vorherigen Strafblock ausgesprochene Ordnungsstrafverfügung (ON 2.9,3) wegen eines positiven Harntests prognostisch nicht für den Strafgefangenen. Das in der Beschwerde weiters erwähnte familiäre Umfeld wirkte bereits in der Vergangenheit nicht ausreichend tatabhaltend.

Zur unterbliebenen Anhörung des Strafgefangenen bleibt anzumerken, dass das Gericht gemäß § 152a Abs 1 StVG vor der Entscheidung über die bedingte Entlassung den Strafgefangenen – außer es handelt sich um den Vollzug von Freiheitsstrafen, deren Strafzeit 18 Monate nicht übersteigt – anzuhören hat, es sei denn, dass eine solche Anhörung nach den Umständen des Falles nicht erforderlich erscheint. Beantragt der Strafgefangene zum ersten Mal selbst seine Anhörung, so darf diese nur unterbleiben, wenn das Gericht die Entlassung bewilligt (vgl Pieber in WK² StVG § 152a Rz 1). Fallkonkret fand eine solche vom Strafgefangenen begehrte Anhörung bereits am 4. Februar 2025 zum AZ ** des Landesgerichts Leoben als Vollzugsgericht auf seinen Antrag statt (ON 2.3,1 des Akts ** des Landesgerichts Leoben). Solcherart beantragt er nun nicht zum ersten Mal seine Anhörung ( Pieber aaO § 152a Rz 1). Eine Anhörung war zudem nicht zweckmäßig, weil nach der Aktenlage nicht anzunehmen war, dass dies die Entscheidungsgrundlagen wesentlich zu Gunsten des Strafgefangenen verbessert hätte (vgl Pieber , aaO § 152a Rz 1 mwN; OLG Graz, 9 Bs 123/23s, 10 Bs 343/22z), zumal die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Argumente nicht geeignet sind, das sich aus den zuvor bereits angeführten Umständen ergebende negative Prognosekalkül zu verändern.

Der Beschwerde muss daher der Erfolg versagt bleiben.

Der Rechtsmittelausschluss gründet auf § 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO.

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