Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Dr. Wurdinger als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Dr. Steger, Mag. Wessely-Kristöfel, Dr. Parzmayr und Dr. Vollmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Mag. H*, Rechtsanwalt, und 2. Mag. E*, Rechtsanwältin, beide *, gegen die beklagte Partei A*, vertreten durch die GIBEL ZIRM Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 83.884,22 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 20. August 2025, GZ 5 R 57/25d 18, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Kläger sind Gesellschafter einer Rechtsanwalts Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie begehren das Honorar für vom Erstkläger für die Beklagte als Kaufinteressentin erbrachte Leistungen im Zusammanhang mit der Errichtung eines (Bauträger )Kaufvertrags über den (letztlich nicht zustande gekommenen) Erwerb mehrerer noch zu errichtender Eigentumswohnungen.
[2] Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, dass das Zahlungsbegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe.
[3] Das Berufungsgericht bestätigte dies mit der Begründung, dass die Beklagte den Erstkläger (als Gesellschafter der gemeinsamen RechtsanwaltsGesellschaft) schlüssig mit der Vertragserrichtung beauftragt habe. Die ordentliche Revision ließ es mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu.
[4] Die außerordentliche Revision der Beklagten ist mangels Darlegung einer solchen Rechtsfrage nicht zulässig :
[5]1. Gegenüber dem Anwalt ist derjenige zur Zahlung des Honorars verpflichtet, der ihn beauftragt – also mit ihm einen Vertrag abgeschlossen – hat (RS0038392 [insb T2]; vgl auch 10 Ob 509/94). Der Vertrag des Rechtsanwalts mit seinem Klienten ist in der Regel ein Bevollmächtigungsvertrag (RS0038942 [insb T7]; 8 Ob 91/08b; im Einzelfall kann aber auch ein Werkvertrag vorliegen; vgl RS0038942 [T8]). Da der Abschluss des Auftragsvertrags keinen Formvorschriften unterliegt (§ 1005 ABGB), kann er – wie der Werkvertrag, sodass der Unterscheidung hier keine Bedeutung zukommt – auch konkludent abgeschlossen werden (5 Ob 52/15f [Pkt 3.]; zur konkludenten Beauftragung eines Rechtsanwalts vgl 2 Ob 69/18p [Pkt 5.]; 6 Ob 177/22f [Rz 9]; 4 Ob 179/23m [Rz 14]; siehe auch H. Böhm / Höllwerthin GeKo Wohnrecht III § 12 BTVG [2023] Rz 36 zur konkludenten Beauftragung des Verfassers eines Bauträgervertrags). Den (konkludenten) Auftrag zum Verfassen einer Vertragsurkunde können auch beide Vertragsparteien erteilen (vgl RS0014342).
[6]2. Für die Annahme einer schlüssigen Willenserklärung darf kein vernünftiger Grund übrig sein, daran zu zweifeln, dass ein Rechtsfolgewille in bestimmter Richtung vorliegt (RS0014150; RS0013947). Maßgebend ist, welche Schlüsse der Partner aus dem Verhalten der Gegenseite nach Treu und Glauben ableiten durfte (RS0014159). Die Beurteilung der Konkludenz von Willenserklärungen im Einzelfall begründet grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RS0043253 [insb T1, T2, T8, T14, T17, T18]; vgl auch 2 Ob 69/18p [Pkt 5.] und 4 Ob 179/23m [Rz 14] zur schlüssigen Beauftragung eines Rechtsanwalts).
[7]3. Der Oberste Gerichtshof legte bereits wiederholt dar, dass etwa dann, wenn beide Parteien wegen einer Vertragserrichtung bei einem Rechtsanwalt (oder Notar) erscheinen, anzunehmen sei, dass beide den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilen wollen, sofern sich aus den Umständen nicht etwas anderes ergibt; dies gelte auch dann, wenn nur ein Teil den Vertragsverfasser informiert und ausdrücklich beauftragt (RS0014342). Eine solche (schlüssige) Beauftragung des Vertragsverfassers ist gerade bei der Erstellung eines Kaufvertrags wegen des im beiderseitigen Interesse gelegenen Vertragsinhalts naheliegend (7 Ob 77/55). Bei einem Kaufvertrag nach dem BTVG wird der Treuhänder (und wohl ebenso der Vertragsverfasser) in der Praxis meist auch vom Erwerber beauftragt (5 Ob 233/23k [Rz 27]; vgl auch H. Böhm / Höllwerthin GeKo Wohnrecht III § 12 BTVG Rz 21 und Rz 36).
[8]4. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass die Beklagte neben ihrem Ehemann als Kaufinteressentin beim gegenständlichen Bauträgerprojekt auftrat. Schon das Kaufangebot sah vor, dass der Erstkläger mit der Vertragserrichtung beauftragt wird und die Käufer (wobei zum damaligen Zeitpunkt noch nicht feststand, wer konkret als Käufer der Wohnungen auftreten werde) dessen Kosten tragen. Dieses Anbot war zwar an die Verkäuferin (Bauträgerin) und nicht an den Erstkläger gerichtet, es wurde diesem aber von der Maklerin weitergeleitet (vgl Beilage ./M; zu deren Berücksichtigung im Revisionsverfahren vgl RS0121557 [T2, T3]), womit die Kaufinteressenten schon deshalb rechnen mussten, weil der Inhalt des Kaufanbots in den zu erstellenden Vertragsentwurf einfließen sollte. Fest steht auch, dass sie den Erstkläger um eine Reduktion seines Honorars ersuchten, womit er einverstanden war. Ebenso, dass er aufgrund inhaltlicher Vorgaben der Käufer- sowie der Verkäuferseite mehrere Vertragsentwürfe erstellte und diese auch an die (rechtsanwaltlich vertretenen) Kaufinteressenten übermittelte, wobei die Entwürfe jeweils die Bestimmung enthielten, dass „der Käufer“ den Auftrag zur Errichtung und grundbücherlichen Durchführung des Vertrags erteilt hat und die Kosten des Vertragsverfassers und Treuhänders trägt (siehe etwa auch Punkt 15.3 in den Beilagen ./O und ./W), wogegen sich die Beklagte und ihr Ehemann nicht aussprachen.
[9] 5. Dass das Berufungsgericht aufgrund dieser Feststellungen davon ausging, dass (auch) die Beklagte als präsumtive Käuferin den Erstkläger schlüssig mit der Vertragserrichtung (und der Übernahme der Treuhandschaft) beauftragt hat, ist jedenfalls vertretbar.
[10]6. Dass die Beklagte (und ihr Ehemann) bei den Vertragsverhandlungen mit dem Bauträger durch einen „eigenen“ Rechtsanwalt vertreten war, schließt nicht aus, dass (auch) sie den Erstkläger mit der Errichtung des Kaufvertrags beauftragt hat. Einerseits war ihr „eigener“ Rechtsanwalt gerade nicht mit der Vertragsverfassung beauftragt. Anderseits ist der Vertragsverfasser im Rahmen seiner (zulässigen) Doppelvertretung verpflichtet, die Interessen beider Vertragsparteien gleichermaßen zu wahren (vgl RS0026428 [insb T4]; RS0023549 [insb T17, T23]; siehe auch RS0055318 [insb T6, T7]), wohingegen der „eigene“ Rechtsanwalt ausschließlich die Interessen der Beklagten (und ihres Ehemanns) wahrnahm.
[11]7. Die Revisionswerberin vermeint, aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (und des Bundesfinanzgerichts), wonach die Kosten für die Errichtung der Vertragsurkunde zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer zählen, wenn der Verkäufer dazu den Auftrag erteilt und der Erwerber sich zur Kostentragung verpflichtet hat, ableiten zu können, dass die Beauftragung des Vertragsverfassers typischerweise durch den Bauträger erfolge. Dabei übersieht sie aber, dass auch der Verwaltungsgerichtshof jeweils im Einzelfall prüft, wer den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt hat (vgl VwGH Ra 2022/16/0059; Ra 2022/16/0041; im Ergebnis auch die in der Revision zitierte Entscheidung 2001/16/0353).
[12]8. In dritter Instanz bestreitet die Beklagte erstmals die Aktivlegitimation der Zweitklägerin. Diese ist in der Regel aber nur auf Einwendung zu prüfen (RS0065553), wofür zumindest ein Tatsachenvorbringen erforderlich ist, aus dem sich deren Mangel ergäbe (vgl RS0065553 [T2, T5, T8]). Ein solches Vorbringen hat die Beklagte in erster Instanz aber nicht erstattet, sodass ihr nunmehriger Einwand gegen das Neuerungsverbot verstößt (RS0042040 [T1]).
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