JudikaturOGH

11Os99/25f – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
07. Oktober 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Oktober 2025 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz, Dr. Oberressl, Dr. Brenner und Mag. Riffel in Gegenwart der Schriftführerin Kontr. Tastekin in der Strafsache gegen * P* wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 und 3 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 24. April 2025, GZ 13 Hv 10/25w 32.4, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde* P* des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 27. Juni 2024 in T * eine wehrlose Person, nämlich die schlafende und zumindest leicht alkoholisierte * D*, unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er mit ihr eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung vornahm, indem er zumindest einen Finger in ihre Scheide einführte.

Rechtliche Beurteilung

[3]Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Ihre Feststellung zur Wehrlosigkeit des Opfers, wonach dieses zur Tatzeit schlief und erst erwachte, als der Beschwerdeführer einen Finger in ihre Scheide einführte (US 4 f), begründeten die Tatrichter keineswegs allein mit ihrer Beurteilung der Zeugenaussage D* als „glaubwürdig“, sondern auch mit eingehenden Plausibilitätserwägungen zum von dieser Zeugin geschilderten Geschehensablauf (US 7 bis 9).

[5] Der gegen jene Feststellung gerichtete Einwand der Mängelrüge (Z 5), das Schöffengericht habe ein – die Überzeugungskraft der darauf bezogenen Angaben des Opfers angeblich infrage stellendes – Detail der Aussage des (zur Klärung der Schwere psychischer Tatfolgen) beigezogenen Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Psychiatrie übergangen (Z 5 zweiter Fall), versäumt es bereits, an der Gesamtheit der diesbezüglichen Entscheidungsgründe (US 7 bis 9) Maß zu nehmen, und bringt solcherart den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht zu prozessförmiger Darstellung (RISJustiz RS0119370).

[6] Entsprechendes (RISJustiz RS0117961 [T1]) gilt für die – gleichgerichtete – Tatsachenrüge (Z 5a).

[7] Im Übrigen weckt die relevierte Äußerung des Sachverständigen in der Hauptverhandlung, es sei „medizinisch gesehen nicht so leicht erklärbar“, dass jemand, der (wie von der Zeugin beschrieben) bloß „leicht bis mittelgradig alkoholisiert“ sei, nicht schon dadurch „sofort“ aus dem Schlaf erwache, dass ihr „jemand anderer die Hose runterzieht“ (ON 32.3, 30 f), beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken (Z 5a) gegen die Richtigkeit der getroffenen Feststellungen (US 4 f) zur Wehrlosigkeit des Opfers zur Tatzeit (zum Umfang der diesbezüglichen Eingriffsbefugnisse des Höchstgerichts siehe RISJustiz RS0118780).

[8] Soweit die Beschwerde (nominell teils Z 5, teils Z 5a) die „generelle Frage der Glaubwürdigkeit“ der tatbetroffenen Zeugin aufwirft (dazu RISJustiz RS0099419 [T2] und RS0106588 [insbesondere T9]) sowie anhand eigenständig entwickelter Beweiswerterwägungen unter Berufung auf den Zweifelsgrundsatz (dazu RISJustiz RS0102162) dem Beschwerdestandpunkt günstigere Schlussfolgerungen einfordert als die vom Erstgericht gezogenen, verliert sie sich in einem Angriff auf die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.

[9] Das übrige Vorbringen der Mängelrüge (Z 5) bekämpft die – die rechtliche Annahme des Tatvorsatzes (mit )tragende – Feststellung, der Beschwerdeführer habe zur Tatzeit „gewusst“, dass das Opfer schlief (US 5).

[10] Entgegen dem Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) widerspricht die Ableitung dieser Feststellung aus dem – seinerseits auf der Basis der vom Gericht als glaubhaft befundenen Zeugenaussage des Opfers konstatierten (US 7 bis 9) – objektiven Tatgeschehen (US 11 f) weder den Gesetzen folgerichtigen Denkens noch grundlegenden Erfahrungssätzen (vgl RISJustiz RS0116882, zur angesprochenen Fehlerkategorie RISJustiz RS0118317). Dass der vom Gericht gezogene Schluss nicht „zwingend“ ist, stellt keinen Begründungsmangel her (RISJustiz RS0098471 und RS0098362).

[11]Mit der Behauptung (nominell Z 11 erster Fall), die – den Beschwerdeführer als Polizeibeamten treffende – Rechtsfolge des Amtsverlustes (§ 27 Abs 1 StGB) sei zu Unrecht nicht bedingt nachgesehen (§ 44 Abs 2 StGB) worden, wird kein Nichtigkeits , sondern ein Berufungsgrund geltend gemacht (vgl RISJustiz RS0100032 [T1] und Ratz , WKStPO § 281 Rz 728).

[12]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[13]Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[14]Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.