JudikaturOGH

1Ob69/25s – OGH Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
31. Juli 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Mag. Dr. Wurdinger als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Dr. Steger, Mag. Wessely Kristöfel, Dr. Parzmayr und Dr. Vollmaier als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Mag. B*, vertreten durch die Ortenburger Locher Huber Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Antragsgegner M*, vertreten durch Dr. Alfred Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 10. März 2025, GZ 43 R 502/24b 184, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die im November 2006 geschlossene Ehe der Parteien wurde mit Urteil des Erstgerichts vom 12. 7. 2018 geschieden. Der Aufteilungsstichtag wurde mit 20. 12. 2015 außer Streit gestellt.

[2] Die Antragstellerin wendet sich gegen die Höhe der ihr zugesprochenen Ausgleichszahlung (von 77.850 EUR abzüglich 51.403,30 EUR an Benützungsentgelt), weil entgegen der Ansicht des Rekursgerichts auch

(a) eine Liegenschaft in W* mit einem Wert von 3.210.000 EUR, in eventu eine Wertsteigerung von 450.000 EUR;

(b) eine Liegenschaft in A* mit einem Wert von 760.000 EUR;

(c) eine Uhrensammlung im Wert von 93.700 EUR und

(d) ein Range Rover im Wert von 80.000 EUR

in die Aufteilung einzubeziehen gewesen wären.

Rechtliche Beurteilung

[3] Mit ihrem – auf die Zahlung von weiteren 2.011.850 EUR gerichteten – außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt sie allerdings keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG auf.

[4] 1. Der Aufteilung unterliegt die eheliche Errungenschaft, das heißt das, was die Ehegatten während der Ehe erarbeitet oder erspart haben (RS0057486 [T1]), soweit es bei Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft noch vorhanden war oder dessen Wert nach der Bestimmung des § 91 Abs 1 EheG in die Aufteilung einzubeziehen ist (RS0057299).

[5] § 82 Abs 1 Z 1 EheG stellt klar, dass unter anderem Sachen, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht hat, nicht der Aufteilung unterliegen. Nach dem Substitutions- oder Surrogationsprinzip sollen grundsätzlich Vermögenswerte, die an die Stelle einer in die Ehe eingebrachten Sache getreten sind, nicht der Aufteilung unterliegen (RS0057322 [T2]). Es würde dem Grundgedanken der gerechten Verteilung des während der ehelichen Lebensgemeinschaft geschaffenen Vermögens widersprechen, einen Ehegatten (zumindest wertmäßig) auch an solchen Vermögensbestandteilen partizipieren zu lassen, die der andere im Sinn des § 82 Abs 1 Z 1 EheG in die Ehe eingebracht hat oder die ihm als geschenkt oder geerbt allein zustehen (1 Ob 49/19s Pkt 2. mwN).

[6] Von der Aufteilung auszuscheiden sind zudem  nach § 82 Abs 1 Z 3 EheG alle Sachen, die zu einem Unternehmen gehören (RS0057528). Erträge eines Unternehmens werden solange als unternehmenszugehörig und damit nach § 82 Abs 1 Z 3 EheG der Aufteilung entzogen gewertet, als sie nicht für unternehmensfremde (private) Zwecke umgewidmet wurden (RS0057752). Nach § 91 Abs 3 EheG bleibt zwar das (teilweise) auch privat genutzte Unternehmensvermögen als solches von der Aufteilung ausgeschlossen, doch hat das Gericht den Umstand des privaten Gebrauchs durch beide Gatten bei der nachehelichen Vermögensaufteilung zu Gunsten des anderen Ehegatten angemessen zu berücksichtigen. Der Bemessung der Ausgleichszahlung ist grundsätzlich der Wert des entgangenen Gebrauchs zugrunde zu legen, der im Regelfall mit dem anteiligen Wert der Sache begrenzt ist. Da § 91 Abs 3 EheG nur die (reale oder wertmäßige) Nichteinbeziehung der zum Unternehmen gehörenden Sache substituieren soll, kann seine Anwendung nicht dazu führen, dass der Nichtunternehmergatte durch Zuweisung des Werts eines Gebrauchsentgangs mehr erhielte als bei Einbeziehung eines der Privatnutzung entsprechenden Anteils am Wert der Sache in die Aufteilungsmasse (1 Ob 48/24a Rz 21, 30, 39).

[7] 2. Die Entscheidung des Rekursgerichts steht mit diesen Grundsätzen im Einklang. Eine auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung zeigt der Revisionsrekurs nicht auf. Den Ausführungen der Antragstellerin ist im Einzelnen Folgendes zu erwidern:

(a) Zur Liegenschaft in W*

[8] Nach den Feststellungen erwarb eine Privatstiftung, deren Stifter und alleiniger Begünstigter der Antragsgegner war, im Jahr 2004 – also noch vor der Eheschließung im November 2006 – die Liegenschaft in W*, auf der sich das später als Ehewohnung verwendete Einfamilienhaus befand. Die Stiftung hatte dem Antragsgegner die Liegenschaft vermietet. Im Jahr 2014 widerrief der Antragsgegner die Privatstiftung. Im Zuge dessen wendete die Stiftung ihm ihr Vermögen – insbesondere die Liegenschaft – „unentgeltlich“ zu.

[9] Nach Auffassung des Rekursgerichts wurde mit dem dem Antragsgegner eingeräumten Widerrufsrecht das bei Privatstiftungen grundsätzlich bestehende Prinzip der vollständigen Trennung der Stiftung vom Stifter nicht verwirklicht, sodass von einer wirtschaftlichen Identität der Stiftung mit dem Antragsgegner auszugehen sei, womit bedeutungslos sei, dass die Liegenschaft im Jahr 2014 in dessen Eigentum übergegangen sei, weil sie aus dem ihm zuzurechnenden vorehelichen Vermögen erworben worden sei.

[10] Die Antragstellerin bezweifelt diese Rechtsansicht mit dem Hinweis darauf, dass der Widerruf laut „Stiftungszusatzurkunde vom 21. 3. 2007“ der schriftlichen Zustimmung einer weiteren der dort genannten Personen bedurft hätte. Die Liegenschaft sei daher während der Ehe erworben worden und als Ganzes in die Aufteilung einzubeziehen.

[11] Ihr ist zu entgegnen, dass sie in erster Instanz eine solche Einschränkung des Widerrufsrechts – und damit eine Einschränkung der wirtschaftlichen Verfügungsmöglichkeit des Antragsgegners über das Vermögen der Privatstiftung – gar nicht vorgebracht hat (und sich diese auch nicht aus der von ihr zitierten Beilage ./48 ergibt). Soweit sie sich auf diese bezieht, geht sie daher nicht vom festgestellten Sachverhalt aus (RS0043312).

[12] Darüber hinaus wäre ihr auch bei vollständiger Trennung zwischen Stiftung und Stifter (vgl RS0115134) nicht geholfen: Entweder hatte der Antragsgegner einen (konkret wie auch immer ausgestalteten) Anspruch auf die (Übertragung der) Liegenschaft bei Widerruf der Stiftung, den er dann aber – wie das Rekursgericht meint – im Sinn des § 82 Abs 1 Z 1 erster Fall EheG schon als Vermögenswert in die Ehe eingebracht hätte, oder ihm wurde die Liegenschaft 2014 von der Stiftung im Sinn des § 82 Abs 1 Z 1 dritter Fall EheG geschenkt. So oder so ist nicht zu erkennen, warum die Liegenschaft als Ganzes in die Aufteilung einzubeziehen wäre.

[13] Die Argumentation der Antragstellerin, die Liegenschaft sei „Ertrag“ oder „Veräußerungserlös“ der Stiftung (des Unternehmens) und durch Bewohnen für private Zwecke umgewidmet worden, verfängt schon deshalb nicht, weil die Liegenschaft unter die Ausnahme nach § 82 Abs 1 Z 1 EheG und nicht § 82 Abs 1 Z 3 EheG fällt.

[14] Weiters bemängelt die Antragstellerin, es seien keine Feststellungen getroffen worden, in welchem Ausmaß sie vor der Eheschließung persönliche Arbeitsleistungen für diese Liegenschaft erbracht und Investitionen in die Liegenschaft getätigt habe, obwohl diese bei Einbeziehung der Liegenschaft „in die Aufteilung“ wertverfolgend zu ihren Gunsten zu berücksichtigen seien. Damit übergeht sie allerdings, dass die Liegenschaft als solche nicht Teil der Aufteilungsmasse ist.

(b) Zur Liegenschaft in A*

[15] Die Rechtsmittelwerberin tritt der Beurteilung des Rekursgerichts nicht konkret entgegen, dass nach den Feststellungen der Antragsgegner die Liegenschaft in A* im Jahr 2007 ausschließlich aus Mitteln erworben und umgebaut habe, die nicht der Aufteilung unterlägen. Sie teilt ausdrücklich auch die Schlussfolgerung der zweiten Instanz, dass diese Mittel mit der Verwendung für die Liegenschaft in A* schlüssig zur Anschaffung ehelichen Gebrauchsvermögens oder zur Bildung ehelicher Ersparnisse gewidmet worden seien. Sie wendet sich in dem Zusammenhang nur gegen die Auffassung der zweiten Instanz, dass die eingebrachten Mittel wertverfolgend zu Gunsten des Antragsgegners zu berücksichtigen seien. Dabei bezieht sie sich allerdings ausschließlich auf Rechtsprechung und Literatur, die zum Ausdruck bringt, dass eine reale Aussonderung aus der Aufteilungsmasse im Sinn des § 82 Abs 1 EheG nicht in Betracht kommt, wenn ein Ehegatte einen nicht der Aufteilung unterliegenden Geldbetrag zumindest schlüssig gemeinsamen (wirtschaftlichen) Zwecken gewidmet hat (4 Ob 115/10f Pkt 1.; Gitschthaler in Schwimman/Kodek , ABGB 5 [2019] § 82 EheG Rz 30). Daraus ergibt sich aber nicht, dass im Fall einer solchen Widmung die wertverfolgende Berücksichtigung vorehelicher Beiträge der Streitteile, die in der Liegenschaft wertbildend aufgegangen sind, ausgeschlossen wäre. Vielmehr ist deren Voraussetzung ja, dass die Liegenschaft in die Aufteilungsmasse einzubeziehen ist (RS0057490; RS0057298 [T5]).

[16] Mit diesen Ausführungen zeigt die Rechtsmittelwerberin daher nicht auf, dass der (gesamte) Verkehrswert der Liegenschaft in A* der Aufteilung zugrunde zu legen wäre.

[17] Eine sekundäre Mangelhaftigkeit bringt sie mit dem pauschalen Verweis darauf, dass sie Vermögen in die Ehe eingebracht habe, das in den Ankauf bzw die Sanierung der beiden Liegenschaften während der Ehe geflossen sei, nicht zur Darstellung. Eigenständige und in sich geschlossene Rechtsmittelausführungen dürfen nicht durch den bloßen Verweis auf frühere Schriftsätze ersetzt werden (RS0043616 [T19]). Auch ihre Behauptung, sie habe durch ihre Investitionen und Arbeitskraft zur Wertsteigerung der Liegenschaft in der R* beigetragen, mit deren Verkaufserlös die Liegenschaft in A* mitfinanziert wurde, bleibt völlig unsubstantiiert.

(c) Zur Uhrensammlung

[18] Nach den Feststellungen erwarb der Antragsgegner die zum Aufteilungsstichtag vorhandenen Uhren noch vor der Eheschließung im November 2006. Er kaufte nach 2006 keine Uhren für seine Uhrensammlung mehr. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die Ehegatten während der Ehe gemeinsam Uhren ankauften.

[19] Da die Uhrensammlung des Antragsgegners demnach in die Ehe eingebracht wurde und schon aus diesem Grund von der Aufteilung ausgenommen ist (§ 82 Abs 1 Z 1 EheG), wovon auch das Erstgericht ausging, erschließt sich das Argument der Rechtsmittelwerberin nicht, die unter Berufung auf 8 Ob 631/88 und 5 Ob 669/81 zeigen will, dass dem persönlichen Gebrauch eines Ehegatten dienende und daher nach § 82 Abs 1 Z 2 EheG ausgenommene Sachen im Rahmen der Billigkeit doch bei der Ausgleichszahlung zu berücksichtigen seien.

(d) Zum PKW Range Rover

[20] Nach den Feststellungen erwarb der Antragsgegner den PKW Range Rover im Jahr 2013 für sein Einzelunternehmen, wofür vom Firmenkonto 84.900 EUR bezahlt wurden. Er verwendete das Fahrzeug für berufliche und private Fahrten, wobei nicht festgestellt werden konnte, in welchem Verhältnis die Nutzung erfolgte.

[21] Die Antragstellerin setzt sich nicht mit der Argumentation des Rekursgerichts auseinander, dass Feststellungen zum Verkehrswert des PKW zum Aufteilungsstichtag irrelevant sind, weil der Anteil der privaten Nutzung nicht feststeht. Insoweit ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043605). Welcher Gebrauchsentgang bei der Ausgleichszahlung zu berücksichtigen sein könnte, legt sie auch im Revisionsrekurs nicht einmal im Ansatz dar.

[22] 3. Letztlich rügt sie, das Rekursgericht habe aktenwidrig angenommen, sie habe die Wohnung in der R* lediglich ausgemalt. Vielmehr wäre von der Feststellung auszugehen gewesen, dass die Wohnung verkauft wurde, „nachdem sie mit gemeinsamer Arbeitskraft der Streitteile durch Arbeiten, wie Ausmalen, hergerichtet wurde“. Sie erklärt aber nicht, inwieweit sich daraus eine rechtlich günstigere Beurteilung für sie ergeben soll, stehen bestimmte Arbeiten und eine dadurch bewirkte Wertsteigerung doch weder fest noch wird Konkretes dazu behauptet.