JudikaturOGH

14Os44/25i – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
12. Juni 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Juni 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Eißler in der Strafsache gegen * H* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), § 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall) und § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 18. Dezember 2024, GZ 16 Hv 129/24p 35, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch umfassten Taten nach § 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall) StGB, demgemäß auch in der Subsumtionseinheit und im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung), aufgehoben und es wird die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Feldkirch verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] M it dem angefochtenen Urteil wurde* H* des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), § 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall) und § 15 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er anderen fremde bewegliche Sachen teils durch Einbruch mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen (1./a./ und b./ sowie 2./) und wegzunehmen versucht (1./c./),

1./ wobei er die Taten in der Absicht beging, sich durch ihre wiederkehrende Begehung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, und bereits zwei solche Taten begangen hat sowie ein besonderes Mittel (Flachwerkzeug) einsetzte , das eine wiederkehrende Begehung nahelegt, und zur Ausführung der Taten in Wohnstätten einbrach und einstieg, und zwar

a./ am 27. Juni 2024 in S* E* S*, T* S* und B* S* Bargeld in Höhe von zirka 1.500 Euro und 400 CHF sowie Schmuck, Bruchgold, ein Gold-Nugget und andere Wertgegenstände unbekannten Wertes, indem er über eine Mülltonne und einen Elektrokasten auf einen Heizpilz kletterte, solcherart durch ein geöffnetes Fenster im ersten Obergeschoss in eine Wohnung gelangte, diese durchsuchte und die genannten Gegenstände mitnahm;

b./ am 2. Juli 2024 in H* * P* drei Schlüssel unbekannten Wertes, indem er mit einem Flachwerkzeug das Küchenfenster des Wohnhauses aufhebelte, solcherart in das Gebäudeinnere gelangte, dieses durchsuchte und die Schlüssel mitnahm;

c./ am 15. Juli 2024 in G* * Pu* diverse Wertgegenstände, indem er mit einem Flachwerkzeug die Terrassentür deren Wohnhauses aufhebelte, solcherart in das Haus gelangte, dieses durchsuchte und Schmuck in eine Stofftasche packte, wobei er von der Genannten betreten wurde und unter Zurücklassung der B eute floh;

2./ am 15. Juli 2024

a./ in S* * V* ein Moped, indem er dieses nach Umgehung der Sperrvorrichtung auf un bekannte Weise in Betrieb nahm und damit wegfuhr;

b./ in G* Gewahrsamsträgern der Gärtnerei M* 150 Euro Bargeld und einen Motorradschlüssel, indem er durch un versperrte Türen in einen Keller sowie eine Garage gelangte, diese Räumlichkeiten sowie ein unversperrtes Auto nach für ihn brauchbaren Sachen durchsuchte und das Bargeld aus einem Kuvert wegnahm.

Rechtliche Beurteilung

[3]Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – teilweise Berechtigung zukommt.

[4]Zutreffend zeigt die Subsumtionsrüge (Z 10) auf, dass die rechtliche Unterstellung der vom Schuldspruch erfassten Taten (auch) dem § 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall) StGB mit einem Rechtsfehler mangels Feststellungen behaftet ist.

[5]Gewerbsmäßigkeit iSd § 70 StGB verlangt – neben bestimmten objektiven Kriterien – die Absicht des Täters, sich durch die wiederkehrende Tatbegehung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen (vgl dazu RIS-Justiz RS0107402, RS0119090 [T8, T11, T14 und T15]).

[6]Zur zeitlichen Komponente dieser Intention des Angeklagten enthalten die Urteilsannahmen keine ausreichenden Feststellungen (vgl US 6). Die im Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) enthaltene, am Gesetzestext orientierte Angabe, wonach es dem Angeklagten darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung „längere Zeit hindurch“ ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen (US 1), kann entsprechende Konstatierungen nicht ersetzen (RIS-Justiz RS0114639).

[7]Dieser Subsumtionsfehler erforderte – bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285e iVm § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) – die Aufhebung der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch umfassten Taten dem § 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall) StGB, demgemäß auch der Subsumtionseinheit und des Strafausspruchs (einschließlich der Vorhaftanrechnung). In diesem Umfang war die Strafsache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

[8] Auf das weitere zur aufgehobenen Qualifikation erstattete Beschwerdevorbringen war daher nicht einzugehen.

[9] Im Übrigen kommt der Nichtigkeitsbeschwerde jedoch keine Berechtigung zu:

[10] Entgegen der Unvollständigkeit reklamierenden Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zum Schuldspruch zu 1./a./ hat das Erstgericht die (leugnende) Verantwortung des Angeklagten, der tatsächliche Dieb müsse in eine seiner abgesonderten Körperflüssigkeiten getreten sein, wodurch seine DNA zum tatgegenständlichen Fenster gelangt sei, und er habe sich zur Tatzeit in Deutschland befunden, nicht übergangen, sondern als nicht überzeugend gewertet(US 6 f). Dass aus den Angaben des Angeklagten für ihn günstigere Schlüsse gezogen werden hätten können, begründet keine Nichtigkeit aus Z 5 (vgl RIS-Justiz RS0099455).

[11]Soweit die Beschwerde auch zum Schuldspruchfaktum 1./b./ behauptet, der Angeklagte habe sich damit verantwortet, zur Tatzeit in Deutschland gewesen zu sein, unterlässt sie (vgl aber RIS-Justiz RS0124172 [T4]) die Angabe einer Fundstelle dieses – als übergangen reklamierten – Beweisergebnisses (zur Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung vgl ON 34, 3 f).

[12]Indem die zum Schuldspruch zu 2./a./ erhobene Rüge (Z 5 vierter Fall) eine offenbar unzureichende Begründung der Feststellung behauptet, wonach der Angeklagte die elektronische Sperrvorrichtung des Mopeds auf unbekannte Weise umging (US 5), spricht sie keinen für die Lösung der Schuld- oder der Subsumtionsfrage entscheidenden Umstand an (RIS-Justiz RS0117499), weil die Begehungsweise der zu 2./a./ inkriminierten Tat für die nach § 29 StGB gebildete Subsumtionseinheit (hier: die Subsumtion der Taten [ohnehin nur] als Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1 StGB) ohne Einfluss bleibt (vgl RIS-Justiz RS0113903).

[13] Die zum Schuldspruch zu 2./ erhobene, Feststellungen zu einem die Wegnahme durch Einbruch umfassenden Vorsatz vermissende Subsumtionsrüge (Z 10) vernachlässigt , dass das Erstgericht bei diesen Taten ohnehin nicht von der Begehungvon Einbruchsdiebstählen iSd § 129 Abs 1 StGB ausgegangen ist(vgl US 1: „teils durch Einbruch“), zufolge § 29 StGB aber alle angelasteten gleichartigen Vermögensstraftaten bei der rechtlichen Beurteilung zu einer ( keine Unterscheidung hinsichtlich der rechtlichen Qualifikation einzelner Diebstähle aufweisenden ) Subsumtionseinheit zusammengefasst hat (vgl dazu RIS-Justiz RS0090730, RS0120980 ).

[14]Indem die eine Subsumtion des Tatgeschehens nach § 136 StGB anstrebende Beschwerde zu 2./a./ die Feststellungen zu einem Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz des Angeklagten (US 6) in Zweifel zieht, weil dieser sich auf der Flucht des Mopeds entledigt habe, stütztsie sich nicht auf die Urteilsannahmen (vgl aber RIS-Justiz RS0099810), sondern bekämpft bloß in unzulässiger Form die Beweiswürdigung des Schöffengerichts nach Art einer – im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) – Schuldberufung. Im Übrigen ist sie gar nicht zum Vorteil des Angeklagten ausgeführt, weil bei einer Subsumtion der vom Beschwerdeführer bezeichneten Tat im begehrten Sinn die rechtliche Beurteilung der aus den verbleibenden Taten zu bildenden Subsumtionseinheit nicht in Frage gestellt wäre(RIS-Justiz RS0120980 [T4]).

[15] Schließlich behauptet die Rüge , dem Urteil sei nicht zu entnehmen, ob sich der Angeklagte nicht erst (im Sinne eines „dolus superveniens“) im Nachhinein, als er bereits in die zu 1./a./ und b./ gegenständlichen Wohnstätten eingebrochen war, dazu entschlossen habe, fremde bewegliche Sachen mit Bereicherungsvorsatz wegzunehmen. Weshalb die Konstatierungen, wonach es dem Angeklagten „bereits beim Einbruch in das Wohnhaus“ in S* am 27. Juni 2024 darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen in Wohnstätten ein in einer jährlichen Durchschnittsbetrachtung 400 Euro pro Monat übersteigendes Einkommen zu verschaffen, und er „als er die angeführten Handlungen setzte“ fremde bewegliche Sachen mitnehmen wollte, „um sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern“ (US 6), nicht zum Ausdruck bringen sollten, dass schon das Einbrechen mit dem Vorsatz des Angeklagten erfolgte, fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz auf unrechtmäßige Bereicherungwegzunehmen (vgl dazu RIS-Justiz RS0093685), macht die Rüge nicht klar.

[16]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in diesem Umfang bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[17] Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Kassation des Strafausspruchs zu verweisen.

[18]Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.