JudikaturOGH

15Os57/24g – OGH Entscheidung

Entscheidung
Wirtschaftsrecht
04. September 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. September 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. MichelKwapinski, Dr. Mann und Dr. Sadoghi und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in Gegenwart des Schriftführers Mag. Hule in der Strafsache gegen * V* wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 31. Jänner 2024, GZ 26 Hv 99/23y 32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde* V* des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat sie am 24. März 2022 in D* mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der T*Bank * durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung verleitet, indem sie sie unter Vortäuschung ihrer Rückzahlungswilligkeit sowie unter Verschweigung ihrer „Glücksspielproblematik“ zur Zuzählung eines Darlehensbetrags von 59.500 Euro veranlasste, wodurch die Bank in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt wurde.

Rechtliche Beurteilung

[3]Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und 11 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten ist nicht im Recht.

[4] Die Mängelrüge behauptet betreffend die Feststellungen zur Schadenshöhe, das Erstgericht hätte dafür keine oder bloß eine offenbar unzureichende Begründung angeführt (Z 5 vierter Fall), und verweist darauf, dass auch nach Einstellung der Zahlungen durch die Angeklagte und Einleitung des Schuldenregulierungsverfahrens weitere Beträge im Umfang von 400 Euro monatlich gepfändet wurden, welche der Geschädigten zu Gute kamen.

[5] Damit verkennt die Rechtsmittelwerberin, dass zufolge Fehlens der Rückzahlungswilligkeit bereits zum Zeitpunkt der Darlehenszuzählung von 59.500 Euro der Schaden in dieser Höhe eingetreten ist (vgl RISJustiz RS0128771 [T1], RS0065663; Kirchbacher/Sadoghi in WK 2StGB § 146 Rz 89, 91, 100).

[6] Die Behauptung (nominell Z 5 vierter Fall, inhaltlich Z 10), für einen Vorsatz hinsichtlich der Schadenshöhe fehlten „jedwede Feststellungen“, orientiert sich prozessordnungswidrig nicht am Urteilssachverhalt (US 4; RISJustiz RS0099810).

[7] Das Vorbringen, in der Beantragung eines gesetzlich vorgesehenen Schuldenregulierungsverfahrens könne kein strafrechtliches Verhalten liegen, spricht keine der Anfechtungskategorien des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (Z 5) an und bringt auch sonst keinen Nichtigkeitsgrund prozessförmig zur Darstellung. Das gilt auch für die weitere Rüge, bei einem Verbraucherkredit sei es „völlig irrelevant, für was die Kreditsumme verwendet“ werde, vielmehr sei „ein Verbraucherkredit für den Verbrauch gedacht, auch wenn es sich dabei um ein Casino handelt“.

[8] Die Kritik, das Erstgericht hätte amtswegig ein Gutachten zur „Glücksspielproblematik“ einholen müssen (nominell Z 5, der Sache nach Z 5a als Aufklärungsrüge), versäumt die Darlegung, wodurch die Beschwerdeführerin an sachgerechter Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert gewesen sei (RISJustiz RS0115823).

[9] Das Vorbringen, die Feststellungen zur mangelnden Rückzahlungswilligkeit wären nicht ausreichend begründet worden (Z 5 vierter Fall), nimmt nicht Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (US 6 ff; RISJustiz RS0119370).

[10]Die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO sind voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber für beschwert erachtet (RISJustiz RS0115902). Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) auf das zur Mängelrüge (Z 5) erstattete Vorbringen verweist, entspricht dies daher nicht der Strafprozessordnung.

[11] Die pauschalen Behauptungen , das Erstgericht habe als Begründung für die Feststellung entscheidender Tatsachen bloß Eindrücke, Hypothesen oder Spekulationen angeführt, konkrete Beweisergebnisse lägen nicht vor, genügen nicht zur prozessordnungsgemäßen Darstellung des Nichtigkeitsgrundes nach Z 5a (RISJustiz RS0099563 [T10]).

[12] Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) die Feststellungen zum Schädigungsvorsatz und zum Bereicherungsvorsatz (US 4) bestreitet und ausführt, es liege in der Natur der Sache, dass beim Spielen im Casino auch mit Ausfällen zu rechnen sei, und dass Kreditnehmer einen gesetzlich vorgesehenen Weg wie ein Schuldenregulierungsverfahren einschlagen, wird materielle Nichtigkeit nicht aufgezeigt, sondern nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung argumentiert.

[13]Weshalb bei einer vollendeten strafbaren Handlung der Strafausschließungsgrund des absolut untauglichen Versuchs nach § 15 Abs 3 StGB greifen sollte, macht die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht klar.

[14]Dass vorliegend von einem unechten Unterlassungsdelikt im Sinn des § 2 StGB auszugehen wäre, wird von der weiteren Rechtsrüge ohne methodengerechte Ableitung aus dem Gesetz (vgl RISJustiz RS0116565) lediglich behauptet (vgl jedoch RISJustiz RS0089526).

[15]Gegen den vom Erstgericht gemäß § 20 Abs 3 StGB betreffend einen Betrag von 54.600 Euro ausgesprochenen Verfall wendet die Sanktionsrüge (Z 11) ein, die Angeklagte wäre nicht bereichert worden, vielmehr hätte sie nach den erstgerichtlichen Feststellungen von Anfang an vorgehabt, das Geld im Casino zu verspielen, womit sie auch keine Vermögenswerte erlangt hätte. Damit wird Nichtigkeit im Sinn der falschen Lösung einer Rechtsfrage jedoch nicht aufgezeigt (vgl RISJustiz RS0114233).

[16] Mit dem weiteren Einwand, „zwischenzeitlich“ wären weitere Beträge von monatlich 400 Euro gepfändet worden, wird lediglich ein Berufungsvorbringen erstattet (RISJustiz RS0114233 [T2]).

[17]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

[18]Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.