JudikaturLG für ZRS Wien

34R25/25s – LG für ZRS Wien Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
19. August 2025

Kopf

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht fasst durch den Richter Mag. Ulf Marschner als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Erich Hueber und die Richterin Mag. a Romana Fritz in der Rechtssache der klagenden Partei K*** GmbH , ***, **** Wien, vertreten durch Dr. Martin Cvikl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. C* D* GmbH Co KG, und 2. C* D* GmbH , beide ***, **** Wien, beide vertreten durch die Fellner Wratzfeld Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 225,- samt Anhang , über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 12.2.2025, 94 C 154/24b-22, in nichtöffentlicher Sitzung den

I. Beschluss:

Spruch

Das Berufungsverfahren wird fortgesetzt.

II. und erkennt zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben und das Urteil wie folgt abgeändert:

„Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei EUR 225,- samt 4% Zinsen jährlich aus EUR 75,- ab 31.10.2021, aus EUR 75,- ab 31.3.2022 und aus EUR 75,- ab 31.10.2022 binnen 14 Tagen zu zahlen sowie die mit EUR 1.239,95 (darin enthalten EUR 197,86 USt und EUR 52,80 Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 280,89 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten EUR 38,75 USt und EUR 48,40 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Revision ist jedenfalls unzulässig (§ 502 Abs 2 ZPO).

Entscheidungsgründe:

Text

Die Erstbeklagte betreibt das öffentliche Verkehrsunternehmen C* D*. Ihre einzige Komplementärin ist die Zweitbeklagte, deren einzige Gesellschafterin die C* D* GmbH ist, die wiederum die einzige Kommanditistin der Erstbeklagten ist. Die C* D* GmbH steht zur Gänze im Eigentum der Stadt C*.

Die Erstbeklagte bot für Studierende unter anderem im Wintersemester 2021/2022, im Sommersemester 2022 und im Wintersemester 2021/2022 ein Semesterticket an, das jeweils für ein Studiensemester galt. Der Semesterticketpreis für Studierende betrug bis 1.2.2023 EUR 150,-. Für Studierende mit Hauptwohnsitz C* betrug der Semesterticketpreis in diesem Zeitraum nur EUR 75,-. Seit 1.2.2023 kostet das Semesterticket der Erstbeklagten für die Kernzone C* für sämtliche Studierende einheitlich EUR 75,-.

K* V* (in der Folge: Zedentin) ist in Wien geboren, österreichische Staatsbürgerin und übersiedelte im Alter von einem Jahr nach F*. Im Wintersemester 2021 begann sie das Studium der Veterinärmedizin in C* und begründete in diesem Zusammenhang auch einen Nebenwohnsitz in C*. Während der Semesterzeiten wohnte die Zedentin zumeist in ihrer jeweiligen Wohnung in C*, an der sie einen Nebenwohnsitz hatte. Die Wochenenden und die Ferien verbrachte die Zedentin zumeist in F* bei ihrer Mutter, in deren Wohnung auch ihr Hauptwohnsitz gemeldet blieb. Aufgrund der Hauptwohnsitzmeldung in F* gilt die Zedentin nach dem Studienbeihilfenrecht als auswärtige Studentin, wodurch sie im verfahrensgegenständlichen Zeitraum im Vergleich zu einer Hauptwohnsitzmeldung in C* eine um etwa EUR 100,- bis EUR 200,- pro Monat höhere Studienbeihilfe bezogen hat. Dieser Umstand war für die Zedentin auch ein Motiv, in F* ihren Hauptwohnsitz zu belassen.

Die Zedentin kaufte bei der Erstbeklagten ein Semesterticket für Studierende für das Wintersemester 2021/2022 um EUR 156,- sowie Semestertickets für Studierende für das Sommersemester 2022 und das Wintersemester 2022/2023 um jeweils EUR 150,-. Dabei war ihr bekannt, dass sie diese Semestertickets bei Meldung ihres Hauptwohnsitzes in C* um jeweils EUR 75,- hätte erwerben können. Dass die Zedentin vom Bundesland K* und/oder von der Stadt F* eine Förderung zu den Kosten für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erhalten hätte, konnte das Erstgericht nicht feststellen.

Die Klägerin betreibt die Website „www.ticketerstattung.at“, über die Ansprüche gegen die Beklagten aus der Benachteiligung bei der Höhe des Fahrpreises gegenüber Studenten mit Hauptwohnsitz in C* in Zusammenhang mit den Semestertickets für das Wintersemester 2022/2023, das Sommersemester 2022, das Wintersemester 2021/2022, das Sommersemester 2021, das Wintersemester 2020/2021 und das Sommersemester 2020 an die Klägerin durch Absenden eines entsprechenden Formulars abgetreten werden. Die Zedentin hat ihre Ansprüche im Zusammenhang mit der Ungleichbehandlung bei der Tarifgestaltung der Semestertickets für Studierende gegen die Beklagten an die Klägerin abgetreten. Die Klägerin hat diese Abtretung angenommen. Diese Abtretung erfolgte durch Ausfüllen und Absenden eines Formulars auf der Website www.ticketerstattung.at, in der sie ihre persönlichen Daten und die betreffenden Semestertickets eingab. Nach Erhalt einer E Mail der Klägerin, mit der diese die Übermittlung der Formularangaben und die Übertragung der Ansprüche an die Klägerin bestätigte, lud die Zedentin diese Semestertickets und eine Ausweiskopie auf die Plattform der Klägerin hoch.

Das Stadtgebiet von C* gehört zum Verkehrsverbund Ostregion (VOR). Herausgeber der VOR-Tarifbestimmungen ist die Verkehrsverbund Ostregion GesmbH. Die Erstbeklagte betreibt als Partner des VOR U-Bahnen, Straßenbahnen und Busse in C*. Es gibt weitere Verkehrsunternehmen, die als Partner des VOR öffentliche Verkehrsmittel betreiben. Im Stadtgebiet von C* betreiben neben der Erstbeklagten auch die ÖBB, die C* Lokalbahnen, die Dr. S* Verkehrsbetriebe und das Verkehrsunternehmen J* öffentliche Verkehrsmittel im Rahmen des VOR. Der Geltungsbereich des Semestertickets der Erstbeklagten für Studierende (mit oder ohne Wohnsitz in C*) gilt und galt auch im verfahrensgegenständlichen Zeitraum für Fahrten mit sämtlichen öffentlichen Verkehrsmitteln der Partner des VOR mit Ein- und Ausstieg innerhalb der Kernzone C*, die den Bereich der Kernzone Wien nicht verlassen. Die Einnahmen aus den Ticketverkäufen werden unter den Partnern des VOR nach einem festgelegten Verteilungsschlüssel verteilt. Vergünstigte Tarife für bestimmte Personengruppen werden von der Erstbeklagten nur gewährt, wenn sie entsprechende Ausgleichszahlungen von dritter Seite bekommen, die den damit verbundenen Einnahmenentfall abdecken. Um das allgemeine Semesterticket für Studierende um einen Preis von EUR 150,- pro Semester zur Verfügung stellen zu können, erhielt die Erstbeklagte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum entsprechende finanzielle Zuschüsse durch das zuständige Ministerium, die die Differenz zu den Kosten eines regulären Tickets für den jeweiligen Zeitraum abdeckten. Um die Semesterkarte für Studierende mit Hauptwohnsitz in C* um einen Preis von EUR 75,-pro Semester anbieten zu können, erhielt die Erstbeklagte darüber hinaus weitere finanzielle Mittel durch die Stadt C*, die wiederum die Differenz zu den Kosten für die allgemeinen Semestertickets für Studierende abdeckten.

Die Klägerinbegehrte von den Beklagten die Zahlung von EUR 225,-, weil die Zedentin für die Semestertickets für Studierende für das Wintersemester 2021/2022, das Sommersemester 2022 und das Wintersemester 2022/2023 jeweils EUR 150,- und damit um EUR 75,- zu viel bezahlt habe. Diese Ansprüche habe die Zedentin der Klägerin abgetreten. Das einzige Unterscheidungsmerkmal für den unterschiedlichen Preis des Semestertickets sei, ob der Hauptwohnsitz der Studierenden in C* liege. Dies sei kein gerechtfertigter Grund für eine Differenzierung und stelle eine mittelbare Diskriminierung dar, zumal das Kriterium besonders geeignet sei, Personen mit anderer Staatsbürgerschaft bzw. anderer ethnischer Zugehörigkeit zu diskriminieren. Diese Fahrpreisgestaltung der Beklagten verstoße insbesondere gegen Art 7 B-VG und Art 18 AEUV. Außerdem liege ein Verstoß gegen das Verbot des Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung (§ 5 KartG bzw. Art 102 AEUV) vor.

Die Beklagten bestritten das Klagebegehren und brachten vor, dass sie nicht passivlegitimiert seien. Das Gebiet der Stadt C* gehöre zum Verkehrsverbund Ost Region und die VORGmbH gebe die Tarifbestimmungen heraus, die von der Erstbeklagten lediglich angewendet würden. Die Klägerin sei mangels wirksamer Abtretung einer vermeintlichen Forderung nicht aktivlegitimiert. Selbst wenn eine Zessionsvereinbarung abgeschlossen worden sei, sei diese unwirksam, weil die Tätigkeit der Klägerin auf verbotenem Vertrag ohne Gewerbebefugnis beruhe. Der gewerbliche Ankauf von Forderungen aus Warenlieferungen oder Dienstleistungen sei ein Bankgeschäft, für das eine Konzession erforderlich sei. Zudem verstoße die Abtretung gegen § 879 Abs 2 Z 2 ABGB. Die Preisgestaltung der Studierenden-Semestertickets sei rechtmäßig, ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art 7 B-VG liege nicht vor. Den Studierenden wäre es möglich gewesen, neben dem Heimatort als Lebensmittelpunkt einen melderechtlichen Hauptwohnsitz in C* zu begründen, weil sie auch dort einen weiteren Lebensmittelpunkt hätten. Weiters sei zu berücksichtigen, dass Personen, die keinen Lebensmittelpunkt in C* hätten, im Vergleich zu Personen, die ihren Lebensmittelpunkt in C* haben, hier weniger Gebühren und sonstige Gemeindeabgaben bezahlen und auch im Finanzausgleich zugunsten von C* nicht als Einwohner der Stadt gezählt werden würden. Die Förderung von Personengruppen (Schüler, Studenten oder Pensionisten) innerhalb einer Gebietskörperschaft, indem diesen der Zugang zu kommunalen Beförderungsleistungen vergünstigt angeboten werde, stelle als eine budgetäre Erwägung im Sinne der obigen Ausführungen ein legitimes Ziel dar und sei geeignet, eine allfällige Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Die sachliche Rechtfertigung liege weiters darin, dass derjenige, der seinen Hauptwohnsitz in C* hat, die Förderung insbesondere durch die hier erbrachte – in Summe – vermehrte Steuer- sowie Abgabenleistung ausgleiche. Allein dieses berechtigte Interesse sei geeignet, eine allfällige Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Dass Gebietskörperschaften soziale Unterstützungsleistungen auf Personen beschränken könnten, die ihren Hauptwohnsitz auf ihrem Gebiet hätten, sei letztlich auch eine Auswirkung des bundesstaatlichen Verfassungsprinzips (Art 2 Abs 1 B-VG) und der Selbstverwaltung der Ortsgemeinden (Art 116 Abs 1 und 2 B-VG). Es liege auch keine mittelbare Diskriminierung nach Art 18 AEUV vor, die ein spezielles Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit beinhalte. Die Erstbeklagte verstoße nicht gegen den Kontrahierungszwang, weil es nach der Privatautonomie jedem freistehe, zu entscheiden, ob man überhaupt, wann und mit wem einen Vertrag mit welchem Inhalt schließen möchte. Der Monopolist sei nur verpflichtet, seine Leistungen zu angemessenen Bedingungen anzubieten. Ein Anspruch Studierender ohne Hauptwohnsitz in C*, Semesterkarten zum gleichen Preis zu beziehen, wie Studierende mit Hauptwohnsitz in C*, lasse sich nur begründen, wenn das allgemeine Gleichheitsgebot verletzt wäre, was aber nicht der Fall sei. Ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung liege nicht vor, weil eine sachliche Rechtfertigung gegeben sei. Außerdem sei die vorgebliche Zedentin als Verbraucherin nicht Adressatin des Diskriminierungsverbots, das Unternehmer als Wettbewerber schütze. Der angeblichen Zedentin sei durch den Erwerb der Semestertickets um EUR 150,- kein Schaden erwachsen, weil einige Gemeinden Förderungen an Studierende leisten würden, wenn sie in der Heimatgemeinde gemeldet seien. Die angebliche Zedentin hätte ihren Hauptwohnsitz zudem in C* begründen können und müssen. Sie habe deshalb gegen ihre Schadensminderungsobliegenheit verstoßen.

Mit dem angefochtenen Urteil (ON 22)wies das Erstgericht das Klagebegehren ab und stellte im Wesentlichen den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest. Rechtlich schloss das Erstgericht, dass die Zession wirksam zustandegekommen und die Klägerin aktivlegitimiert sei. Es bejahte auch die Passivlegitimation, weil die Erstbeklagte Vertragspartnerin der Zedentin sei. Dennoch sei das Klagebegehren mangels eines Verstoßes gegen Art 7 B-VG nicht berechtigt. Der Stadt C* als Gebietskörperschaft stehe ein gewisser rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen, Vergütungen in Form von günstigeren Tarifen Personen mit Hauptwohnsitz in C* anzubieten, weil diese Personen im Rahmen des Finanzausgleichs auch als Einwohner der Stadt C* zählen und die Zuweisung der finanziellen Mittel im Rahmen des Finanzausgleichs nicht nur, aber doch auch wesentlich von dieser Einwohnerzahl abhängig sei. Offenbar vor diesem Hintergrund seien auch die Regelungen der Bundesländer Niederösterreich und Burgenland, aber auch jener Gemeinden zu sehen, die den bei ihr bei hauptgemeldet gebliebenen Studenten entsprechende finanzielle Zuschüsse gewährten. Die Tarifgestaltung sei daher sachlich gerechtfertigt. Eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit nach Art 18 AEUV liege nicht vor. Ein Verstoß gegen den Kontrahierungszwang sei ebensowenig anzunehmen wie ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung, weil die Erstbeklagte eine gerechtfertigte Differenzierung der Tarifgestaltung vorgenommen habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin (ON 23) aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung einschließlich sekundärer Feststellungsmängel mit dem Antrag, das Urteil dahingehend abzuändern, dass dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben werde; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen, der Berufung nicht Folge zu geben.

Die Berufung ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

I.) Zur Fortsetzung des Verfahrens:

Gleichzeitig mit der Berufung stellte die Klägerin einen auf Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG gestützten Parteiantrag auf Normenkontrolle beim Verfassungsgerichtshof, in dem sie verfassungsrechtliche Bedenken zu den Bestimmungen in der ZPO betreffend die absolute Revisionsunzulässigkeit bei Streitwerten bis EUR 5.000,- (§§ 502 Abs 2, 500 Abs 2 Z 2 2 ZPO) geltend machte. Das Berufungsgericht unterbrach in der Folge mit Beschluss vom 30.4.2025 das Berufungsverfahren bis zur Erledigung des von der Klägerin gestellten Parteienantrags auf Normenkontrolle zu VfGH G 49/2025-2. Mit Beschluss vom 5.6.2025, G 49/2025-8, beim Berufungsgericht eingelangt am 26.6.2025, wies der Verfassungsgerichtshof die Behandlung des Antrags der Klägerin mangels Präjudizialität zurück.

Das Verfahren vor dem Berufungsgericht war daher gemäß § 528b Abs 3 ZPO von Amts wegen fortzusetzen.

II.) Zur Sache:

1.) Zum Anspruch gegen die Erstbeklagte:

a.) Aktiv- und Passivlegitimation:

Da das Berufungsgericht die materiell-rechtliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach allen Richtungen hin zu prüfen hat (vgl RISJustiz RS0043352), ist zunächst auch auf die von den Beklagten eingewendete mangelnde Passiv- und Aktivlegitimation einzugehen. Zur Passivlegitimation der Erstbeklagten kann im Wesentlichen auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts verwiesen werden. Die Erstbeklagte war unstrittig die Vertragspartnerin der Zedentin. Das Vorbringen der Erstbeklagten, wonach sie die VOR Tarifbestimmungen lediglich anwende, bezieht sich auf das Innenverhältnis zwischen ihr und der „VOR“, sodass sie sich dadurch nicht einer Haftung gegenüber ihrer Vertragspartnerin, der Zedentin, entziehen kann (LGZ Wien, 36 R 238/23a).

Hinsichtlich des Einwands der mangelnden Aktivlegitimation ist auszuführen, dass die Zedentin die klagsgegenständlichen Ansprüche an die Klägerin abgetreten hat. Inwieweit die Bestimmungen des BWG auf den konkreten Fall anzuwenden sind, ist nicht nachvollziehbar. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass selbst die Qualifikation der vorliegenden Abtretung als Bankgeschäft iSd BWG nicht zu deren gänzlichen Unwirksamkeit führen würde. § 100 BWG normiert lediglich die Teilnichtigkeit der Entgeltvereinbarung auf Seiten desjenigen, der eine bankgeschäftliche Leistung ohne Berechtigung erbracht hat ( Puck in Dellinger, BWG [3. Lfg 2009] § 100 Rz 15). Die restliche Abtretungsvereinbarung bliebe allerdings ungeachtet dessen wirksam, was zum Übergang der Gläubigerstellung auf die Klägerin als Zessionarin führt. Auch die mangelnde Aktivlegitimation aufgrund einer allfälligen Unwirksamkeit der Zession gemäß § 879 Abs 2 Z 2 ABGB wurde schon vom Erstgericht zutreffend mit Verweis auf den Schutzzweck der Norm verneint. Denn nach ständiger Rechtsprechung kann ein allfälliger Verstoß gegen § 879 Abs 2 Z 2 ABGB nur vom Mandanten des „Rechtsfreunds“, nicht aber von der Gegenpartei geltend gemacht werden (6 Ob 224/12b; 6 Ob 35/19v; Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der zitierten Entscheidung 4 Ob 14/18i). Schließlich kann das Argument der Beklagten, dass, da der Klägerin nach rechtlich zutreffender Beurteilung kein Honorar gebühre, nicht zu erwarten sei, dass sie die ihr zedierten Forderungen betreiben würde, nicht nachvollzogen werden, ist dies doch zwanglos durch die Einbringung der vorliegenden Klage widerlegt.

Sowohl Aktiv- als auch Passivlegitimation wurden daher vom Erstgericht zutreffend bejaht.

b.) Verstoß gegen Art 7 B-VG:

Die Klägerin stützte den geltend gemachten Kostenrückersatz für die Semestertickets auch auf einen Verstoß gegen Art 7 B-VG, den das Erstgericht im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung verneint hatte, weil eine sachliche Rechtfertigung der unterschiedlichen und nach Hauptwohnsitzen differenzierenden Tarifgestaltung vorliege.

Unstrittig ist, dass die Beklagte an das aus Art 7 B-VG abzuleitende Gleichbehandlungsgebot gebunden ist. Die sogenannte „Fiskalgeltung der Grundrechte“ für Gebietskörperschaften ist allgemein anerkannt (6 Ob 162/20x; vgl RISJustiz RS0038110). Der Staat und die anderen Gebietskörperschaften sind auch dann an die Grundrechte und damit an das aus dem Gleichheitsgrundsatz (Art 2 StGG; Art 7 Abs 1 B-VG) abzuleitende Sachlichkeitsgebot (vgl RISJustiz RS0058455; RS0053981) gebunden, wenn sie nicht hoheitlich, sondern in der Rechtsform des Privatrechts handeln (6 Ob 162/20x [Rz 2] mwN).

Der Grundrechtsbindung via Fiskalgeltung unterliegen auch selbständige Rechtsträger, die mit der Besorgung öffentlicher Aufgaben betraut sind, selbst wenn sie diese Aufgaben – wie hier die Erstbeklagte – in privatrechtsförmiger Weise besorgen; der Staat soll sich nicht der Grundrechtsbindung entziehen können, indem er Handlungs- und Rechtsformen des Privatrechts wählt (6 Ob 162/20x [Rz 2] mwN). Als Betreiberin der C* D* ist die Erstbeklagte ein Versorgungsunternehmen, das öffentliche (Verkehrs-)Aufgaben wahrnimmt. Sie ist daher im Rahmen dieser Tätigkeit der Fiskalgeltung der Grundrechte unterworfen (siehe zu einem Straßenbahnunternehmen: 4 Ob 146/93) und hat demnach den Gleichheitssatz zu beachten. Sie durfte daher beim Verkauf ihrer Studentenkarten Student*innen nicht unsachlich bevorzugen oder benachteiligen. Wie die Klägerin zutreffend aufzeigt, trifft die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen einer sachlichen Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung die Beklagten (3 Ob 158/24t [Rz 15]).

Preisdifferenzierungen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung für bestimmte Leistungen wie etwa „Einheimischentarife“, die an die Staatsangehörigkeit oder die Ortsansässigkeit von Personen anknüpfen, können durch objektive Gründe gerechtfertigt werden ( Neger/Paar , Einheimischentarife und ihre sachliche Rechtfertigung, RFG 2019/14; Obwexer, DienstleistungsRL und Einheimischentarife, ecolex 2010, 324 mwN). Gerechtfertigte Gründe können in der Versorgung mit wohnortnahen Bildungsangeboten liegen, sowie in der Verursachung eines höheren Aufwands durch Auswärtige. Verfolgt eine Gemeinde durch die Privilegierung Ortsansässiger das Ziel, knappe Ressourcen auf den eigenen Aufgabenbereich zu beschränken, Gemeindeangehörigen einen Ausgleich für besondere Belastungen zu gewähren oder Auswärtige für einen erhöhten Aufwand in Anspruch zu nehmen, oder sollen die kulturellen und sozialen Belange der örtlichen Gemeinschaft dadurch gefördert und der kommunale Zusammenhalt dadurch gestärkt werden, dass Einheimischen besondere Vorteile gewährt werden, kann dies mit Art 7 B-VG vereinbar sein. Dies kommt etwa für gesundheitlich relevante Einrichtungen wie kommunale Frei- oder Hallenbäder in Betracht, weil die Gemeinden als Betreiber solcher Einrichtungen daran interessiert sind, ihren Bewohnern gesundheitsfördernde Aktivitäten durch günstigere Tarife zu erleichtern ( Neger/Paar , RFG 2019/14 mwN).

Es trifft zu, dass nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs dem Gesetzgeber im Zusammenhang mit dem Gleichheitsgrundsatz ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zukommt, innerhalb dessen es ihm frei steht, verschiedene rechtspolitische Zielvorstellungen zu verfolgen; das gilt insbesondere auch für die Festlegung von Förderungszielen und den Kreis der Förderungsberechtigten (vgl nur VfGH B 859/10, VfSlg 19.261; G 31/2017, VfSlg 20.199 ua). Ein entsprechender Spielraum ist folglich auch der Erstbeklagten bzw. der dahinterstehenden Gemeinde bei der Gestaltung der Voraussetzungen der in Frage stehenden Förderung zuzubilligen (6 Ob 162/20x [Rz 3.2]).

Die Rechtsprechung definiert Fördermaßnahmen als vermögenswerte Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln, die ein Verwaltungsträger oder eine andere mit der Vergabe solcher Mittel betraute Institution einem Privatrechtssubjekt zukommen lässt, wobei sich der Subventionsempfänger zu einem im öffentlichen Interesse gelegenen subventionsgerechten Verhalten verpflichtet (RS0018996). Solche Förderungsmaßnahmen sind nach der Judikatur keine Zuwendungen ohne Gegenleistung (RS0018996 [T2]), sondern in der Regel entgeltliche Verträge (1 Ob 30/24d mwN; 1 Ob 94/24s).

Die Subvention muss nicht direkt von einem Hoheitsträger vergeben werden; die gleichheitsrechtlichen Bindungen wirken auch für einen Subventionsmittler (6 Ob 162/20x [ErwG 2.3.]; 1 Ob 30/24d [Rz 29]; RS0102013); das heißt das Unternehmen, dessen sich der Hoheitsträger bedient (hier: die Erstbeklagte), unterliegt bei einer privatrechtlichen Vergabe von Subventionen den Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes bzw. des Sachlichkeitsgebots.

Die von den Beklagten ins Treffen geführte Zielsetzung der Förderung von typischerweise finanzschwachen Student*innen, indem diesen der Zugang zu kommunalen Beförderungsleistungen vergünstigt angeboten wird, ist sachlich durchaus vertretbar. Allerdings entspricht die Umgrenzung des Berechtigtenkreises durch das Abstellen auf den Hauptwohnsitz nicht dem Sachlichkeitsgebot (vgl LGZ Wien, RWZ0000235). Die Beklagten tragen hier vor, die sachliche Rechtfertigung liege darin, dass derjenige, der seinen Hauptwohnsitz in C* hat, durch die hier erbrachte vermehrte Steuer- sowie Abgabenleistung ausgleicht. Dieser Argumentation kann nicht beigetreten werden. Die Beklagten legen nicht dar, welche Abgaben Student*innen mit Hauptwohnsitz in C* leisten, die Student*innen ohne Hauptwohnsitz in C* nicht treffen; in Wahrheit sind derartige Abgaben nicht erkennbar. Insbesondere fallen darunter nicht die beiden nach dem Aufkommen wesentlichen Abgaben (Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe); in diesen Fällen ist Steuerschuldner*in regelmäßig nicht ein/e Student*in mit Hauptwohnsitz in C*, sondern entweder ein Unternehmer (§ 6 Kommunalsteuergesetz) bzw. ein Dienstgeber (§ 1 C* Dienstgeberabgabengesetz; vgl auch VfGH B330/7). Davon abgesehen verlangt die Rechtsprechung einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einer gewährten tariflichen Entlastung und einer finanziellen Belastung im Sinne einer Zweckbindung(3 Ob 158/24t [Rz 13]; LGZ Wien 36 R 238/23a mwN). Eine reine Finanzierung der jeweiligen relevanten Einrichtung aus (Gemeinde-)Abgaben reicht dafür – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht ( Neger/Paar , RFG 2019/14).

Die Beklagten berufen sich zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung auch darauf, dass die Zedentin ihren Hauptwohnsitz in F* hatte, und daher im Finanzausgleich nicht als Einwohnerin von Wien gezählt worden sei.

Auch dieses Argument überzeugt nicht. Zunächst ist klarzustellen, dass die Bedarfszuweisungen zur Förderung von öffentlichen Personennahverkehrsunternehmen bzw. für Investitionen für Straßenbahn- und Obuslinien nach § 23 Abs 1 und 2 Finanzausgleichsgesetz 2017 nichtvom Hauptwohnsitz abhingen. Bedeutung kam dem Hauptwohnsitz hingegen bei der Zuteilung budgetärer Mittel im Rahmen des Finanzausgleichs zu. Denn diese Mittel wurden zum Teil nach der Volkszahl verteilt (vgl § 2a, § 10 Abs 5, § 24 Z 1 lit a, § 25 Abs 2 Z 3 FAG 2017), welche wiederum durch den Hauptwohnsitz bestimmt wurde (§ 10 Abs 7 FAG 2017 iVm § 7 Registerzählungsgesetz). Im Ergebnis erhielt die Gemeinde C* im Rahmen des Finanzausgleichs mehr finanzielle Mittel, wenn mehr Student*innen ihren Hauptwohnsitz in C* hatten. Wobei die zusätzlichen Mittel (zum allergrößten Teil) nicht aus Abgaben von Student*innen mit Hauptwohnsitz in C* stammen; denn Student*innen tragen idR nur eine sehr geringe Abgabenlast. Die Gemeinde Wien hatte daher ein rein fiskalisches Interesse daran, dass mehr Student*innen ihren Hauptwohnsitz in Wien haben, um mehr Mittel im Rahmen des Finanzausgleichs zu lukrieren; dieses fiskalische Interesse stellt nach Auffassung des Berufungssenats keine sachliche Rechtfertigung für die Förderung von Student*innen mit Hauptwohnsitz in C* dar (vgl LGZ Wien 34 R 217/23y = RWZ0000235).

Auch der Umstand, dass andere Gebietskörperschaften ähnliche Modelle anwenden, führt nicht zu einer Rechtfertigung der Ungleichbehandlung durch die Erstbeklagte.

Einer nur durch den Hauptwohnsitz der Kunden bestimmte unterschiedliche Preisgestaltung für öffentliche Verkehrsmittel mangelt es an einer sachlichen Rechtfertigung; die Ungleichbehandlung widerspricht daher dem Gleichbehandlungsgebot des Art 7 B-VG. Dies führt allerdings nur zur Teilnichtigkeit der Rechtsgeschäfte, mit denen eine dem Gleichbehandlungsgebot nicht entsprechende Entgeltfestsetzung erfolgte, zumal die Nichtigkeitsfolgen sich nach dem Zweck des verletzten Verbots richten ( Krejci in Rummel/Lukas, ABGB 4§ 879 Rz 509). Die Vereinbarungen der Zedentin mit der Erstbeklagten über den Erwerb der Studentenkarten waren daher hinsichtlich des EUR 75 übersteigenden Entgelts wegen des Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot nichtig; der Zedentin steht in diesem Umfang ein Kondiktionsanspruch gegen die Erstbeklagte zu, den sie an die Klägerin abgetreten hat. Da eine gleichheitswidrige (Nicht-)Subventionierung vorlag, besteht wegen der sittenwidrigen Verweigerung des Vertragsabschlusses iSd § 879 ABGB auch ein klagbarer Anspruch auf Leistung der Förderung (vgl 3 Ob 83/18d; 6 Ob 162/20x [ErwG 4]; 5 Ob 184/22b [Rz 27]); auch auf diesen Grund lässt sich der gegenständliche Anspruch stützen.

Zum Einwand der Beklagten, die Zedentin hätte im Sinne einer Obliegenheit zur Schadensminderung einen Wohnsitz in C* anmelden können, ist festzuhalten, dass der Anspruch nicht auf Schadenersatz beruht, sondern auf einer Kondiktion aufgrund der (Teil-)Nichtigkeit der Entgeltfestsetzung. Die Verletzung einer Schadensminderungsobliegenheit war daher nicht zu prüfen. Dies gilt ebenso für die Berechnung des Vermögensschadens und der Vorteilsanrechnung durch gewährte Förderungen.

Da der Anspruch gegen die Erstbeklagte wegen Verstoßes gegen das aus Art 7 B-VG abzuleitende Gleichbehandlungsgebot besteht, muss die Frage, ob das Hauptwohnsitzkriterium zudem auch gegen das unionsrechtliche allgemeine Diskriminierungsverbot nach Art 18 AEUV verstößt, hier nicht beurteilt werden.

2.) Zum Anspruch gegen die Zweitbeklagte:

Bei der Zweitbeklagten handelt es sich um die einzige Komplementärin der Erstbeklagten. Gemäß § 128 UGB iVm § 161 Abs 2 UGB haftet der Komplementär einer KG für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern unbeschränkt. Der Komplementär haftet damit unmittelbar und unbeschränkbar für Schulden der KG; im Fall von Geldschulden ebenso wie die Gesellschaft (4 Ob 183/11g mwN).

Nach obigen Ausführungen haftet daher im vorliegenden Fall auch die Zweitbeklagte für den Kondiktionsanspruch der Zedentin gegen die Erstbeklagte infolge (Teil-)Nichtigkeit der Entgeltfestsetzung. Auch diese Ansprüche waren von der Abtretung an die Klägerin umfasst, weshalb sowohl die Aktiv- als auch die Passivlegitimation zu bejahen ist (siehe bereits Punkt II.1.a.)

3.) Ergebnis:

Der Berufung war daher Folge zu geben und das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern. Da die Berufung schon aus den dargelegten Überlegungen berechtigt ist, war überdies auf die von der Klägerin weiters geltend gemachten sekundären Feststellungsmängel nicht mehr einzugehen.

4.) Kostenentscheidung:

Die Kostenentscheidung erster Instanz war aufgrund der Abänderung des angefochtenen Urteils neu zu fassen. Sie beruht auf § 41 Abs 1 iVm § 54 Abs 1a ZPO. Die Beklagten sind zur Gänze unterlegen, weshalb sie der Klägerin die gesamten Kosten des erstgerichtlichen Verfahrens zu ersetzen haben. Gegen das Kostenverzeichnis der Klägerin wurden keine Einwendungen erhoben, sodass dieses gemäß § 54 Abs 1a ZPO der Kostenentscheidung zu Grunde gelegt werden konnte.

Die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die von der Klägerin in ihrer Berufung ebenfalls verzeichneten Kosten für ihren Antrag auf Normenkontrolle waren nicht zuzusprechen, weil der Antrag der Klägerin vom Verfassungsgerichtshof mangels Präjudizialität inhaltlich nicht behandelt wurde und es sich daher insoweit um keine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten handelt (vgl 10 ObS 153/15w; Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.412).

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision gründet sich auf § 502 Abs 2 ZPO.