JudikaturJustiz9ObA34/15p

9ObA34/15p – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Mai 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden, sowie den Hofrat Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin Dr. Dehn, und die fachkundigen Laienrichter Dr. Johanna Biereder und Horst Nurschinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** N*****, vertreten durch Dr. Peter Vögel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch bpv Hügel Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 1.) 70.323,50 EUR brutto und 26.933,46 EUR netto sA und 2.) Feststellung (Streitwert: 36.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 27. Jänner 2015, GZ 10 Ra 92/14v 30, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

B e g r ü n d u n g :

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof hat sich bei der Prüfung der Frage, ob eine außerordentliche Revision einer weiteren Behandlung unterzogen oder verworfen werden soll, grundsätzlich auf jene Gründe zu beschränken, die in der Zulassungsbeschwerde als solche angeführt wurden (RIS Justiz RS0107501).

2.1 Bereits das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass die Bestimmung des § 1014 ABGB dispositiver Natur ist und durch auch verschlechternde Vereinbarungen der Parteien abbedungen werden kann (RIS Justiz RS0019505). Nach den den Obersten Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, bindenden Feststellungen des Erstgerichts die vom Berufungsgericht übernommen wurden, haben die Parteien die Vereinbarung getroffen, dass die Beklagte dem Kläger die Kosten eines in Deutschland angemieteten Autos in Höhe von monatlich 1.114,99 EUR ohne Zusatzkosten ersetzen sollte. Davon ist entgegen den Ausführungen des Revisionswerbers auch das Berufungsgericht ausgegangen, sodass die in diesem Zusammenhang behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht vorliegt.

2.2 Der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Parteien diese Vereinbarung auch bezüglich eines vom Kläger in weiterer Folge in Österreich angemieteten Autos getroffen haben, hält der Kläger in der Revision entgegen, dass diese Vereinbarung sittenwidrig und damit nichtig sei. Da der im gesamten Verfahren qualifiziert vertretene Kläger einen dahingehenden Einwand im Verfahren erster Instanz nicht erhoben hat, ist darauf nicht weiter einzugehen (RIS Justiz RS0016441; RS0016435 ua). Ein Tatsachenvorbringen zur Begründung des Einwands der Sittenwidrigkeit dieser Vereinbarung hat der Kläger im Verfahren erster Instanz nicht erstattet, sodass in diesem erstmalig im Rechtsmittelverfahren erhobenen Einwand auch nicht lediglich eine zulässige Änderung der rechtlichen Argumentation einer Partei liegt (vgl 3 Ob 49/02f mwH). Soweit der Kläger in der Zulassungsbeschwerde weiters geltend macht, dass er die Beklagte informiert habe, dass höhere Kosten für den in Österreich angemieteten Wagen (gleicher Klasse) anfallen würden, die Beklagte aber, obwohl sie gewusst habe, dass der Kläger aus rechtlichen Gründen nunmehr zur Anmietung eines Mietwagens in Österreich verpflichtet sei, dazu absichtlich keine Genehmigung erteilt hätte, wünscht er damit lediglich eine andere Auslegung der zwischen den Parteien im Einzelfall getroffenen Vereinbarung, womit er aber keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigt (RIS Justiz RS0042776 uva).

3. Ob im Einzelfall die Voraussetzungen für die vorzeitige Auflösung vorliegen, stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS Justiz RS0106298). Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass ein Arbeitnehmer, der das Arbeitsverhältnis trotz insbesondere bereits wiederholter Entgeltschmälerung oder vorenthaltung fortsetzt, vor Erklärung des Austritts zumindest eine kurze Nachfrist zu setzen hat, damit der Arbeitgeber die erforderlichen Dispositionen treffen und vor allem die geforderten Entgeltforderungen begleichen kann, steht mit der Rechtsprechung im Einklang (vgl nur RIS Justiz RS0028967; Pfeil in ZellKomm² § 26 AngG Rz 28 mwH). Eine solche Nachfrist kann nur dann ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn der Arbeitgeber so eklatant gegen das Gesetz verstößt, dass er ohne Zweifel jederzeit mit der vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechnen muss (etwa bei strikter Ablehnung des Arbeitgebers, geschuldete Differenzbeträge nachzuzahlen, 8 ObA 56/99i; 8 ObA 287/97g; Tarmann Prentner in Reissner , AngG § 26 Rz 33). Hier bestand nach den Feststellungen nicht nur Uneinigkeit zwischen den Streitteilen über die Höhe der dem Kläger zu ersetzenden Kosten und Diäten. Der Kläger, dessen Arbeitsverhältnis bereits durch die Beklagte gekündigt war, hat überdies auf ein Vergleichsangebot der Beklagten vom 23. 7. 2013 über (ua) die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses, noch am 26. 7. 2013 mit einem Gegenangebot reagiert, ohne den Austritt den er dann am 31. 7. 2013 erklärt hat anzudrohen. Vor diesem Hintergrund ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass der Kläger in dieser Situation verpflichtet gewesen wäre, vor Erklärung des Austritts noch eine zumindest kurze Nachfrist zu setzen, vertretbar. Auf die vom Revisionswerber aufgeworfene Frage, inwiefern die Dauer der Kündigungsfrist für die Frage der (Un )Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung eine Rolle spiele, kommt es hier daher nicht an.

Rechtssätze
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