JudikaturJustiz9ObA154/16m

9ObA154/16m – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Februar 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Dehn und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Dr. Klaus Mayr als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei P*****, vertreten durch Barnert Egermann Illigasch Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei L*****, vertreten durch Dr. Karl Claus Mag. Dieter Berthold, Rechtsanwälte in Mistelbach, sowie des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Heinz Stöger, Rechtsanwalt in Wien, wegen zuletzt 7.914,18 EUR brutto abzüglich 2.853 EUR netto sA, infolge Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 1.746,79 EUR netto sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 29. August 2016, GZ 8 Ra 41/16g 48, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Im Allgemeinen ist grobe Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn eine außergewöhnliche und auffallende Vernachlässigung einer Sorgfaltspflicht (Pflicht zur Unfallverhütung) vorliegt und der Eintritt des Schadens als wahrscheinlich und nicht bloß als möglich voraussehbar ist (RIS-Justiz RS0030644). Das entscheidende Kriterium für die Beurteilung des Fahrlässigkeitsgrades ist nicht die Zahl der übertretenen Vorschriften, sondern die Schwere der Sorgfaltsverstöße und die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (RIS-Justiz RS0085332). Grobe Fahrlässigkeit erfordert, dass ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß bei Würdigung aller Umstände des konkreten Falles auch subjektiv schwerstens vorzuwerfen ist (RIS-Justiz RS0030272).

Grobe Fahrlässigkeit wird vor allem bejaht, wenn der Schädiger ganz einfache und naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat, die von ihm nach seinen besonderen Verhältnissen erwartet werden konnten, oder wenn er sich über grundlegende und leicht erkennbare Vorschriften hinweggesetzt hat. Ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt, ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen (RIS Justiz RS0030309).

Der Verstoß gegen Schutzgesetze wie die StVO bedeutet als solcher nicht schon grobe Fahrlässigkeit, vielmehr muss der ohne Zweifel objektiv besonders schwere Verstoß auch subjektiv schwerstens vorwerfbar sein (RIS Justiz RS0111723).

Davon, dass das Abstellen eines Traktors in Hanglage ohne eingelegten Gang mit angezogener Handbremse fahrlässig ist (so RIS-Justiz RS0075061), sind die Vorinstanzen ohnehin ausgegangen. Ob aber grobe Fahrlässigkeit vorliegt, kann auch bei solchen Verstößen gegen § 23 Abs 5 StVO nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (vgl 7 Ob 100/75 = SZ 48/65). Die Ansicht der Vorinstanzen, dass ohne Vorbringen der Beklagten zu einer besonderen Gefährlichkeit der Örtlichkeit, das Anziehen der bisher stets verlässlich funktionierenden Handbremse auch bei Hanglage sowie der Versuch des Klägers, den Traktor durch Aufspringen zu stoppen, noch keine grobe Fahrlässigkeit begründet, ist nicht korrekturbedürftig.

Mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Rechtssätze
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