JudikaturJustiz9Ob48/98v

9Ob48/98v – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Mai 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer, Dr.Spenling, Dr.Hradil und Dr.Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helmut K*****, Immobilienverwalter, *****, vertreten durch Dr.Hannes Priebsch und DDr.Sven D. Fenz, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei L***** GmbH, vertreten durch Dr.Helmut Klement und Dr.Annemarie Stipanitz-Schreiner, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 288.105,60 sA (Revisionsinteresse S 263.330,65 sA), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 18.September 1997, GZ 6 R 35/96f-58, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 20.November 1995, GZ 12 Cg 402/93f-48, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie einschließlich ihres unbekämpft gebliebenen Teils wie folgt zu lauten haben:

"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei S 288.105,60 samt 12 % Zinsen ab 1.11.1990 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen zu zahlen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 127.808,80 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin S 20.574,80 Umsatzsteuer) sowie die mit S 44.906,20 bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz (darin S 5.717,70 Umsatzsteuer und S 10.600,- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit S 26.210,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.160,- Umsatzsteuer und S 13.250,- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Land Steiermark, das 1982 die Liegenschaft S*****, erworben hatte, beauftragte 1983 den Kläger mit der Verwaltung dieser Liegenschaft. Mit Mietvertrag vom 6.6.1986 (Beil ./C) wurden der Beklagten Teile der Liegenschaft vermietet. Mit Kaufvertrag vom 10.10.1989 verkauft das Land Steiermark die Liegenschaft an die Josef L***** KG (in der Folge: KG), deren geschäftsführender Gesellschafter Josef L***** auch geschäftsführender Gesellschafter der beklagten GesmbH ist. Mit Schreiben vom 9.10.1989 kündigte die KG das mit dem Kläger bestehende Vollmachtsverhältnis auf (die erstgerichtliche Feststellung, die Kündigung sei durch die GmbH erfolgt, ist nach dem übereinstimmenden zweitinstanzlichen Vorbringen beider Seiten unrichtig).

Der Kläger begehrte in erster Instanz von der beklagten GmbH S 288.105,60 samt 12 % Zinsen seit 1.11.1990 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen. Im Rahmen einer Vereinbarung zwischen dem Land Steiermark und der Beklagten sei er von der Beklagten (so ausdrücklich S 23 in ON 6) mit der Verwaltung der Liegenschaft beauftragt worden. Mit Schreiben vom 17.10.1990 habe er der Beklagten die Abrechnungen für 1988 und 1989 mit einem Saldo zugunsten des Klägers in der Höhe des Klagebetrages bekanntgegeben. Die Beklagte, die sich im Bestandvertrag verpflichtet habe, alle wie immer gearteten Kosten, insbesondere auch die Betriebskosten für das Bestandobjekt, aus eigenem zu zahlen, habe trotz Einmahnung nicht gezahlt. In der Tagsatzung vom 28.9.1993 brachte der Kläger vor, er sei laut Vollmacht des Landes Steiermark dessen Machthaber und auch aus diesem Grund berechtigt, die gegenständliche Forderung im eigenen Namen geltend zu machen.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger habe die Verwaltung namens des Landes Steiermark geführt und sei daher nicht legitimiert, die dem Land Steiermark als Vermieter zustehenden Forderungen im eigenen Namen geltend zu machen. Zwischen den Streitteilen habe nie ein Vertragsverhältnis bestanden. Es liege keine Vereinbarung vor, auf die der Kläger seine Aktivlegitimation zur Geltendmachung von Betriebskostenrückständen stützen könnte. Überdies seien allfällige Forderungen aus den Abrechnungen für 1988 und 1989 verjährt. Ferner wendete die Beklagte aufrechnungsweise eine Gegenforderung ein, die aber im Revisionsverfahren nicht mehr von Interesse ist.

Das Erstgericht erkannte die Klageforderung als zu Recht und die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung des Klagebetrages.

Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus traf es folgende für die Entscheidung wesentliche Feststellungen:

Nach dem Inhalt einer dem Kläger vom Land Steiermark erteilten Vollmacht vom 21.10.1985 war der Kläger "auch Machthaber und aus diesem Grund berechtigt, im eigenen Namen" die gegenständliche Forderung geltend zu machen. Nach dem Inhalt des zwischen dem Land Steiermark und der Beklagten abgeschlossenen Mietvertrages vom 6.6.1986 gehen sämtliche Betriebskosten, darunter auch die Kosten der Hausverwaltung, zu Lasten der Beklagten. Im Rahmen einer Vereinbarung zwischen dem Land Steiermark und der Beklagten wurde die Verwaltung der Liegenschaft "auch weiterhin, nun allerdings von der beklagten Partei" dem Kläger übertragen. Der Kläger war "sowohl vor als auch nach Abschluß des Bestandvertrages vom Land Steiermark beauftragt, die Hausverwaltung durchzuführen". Seit 1.7.1989 war die klagende Partei praktisch ausschließlich für die beklagte Partei tätig, die das alleinige Verfügungsrecht über das gesamte Objekt hatte." "Seit 1.7.1989 wollte das Land Steiermark mit dem Objekt nicht mehr in Verbindung gebracht werden und war es alleinige Aufgabe der klagenden Partei, Angelegenheiten betreffend die beklagte Partei zu regeln", so z. B. Mietzinsrückstände "in ihrem Namen einzuklagen". Die Beklagte trat dem Kaufvertrag zwischen dem Land Steiermark und der KG "als Mieter" bei.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die Beklagte aufgrund einer Vereinbarung mit dem Land Steiermark in die Vereinbarung zwischen dem Land und dem Kläger über die Übernahme der Hausverwaltung eingetreten sei. Die Aktivlegitimation des Klägers ergebe sich aus der Vollmacht vom 21.10.1985, nach welcher der Kläger Machthaber iS des § 1008 ABGB "im Umfang einer Prozeßvollmacht" sei. Die Passivlegitimation der Beklagten gründe sich auf den von ihr geschlossenen Bestandvertrag.

Das von der Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung im Zuspruch von S 263.330,65 sA und änderte sie iS der Abweisung des Klagebegehrens im Umfang von S 24.774,95 sA ab. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen mit Ausnahme der - seiner Ansicht nach für die rechtliche Beurteilung nicht entscheidenden - Feststellung, daß im Rahmen einer Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Land Steiermark dem Kläger die Verwaltung der Liegenschaft "nun von der beklagten Partei übertragen" worden sei. Die Feststellung, daß die Klägerin seit 1.7.1989 praktisch ausschließlich für die Beklagte tätig gewesen sei, die das alleinige Verfügungsrecht über das gesamte Objekt gehabt habe, sei vor dem Hintergrund des "großzügigen faktischen Verhaltens" des Landes Steiermark zu verstehen, das dazu geführt habe, daß die Beklagte "praktisch als Eigentümer" angesehen worden sei.

Das Berufungsgericht vertrat ebenfalls die Rechtsauffassung, daß der Kläger im Hinblick auf die Vollmacht vom 21.10.1985 zur Geltendmachung der Klageforderung legitimiert sei. Im übrigen verwies es auf § 21 Abs 4 MRG, wonach Betriebskosten und Abgaben, deren Fälligkeit vor mehr als einem Jahr eingetreten sei, nicht mehr geltend gemacht werden könnten. Diese von Amts wegen wahrzunehmende Präklusivfrist sei für die Abrechnung 1988 Ende 1989 und für die Abrechnung 1989 Ende 1990 abgelaufen. Die Beklagte habe aber nicht behauptet, daß der Kläger die Bewirtschaftungskosten nicht innerhalb der Frist des § 21 MRG geltend gemacht habe. Der Berufungseinwand, die Geltendmachung müsse gerichtlich erfolgen, sei eine unzulässige Neuerung. Von der Frist des § 21 MRG sei die dreijährige Verjährungsfrist zu unterscheiden. Diese sei bei Einbringung der Klage am 21.5.1992 für die Abrechnung 1988 bereits abgelaufen gewesen, sodaß das Klagebegehren insofern abzuweisen sei. Hinsichtlich der Abrechnung 1989 gehe der Verjährungseinwand jedoch ins Leere. Das Begehren auf Zuspruch der Umsatzsteuer aus den zuzusprechenden Zinsen sei nicht substantiiert bestritten worden. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht gegeben seien.

Gegen den der Klage stattgebenden Teil dieses Urteiles richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es iS der Abweisung des Klagebegehrens, jedenfalls aber iS der Abweisung des Begehrens von Umsatzsteuer aus den Zinsen, abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Rechtslage verkannt hat. Sie ist im Ergebnis auch berechtigt.

Schon die undeutlichen und teilweise widersprüchlichen Feststellungen des Erstgerichtes erlauben es nicht, die rechtliche Grundlage der vom Kläger in den Jahren 1988 und 1989 entfalteten Hausverwaltungstätigkeit abschließend zu beurteilen. Diese Unklarheit wurde durch die Berufungsentscheidung noch vergrößert, weil das Berufungsgericht die erstgerichtliche Feststellung, der Kläger sei seit einer zwischen der Beklagten und dem Land Steiermark geschlossenen Vereinbarung (deren Zeitpunkt nicht festgestellt wurde) im Auftrag der Beklagten als Hausverwalter tätig gewesen, nicht übernommen hat, sodaß die Frage offen ist, ob die dieser Feststellung zugrunde liegende Behauptung des Klägers zutrifft oder nicht. Das Berufungsgericht erachtete diese Unklarheit als nicht entscheidend, weil es die Berechtigung des Klägers, die Klageforderung im eigenen Namen geltend zu machen, schon aus der ihm vom Land Steiermark erteilten - und offenbar auch für die Beklagte als verbindlich erachteten - Vollmacht vom 21.10.1985 ableitete, in welcher der Kläger als Machthaber iS § 1008 ABGB bezeichnet wird. Diese Auffassung des Berufungsgerichtes ist aber unzutreffend. Nach völlig einhelliger Auffassung ist der Vertrag des Hausverwalters mit dem Hauseigentümer ein Bevollmächtigungsvertrag, der den Verwalter nicht berechtigt, Mietzinsklagen im eigenen Namen klageweise geltend zu machen. Vielmehr kann er im Rechtsstreit nur als direkter Stellvertreter des Eigentümers in dessen Namen auftreten (Strasser in Rummel, ABGB2 Rz 29 zu § 1002; Ris-Justiz RS0019604; zuletzt 6 Ob 541/90). Daß der Kläger in der ihm erteilten Vollmacht als Machthaber iS § 1008 ABGB bezeichnet wurde, ändert daran nichts, weil die zitierte Bestimmung - wie schon ihr Wortlaut deutlich macht - lediglich Geschäfte aufzählt, für die das Gesetz eine allgemeine Vollmacht als unzureichend bzw. eine Gattungs- oder Einzelvollmacht als erforderlich erachtet (Apathy in Schwimann, ABGB V2 Rz 1 zu § 1008). Der in der Vollmacht enthaltene Hinweis auf § 1008 ABGB soll daher nur den besonderen Charakter der Vollmacht zum Ausdruck bringen, ändert aber nichts daran, daß der hiermit Bevollmächtigte als Vertreter des Geschäftsherrn nur in dessen Namen tätig werden kann. Der in der Vollmacht enthaltene Hinweis auf den "Umfang einer Prozeßvollmacht" ändert an diesem Ergebnis nichts. Auch die in den erstinstanzlichen Feststellungen enthaltenen Ausführungen, wonach der Kläger "berechtigt" bzw es "seine Sache" gewesen sei, im eigenen Namen Klagen einzubringen, führen zu keiner anderen Beurteilung, zumal es sich dabei inhaltlich um für den Obersten Gerichtshof nicht bindende rechtliche Beurteilungen handelt. Eine amtswegige Richtigstellung der Bezeichnung des Klägers auf jene des Vertretenen (SZ 19/186; Ris-Justiz RS0019604; zuletzt 6 Ob 541/90) kommt hier nicht in Betracht, weil der mit dem Einwand der mangelnden Klagelegitimation konfrontierte Kläger auf seiner Berechtigung, im eigenen Namen zur Klageführung berechtigt zu sein, beharrt hat.

Dessen ungeachtet ist die Klärung der Frage, in wessen Auftrag der Kläger in den Jahren 1988 und 1989 tätig geworden ist, nicht erforderlich.

War der Kläger über Auftrag des Landes Steiermark (bzw. ab dem Verkauf der Liegenschaft namens der KG) als Hausverwalter tätig, könnte er seine Legitimation, die Klageforderung im eigenen Namen geltend machen, nur mit der Behauptung begründen, mit den der Abrechnung zugrunde liegenden Kosten für den Mieter - also für die Beklagte - in Vorlage getreten zu sein und daher materiell eigene Rechte geltend zu machen. Aber auch dann, wenn er - wie das Erstgericht feststellt - von der beklagten Mieterin selbst mit der Hausverwaltung beauftragt worden wäre, wäre er nur zur Geltendmachung solcher Kosten berechtigt, mit denen er in Vorlage getreten wäre oder die ihm unmittelbar aus dem unter dieser Voraussetzung mit der Beklagten bestehenden Vertrag als Entlohnung zustehen. Derartiges hat aber der Kläger mit keinem Wort geltend gemacht. Er hat sich ausschließlich darauf berufen, den (im allein maßgebenden Prozeßvorbringen in keiner Weise aufgeschlüsselten) Saldo aus den "Hausabrechnungen" für 1988 und 1989 geltend zu machen, hat aber keinerlei Behauptungen aufgestellt, aus denen entnommen werden könnte, daß er mit den begehrten Kosten in Vorlage getreten wäre. Ebensowenig hat er behauptet, daß im geltend gemachten Saldo aus einem Vertrag mit der Beklagten resultierende Verwaltungsentgelte enthalten seien; vielmehr hat er sich zuletzt (S 65 in ON 14) auf eine ihm vom Land Steiermark erteilte Vollmacht berufen (so im übrigen auch im Revisionsverfahren). Er hat daher seine aktive Klagelegitimation nicht schlüssig behauptet, sodaß er sich durch das Fehlen entsprechender Feststellungen nicht beschwert erachten kann.

Die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen, um dem Kläger das Nachtragen entsprechender Behauptungen zu ermöglichen, kommt unter den hier gegebenen Umständen nicht in Betracht. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, durch die hier vertretene Rechtsauffassung überrascht zu werden. Die Beklagte hat nämlich schon in erster Instanz eingewendet, daß er nach seinem eigenen Vorbringen nicht zur Klageführung im eigenen Namen legitimiert sei. Trotzdem hat er es in allen Instanzen unterlassen, seine Klagelegitimation durch schlüssige Behauptungen darzulegen. Es geht nicht an, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben, um dem Kläger ein Vorbringen zu ermöglichen, das er bislang nicht einmal angedeutet hat (SZ 53/22; Fucik in Rechberger, ZPO, Rz 2 zu § 182 ZPO).

In Stattgebung der Revision waren daher die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der gänzlichen Abweisung der Klage abzuändern.

Die Entscheidungen über die Kosten des Verfahrens erster, zweiter und dritter Instanz gründen sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Von den von der Beklagten im Verfahren erster Instanz verzeichneten Kostenvorschüssen von S 15.000,-- wurde ihr S 10.640,-

rücküberwiesen.