JudikaturJustiz8ObA75/04v

8ObA75/04v – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. September 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Herbert Stegmüller und Mag. Helmut Brandl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Elisabeth S*****, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17 19, 1011 Wien, wegen 23.991 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 20. Jänner 2004, GZ 12 Ra 100/03t 10, mit dem über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits und Sozialgericht vom 23. Juli 2003, GZ 20 Cga 103/03d 6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie wie folgt zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 23.991 EUR brutto samt 10,75 % Zinsen aus 2.555,10 EUR seit 15. 4. 2002, 10,75 % Zinsen aus EUR 2.555,10 seit 15. Mai 2002, 10,75 % Zinsen aus 3.738,70 EUR seit 14. Juni 2002, 10,75 % Zinsen aus 2.555,10 EUR seit 15. Juli 2002, 10,75 % Zinsen aus 2.555,10 EUR seit 14. August 2002, 10,75 % Zinsen aus 3.738,70 EUR seit 13. September 2002, 10,75 % Zinsen aus 2.555,10 EUR seit 15. Oktober 2002 und 10,75 % Zinsen aus 3.738,70 EUR seit 15. November 2002 zu bezahlen.

Die Kosten des Verfahrens erster Instanz werden gegenseitig aufgehoben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die Pauschalgebühr für das erstinstanzliche Verfahren in Höhe von 551 EUR und für das Berufungsverfahren in Höhe von 848 EUR binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, 1010 Wien, Teinfaltstraße 7, an Aufwandersatz (§ 58a ASGG) für das Berufungsverfahren 320 EUR binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.250,44 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 198,24 EUR Umsatzsteuer, 1.061 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Vertragsassistentin an der Universität S*****, einem Rechtsträger, der der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegt. Auf ihr Dienstverhältnis findet das VBG 1948 idgF Anwendung. Die Höhe des Monatsbezuges der Klägerin aus dieser Tätigkeit betrug zuletzt 2.540,60 EUR brutto. Ab 1. 12. 2002 wird eine Neubemessung der Bezugshöhe vorgenommen.

Die Klägerin war mit dem am 26. 9. 2001 verstorbenen Univ. Prof. Dr. Helmut S***** verheiratet. Dieser war als Universitätsprofessor der Universität S***** in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund gestanden. Neben dieser Tätigkeit war er Mitglied des S***** Landtages, zuletzt dessen Präsident.

Die Klägerin hat nach ihrem verstorbenen Gatten ab 1. 10. 2001 Anspruch auf zwei Versorgungsbezüge, nämlich einerseits gegenüber dem Bund nach dem Pensionsgesetz und andererseits gegenüber dem Land Salzburg. Diese Versorgungsbezüge betrugen ab 1. 10. 2001 jeweils monatlich brutto S 37.902,80 (Bundespensionsamt) und S 40.878,24 (Land Salzburg).

Der Rektor der Universität S***** teilte der Klägerin mit Schreiben vom 22. 3. 2002 mit, dass ihr Entgelt für ihre Tätigkeit als Vertragsassistentin aufgrund der Bestimmungen des Bezügebegrenzungsgesetzes mit Wirkung vom 1. 4. 2002 stillzulegen seien. Für die Monate April 2002 bis einschließlich November 2002 erhielt die Klägerin für ihre Tätigkeit als Vertragsassistentin von der Universität S***** keine Bezüge.

Die Klägerin begehrte zuletzt 23.991 EUR brutto (Bezüge April 2002 bis einschließlich November 2002). Die Regelung für Versorgungsbezüge sei in § 6 BezBegrBVG isoliert erfolgt. Der eigene Aktivbezug der Klägerin führe nicht zur Bezügebegrenzung.

Die beklagte Partei wendet ein, dass die von der Klägerin zugrunde gelegte Einzelbetrachtung allein der Anzahl der Versorgungsbezüge dem Gesetzeszweck widerspreche. Mit dem Bezügebegrenzungsgesetz sei der generelle Zweck verfolgt worden, dass nicht mehr als zwei Bezüge aus öffentlichen Kassen auszuzahlen seien. Das gelte für alle von diesem Gesetz erfassten Bezüge zusammen. Eine isolierte Betrachtungsweise nur der abgeleiteten Versorgungsbezüge scheide daher aus.

Die rechnerische Höhe des Klagebegehrens wurde von der beklagten Partei nicht bestritten. Sie wendet sich lediglich gegen die begehrten Zinsen. Sie sei nicht schuldhaft in Verzug.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Auffassung, dass die Begrenzung auf zwei Bezüge durch das Bezügebegrenzungsgesetz für alle Ansprüche gelte, also sowohl für eigene Aktivbezüge, eigene Ruhebezüge als auch abgeleitete Versorgungsbezüge. Der niedrigste Bezug der Klägerin im fraglichen Zeitraum, also ihr Aktivbezug, unterliege daher der Bezügebegrenzung.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Klägerin erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil allgemein zur Auslegung der §§ 4 ff BezBegrBVG und im Besonderen zu deren Anwendbarkeit beim Zusammentreffen von eigenen Aktiv und/oder Pensionsbezügen mit abgeleiteten Versorgungsbezügen keine höchstgerichtliche Judikatur bestehe.

Das Berufungsgericht billigte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes. Nach § 4 Abs 1 BezBegrBVG dürften Personen mit Anspruch auf Bezug oder Ruhebezug nach den bezügerechtlichen Regelungen des Bundes oder der Länder insgesamt höchstens zwei Bezüge oder Ruhebezüge von erfassten Rechtsträgern beziehen. Bestünden Ansprüche auf mehr als zwei solche Bezüge oder Ruhebezüge, seien alle bis auf die zwei höchsten Bezüge oder Ruhebezüge stillzulegen. Von den verbleibenden Bezügen oder Ruhebezügen sei der niedrigere Bezug oder Ruhebezug nur soweit auszuzahlen, als insgesamt die in § 5 BezBegrBVG festgelegten Beträge nicht überschritten würden. § 6 BezBegrBVG bestimme, dass auf die Versorgungsbezüge des überlebenden Ehegatten die §§ 4 f BezBegrBVG mit der Maßgabe anzuwenden seien, dass für die Vergleichsberechnung (zur Ermittlung des Deckelungsbetrages beim überlebenden Ehegatten) 60 % des in § 5 Abs 2 BezBegrBVG vorgesehenen Betrages zugrundezulegen sei. Der Klägerin sei zuzugestehen, dass § 4 Abs 1 BezBegrBVG nur jenen Fall ausdrücklich regle, bei welchem mehrere Aktivbezüge, mehrere eigene Ruhebezüge oder mehrere Aktiv und Ruhebezüge zusammenträfen. Für diesen Fall gelte als Grundkonzept die Stilllegung des dritten und allfälliger weiterer eigener Bezüge. § 6 BezBegrBVG habe tatsächlich nur den Fall im Auge, dass einem überlebenden Ehegatten Ansprüche auf mehrere abgeleitete Versorgungsbezüge zustünden. Dies folge schon aus der niedrigeren Deckelung.

Ausgehend vom Zweck des Gesetzes (Privilegienabbau; vermehrte Transparenz öffentlicher Bezüge) sei jedoch eine Regelungslücke zu schließen. Der Gesetzgeber habe den Umstand nicht bedacht, dass nicht nur eine Einzelperson oder ein Ehegatte von mehreren Bezügen erfasster Rechtsträger profitieren könnte, sondern sogar beide Ehegatten Bezüge von solchen Rechtsträgern erhalten könnten und dann im Ablebensfall beim überlebenden Ehegatten eigene und abgeleitete Ansprüche kumuliert aufträten. Gerade auf diesen Fall "gesteigerter" Bezügekumulierung träfen aber die Gesetzeszwecke umso mehr zu. Es sei dem Gesetzgeber nicht zu unterstellen, dass er der Klägerin beispielsweise bei Ansprüchen auf etwa drei eigene Aktivbezüge den dritten (niedrigsten) stilllegen wolle, aber bei zwei (eigenen) Aktivbezügen und zwei weiteren abgeleiteten Versorgungsbezügen alle diese Bezüge ungekürzt belassen wolle. Die daher zu bejahende planwidrige Regelungslücke sei im Weg der Analogie durch sinngemäße Anwendung des § 4 Abs 1 BezBegBVG zu schließen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der Klägerin erhobene Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Die Revision ist auch berechtigt.

Vorweg ist auf den erstmals im Revisionsverfahren erhobenen Einwand der Beklagten einzugehen, sie sei nicht passiv legitimiert, weil aufgrund des Inkrafttretens der Bestimmungen des UniversitätsG 2002 BGBl I Nr 120/2002 mit 1. 1. 2004 eine Überleitung sämtlicher an Universitäten beschäftigter Vertragsbediensteten in ein Angestelltenverhältnis zur jeweiligen Universität erfolgt sei. Passiv legitimiert sei somit die Universität S***** und nicht die beklagte Partei.

Diesen Ausführungen ist lediglich entgegenzuhalten, dass die von der Klägerin eingeklagten Bezüge ausschließlich Perioden vor Inkrafttreten des UniversitätsG BGBl I Nr 120/2002 betreffen. Dem UniversitätsG ist zu der hier interessierenden Frage nicht zu entnehmen, dass bereits entstandene bezugsrechtliche Ansprüche gegenüber dem Bund gegen diesen nicht mehr geltend gemacht werden können: Nur für den umgekehrten Fall, dass nämlich am Tag vor dem vollen Wirksamwerden des UniversitätsG Forderungen des Bundes gegenüber Dienstnehmern bestehen, wird in § 130 UniversitätsG ein Übergang dieser Forderung auf die entsprechende Universität angeordnet. Aus § 129 UniversitätsG lässt sich ebenfalls nicht ableiten, dass für bereits entstandene und fällige bezugsrechtliche Ansprüche (nur) die dort normierte Ausfallsbürgschaft gelten soll. Die in § 136 UniversitätsG für bestimmte Nachfolgeeinrichtungen angeordnete Gesamtrechtsnachfolge bezieht sich ebenso wie § 126 UniversitätsG auf den Stichtag 1.1.2004. Die in den §§ 137 bis 140 UniversitätsG angeordneten Fälle der Gesamtrechtsnachfolge betreffen ebenfalls nicht den Übergang bereits entstandener und fälliger bezugsrechtlicher Ansprüche, die vor dem Stichtag entstanden.

Weder liegen daher die Voraussetzungen für eine Berichtigung der Parteibezeichnung vor noch ist der Einwand der mangelnden Passivlegitimation berechtigt.

Die Berechtigung des Klagebegehrens hängt von der Auslegung der §§ 4 bis 6 des durch BGBl I Nr 64/1997 geschaffenen Bezügebegrenzungsgesetzes (BezBegrBVG) ab: § 4 Abs 1 und 4 des Gesetzes lauten wie folgt:

"Abs 1: Personen mit Anspruch auf Bezug oder Ruhebezug nach den bezügerechtlichen Regelungen des Bundes oder der Länder dürfen insgesamt höchstens zwei Bezüge oder Ruhebezüge von Rechtsträgern beziehen, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen. Bestehen Ansprüche auf mehr als zwei solcher Bezüge oder Ruhebezüge, sind alle bis auf die zwei höchsten Bezüge oder Ruhebezüge stillzulegen.

Abs 4: Von den verbleibenden Bezügen oder Ruhebezügen ist der jeweils niedrigere Bezug oder Ruhebezug nur so weit auszuzahlen, als insgesamt die in § 5 festgelegten Beträge nicht überschritten werden."

Unter dem Titel "Kürzung des zweiten Bezuges oder Ruhebezuges" regelt § 5 Abs 1 bis 4 jene Beträge, die nicht überschritten werden dürfen, damit der zweite niedrigere Bezug oder Ruhebezug im Sinne des § 4 ausgezahlt werden kann. Die Höhe dieser Beträge variiert danach, ob Bezüge oder Ruhebezüge bezogen werden und überdies je nachdem, gegen wen sich der Anspruch richtet (Bund, Rechtsträger, der der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegt; Land).

§ 6 regelt unter der Überschrift "Versorgungsbezug" wörtlich:

"Auf die Versorgungsbezüge des überlebenden Ehegatten und der Waisen sind die §§ 4 und 5 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Vergleichsberechnung

1. beim überlebenden Ehegatten 60 vH,

2. bei einem Vollwaisen 36 vH,

3. bei einem Halbwaisen 24 vH des in § 5 Abs 2 vorgesehenen Betrages zugrundezulegen ist."

Schon die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass auch bei Ermittlung des "äußersten möglichen Wortsinns" (vgl dazu Bydlinski in Rummel³ § 6 ABGB Rz 17 mwN), an dem die Gesetzesauslegung im engeren Sinn ihre Grenze findet, nicht davon ausgegangen werden kann, dass das Zusammentreffen von eigenen Bezügen (Aktiv und/oder Ruhebezüge) mit Versorgungsbezügen von den §§ 4 bis 6 des BezBegrBVG umfasst ist. § 6 regelt nur das Zusammentreffen zweier oder mehrerer Versorgungsbezüge. Die §§ 4 und 5 des BezBegrBVG hingegen befassen sich ausschließlich mit dem Zusammentreffen zweier oder mehrerer eigener Bezüge (Bezug oder Ruhebezug). Der Hinweis in § 6, dass die §§ 4 und 5 mit der Maßgabe... anzuwenden sind, bezieht sich eindeutig nur auf die in § 4 Abs 4 und § 5 normierte "Deckelungsregelung" in Bezug auf den zweiten (niedrigeren) Bezug. § 6 BezBegrBVG lässt sich somit ausschließlich entnehmen, dass bei Zusammentreffen zweier oder mehrerer Versorgungsbezüge im Sinne des § 4 Abs 1 vorzugehen ist, wobei sich die "Deckelung" der Versorgungsbezüge daraus ergibt, dass die Versorgungsbezüge unter Heranziehung der Grundsätze des § 4 Abs 4 und des § 5 BezBegrBVG zu ermitteln sind und sodann der in § 6 BezBegrBVG geregelten - weiteren Deckelung zu unterziehen sind.

Eine echte Gesetzeslücke als primäre Voraussetzung der ergänzenden Rechtsfindung (5 Ob 273/01k) liegt nicht vor: Dafür wäre Voraussetzung, dass ein Rechtsfall nach dem bereits interpretierten Gesetz nicht beurteilt werden kann, jedoch von Rechts wegen einer Beurteilung bedarf. Das ist hier deshalb zu verneinen, weil dann, wenn die Bestimmungen des BezBegrBVG auf das Zusammentreffen des Bezuges der Klägerin mit den ihr zustehenden Versorgungsbezügen nicht anwendbar ist, der Klägerin eben alle drei Bezüge nebeneinander (die Versorgungsbezüge allenfalls nach § 6 BezBegrBVG gekürzt) zustehen (vgl näher zur Gesetzeslücke Bydlinski aaO § 7 ABGB Rz 2 mwN).

Ob eine "teleologische" ("unechte") Lücke vorliegt, ob also die Erstreckung der Rechtsfolgenanordnung einer gesetzlichen Norm auf den gesetzlich nicht unmittelbar geregelten Fall geboten ist, hängt davon ab, ob eine planwidrige Unverständigkeit, also eine nicht gewollte Lücke vorliegt (Bydlinski aaO; JBl 1992, 106; 5 Ob 273/01k). Maßgeblich ist somit, ob das Gesetz gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie ergänzungsbedürftig ist. Eine solche Unvollständigkeit liegt jedoch nur vor, wenn eine anzuwendende Rechtsvorschrift zwar vorhanden, aber in einer bestimmten Richtung nicht präzisiert (unvollständig) ist. Durch Analogie ist nicht eine beliebige, sondern nur eine im System liegende Lösung anzustreben. Eine unechte Lücke liegt demnach vor, wenn man von einem bestimmten Standpunkt aus die konkrete Regelung eines Sachverhalts erwartet, eine solche aber fehlt (SZ 68/102). Das bloß rechtspolitisch Erwünschte vermag dagegen der ergänzenden Rechtsfindung durch Analogiebildung nicht als ausreichende Grundlage zu dienen. Den Gerichten steht es nämlich nicht zu, ohne Vorliegen einer Gesetzeslücke gleichsam an die Stelle des Gesetzgebers zu treten und einen Regelungsinhalt zu schaffen, dessen Herbeiführung ausschließlich dem Gesetzgeber obläge (SZ 73/92).

Überträgt man diese Grundsätze auf den hier zu beurteilenden Fall, ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen eine Lücke zu verneinen: Das BezBegrBVG umfasst neben dem Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre (Art 1 des BGBl I Nr 64/1997) unter anderem auch das Bundesgesetz über die Bezüge der obersten Organe des Bundes, der Mitglieder des Nationalrates und des Bundesrates und der von Österreich entsandten Mitglieder des Europäischen Parlaments (Bundesbezügegesetz BBezG); Art 2 des Gesetzes geht auf einen Initiativantrag zurück, wobei den Beilagen (687 BlgNR XX. GP) im Zusammenhang mit der hier interessierenden Frage lediglich folgende Zielsetzung zu entnehmen ist: "In Hinkunft sind höchstens zwei Bezüge aus öffentlichen Kassen zulässig; eine Ausnahme besteht für politische Funktionäre in Gemeinden unter 10.000 Einwohner diese dürfen daneben eine Funktion ausüben, für das Entgelt unter der Geringfügigkeitsgrenze des ASVG liegt". Aus den Materialien lässt sich somit zwar ableiten, dass in Hinkunft höchstens zwei Bezüge aus öffentlichen Kassen zulässig sein sollen. Ob diese Regelung allerdings auch gelten soll, wenn Aktiv und/oder Ruhebezüge mit Versorgungsbezügen zusammentreffen, ist den Materialien nicht zu entnehmen.

Der Auffassung der Vorinstanzen, gemessen am Zweck des Gesetzes sei deutlich erkennbar, dass eine Regelungslücke vorliege, muss zunächst entgegengehalten werden, dass sich der Gesetzgeber immerhin der Regelung der Versorgungsbezüge ausdrücklich annahm, also davon ausging, dass eine Kumulierung von Versorgungsbezügen denkbar ist. Hat der Gesetzgeber aber diesen Fall ausdrücklich geregelt, so bestehen zumindest erhebliche Zweifel daran, dass er sich des - keineswegs ungewöhnlichen Falles nicht bewusst war, dass Versorgungsbezüge mit eigenen Bezügen zusammentreffen können. Unterstellt man ein entsprechendes Bewusstsein des Gesetzgebers, so muss schon aus diesem Grund eine Regelungslücke verneint werden.

Dabei kann nicht unerwähnt bleiben, dass die ursprüngliche Fassung des § 6 BezBegrBVG, die erst durch BGBl Nr 5/2000 geändert wurde, wie folgt lautete:

"§ 6 Die für Ruhebezüge vorgesehenen Bestimmungen der §§ 4 und 5 gelten gleichermaßen für Versorgungsbezüge, die von Rechtsträgern bezogen werden, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen."

Aus dieser Urfassung wird ebenfalls deutlich ersichtlich, dass der Gesetzgeber nur das Zusammentreffen und die Höhe von Versorgungsbezügen regeln wollte, nicht aber anordnen wollte, dass eigene Bezüge und Versorgungsbezüge gemeinsam der Regel des § 4 BezBegrBVG zu unterwerfen sind. Hätte der Gesetzgeber Letzteres beabsichtigt, hätte er gerade die Urfassung des § 4 Abs 1 BezBegrBVG die die Höhe der Versorgungsbezüge anders als die derzeitige Fassung gleich den Ruhebezügen regelte unter Entfall des damaligen § 6 BezBegrBVG einfach so formulieren können, dass "Personen mit Anspruch auf Bezug oder Ruhebezug oder Versorgungsbezug...".

Da aus dem Initiativantrag zur Gesetzesänderung des § 6 BezBegrBVG nicht ableitbar ist, dass der Gesetzgeber in die ursprüngliche Regelung der Versorgungsbezüge eingreifen wollte (die Neuregelung des § 6 durch BGBl Nr 5/2000 erfolgte lediglich der Höhe nach) ist auch dieser Umstand als gewichtiges Argument für die Bejahung der Auslegung durch die Klägerin zu werten.

Aber auch ausgehend von den von den Vorinstanzen hervorgehobenen Motiven des Gesetzgebers (Schlagworte: "Privilegienabbau" und "Transparenz öffentlicher Bezüge") darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der in § 4 Abs 1 BezBegrBVG geregelte Tatbestand des Zusammentreffens zweier oder mehrerer Eigenbezüge wertungsmäßig nicht mit dem Zusammentreffen eines eigenen Bezuges mit Versorgungsbezügen gleichzusetzen ist: Um ihren eigenen Aktivbezug zu verdienen, erbringt die Klägerin eine eigenständige Leistung. Für die ihr zustehenden Versorgungsbezüge hingegen ist ohnedies eine den übrigen Regelungen des BezBegrBVG entsprechende Regelung getroffen worden. Darauf, ob und ab wann ihr Versorgungsbezüge zustanden, konnte die Klägerin keinen Einfluss nehmen. Die Unterstellung ihres eigenen Aktivbezuges und der ihr gebührenden Versorgungsbezüge unter § 4 Abs 1 BezBegrBVG würde unter diesen Umständen einen unzumutbaren Eingriff in die Lebensplanung der Klägerin darstellen. Dem gegenüber hätte sie, um bei dem vom Berufungsgericht gebrauchten Beispiel dreier Aktivbezüge zu bleiben, in diesem Fall sehr wohl Gestaltungsmöglichkeiten: So könnte sie bereits die Aufnahme einer eigenen (dritten) Tätigkeit unterlassen. Demgegenüber wäre sie bei der von den Vorinstanzen befürworteten analogen Anwendung der §§ 4f BezBegrBVG auf das Zusammentreffen eigener und Versorgungsbezüge in die für sie nicht vorhersehbare - Lage gedrängt, im Falle des Todes ihres Gatten entweder "umsonst" weiterzuarbeiten oder ihre eigene Karriere aufzugeben. Die Auslegung der Vorinstanzen führt auch zu einer krass unbilligen Ungleichbehandlung jener Personen, die selbst bei einem der dem BezBegrBVG unterstehenden Rechtsträger beschäftigt sind gegenüber jenen Personen, die für einen anderen Arbeitgeber tätig sind: Erzielte die Klägerin für ihre Arbeitsleistung ein ebenso hohes Gehalt von einem nicht dem BezBegrBVG unterliegenden Arbeitgeber, könnte sie dieses ungehindert in voller Höhe neben den Versorgungsbezügen nach ihrem Gatten beziehen. Auch dem Bundesverfassungsgesetzgeber kann der Wunsch nach einer derartigen Ungleichbehandlung nicht unterstellt werden.

Die von der Revisionsbeantwortung hervorgehobene Befürchtung, folge man der Auffassung der Klägerin, könnte eine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Kumulierung von vier höchstmöglichen Bezügen bewirkt werden, ist nicht zu teilen: Immerhin darf nicht übersehen werden, dass die Versorgungsbezüge ohnedies der aus § 6 BezBegrBVG geregelten Verkürzung unterliegen. Überdies begrenzen die einschlägigen Regelungen des Pensionsgesetzes (PG) BGBl 340/1965 ( derzeitige Fassung BGBl 130/2003) und des Salzburger Landesbeamten Pensionsreformgesetzes LGBl 17/2001 (derzeitige Fassung LGBl 36/2003) die Versorgungsbezüge dem Grunde (§ 14 PG; § 17 Sbg Landesbeamten Pensionsreformgesetz) und der Höhe nach (insbesondere § 15c PG und § 21 Sbg Landesbeamten Pensionsreformgesetz). So kann es je nach Höhe des eigenen Einkommens der Witwe (des Witwers) zu einer Verminderung oder zu einem gänzlichen Entfall des Versorgungsbezuges kommen. Die heraufbeschworene Gefahr, im Extremfall könne eine Einzelperson vier Bezüge in derselben Höhe lukrieren wie zuvor ein Ehepaar zusammen, ist somit unbegründet.

Abgesehen davon, dass die bereits erwähnten Überlegungen ohnedies eine Beurteilung dahin erlauben, dass der Gesetzgeber ganz bewusst nur die Versorgungsbezüge und deren Höhe regeln wollte, nicht aber die Rechtsfolge anordnen wollte, dass bei Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Aktiv oder Ruhebezügen § 4 Abs 1 BezBegrBVG anzuwenden ist, bestehen auch aus Wertungsgesichtspunkten keine Gründe dafür, die Regel des § 4 Abs 1 BezBegrBVG analog auch auf das Zusammentreffen von eigenen Bezügen mit Versorgungsbezügen anzuwenden.

Der Revision war daher Folge zu geben und das der rechnerischen Höhe nach unstrittige Klagebegehren in Abänderung der Urteile der Vorinstanzen zuzusprechen. Die beklagte Partei hat zwar die Höhe des Zinsenbegehrens mit der Behauptung bestritten, es treffe sie kein Verschulden an der Nichtzahlung.

Liegt allerdings eine Forderung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis vor, so kann grundsätzlich ohne weitere Behauptungen der in § 49a erster Satz ASGG festgelegte gesetzliche Zinssatz begehrt werden. Nur dann, wenn die Verzögerung der Zahlung auf einer vertretbaren Rechtsansicht des Schuldners beruht, sind die sonstigen gesetzlichen Zinsen zuzusprechen (9 ObA 108/03b). Daraus ergibt sich aber auch, dass es Sache des Schuldners ist, Behauptungen darüber aufzustellen, warum der in § 49a erster Satz ASGG festgelegte Zinssatz nicht zustehe. Ein entsprechendes Vorbringen hat die beklagte Partei in erster Instanz nicht erstattet. Sie stellte lediglich die nicht näher substantiierte und durch kein konkretes Tatsachenvorbringen gestützte Rechtsbehauptung auf, sie sei nicht schuldhaft in Verzug. Der Klägerin gebühren daher auch Zinsen gemäß § 49a erster Satz ASGG.

Die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gründet sich auf § 58 a ASGG, jene über die Kosten des Berufungsverfahrens auf §§ 41, 50 ZPO in Verbindung mit § 58 a ASGG und jene über die Kosten des Revisionsverfahrens auf §§ 41, 50 ZPO: Bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, dass die Klägerin bis zur Einschränkung um das Feststellungsbegehren (gerichtet auf Feststellung, dass das BezBegrBVG nicht zur Stilllegung der Bezüge der Klägerin berechtige) als mit diesem unterliegend anzusehen ist. Aus § 58 a Abs 3 ASGG ist abzuleiten, dass im Fall einer (oder mehrerer) Streitwertänderung(en) nicht im Einzelnen verschiedene Obsiegensquoten zu bilden sind, sondern unter Anwendung des § 273 ZPO eine (einzige) Obsiegensquote für den gesamten jeweiligen Verfahrensabschnitt festzusetzen ist (Feitzinger Tades, ASGG² § 58 a Anm 13 mH auf die RV 92). Bei dieser Ermessensentscheidung ist einerseits zu berücksichtigen, in welchem Umfang die Parteien insgesamt als obsiegend anzusehen sind; andererseits ist der Verfahrensaufwand zu bewerten: Für die Beurteilung des Umfanges des Obsiegens hat zunächst eine Auseinandersetzung mit der Frage zu erfolgen, wie das in der Folge fallengelassene Feststellungsbegehren zu bewerten ist: Nach der Rechtsprechung ist das Interesse an der Feststellung des aufrechten Bestandes eines Arbeitsverhältnisses unter sinngemäßer Anwendung des § 58 Abs 2 JN zu berechnen (RIS Justiz RS0042257; ecolex 1999/198 [zustimmend Gerlach]; siehe auch Gerlach, ecolex 1998,647; a.A. Oberhammer, ecolex 1998, 788). Dieser auch auf das Feststellungsbegehren, aufgrund einer arbeitsvertragswidrigen Versetzung nicht zur Ausübung der anderen Tätigkeit verpflichtet zu sein, angewendete Grundsatz( 9 ObA 29/93) hat umso mehr für ein Begehren zu gelten, mit welchem die Feststellung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers für die zu leistende Arbeit angestrebt wird. Da die beklagte Partei in ihrem Kostenverzeichnis das Feststellungsbegehren ohnedies nur mit dem dreifachen Jahresbezug bewertet, bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der von Gerlach vertretenen Auffassung (ecolex 1998, 647), es sei der 10 fache Jahresbezug zugrunde zu legen.

Unter Berücksichtigung, dass die Klägerin mit dem letztlich auf 23.991 EUR ausgedehnten Zahlungsbegehren zur Gänze durchdrang und dass sie das Feststellungsbegehren bereits eingangs der Verhandlungstagsatzung fallen ließ, ist insgesamt für den ersten Verfahrensabschnitt mit Kostenaufhebung vorzugehen, obwohl dem Feststellungsbegehren ein erheblich höherer Streitwert ( 106.705,20 EUR) zugrundeliegt: Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass das von der Klägerin von allem Anfang an erhobene Leistungsbegehren berechtigt war und der von der beklagten Partei vor Einschränkung des Feststellungsbegehrens eingebrachte Schriftsatz mit Ausnahme der Streitwertbemängelung keine speziell das Feststellungsbegehren betreffende Ausführungen enthält. Besonderen Verfahrensaufwand verursachte das Feststellungsbegehren somit nicht.

Die Grundsätze des § 58 a Abs 3 ASGG gelten jedoch nicht für die Frage des Ersatzes der Pauschalgebühr. Dieser ist vielmehr nach §§ 41,43,50 ZPO zu bemessen.

Die Pauschalgebühr für das Feststellungsbegehren errechnet sich nach der Bemessungsgrundlage des § 16 Abs 1 Z 1 GGG ( 630 EUR). Durch die Ausdehnung des Zahlungsbegehrens ergibt sich gemäß § 18 Z 2 GGG eine Gebührenerhöhung (Pauschalgebühr gesamt daher 551 EUR). Diese gebührt der Klägerin zur Gänze, weil zum Zeitpunkt der Ausdehnung des Zahlungsbegehrens das Feststellungsbegehren das überdies für die Pauschalgebühr der Klage rechnerisch ohne Einfluss war - bereits fallen gelassen war.

Rechtssätze
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