JudikaturJustiz8Ob85/06t

8Ob85/06t – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. November 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** reg.Gen.m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Alois Eichinger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Peter P*****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 104.648,88 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. April 2006, GZ 13 R 266/05s-139, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 30. August 2005, GZ 3 Cg 45/00k-133, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

„Der Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei EUR 69.765,92 samt 4 % Zinsen seit 1. 7. 1999 zu bezahlen sowie die mit EUR 17.182,26 (darin EUR 2.513,41 USt und EUR 2.101,78 Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Der Beklagte ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 6.500,76 (darin EUR 257,68 USt und EU 4.954,46 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Rechtsvorgängerin der klagenden Bank stand seit Beginn der 80er-Jahre mit Eva Maria R*****, die von 1981 bis 1998 ein nichtprotokolliertes Einzelunternehmen, das sich mit der Bewirtschaftung und Verwertung von Liegenschaften befasste, in ständiger Geschäftsverbindung. Es wurden Miethäuser angekauft und nach Parifizierung die einzelnen Wohnungen in Wohnungseigentum abverkauft. Ständiger Mitarbeiter von Eva Maria R***** war ihr Ehegatte. Der Beklagte war als öffentlicher Notar mit der juristischen Abwicklung der Liegenschaftsverwertung beauftragt und als Treuhänder der Klägerin und des Ehepaares R***** eingesetzt. Die Kaufpreise für die Wohnungen wurden der Klägerin gegen entsprechende Freilassungserklärungen vom Beklagten als Treuhänder überwiesen. Am 2. 10. 1984, 26. 11. 1987, 31. 10. 1988 und 24. 7. 1989 schlossen die (Rechtsvorgängerin der) Klägerin und Eva Maria R***** verschiedene Kreditverträge, zu deren Besicherung zugunsten der Klägerin aufgrund der Pfandbestellungsurkunde vom 31. 10. 1984, eine Hypothek im Höchstbetrag von ATS 3,250.000 auf der Liegenschaft EZ *****, KG A*****, als Haupteinlage sowie den 93/2681stel Anteilen der Liegenschaft EZ ***** KG O*****, verbunden mit Wohnungseigentum am Haus *****, einverleibt wurde. Für die Kredite vom 26. 11. 1987, 31. 10. 1988 und 24. 7. 1989 wurden auch auf anderen Liegenschaften Höchstbetragspfandrechte einverleibt. Auf der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch A***** wurde die Abtretung der Hauptmietzinse angemerkt. Im März 1993 begehrte die Klägerin von Eva Maria R***** und ihrem Ehegatten zu 8 C 580/93g des Bezirksgerichts Hernals ATS 2,431.853,59 sA und ATS 814.197,27 sA, zu 8 C 581/93d des Bezirksgerichts Hernals ATS 749.349,99 sA und zu 4 C 519/93i des Bezirksgerichts Mödling ATS 564.346,06 sA aus den fällig gestellten Krediten.

Umschuldungsgespräche scheiterten. Im Herbst 1993 sollten ein zwischen Eva Maria R***** und Hans H***** abgeschlossener Kaufvertrag sowie drei weitere Kaufverträge grundbücherlich einverleibt werden. Der Beklagte ersuchte daher den früheren Rechtsvertreter der Klägerin um Bekanntgabe der aliquoten Tilgungserfordernisse für diese vier Liegenschaftsanteile. Der Kaufvertrag mit Hans H***** betraf 315/21399stel Anteile der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch A*****. Die Klägerin übermittelte anstelle der aliquoten Freilassungserklärung, eine Freilassungserklärung über alle damals noch im Eigentum der Eva Maria R***** befindlichen Anteile von damals 3.999/21399stel der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch A*****. Aufgrund der Freilassungserklärung wurde über Antrag des Beklagten das auf den an Hans H***** verkauften Anteilen haftende Pfandrecht der Klägerin, nach Überweisung des aliquoten Kaufpreises an die Klägerin gelöscht. Eine Mitarbeiterin des Beklagten übermittelte am 12. 9. 1994 die Freilassungserklärung, bei der übersehen wurde, dass sie nicht nur die Anteile des Hans H*****, sondern auch die noch bei Eva Maria R***** verbliebenen Anteile betraf, statt an die klagende Partei an Eva Maria R*****. Diese bewahrte die Freilassungserklärung rund drei Jahre auf, um sicherzugehen, dass ihr „Abhandenkommen" nicht auffallen würde. Dann beauftragte sie einen Kärntner Notar mit der Verfassung eines Löschungsgesuchs. Dieses Gesuch überreichte sie persönlich im Dezember 1997 beim Grundbuchsgericht, in Kenntnis der Tatsache, dass gegenüber der klagenden Partei noch Beträge in Millionenhöhe aushafteten. Sie wusste, dass sie durch diese Vorgangsweise die Klägerin schädigen würde, das war ihre Absicht. Der die Löschung bewilligende Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom 15. 12. 1997, TZ 4797/97, wurde der Klägerin am 28. 1. 1998 zugestellt.

Über Anfrage der Klägerin gab der Beklagte am 24. 2. 1998 bekannt, dass er keine Möglichkeit sehe, das Pfandrecht wiederherzustellen. Ein Strafverfahren betreffend das Ehepaar R***** wurde von der Staatsanwaltschaft Wien eingestellt, der Subsidiarantrag wurde abgewiesen.

Mit Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom 22. 9. 1997, 4 C 519/93i-86, wurden Eva Maria R***** und ihr Ehegatte zur ungeteilten Hand schuldig erkannt, ATS 563.519,78 sA an die klagende Partei zu bezahlen. Über Berufung der Beklagten reduzierte das Landesgericht Wiener Neustadt mit Urteil vom 27. 5. 1998 den Zuspruch auf ATS 550.000 sA zuzüglich ATS 187.772,80 an Kosten. Mit Urteil des Bezirksgerichts Hernals vom 11. 12. 1995, 8 C 580/93g-60, wurde die Klage der klagenden Partei in den verbundenen Verfahren 8 C 580/93g und 8 C 581/93d abgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung der klagenden Partei wurde mit Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien, 35 R 555/96v, am 23. 9. 1996 Folge gegeben, das Urteil aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Im zweiten Rechtsgang wies das Bezirksgericht Hernals mit Urteil vom 21. 4. 1997, (nunmehr) 25 C 1194/96f-84, in den verbundenen Verfahren neuerlich das Klagebegehren ab. Der dagegen erhobenen Berufung der klagenden Partei gab das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien mit Urteil vom 29. 11. 1999, 35 R 490/98p, teilweise Folge und sprach der klagenden Partei ATS 1,135.994,23 sA sowie ATS 749.349,99 sA und Kosten in Höhe von ATS 211.184,21 und ATS 125.772,87 zu.

Die außerordentlichen Revisionen der Beklagten wurden in allen Verfahren vom Obersten Gerichtshof zurückgewiesen.

Im Zeitpunkt der Löschung des Höchstbetragspfandrechts betrug der Verkehrswert der noch im Eigentum der Eva Maria R***** verbliebenen 3.684/21399stel Anteile der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** (unausgebauter Dachboden) ATS 1,700.000. Diese Anteile verkaufte Eva Maria R***** im Jahr 2001 an einen Architekten um ATS 1,800.000. Durch die Löschung des Pfandrechts der Klägerin rückte die N***** AG, der die Zwangsversteigerung der Eva Maria R***** gehörenden Liegenschaftsanteile bewilligt worden war, in den ersten Rang auf. Aus dem Erlös des Verkaufs des unausgebauten Dachbodens an den Architekten lukrierte diese Gläubigerin EUR 116.276,53. Aus der Abtretung der Hauptmietzinse der Liegenschaft EZ 1411 Grundbuch Alsergrund lukrierte die Klägerin nichts, weil sie bemerkt hatte, dass die Abtretung der Hauptmietzinse nur für Sanierungsdarlehen rechtlich möglich gewesen wäre.

Die Klägerin erhob weder Rekurs gegen die Löschung des Pfandrechts, noch erhob sie eine Löschungsklage.

Wäre das Pfandrecht der Klägerin nicht gelöscht worden, hätte sie zumindest EUR 104.648,88 aus dem vom Architekten bezahlten Kaufpreis erhalten.

Die klagende Partei begehrt vom Beklagten EUR 104.648,88 sA. Der Beklagte habe seine Pflichten aus dem Treuhandverhältnis dadurch verletzt, dass er die Freilassungserklärung an Eva Maria R***** weitergeleitet habe. Dadurch sei diese in die Lage versetzt worden, das Pfandrecht löschen zu lassen. Eine Löschungsklage wäre aussichtslos gewesen, weil zum damaligen Zeitpunkt die Klagen gegen Eva Maria R***** in erster Instanz abgewiesen worden seien. Eine Schädigungsabsicht R*****´s sei nicht erweislich gewesen. Der Beklagte bestritt und beantragte die Klagsabweisung. Er gestand zu, dass die Freilassungserklärung irrtümlich von seiner Mitarbeiterin an Eva Maria R***** weitergeleitet worden sei. Im Wesentlichen wendete er Verjährung und Verstoß der klagenden Partei gegen die Schadensminderungspflicht ein. Sie habe es unterlassen, eine erfolgversprechende Löschungsklage zu erheben. Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Der Beklagte hafte dem Grunde nach für den kausalen Schaden in Höhe des Klagsbetrags. Allerdings habe die Klägerin gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen, weil sie eine Löschungsklage, die erfolgreich gewesen wäre, nicht erhoben habe. Die Klage sei daher (zur Gänze) abzuweisen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Der Grundbuchsbeschluss vom 15. 12. 1997 sei der klagenden Partei Ende Jänner 1998 zugestellt worden. Erst dadurch habe sie Kenntnis davon erlangt, dass sich die Freilassungserklärung offenbar in den Händen von Eva Maria R***** befunden habe. Die dreijährige Verjährungsfrist habe daher zu diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen. Die Klage sei somit rechtzeitig.

Gemäß § 61 Abs 1 GBG könne derjenige, der sich durch eine Einverleibung in seinem bücherlichen Recht verletzt erachte, die Einverleibung aus dem Grund der Ungültigkeit im Prozessweg bestreiten und die Wiederherstellung des vorherigen bücherlichen Standes begehren (Löschungsklage). Voraussetzung der Löschungsklage sei, dass der Kläger in seinem bücherlichen Recht beeinträchtigt werde. Für zulässig werde die Löschungsklage erachtet, wenn Nichtigkeit des Titels geltend gemacht werde, beispielsweise wegen mangelnder Geschäftsfähigkeit, Aufhebung des Vertrags, bzw wenn der der Eintragung zugrunde liegende Vertrag wegen mangelnder Willensübereinstimmung, Zwangs oder Verletzung über die Hälfte nicht zustande gekommen oder anfechtbar sei. Im hier zu beurteilenden Fall sei die Einwilligung der Klägerin zur Löschung des Pfandrechts bezogen auf die Anteile Eva Maria R*****´s am unausgebauten Dachboden davon abhängig gewesen, dass die diesen Anteilen entsprechenden Rückzahlungen der Darlehen erfolgen. Daher könne von einer Einwilligung der klagenden Partei zur Löschung der Pfandrechte auf diesen Anteilen ohne gleichzeitige Zahlung keine Rede sein. Die Bedingung, unter der die klagende Partei der Löschung zugestimmt habe, sei daher nicht eingetreten. Die Freilassungserklärung, aufgrund derer die Löschung erfolgt sei, sei somit materiell unrichtig, weshalb die Löschungsklage möglich gewesen wäre. Der Geschädigte verletze seine Schadensminderungspflicht, wenn er schuldhaft Handlungen unterlasse, die von einem verständigen Durchschnittsmenschen gesetzt worden und geeignet gewesen wären, den Schaden abzuwehren oder zu verringern. Ob das Unterlassen einer Prozessführung oder das Nichtergreifen eines Rechtsmittels eine Verletzung der Schadensminderungspflicht sei, hänge von den Umständen des Einzelfalls ab. Der Geschädigte sei nicht zu gerichtlichen Schritten verpflichtet, die mit einem bedeutenden Kostenrisiko verbunden seien oder geringe Aussicht auf Erfolg habe. Von einem bedeutenden Kostenrisiko könne hier schon deshalb nicht gesprochen werden, weil im Zeitpunkt der Erhebung der Löschungsklage die Leistungsklagen der klagenden Partei gegen Eva Maria R***** und deren Ehegatten bereits seit Jahren anhängig gewesen seien. Das für die Löschungsklage zuständige Prozessgericht hätte daher nur die Umstände der Ausstellung der Freilassungserklärung und die Vorgänge im Zuge der Löschung zu klären gehabt. Da die Prozessführung erfolgversprechend gewesen wäre, hätte die Klägerin bei rechtzeitiger Erhebung der Löschungsklage und einer entsprechenden Streitanmerkung den Schaden vermeiden können.

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig und auch teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Soweit die Rechtsmittelwerberin die Auffassung vertritt, dass die Löschungsklage im vorliegend zu beurteilenden Fall mangels anfechtbaren oder nichtigen Vertrags nicht möglich gewesen wäre, ist ihr Folgendes zu entgegnen:

Nach ständiger Rechtsprechung kann eine auf § 61 Abs 1 GBG gestützte Streitanmerkung bei bloß obligatorischen, auf vertraglicher Grundlage beruhenden Ansprüchen nicht bewilligt werden, selbst wenn der Anspruch auf den Erwerb eines bücherlichen Rechts gerichtet ist (RIS-Justiz RS0060629; 7 Ob 313/01g ua). Eine Streitanmerkung setzt gemäß § 61 Abs 1 GBG nämlich regelmäßig voraus, dass der Kläger behauptet, durch eine Einverleibung in einem dinglichen oder einem solchen kraft besonderer Bestimmung gleichzuhaltenden Recht verletzt worden zu sein (RIS-Justiz RS0060512). Dem im Grundbuch bereits Eingetragenen steht die Löschungsklage gegen denjenigen zu, durch dessen nachfolgende, jedoch auf einem materiell unwirksamen Titel beruhende Eintragung, er aus dem Grundbuch verdrängt wird (JBl 1985, 97; 7 Ob 602/89).

Entgegen der Auffassung der Rechtsmittelwerberin handelt es sich bei der zugunsten der klagenden Partei auf den Liegenschaftsanteilen der Eva Maria R***** einverleibten Hypothek um ein dingliches Recht. Die Vorinstanzen sind daher ohne (erhebliche) Verkennung der Rechtslage davon ausgegangen, dass der klagenden Partei die Löschungsklage zugestanden und aussichtsreich gewesen wäre. Der für die Einverleibung der Löschung des Pfandrechts der klagenden Partei erforderliche Titel, nämlich der, in der (formell unbedenklichen) „Freilassungserklärung" der klagenden Partei zum Ausdruck kommende Verzicht auf das ihr zustehende Pfandrecht, war mangels Erfüllung der Bedingung, unter der diese Erklärung abgegeben wurde - nämlich der den Anteilen der Eva Maria R***** entsprechenden Darlehensrückzahlung - materiell unwirksam.

Aus § 1304 ABGB folgt, dass der Geschädigte verpflichtet ist, den Schaden möglichst gering zu halten. Er verletzt die Schadensminderungspflicht, wenn er schuldhaft Handlungen unterlässt, die von einem verständigen Durchschnittsmenschen gesetzt worden und geeignet wären, den Schaden abzuwehren oder zu verringern. Was zugemutet werden kann, bestimmt sich nach den Interessen beider Teile im Einzelfall und nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs (SZ 62/185; JBl 1994, 331 [Karollus], jeweils mwN). Maßgebend ist, ob der Geschädigte jene Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die ein verständiger Teilnehmer in seiner Lage angewandt hätte, um eine Schädigung nach Möglichkeit abzuwenden (Harrer in Schwimann ABGB³ Band 6 § 1304 Rz 10 und 21 mwH). Im Nichtergreifen eines Rechtsmittels oder der Unterlassung einer Prozessführung kann eine Verletzung der Schadensminderungspflicht liegen (8 Ob 504/94; 4 Ob 127/97y). Die Vorinstanzen haben in vertretbarer Weise die Rechtsansicht geäußert, dass die klagende Partei durch die Unterlassung einer erfolgversprechenden Löschungsklage, die sie treffende Schadensminderungspflicht verletzt hat.

Allerdings kommt dem Argument der Rechtsmittelwerberin Berechtigung zu, dass die Vorinstanzen unzutreffenderweise das gesamte Klagebegehren abgewiesen haben, ohne auf das wesentliche Mitverschulden des Beklagten einzugehen.

Während im Anwendungsbereich des § 2 Abs 2 AHG bei Verschulden des Geschädigten keine Verschuldensteilung im Sinn des § 1304 ABGB eintritt, sondern der Anspruch gegen den Rechtsträger insoweit erlischt, als das Rechtsmittel hätte Abhilfe schaffen können (SZ 58/156 mwN; 4 Ob 127/97y), führt außerhalb dieses Bereichs das Nichtergreifen eines Rechtsmittels, aber auch die Unterlassung der Prozessführung nicht in jedem Fall dazu, dass der Geschädigte den nicht verhinderten Schaden alleine zu tragen hat. Ergreift der Geschädigte kein Rechtsmittel, obwohl es geeignet gewesen wäre, den Schaden ganz oder teilweise abzuwenden, so handelt er sorglos in eigenen Angelegenheiten und verletzt die ihm obliegende Rettungspflicht. Das Gleiche gilt bei der Unterlassung einer an sich erfolgsversprechenden Prozessführung.

Trifft den Geschädigten und einen Dritten, der den Schaden veranlasst oder zu vertreten hat, ein Verschulden, so ist der Schaden nach § 1304 ABGB zu teilen (Koziol, Haftpflichtrecht² I 261, 268; auch ders., Die Schadensminderungspflicht JBl 1972, 225 [233]). Nach ständiger Rechtsprechung entscheiden bei der Verschuldensteilung vor allem die Größe und Wahrscheinlichkeit der schuldhaft herbeigeführten Gefahr, die Bedeutung der verletzten Vorschrift und der Grad der Fahrlässigkeit (Harrer aaO Rz 35 mwH).

Von dieser ständigen Rechtsprechung sind die Vorinstanzen in unvertretbarer Weise abgewichen, indem sie ohne weitere Begründung und unter Außerachtlassung des von ihnen jeweils angenommenen Verschuldens des beklagten Notars, aufgrund des Verstoßes der klagenden Partei gegen ihre Schadensminderungspflicht zu einer gänzlichen Klagsabweisung gelangt sind, statt eine im Sinn der obigen Ausführungen ausgewogene Schadensteilung vorzunehmen. Berücksichtigt man im hier zu beurteilenden Fall, dass vom Beklagten, den als öffentlichen Notar die besondere Sorgfaltspflicht des § 1299 ABGB trifft (bzw von einer Mitarbeiterin, für die er nach § 1313a ABGB haftet), die „Freilassungserklärung" an Eva Maria R***** statt an die klagende Partei übermittelt wurde und der Beklagte, der Treuhänder der klagenden Partei war, auf deren Anfrage diese nicht auf die Möglichkeit einer Löschungsklage hinwies, sondern vielmehr

erklärte, dass er „.... zur Wiederherstellung der Pfandrechtseintragung .... keine Möglichkeit sehe", überwiegt das Verschulden des Beklagten eindeutig jenes der klagenden Partei, die lediglich die Einbringung einer zwar erfolgsversprechenden, aber nicht gänzlich risikolosen Löschungsklage unterlassen hat.

Eine Verschuldensteilung von 2 : 1 zu Lasten der beklagten Partei ist daher angemessen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 43 Abs 1; 50 ZPO.

Rechtssätze
7