JudikaturJustiz8Ob577/83

8Ob577/83 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Dezember 1984

Kopf

SZ 57/203

Spruch

Bestreitet ein Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft die Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses, haben die anderen Gesellschafter ein rechtliches Interesse an deren urteilsmäßiger Feststellung. Auch wenn der Gesellschaftsvertrag einer Personenhandelsgesellschaft die Möglichkeit seiner Abänderung durch Mehrheitsbeschluß vorsieht, bedarf eine Abänderung der Einstimmigkeit, wenn es sich um eine die besondere Struktur der Gesellschaft völlig verändernde Regelung handelt

OGH 13. 12. 1984, 8 Ob 577/83 (OLG Wien 1 R 113/83; HG Wien 39 Cg 60/83)

Text

Die Parteien sind als Rechtsnachfolger der drei Söhne des Unternehmensgrunders Ferdinand P Gesellschafter der Kommanditgesellschaft "Ferdinand P Söhne", eines seit 1939 bestehenden Familienunternehmens. Die Erst- bis Fünftkläger und die Beklagte sind Komplementäre, die übrigen Kläger Kommanditisten. Zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft sind ausschließlich der (mittlerweile verstorbene) Erst- und der Zweitkläger berufen. Die Beklagte hielt bis 4. 1. 1979 2.08 vH der Kapitalanteile an der Gesellschaft, seither 13.19 vH. Bis zum 2. 11. 1982 hielten die sechs persönlich haftenden Gesellschafter insgesamt 46.08 vH des Kapitals, seither verfügen sie über 54.08 vH, weil der Zweitkläger 8 vH des Kapitals von der Dreizehntklägerin erwarb. Der Dritt- und der Viertkläger verfügen jeweils nur über etwas mehr als 4 vH des Gesellschaftskapitals. Im Art. 8 des Gesellschaftsvertrages sind mehrere Agenden angeführt, die der Beschlußfassung der Versammlung der Komplementäre vorbehalten sind, wobei gemäß Art. 9 (alte Fassung) die Beschlüsse - abgesehen von den Ausnahmsfällen des Art. 11 - mit drei Vierteln des von der Versammlung vertretenen Kapitals zu fassen waren. Im Art. 8 lit. h ist ua. auch der Gegenstand "Änderung des Gesellschaftsvertrages, insbesondere des Gesellschaftskapitals oder der Gesellschaftsanteile ..." angeführt; diesbezüglich ist nach Art. 11 vorgesehen, daß der betreffenden Versammlung der persönlich haftenden Gesellschafter auch alle Kommanditisten zuzuziehen sind, wobei dann die Beschlüsse mit drei Vierteln des Gesellschaftskapitals gefaßt werden. Am 2. 11. 1982 beschlossen die Kläger gegen die Stimme der Beklagten, Art. 9 des Gesellschaftsvertrages dahin zu ändern, daß "in der Versammlung der persönlich haftenden Gesellschafter jeder persönlich haftende Gesellschafter eine Stimme hat" und "die Versammlung ihre Beschlüsse mit 3/4-Stimmen-Mehrheit, soweit der Art. 11 keine Ausnahme hievon bildet, faßt".

Art. 4 des Gesellschaftsvertrages hat folgenden Wortlaut:

"Die Gesellschafter sind sich darüber einig, daß auch künftighin jedem der drei Stämme Ferdinand P sen., Adolf P sen. und Rudolf P sen. das Recht gewahrt bleiben soll, jeweilig durch zwei Angehörige des Stammes als persönlich haftende Gesellschafter in der Gesellschaft vertreten zu sein. Jedoch muß der jeweils neu hinzukommende persönlich haftende Gesellschafter sich an der Gesellschaft mit einem Kapitalsanteil beteiligen, der mindestens 8 vH (acht vom Hundert) des Gesellschaftskapitals beträgt. Ein neu hinzukommender Gesellschafter, der mit weniger als 8 vH am Kapital der Gesellschaft beteiligt ist, kann nur dann persönlich haftender Gesellschafter werden, wenn er das Vertrauen der persönlich haftenden Gesellschafter und Kommanditisten genießt. Dieses ist an die Zustimmung der Dreiviertelmehrheit des Gesellschaftskapitals gebunden.

Jeder Gesellschafter kann mittels Rechtsgeschäftes unter Lebenden seinen Anteil zur Gänze oder zum Teil auf andere Gesellschafter oder an gesetzliche Erbberechtigte übertragen, ohne daß dies den Bestand der Gesellschaft berührt oder die Zustimmung der übrigen Gesellschafter erfordert.

Unter denselben Bedingungen kann auch der persönlich haftende Gesellschafter, welcher eine Einlage eines Kommanditisten erwirbt oder erbt, seinen Kapitalanteil an der Gesellschaft bis zum Betrage der erworbenen oder geerbten Einlage erhöhen.

Rechtsnachfolger iS des 2. Abs. dieses Artikels eines persönlich haftenden Gesellschafters sind berechtigt, als persönlich haftende Gesellschafter in die Gesellschaft einzutreten, sofern sie die Bedingung des Art. 4 Abs. 1 Satz 2 dieses Gesellschaftsvertrages erfüllen."

Art. 14 des Gesellschaftsvertrages sieht vor, daß unbeschadet der Bestimmungen des Art. 4 Abs. 1 für die Auflösung der Gesellschaft die Bestimmungen des Handelsgesetzes mit der Maßgabe gelten, daß durch das Ableben eines persönlich haftenden Gesellschafters eine Auflösung der Gesellschaft nicht eintritt, vielmehr letztere mit den Erben desselben als Kommanditisten weitergeführt wird, wobei die Einlage derselben durch den Anteil bestimmt wird, welcher ihnen aus der Einlage des Erblassers zufällt, insoweit einer dieser Erben nicht schon auf Grund des Art. 4 Abs. 1 oder 4 berechtigt ist, als persönlich haftender Gesellschafter in die Gesellschaft einzutreten.

Art. 14 ordnet weiters noch folgendes an:

"Im Falle des Ablebens eines Kommanditisten haben seine Erben das Recht, der ebenfalls weiterbestehenden Gesellschaft als Kommanditisten mit einer Einlage beizutreten, die höchstens dem Teil gleichkommt, der ihnen aus der Einlage des Erblassers zufällt, ohne daß es hiezu einer Genehmigung der anderen Gesellschafter gemäß Art. 8 lit. h bedürfen würde.

Auch die Kündigung oder die Verhängung des Konkurses über das Vermögen eines Gesellschafters hat nicht die Auflösung der Gesellschaft zur Folge, vielmehr wird dieselbe von den übrigen Gesellschaftern weitergeführt, während der betreffende Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet."

In der Zeit vom 4. 1. 1979 bis 2. 11. 1982 hielt die Beklagte mit ihren 13.19 vH des Gesellschaftskapitals in der Komplementärversammlung mehr als 25 vH des Kapitals aller Komplementäre; damit hätte erstmalig in der Geschichte der KG ein einzelner Gesellschafter mit seiner Stimme Mehrheitsbeschlüsse der übrigen Komplementäre verhindern können. Dieses vorübergehende "Vetorecht" der Beklagten ist bis auf weiteres dadurch beseitigt, daß der für die Vertragsänderung stimmende Zweitkläger seither 16.33 vH des Gesellschaftskapitals hält, sodaß die Beklagte derzeit mit ihrem Kapitalanteil allein die 25 vH des von den Komplementären gehaltenen Gesellschaftskapitals nicht mehr erreicht. Die Beklagte hat ihr "Vetorecht" nie ausgeübt. Sie arbeitet im Unternehmen nicht mit.

Die Kläger begehrten mit der am 26. 1. 1983 erhobenen Klage die Feststellung, daß der am 2. 11. 1982 von den Klägern mit 86.81 vH des Gesellschaftskapitals gefaßte Beschluß über die (im einzelnen auch angeführte) Änderung des Art. 9 des Gesellschaftsvertrages auch der Beklagten gegenüber wirksam sei. Die Beklagte bestreite die Wirksamkeit des am 2. 11. 1982 im Einklang mit Art. 11 des Gesellschaftsvertrages, jedoch gegen ihre Stimme gefaßten Beschlusses auf Abänderung des Gesellschaftsvertrages unter Hinweis auf österreichische und deutsche Rechtslehre. Im Hinblick auf diese Rechtsansicht der Beklagten hätten die Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung, daß die am 2. 11. 1982 beschlossene Änderung des Gesellschaftsvertrages rechtswirksam sei.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der Zweck der Änderung des Gesellschaftsvertrages sei es, die ihr zustehende Sperrminorität zu beseitigen; die Änderung verstoße daher gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, verletze ihre wohlerworbenen Rechte und stelle sich daher als Mißbrauch der in einer Mehrheitsentscheidung gelegenen Verfügungsgewalt dar. Die Einführung der Abstimmung nach Köpfen und die von den Gesellschaftern angestrebte Änderung der kapitalistischen Ordnung des Gesellschaftsverhältnisses in eine personalistische Ordnung stelle eine Änderung der Gesamtstruktur des Gesellschaftsvertrages dar und sei damit durch Art. 11 nicht gedeckt. Für den vorliegenden Beschluß wäre daher Einstimmigkeit erforderlich gewesen. Da in Zukunft durch die Übertragung von Gesellschaftsanteilen die Stimmrechtsverhältnisse derart geändert werden könnten, daß die Beklagte wieder über eine Sperrminorität verfüge, sollte ihr durch den Beschluß vom 2. 11. 1982 dieses den Wert ihres Anteiles bestimmende Recht entzogen werden. Sie habe nie von ihrem Vetorecht Gebrauch gemacht.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Bei der rechtlichen Beurteilung ging es davon aus, daß die Beschlüsse der Gesellschafter einer OHG und KG nach dem Gesetz einstimmig zu fassen seien, aber im Zweifel die Mehrheit nach Köpfen zu zählen sei. Das Gesetz ließe abweichende Vereinbarungen zu; selbst die Änderung des Gesellschaftsvertrages könne einem Mehrheitsbeschluß unterworfen werden. Die Wirksamkeit einer Änderung des Gesellschaftsvertrages durch Mehrheitsbeschluß finde nach überwiegender Ansicht allerdings bei Änderungen "ganz ungewöhnlichen" Inhalts ihre Grenze. Enthielte der Gesellschaftsvertrag keinen Hinweis, daß sich die Minderheit auch für solche Änderungen dem Willen der Mehrheit unterwerfen wollte, sei die bloß von der Mehrheit beschlossene Änderung unwirksam. Andererseits folge auch aus der Treuepflicht des Gesellschafters, daß er eine Änderung des Gesellschaftsvertrages zu akzeptieren habe, obwohl der Gesellschaftsvertrag keine Änderung durch Mehrheitsbeschluß vorsehe; Voraussetzung sei, daß die Weiterverfolgung des Gesellschaftszweckes die Anpassung an geänderte Verhältnisse dringend erfordere und dem Überstimmten die Änderung zumutbar sei. Die Streitteile gehörten einer KG an, deren Struktur vom gesetzlichen Leitbild abweiche. Das personalistische Element sei zugunsten des kapitalistischen Elementes zurückgedrängt. Die Höhe des Kapitalanteiles sei bei der Abstimmung in der Gesellschafterversammlung und auch bei der Berufung zum persönlich haftenden Gesellschafter von Bedeutung. Die Möglichkeit, persönlich haftender Gesellschafter zu werden, ohne einen Mindestkapitalanteil zu besitzen, bringe ein personalistisches Element in die Versammlung der persönlich haftenden Gesellschafter, das der nach Kapitalanteilen berechneten Stimmenmehrheit die wesentliche Grundlage entziehe. Die am 2. 11. 1982 beschlossene Änderung passe die Mehrheitserfordernisse diesen Umständen an, indem sie die in der Möglichkeit des Verzichtes auf eine Mindestkapitalbeteiligung der persönlich haftenden Gesellschafter liegende Annäherung an das personalistisch geprägte gesetzliche Leitbild fortführe. Sie beseitige kein Sonderrecht der Beklagten, sondern verhindere das Entstehen von Vorrechten, die durch das Ausmaß der Beteiligung, gemessen am Gesamtkapital, nicht gerechtfertigt seien. Die am 2. 11. 1982 beschlossene Änderung des Gesellschaftsvertrages sei demnach keine Änderung, die "ganz ungewöhnlich" sei. Da sie den Vertrag den Erfordernissen der Gesellschaft anpasse, ohne in unzumutbarer Weise in Rechte der Beklagten einzugreifen, reiche die im Gesellschaftsvertrag getroffene generelle Vereinbarung der Änderung durch Mehrheitsbeschluß aus, auch die überstimmte Beklagte an diesen Beschluß zu binden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und änderte das angefochtene Urteil iS der Abweisung des Klagebegehrens mit dem auf § 500 Abs. 2 Z 3 ZPO gegrundeten Ausspruch ab, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Streitgegenstandes 300 000 S übersteige.

Gemäß § 228 ZPO könne auf Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechtes nur dann geklagt werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung dieses Rechtsverhältnisses oder Rechtes habe. Der Mangel des Feststellungsinteresses sei von Amts wegen in jeder Verfahrenslage wahrzunehmen. Angesichts der vorliegenden Sach- und Rechtslage mangle es den Klägern aber an diesem Feststellungsinteresse. Es liege im Wesen eines wie hier unbestrittenermaßen rite zustande gekommenen Mehrheitsbeschlusses einer Gesellschafterversammlung, daß der überstimmte Teil zum Abstimmungsgegenstand und insbesondere zum Abstimmungsergebnis (der Mehrheit) eine andere Meinung vertrete, weil er sonst nicht als Gegenstimme zu zählen wäre. Die Kläger hätten in ihrer Klage lediglich ausgeführt, daß die Beklagte die Wirksamkeit des vorliegenden Gesellschafterbeschlusses unter Hinweis auf Literaturstellen bestreite, und ihr Feststellungsinteresse auf die "Einstellung der Beklagten" gegrundet. Dies könne jedoch als ausreichende Dartuung des Feststellungsinteresses der Kläger nicht angesehen werden, wobei es sich hier nicht um einen Fall handle, bei dem das Feststellungsinteresse schon aus der Klageerzählung selbst hervorginge. Sei nämlich - wie hier - im Gesellschaftsvertrag auch für die Änderung desselben nicht Einstimmigkeit, sondern ein Mehrheitsbeschluß vorgesehen, so sei jedenfalls im grundsätzlichen gegen das Ergebnis eines sonst dem Gesellschaftsvertrag gemäß zustande gekommenen Mehrheitsbeschlusses nichts einzuwenden (Hueck, Das Recht der OHG[4] 175 ff., 177). Das Abstimmungsergebnis sei - vorerst - rechtens; es bleibe lediglich dem überstimmten Gesellschafter überlassen, die Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses allenfalls auch gerichtlich (durch Feststellungsklage oder auch einredeweise) geltend zu machen. Solches habe die Beklagte jedoch bisher nach dem Verfahrensstand weder getan noch auch angekundigt. Vielmehr stehe unstrittig fest, daß sie schon bisher von ihrem - mittlerweile beseitigtem - "Vetorecht" nach der alten Vertragslage keinen Gebrauch gemacht habe und derzeit daran ohnehin gehindert sei. Wenn sie auch - nach wie vor - die ihrer Gegenstimme zugrunde liegende Ansicht vertrete, für die vorliegende Vertragsänderung wäre Einstimmigkeit erforderlich gewesen, und solcherart sicherlich eine Ungewißheit oder Unsicherheit im Rahmen der KG bestehen möge, handle es sich nach der ganzen Sachlage aber doch nicht um eine reale ernstliche gegenwärtige Gefährdung der klägerischen Rechtslage, die Voraussetzung für die Bejahung eines Feststellungsinteresses sei (Fasching III 66 f.). Im vorliegenden Fall bestehe aber auch kein Anlaß dazu, das Feststellungsinteresse wie für vorbeugende Feststellungsklagen schon aus dem Klagevorbringen heraus anzuerkennen, weil nach der ganzen Sachlage weder Verjährung noch Beweisschwierigkeiten oder ähnliche Umstände drohten, die von der Rechtsprechung sonst für die Zulassung vorbeugender Feststellungsklagen anerkannt würden. Die Berufung erweise sich daher im Ergebnis als berechtigt, weshalb auf die gesellschaftsrechtlichen Aspekte der Streitsache nicht näher einzugehen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Kläger nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In ihrer Rechtsrüge wenden sich die Revisionswerber vorerst mit Recht gegen die Verneinung ihres Feststellungsinteresses durch das Berufungsgericht. Wird die Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses (einer Änderung des Gesellschaftsvertrages) von einem überstimmten Gesellschafter bestritten, so entsteht im Rahmen dieses Dauerschuldverhältnisses tatsächlich eine Rechtsunsicherheit, die bei Personengesellschaften, bei welchen zum Unterschied von den Kapitalgesellschaften fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse nichtig und nicht bloß anfechtbar sind (Schlegelberger, HGB[4] Anm. 9 zu § 119; Hueck, Das Recht der OHG[4] 183 f.; SZ 28/48; SZ 46/43), es also keine Anfechtungsklage gibt, durch eine Feststellungsklage (allenfalls auch mit Einrede) beseitigt werden kann. Dies wird in der Lehre auch allgemein anerkannt (Hueck aaO 185; zu Gesellschafterbeschlüssen der OHG; Paschinger, Die Gesellschaften und Genossenschaften im Zivilprozeß 112; Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts[4] 76). Daß diese Rechtsunsicherheit nur auf Initiative des überstimmten Gesellschafters beseitigt werden könnte, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Eine solche Differenzierung ist aber auch sachlich nicht gerechtfertigt. Es kann keinen Unterschied machen, ob mit einer Klage die Unwirksamkeit einer durch Gesellschafterbeschluß herbeigeführten Änderung des Gesellschaftsverhältnisses oder dessen Rechtswirksamkeit festgestellt werden soll, weil die beiden Begehren das genaue begriffliche Gegenteil darstellen und die Einmaligkeitswirkung der materiellen Rechtskraft zum Tragen kommt (Fasching, Lehrbuch Rdz. 1105). Der OGH vermag sich daher der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht, im Falle eines dem Gesellschaftsvertrag grundsätzlich entsprechenden Mehrheitsbeschlusses müsse es dem überstimmten Gesellschafter überlassen bleiben, die Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses geltend zu machen, nicht anzuschließen. Zur Geltendmachung der Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen ist vielmehr jeder Gesellschafter legitimiert (vgl. Paschinger aaO 112). Da die Bestreitung der Wirksamkeit der von der Mehrheit beschlossenen Änderung des Gesellschaftsvertrages hier sehr wohl geeignet ist, gegenwärtig eine erhebliche objektive Ungewißheit über den Umfang der Gesellschafterrechte herbeizuführen, die durch die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils beseitigt werden kann (SZ 40/3; MietSlg. 20 691; SZ 47/63; 1 Ob 596/79; 1 Ob 584/80), weil sie für das weitere Verhalten der Mehrheit der Gesellschafter und für die Rechtssphäre aller Gesellschafter von Bedeutung ist, kann ein Feststellungsinteresse der Kläger iS des § 228 ZPO nicht in Zweifel gezogen werden (vgl. 6 Ob 751/80). Daß dieses rechtliche Interesse auch derzeit noch besteht, ergibt sich daraus, daß die Beklagte unverändert an der Unwirksamkeit der Änderung des Gesellschaftsvertrages festhält (vgl. 5 Ob 10/81) und die Kläger in ihrer Bewegungsfreiheit im Rechtsleben oder in der Vornahme wirtschaftlicher Maßnahmen behindert werden (5 Ob 31/72). Die Kläger haben das Vorhandensein des Feststellungsinteresses in der Klage ausdrücklich behauptet. Da es genügt, wenn sich das rechtliche Interesse aus dem Klagsvorbringen im Zusammenhalt mit den Einwendungen der Beklagten ergibt (1 Ob 111/73; 1 Ob 198/69 ua.), hat das Berufungsgericht das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen der gegenständlichen Feststellungsklage zu Unrecht verneint. Die auf diesen Grund allein gestützte Abweisung des Klagebegehrens entspricht daher nicht der Sach- und Rechtslage.

Was nun die Frage der Wirksamkeit des am 2. 11. 1982 von den Klägern mit 86.81 vH des Gesellschaftskapitals gefaßten Beschlusses über die Änderung des Art. 9 des Gesellschaftsvertrages anlangt, so ist davon auszugehen, daß Gesellschafterbeschlüsse - wie das Erstgericht zutreffend erkannte - grundsätzlich der Zustimmung aller stimmberechtigten Gesellschafter bedürfen (§ 119 Abs. 1 HGB). Der Grundsatz der Einstimmigkeit für Gesellschafterbeschlüsse gilt sowohl beim Abschluß und bei der späteren Änderung des Gesellschaftsvertrages als auch in den Angelegenheiten der Geschäftsführung, es sei denn, die Gesellschafter hätten (bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages oder später) - der in § 109 HGB normierten Gestaltungsfreiheit entsprechend - vereinbart (einstimmig beschlossen), daß die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden habe, wobei diese Vereinbarung (dieser Beschluß) entweder ausdrücklich oder schlüssig getroffen (gefaßt) werden und sich entweder auf beide vorerwähnten Bereiche (Abschluß sowie Änderung des Gesellschaftsvertrages und Geschäftsführung) oder bloß auf einen von ihnen beziehen kann; im Zweifel ist die Mehrheit nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen. Ein weit ausgedehntes Mehrheitsprinzip im Gesellschaftsvertrag ist aber unter Umständen nicht ungefährlich. Aus diesem Grund haben Lehre und Rechtsprechung verhältnismäßig scharfe Anforderungen an die Begründung des Mehrheitsprinzips im Gesellschaftsvertrag mit dem sogenannten "Bestimmtheitsgrundsatz" (vgl. Westermann, Handbuch der Personengesellschaften[3] I Rdz. 274; Götz Hueck, Gesellschaftsrecht[18] § 14 III 2) gestellt; sie verlangen nämlich, daß der einzelne Punkt, der dem Mehrheitswillen unterliegen soll, im Gesellschaftsvertrag kenntlich gemacht wird, sich also aus dem Gesellschaftsvertrag selbst der Wille der Gesellschafter unzweideutig ergeben muß, daß die Ausnahme vom Einstimmigkeitsgrundsatz auch für die gerade in Betracht kommende Maßregel gelten soll (Fischer in Großkommentar zum HGB[3] II/1 Anm. 12 zu § 119; Westermann aaO Rdz. 274; Palandt, BGB[43] § 705 Anm. 3 b; JBl. 1981, 376; 3 Ob 518/81). Es entspricht daher der Lehre und Rechtsprechung, daß bei einer derart weitgehenden Klausel wie der hier vorliegenden, wonach über Änderungen des Gesellschaftsvertrages durch Mehrheitsbeschluß entschieden wird, nur solche Beschlüsse mehrheitlich gefaßt werden können, die sich im Rahmen der angegebenen Grenzen oder der Richtung der Gesellschaft halten oder nicht ungewöhnlich sind (Schlegelberger, aaO Anm. 7 zu § 119; Fischer aaO Anm. 12 zu § 119; Hueck, aaO 179; Paschinger, aaO 110). In der Regel sind daher nach dem Gesellschaftsvertrag nicht zu erwartende Änderungen durch Mehrheitsbeschluß nicht gedeckt, wenn der Gesellschaftsvertrag keinen erkennbaren Hinweis darauf enthält oder es nicht erweislicher allgemeiner Parteiwille war (Kastner aaO 70). Die Frage, in welchem Umfang die Gesellschafter von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, Mehrheitsbeschlüsse zuzulassen, ist im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu beantworten. Nach herrschender Auffassung ist grundsätzlich eine enge (strenge, einschränkende) Auslegung der das Mehrheitsprinzip vorsehenden Vertragsbestimmungen (Gesellschafterbeschlüsse) geboten (Fischer aaO Anm. 6 und 7 zu § 119, Anm. 2 zu § 109; Schlegelberger aaO Anm. 1, 4 und 7 zu § 119; Hueck aaO 163, 175 ff.; Kastner aaO 70, 120; JBl. 1981, 376; 3 Ob 518/81).

Eine Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall führt nicht zu der vom Erstgericht gefundenen Lösung; sie ergibt vielmehr, daß die hier vorgenommene Änderung des Gesellschaftsvertrages durch Mehrheitsbeschluß nicht wirksam geworden ist.

Der Gesellschaftsvertrag der Ferdinand P Söhne KG läßt in seiner Gesamtheit erkennen, daß die Gesellschafter von dem ihnen eingeräumten Gestaltungsrecht umfangreich Gebrauch gemacht und eine vom gesetzlich geregelten Normfall entscheidend abweichende Gesellschaft geschaffen haben. Dies trifft insbesondere für die Art der Berechnung der für Gesellschafterbeschlüsse erforderlichen Mehrheit zu. In der vorliegenden KG sollte die Mehrheit nicht nach der Auslegungsregel des § 119 Abs. 2 HGB (nach der Zahl der Gesellschafter bei Abstimmung nach Köpfen) berechnet werden, die Abstimmung sollte vielmehr nach dem Ausmaß der Beteiligung am Gesellschaftskapital erfolgen. Diese Berechnungsart sollte aber nicht nur in der Versammlung der persönlich haftenden Gesellschafter maßgeblich sein (Art. 9), sondern auch in der gemeinsamen Versammlung der Komplementäre und Kommanditisten (Art. 11). Welche Bedeutung die Gesellschafter anläßlich des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen beigemessen haben, zeigt sich aber auch noch in anderen Vertragsbestimmungen. Im Falle des Ablebens von Gesellschaftern wird den Erben das Recht eingeräumt, als Kommanditisten - die Erben eines persönlich haftenden Gesellschafters aber auch als Komplementäre - der weiter bestehenden Gesellschaft mit einer Einlage beizutreten, die höchstens dem Teil gleichkommt, der ihnen aus der Einlage des Erblassers zufällt; einer Genehmigung der anderen Gesellschafter bedarf es dazu nicht (Art. 14). In Art. 4 des Gesellschaftsvertrages erklärten sich die Gesellschafter darüber einig, daß auch künftighin jedem der drei Stämme (Ferdinand P sen., Adolf P sen. und Rudolf P sen.) das Recht gewahrt bleiben soll, jeweilig durch zwei Angehörige des Stammes als persönlich haftende Gesellschafter in der Gesellschaft vertreten zu sein; Voraussetzung dafür sollte jedoch sein, daß der jeweils neu hinzukommende persönlich haftende Gesellschafter sich an der Gesellschaft mit einem Kapitalanteil von mindestens 8 vH des Gesellschaftskapitals beteiligt, es sei denn, daß er das in der Zustimmung der 3/4-Mehrheit des Gesellschaftskapitals zum Ausdruck kommende Vertrauen der persönlich haftenden Gesellschafter und Kommanditisten genießt. Nach Art. 4 des genannten Vertrages kann jeder Gesellschafter mittels Rechtsgeschäftes unter Lebenden seinen Anteil zur Gänze oder zum Teil auf andere Gesellschafter oder an gesetzliche Erbberechtigte übertragen, ohne daß dies den Bestand der Gesellschaft berührt oder die Zustimmung der übrigen Gesellschafter erfordert; unter denselben Bedingungen kann auch der persönlich haftende Gesellschafter, der eine Einlage eines Kommanditisten erwirbt oder erbt, seinen Kapitalanteil an der Gesellschaft bis zum Betrag der erworbenen oder ererbten Einlagen erhöhen und sind Rechtsnachfolger iS des zweiten Abs. dieses Art. eines persönlich haftenden Gesellschafters berechtigt, als persönlich haftende Gesellschafter in die Gesellschaft einzutreten, sofern sie die in Art. 4 Abs. 1 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages gestellten Bedingungen (Kapitalanteil von mindestens 8 vH oder Vertrauen der 3/4-Mehrheit des Gesellschaftskapitals) erfüllen. Bei Ermittlung des Vertragswillens der Gesellschafter bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages in Ansehung der Einführung des Mehrheitsprinzips für die Änderung des Gesellschaftsvertrages ist insbesondere zu berücksichtigen, daß die Gesellschafter von den möglichen Auswirkunge solcher im Gesellschaftsvertrag eröffneten, von den nicht betroffenen Gesellschaftern nicht zu unterbindenden Beteiligungsveränderungen Kenntnis hatten und sie trotz der damit allenfalls verbundenen Probleme bei der Willensbildung ihrer Rechtsgemeinschaft durch das allein am Kapital orientierte Prinzip der Mehrheitsbildung eine ganz bestimmte, spezifisch ihren Wünschen angepaßte, eigenständige Organisationsform gegeben haben. Andererseits ist dem Gesellschaftsvertrag auch kein Hinweis darauf zu entnehmen, daß die Gesellschafter mit einer Änderung der so gezogenen Grenzen der Willensbildung, sei es im Rahmen der Abstimmung sämtlicher Gesellschafter oder bloß jener der Komplementäre, von vornherein einverstanden gewesen wären. Schließlich ist auch noch darauf Bedacht zu nehmen, daß die vorliegende KG als Familienunternehmen in einer Erscheinungsform konzipiert wurde, bei der das für Massen(Publikums)gesellschaften anerkannte Bedürfnis nach Ausweitung des Mehrheitsprinzips (vgl. Götz Hueck aaO § 18 VIII 2 c) nicht zum Tragen kommt. Die unter Verwertung all dieser Vertragsbestimmungen und Umstände - nach Lehre und Rechtsprechung eng - vorzunehmende Auslegung der das Mehrheitsprinzip vorsehenden Vertragsbestimmung führt nun zu der Annahme, daß es sich bei dem am 2. 11. 1982 beschlossenen Abgehen von der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Berechnung der für Gesellschafterbeschlüsse maßgeblichen Stimmenmehrheit nach Kapitalanteilen (bloß) hinsichtlich der Versammlung der Komplementäre um eine die der Gesellschaft im Gesellschaftsvertrag gegebenen besonderen Struktur völlig verändernde Regelung handelt, die nach den dargestellten Grundsätzen zu ihrer Rechtswirksamkeit - trotz des im Vertrag für die Änderung des Gesellschaftsvertrages vorgesehenen Mehrheitsprinzips - der Einstimmigkeit bedurft hätte. Da Umstände iS des Vorliegens einer die Gesellschaft betreffenden Ausnahmesituation, in der die Treuepflicht des Gesellschafters eine Zustimmung der Beklagten zu der von der Mehrheit beabsichtigten Änderung des Gesellschaftsvertrages hätte geboten erscheinen lassen, im Verfahren konkret nicht behauptet wurden und angesichts des Abstimmungsverhaltens der Beklagten auch nicht hervorgekommen sind, hat das Erstgericht zu Unrecht dem Feststellungsbegehren der Kläger stattgegeben.

Rechtssätze
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