JudikaturJustiz8Ob282/01f

8Ob282/01f – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Januar 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin K*****, *****, Tschechische Republik, vertreten durch Kerres Diwok,

Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegnerin B***** GmbH, *****, vertreten durch Göbel Hummer Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Antragsgegnerin, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 18. September 2001, GZ 3 R 113/01m-46, mit dem der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 4. April 2001, GZ 2 Se 372/00v-38, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

1) Der in ihrer Stellungnahme zum Revisionsrekurs gestellte Antrag der Antragstellerin auf Abänderung der zweitinstanzlichen Entscheidung im Sinne der Eröffnung des Konkurses wird zurückgewiesen.

2) Der Antrag der Revisionsrekurswerberin, der OGH wolle gemäß Art 140 Abs 1 B-VG beim Verfassungsgerichtshof die Überprüfung des § 176 KO beantragen, wird zurückgewiesen.

2) Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die erstgerichtliche Entscheidung wiederhergestellt.

Text

Begründung:

In ihrem Antrag auf Konkurseröffnung vom 5.10.2000 behauptete die Antragstellerin, seit 1995 mit der Antragsgegnerin in ständiger Geschäftsbeziehung gestanden zu sein und in deren Auftrag laufend Akkreditive eröffnet und an die Begünstigten ausgezahlt zu haben. Die Zahlungsverpflichtung sei dabei von der Vorlage bestimmter, von der Antragsgegnerin vorgegebener Dokumente abhängig gewesen; eine inhaltliche Überprüfung derselben sei nicht vorgesehen gewesen, ebensowenig eine Überprüfung des hinter dem Akkreditiv stehenden Valutageschäftes. Die Antragsgegnerin sei aus dem zwischen den Streitteilen geschlossenen Rahmenvertrag, aus den einzelnen Akkreditiveröffnungsaufträgen und aus den ebenfalls vereinbarten UCP 500 (Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive in der Fassung Revision 1993 der Internationalen Handelskammer) zum Rückersatz der von der Antragstellerin geleisteten Zahlungen verpflichtet gewesen, wobei diese berechtigt gewesen sei, die für die Sicherung und Zahlung eines von ihr ausgegebenen Akkreditivs notwendigen Mittel vom laufenden Konto der Antragsgegnerin ohne deren Zustimmung zu überweisen. Die Antragsgegnerin sei ihrer Rückersatzpflicht trotz mehrfacher Mahnung nicht nachgekommen und schulde der Antragstellerin - ohne Berücksichtigung eines beim Handelsgericht Wien zu 23 Cg 52/00y eingeklagten Betrages von US$ 10 Mio - per 19.9.2000 US$ 113,503.050,-. Sie habe weiters hohe offene Verbindlichkeiten gegenüber 4 weiteren Gläubigern. Aus dem Umstand der Unfähigkeit, die unbestrittenen und fälligen Zahlungen trotz Mahnung über einen längeren Zeitraum zu leisten bzw aus der Nichtexistenz der mit Hilfe der Akkreditive gekauften Waren (und damit der Unmöglichkeit einen Verkaufserlös zu erzielen) ergebe sich Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Antragsgegnerin. Gegen den Geschäftsführer der Antragsgegnerin sei beim LG für Strafsachen Wien ein Strafverfahren anhängig.

Die Antragsgegnerin bestritt das Vorliegen der Konkurseröffnungsvoraussetzungen und wendete die Rechtsmissbräuchlickeit der Antragstellung ein. In Wahrheit verfolge die Antragstellerin eine Liquidierungsstrategie bzw wolle sie sich über das Konkursverfahren Informationen über die Vermögenssituation der Antragsgegnerin verschaffen. Da die Antragstellerin kurz vor der Privatisierung stehe, seien "notleidende Forderungen" im Umfang von S 22,4 Mrd "ausgelagert" worden, sodass die Aktivlegitimation bezüglich der behaupteten Konkursforderungen zweifelhaft sei. Die behaupteten Forderungen bestünden - ebenso wie die beim HG Wien geltend gemachte Forderung auf US $ 10 Mio - nicht. Auf der Grundlage des anzuwendenden tschechischen materiellen Rechts habe die Antragstellerin keine Anspruchsgrundlage für ihre Forderungen. Die von ihr zur Bescheinigung vorgelegten Urkunden seien undatiert, nicht unterschrieben und miteinander im Widerspruch.

Die Geschäftsabwicklung habe sich so abgespielt, dass die Antragstellerin über schriftlichen Auftrag der Antragsgegnerin, welche mit einem Lieferanten (Exporteur) einen Kaufvertrag abgeschlossen habe, zu dessen Gunsten ein Import-Dokumentenakkreditiv eröffnet habe. Sobald die Antragsgegnerin einen Abnehmer für die Ware gefunden habe, habe sie ein Depot (35 %, später 25 % der Akkreditivsumme) geleistet und damit das Akkreditiv "operativ" gesetzt. Danach habe der Exporteur die im Akkreditiv genannten Dokumente eingereicht, wodurch die Zahlungspflicht der Antragstellerin entstanden sei. Zu diesen Dokumenten habe regelmäßig die Original-Rechnung des Lieferanten, eine Bestätigung über die zu Gunsten der Antragstellerin vinkulierte Versicherung der Ware sowie ein von dieser formulierter "Warrant List" gehört. Beide Parteien seien davon ausgegangen, dass es sich dabei um ein kaufmännisches Wertpapier, einen Lagerschein, gehandelt habe. Der Abnehmer der Ware habe letztlich den Kaufpreis auf das Konto der Antragsgegnerin bei der Antragstellerin gezahlt. Die genannten Dokumente, die Akkreditiveröffnungsaufträge und Belege über die von der Antragstellerin geleisteten Zahlungen habe die Antragstellerin nicht bzw nicht vollständig vorgelegt, sodass ihr Anspruch nicht bescheinigt sei. Die Antragsgegnerin habe auch gegenüber den im Antrag genannten Gläubigern keine offenen, fälligen Verbindlichkeiten. Gegen sie werde von niemandem Exekution geführt und - mit Ausnahme der Antragstellerin - auch nicht geklagt. Sie sei weder zahlungsunfähig noch überschuldet. Gegen ihren Geschäftsführer sei auch kein Strafverfahren anhängig; es würden lediglich - auf Grund einer Anzeige der Antragstellerin - Vorerhebungen geführt. Die Antragstellerin hielt dem entgegen, weiterhin Inhaberin der antragsgegenständlichen Forderungen zu sein und konzentrierte sich in ihrer Bescheinigung auf 10 Akkreditive, aus denen sich ein Rückersatzanspruch von US$ 39,242.500,-- ergebe. Gegen den Geschäftsführer der Antragsgegnerin sei zu 22 cVr 1978/00 eine Voruntersuchung anhängig.

In einer ergänzenden Stellungnahme führte die Antragsgegnerin aus, dass es zu den Pflichten der Antragstellerin gehört hätte, die eingereichten Dokumente sorgfältig zu prüfen und danach an die Antragsgegnerin weiterzuleiten, damit diese Eigentümerin der Ware werde bzw ihr Abnehmer (der den Kaufpreis zu zahlen gehabt habe) gesichert sei. Das Akkreditiv selbst sei verzögert zur Zahlung an den Begünstigten fällig gewesen (deferred payment). Nach Auffassung beider Parteien seien die "Warrant Lists" Wertpapiere nach § 528 Abs 2 des tschechischen HGB gewesen. Bis Herbst 1999 habe die Geschäftsbeziehung problemlos funktioniert. Danach habe die Antragstellerin plötzlich begonnen, Eingänge widmungswidrig zu buchen, wodurch es zum "Chaos" gekommen sei. So habe sie für die Operativsetzung neuer Akkreditive gedachte Bardepots auf alte offene Akkreditive angerechnet und Zahlungen von Abnehmern nicht auf die betroffenen offenen Akkreditive gebucht sondern ebenfalls auf ältere, noch offene. Gleichzeitig habe sie in den tschechischen Medien eine Diffamierungskampagne gegen die Antragsgegnerin gestartet. Weiters habe sich herausgestellt, dass die "Warrant Lists" keine Lagerscheine, sondern nur Lagerbestandslisten gewesen seien, was einige russische Lagerhalter ausgenützt und die gezahlte Ware nicht mehr freigegeben hätten. Die Verantwortung für die unzureichende Formulierung und Prüfung der Lagerscheine treffe die Antragstellerin. Die Antragsgegnerin schulde nur in dem Umfang Zahlungen, als die Antragstellerin ihr Eigentum an der finanzierten Ware verschaffen habe können.

Die Antragstellerin bestritt jegliche Verpflichtung zur Eigentumsverschaffung und wies auf die Unabhängigkeit der Akkreditivverpflichtung vom Valutageschäft hin. Sie bestritt auch die Verantwortung für den Text der "Warrant Lists". Auf ihren Wunsch sei lediglich in diese Urkunden der Beisatz aufgenommen worden, dass eine Verfügung über die Ware nur mit ihrer Zustimmung (welche sie nach Einlangen der Zahlung erteilt habe) zulässig sei. Nach der Aussage einer Auskunftsperson, dass die Antragstellerin gegen Ende 1998 dazu übergegangen sei, der Antragsgegnerin bis zur Zahlung der Ware lediglich Kopien der Akkreditivdokumente zu übersenden, und der informativen Aussage des Geschäftsführers der Antragsgegnerin, dass diese alle Akkreditive gezahlt habe, bei denen sie die Originaldokumente erhalten habe, brachte die Antragstellerin ergänzend vor, dass der Besitz der Original-"Warrant Lists" keine Voraussetzung für den Eigentumserwerb an der Lagerware gewesen sei. Dies zeige sich daran, dass die Antragsgegnerin Anfang 1999 durchaus noch für Akkreditive Rückersatz geleistet habe, bei denen ihr lediglich Dokumentenkopien übersandt worden seien. Die Verwendung jeglicher auf dem Konto der Antragsgegnerin vorhandener Mittel zur Deckung offener Depot- bzw Akkreditivverbindlichkeiten ("Umbuchungen") sei durch die zwischen den Streitteilen bestehenden vertraglichen Regelungen gedeckt gewesen. Die Antragsgegnerin habe mittlerweile eine weitere Gläubigerin mit beträchtlichen Forderungen (US$ 14 Mio). Weitere Gläubiger ergäben sich aus dem Grundbuch. Die Antragsgegnerin habe ihre Verbindlichkeiten mehrmals anerkannt und auch ihre Insolvenzreife zugegeben.

Die Antragsgegnerin erwiderte, dass die Zurückbehaltung der Originaldokumente den Usancen widerspreche und die Verfügung über die Ware verhindert habe. Sie habe sich deshalb gegen die Anfang 1999 geänderte Praxis der Zurückbehaltung der Originaldokumente - erfolglos - zur Wehr gesetzt. Die Antragstellerin sei auch nicht berechtigt gewesen, gewidmete Zahlungen zur Deckung älterer Verbindlichkeiten zu verwenden. Dies widerspreche den Erfüllungsvorschriften des tschechischen HGB (§§ 330, 361). Schließlich vertrat sie den Standpunkt, dass es sich bei der Ausfolgung der Original-Dokumente um eine Zug-um-Zug-Verpflichtung bzw Vorleistungspflicht der Bank gehandelt habe, sodass die Antragsgegnerin vor Erhalt der Dokumente nicht zur Zahlung verpflichtet sei. Wegen groben Vertragsbruches habe sie auch den Rücktritt vom Rahmenvertrag zwischen den Streitteilen erklärt. Ihre Vertreter hätten die offenen Verbindlichkeiten nie anerkannt. Das Erstgericht nahm Einsicht in die insgesamt 116 teils von den Parteien, teils von Zeugen vorgelegten Urkunden und Urkundenkonvolute und in den Akt 23 Cg 52/00y des HG Wien, führte Erhebungen im Grundbuch, beim Finanzamt, der WGKK und beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien als Exekutionsgericht durch, hielt insgesamt 9 Tagsatzungen ab und vernahm mehrere Auskunftspersonen. Auf dieser Grundlage sah es folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

Die Antragstellerin sei eine große tschechische Bank auf dem Weg zur Privatisierung, die vermeine, zur Geltendmachung der behaupteten Ansprüche aktiv legitimiert zu sein. Die Antragsgegnerin sei eine in Österreich ansässige Handelsgesellschaft mit größtem Handelsvolumen. Seit 1996 habe eine intensive Geschäftsbeziehung (verschiedene Konten) bestanden, die sich zum Teil auf Akkreditivgeschäfte bezogen hätte. Dabei habe die Antragstellerin als Akkreditiv einräumende Bank an Dritte gegen Ausfolgung bestimmter Urkunden - um selbst über in Lagerhäusern des "Ostblocks" eingelagerte Ware verfügen zu können - Zahlungen geleistet.

Die Geschäfte seien bis 1998 klaglos gelaufen. Dann sei es auf Grund der wirtschaftlichen Rezession in Ost- und Mitteleuropa zu Schwierigkeiten gekommen. Bei der Antragstellerin seien der Vorstand und das verantwortliche Personal abgelöst worden. Interventionen der tschechischen Nationalbank zur Vermeidung riskanter Geschäfte hätten zu einer einseitigen Änderung der zwischen den Streitteilen gepflogenen Gestion geführt. Der Antragsgegnerin seien insbesondere die Originaldokumente aus den Akkreditivgeschäften nicht mehr ausgefolgt worden, sondern lediglich Kopien. Dies habe die weitere Zusammenarbeit erschwert und Misstrauen erweckt, umso mehr als beide Teile lange Zeit der Ansicht gewesen seien, bei den so genannten "Warrant Lists" (Teil der Akkreditivdokumente) handle es sich um Wertpapiere. Darauf hin habe die Antragsgegnerin ihre Zahlungen eingestellt und die Geschäfte verlagert.

Die Antragsgegnerin habe die Forderungen der Antragstellerin stets - so auch im Verfahren 23 Cg 52/00y des HG Wien - bestritten, in Vergleichsgesprächen Anfang des Jahres 2000 aber immer wieder versucht, eine für beide Teile wirtschaftlich erträgliche Lösung auszuhandeln. Ein Anerkenntnis habe sie jedoch nicht abgegeben. Die Antragstellerin habe im Verfahren 23 Cg 52/00y einen Teil ihrer Akkreditivforderungen eingeklagt, wobei die Klage wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen worden sei (nicht rechtskräftig). Weitere Klagen seien nicht anhängig. Weitere andrängende Gläubiger mit in Österreich titulierten Forderungen gebe es nicht, ebenso wenig eine in Rechtskraft erwachsene Exekutionsbewilligung. Das kaufmännische Rechnungswesen der Antragsgegnerin weise eine Bilanz 1998 und einen Status per 31.12.1999 aus, mit der Bilanz für 1999 sei sie etwa 6 Monate im Verzug. Sie habe Liegenschaftsvermögen, das zum Teil zu Gunsten fremder Verbindlichkeiten verpfändet sei. Im Februar 2001 habe die Antragsgegnerin die Geschäftsbeziehung aufgekündigt. Gegen ihren Geschäftsführer seien auf Grund einer Strafanzeige der Antragstellerin beim Landesgericht für Strafsachen Wien Vorerhebungen anhängig.

Auf dieser Grundlage vertrat das Erstgericht folgende Rechtsauffassung:

Die Ansprüche der Antragstellerin seien strittig, und nicht tituliert; ihre Aktivlegitimation sei ungeklärt. Zwar sei die Antragstellung nicht als missbräuchlich anzusehen, doch sei es der Antragstellerin nicht gelungen, auch nur einen Teil ihrer Ansprüche als faktisch bestehend und rechtlich fundiert bzw anerkannt zu bescheinigen. Insbesondere habe sie auch - nach Auflösung der Geschäftsbeziehung - verabsäumt, generell und umfassend abzurechnen. Auf die Frage der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung sei daher nicht mehr einzugehen.

In ihrem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs brachte die Antragstellerin unter Berufung auf die (eingeschränkte) Neuerungserlaubnis des § 176 Abs 2 KO neue Tatsachen vor und legte auch weitere Urkunden vor. Das Erstgericht stellte diese Urkunden der Antragsgegnerin zur Äußerung zu (wovon diese auch Gebrauch machte und ihrerseits weitere Urkunden vorlegte), wies aber die von der Antragsgegnerin erstattete Rekursbeantwortung unter Hinweis auf die Einseitigkeit des Rekursverfahrens zurück. Dagegen erhob die Antragsgegnerin ihrerseits Rekurs, dem jedoch das Rekursgericht mit (rechtskräftigen) Beschluss vom 18. 9. 2001 nicht Folge gab; ein im Zusammenhang mit der Einseitigkeit des Rekursverfahrens geltend gemachtes Rechtschutzdefizit sei zu verneinen, weil die Antragsgegnerin ohnedies Gelegenheit gehabt habe, sich zu den im Rekurs ihrer Gegnerin vorgelegten Urkunden zu äußern. Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem von der Antragstellerin gegen die Abweisung des Konkursantrages erhobenen Rekurs Folge; es hob diesen Beschluss auf und trug dem Erstgericht auf, über den Konkursantrag nach Verfahrensergänzung neuerlich zu entscheiden. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Aus § 70 Abs 1 KO sei abzuleiten, dass der Gesetzgeber ein rasch durchzuführendes Konkurseröffnungsverfahren vor Augen habe. Auch aus diesem Grund lasse er eine Glaubhaftmachung für die Konkurseröffnungsvoraussetzungen genügen. Sei die vom Antragsteller behauptete Konkursforderung nicht tituliert, sei an die Behauptung und Bescheinigung ein strenger Maßstab anzulegen, weil der Schuldner nicht leichtfertig auf Grund bloßer Behauptungen eines vorgeblichen Gläubigers in den Konkurs getrieben werden solle. Die Antragstellerin habe ihre Forderung(en) ausreichend substantiiert behauptet. Ausreichend bescheinigt sei eine nicht titulierte Forderung - wenn nicht ein als Bescheinigung jedenfalls ausreichendes (zumindest deklaratorisches) Anerkenntnis vorliege - dann, wenn neben der Bescheinigung der notwendigen Sachverhaltsgrundlage der Anspruch auch seiner inneren Struktur nach ohne Zweifel glaubhaft sei. Da die Antragsberechtigung vom Bestehen der behaupteten Konkursforderung des den Antrag stellenden Gläubigers abhänge, sei entscheidend, dass nicht nach Konkurseröffnung Streit gerade über den Bestand dieser Forderung entstehen könne bzw in voraussehbarer Weise entstehen werde, zumal der Masseverwalter pflichtgemäß jede Forderung, deren Bestand ihm nach seiner eigenen verantwortlichen Prüfung nicht gesichert erscheine, mit Rücksicht auf die Masse bestreiten müsse. Hier sei nach den Ergebnissen des Bescheinigungsverfahrens klar, dass die Antragsgegnerin die Forderungen der Antragstellerin sowohl im Zivilprozess beim HG Wien als auch im Konkurseröffnungsverfahren bestritten habe. Da der Masseverwalter aber eine verantwortliche Prüfung vorzunehmen habe, könnten nur plausible Bestreitungen der (nicht anerkannten) Forderung eine Glaubhaftmachung derselben ausschließen; mutwillige und aussichtslose Bestreitungen dürften den Konkurs nicht verhindern.

Stehe die Konkursforderung mit hoher Wahrscheinlichkeit fest, so könne über ihren Bestand auch auf Grund von Gegenforderungen Streit entstehen. Auch hier sei aber - mit einer Verschiebung der Bescheinigungslast zur Antragsgegnerin - zu beachten, ob die Gegenforderungseinrede nicht völlig aussichtslos erscheine. Das Erstgericht habe trotz eines sehr ausführlichen und gründlichen Bescheinigungsverfahrens nicht alle Erkenntnisquellen im Sinne der obigen Grundzüge benützt.

Den Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit der Antragstellung habe es aber zu Recht verneint. Möge die Antragstellerin mit ihrem Antrag auch konkursfremde Zwecke mitverfolgen (Informationen über die Vermögenslage zur Prüfung der Sinnhaftigkeit von Streitverfahren), so könne einem Gläubiger, der Forderungen in dreistelliger Millionenhöhe behaupte und weitere andrängende Gläubiger bekannt gebe, nicht offenbare Missbräuchlichkeit unterstellt werden.

Ein Anerkenntnis, das ein weiteres Bescheinigungsverfahren überflüssig gemacht hätte, habe das Erstgericht als nicht bescheinigt angesehen. Die dazu angestellten Überlegungen in seiner Beweiswürdigung seien überzeugend.

Die Aktivlegitimation der Antragstellerin habe das Erstgericht offenbar nicht als bescheinigt angesehen, ohne dies aber konkret zu begründen. Der dazu befragte (und als glaubwürdig erachtete) Geschäftsführer der Antragsgegnerin sei zu diesem Thema praktisch nicht befragt worden bzw habe keine näheren Details bekanntgegeben. Unterstelle man, dass die Antragstellerin in der Lage gewesen wäre, das Entstehen ihrer Forderungen zu bescheinigen, so wäre es allerdings Sache der Antragsgegnerin gewesen, eine allfällige Zession zu bescheinigen. Verbleibende Zweifel müssten zu Lasten der insofern beweisbelasteten Antragsgegnerin gehen. Der von ihr geäußerte Verdacht erscheine jedenfalls mit dem für ein Bescheinigungsverfahren notwendigen Grad der Wahrscheinlichkeit durch die vorgelegten Urkunden ./I und ./II widerlegt. Das Rekursgericht treffe auf Grund dieser Urkunden, zu denen die Antragsgegnerin keine Erklärung abgegeben habe, die Negativfeststellung, dass die Veräußerung der antragsgegenständlichen Forderungen an Dritte nicht bescheinigt sei. Die Höhe des "Minussaldos" festzustellen, habe sich das Erstgericht auf Grund der teils widersprüchlichen Urkunden außer Stande gesehen. Allerdings habe die Antragstellerin ihren Konkursantrag - vermutlich um befürchtete Einreden der Antragsgegnerin zu vermeiden - primär auf 10 Akkreditivforderungen gestützt, zu denen sie ausführliche Dokumentationen vorgelegt habe. Dass sie in ihrem Rekurs wiederholt auch ihre sonstigen Forderungen und die "Anerkenntnisse", Tilgungen, Zusagen etc der Antragsgegnerin anspreche, könne für die Bescheinigung der genannten, den Konkursantrag stützenden Forderungen nicht herangezogen werden. Allenfalls könnten diese Argumente für die Prüfung der Ernst- und Sinnhaftigkeit der Bestreitung durch die Antragsgegnerin eine Rolle spielen.

Im Übrigen habe die Antragstellerin ausreichend bescheinigt, dass die Antragsgegnerin im Falle eines auftragsgemäß eröffneten und an den Begünstigten ausgezahlten Akkreditivs sowohl nach tschechischem als auch nach österreichischem Recht eine Rückersatzpflicht in Höhe des Akkreditivbetrages habe. Dass die Antragsgegnerin für die genannten 10 Akkreditive entsprechende Aufträge erteilt und die Antragstellerin vertragskonform an die Begünstigten Zahlung geleistet habe, habe Erstere nie konkret bestritten. Sollte nach nochmaligem Vorhalt der entsprechenden Urkunden gegenüber dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin bzw der Aufforderung anzugeben, welches dieser Akkreditive von der Antragstellerin allenfalls nicht vertragskonform bezahlt worden sei, kein neuer Gesichtspunkt entstehen, so wäre eine entsprechende Feststellung problemlos möglich.

Dass die Antragsgegnerin ihrer Rückzahlungspflicht (zu diesen 10 Akkreditiven) vollständig entsprochen habe, habe sie nicht behauptet. Sie habe allerdings vorgebracht (und bescheinigt), dass die Antragstellerin seit Ende 1998 die Original-"Warrant Lists" vor vollständiger Bezahlung zurückbehalten und (nach Ansicht der Antragsgegnerin unzulässige) Umbuchungen vorgenommen habe. Ersteres könnte möglicherweise eine Gegenforderung (oder wie die Antragsgegnerin meine: ein Leistungsverweigerungsrecht) begründen und werde im Weiteren noch zu prüfen sein; zweiteres sei für die Frage, in welcher Höhe die Akkreditive überhaupt offen seien, bedeutsam. Der von der Antragstellerin zu den von der Antragsgegnerin behaupteten unzulässigen Umbuchungen vertretene Standpunkt, sie sei auf Grund der vereinbarten AGB, des Rahmenvertrages bzw des Pkt VI der jeweiligen Akkreditiv-Aufträge berechtigt gewesen, die für die Sicherung und Deckung der Akkreditive nötigen Mittel vom Konto der Antragsgegnerin auch ohne deren Einverständnis abzubuchen, halte einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand. Diese Klausel könne die Antragstellerin allenfalls ermächtigen, Guthaben von Konten der Auftraggeberin, die nicht eine bestimmte Zweckwidmung haben, zur Deckung fälliger Verbindlichkeiten zu verwenden. Habe ein Abnehmer der Antragsgegnerin hingegen mit Widmung für eine bestimmtes Akkreditiv eine Zahlung geleistet, seien derartige Umbuchungen unzulässig, weil sonst ja die in den "Warrant-Lists" vorgesehene Freigabeerklärung der Bank an den Lagerhalter erst erteilt würde, wenn alle sonst noch offenen älteren Verbindlichkeiten der Antragsgegnerin getilgt wären(!). Gegen die Aufrechnung mit offenen Forderungen trotz ausdrücklicher Widmung spreche auch § 330 Tsch.HGB, der insofern § 1415 ABGB entspreche. Allerdings sei aus den Urkunden zu schließen, dass nur ein Teil der in Rede stehenden Akkreditive von solchen Umbuchungen betroffen sei. Aus den verbleibenden Akkreditiven würden aber immerhin noch 25,567.500 US$ offen aushaften. Diesbezüglich habe die Antragsgegnerin - soweit ersichtlich - Falschbuchungen nicht behauptet. Diese Frage werde aber mit dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin im Zuge seiner ergänzenden Befragung noch zu erörtern sein.

Das Erstgericht habe als bescheinigt angesehen, dass die Antragsgegnerin "in der Folge jedenfalls die Zahlungen an die Antragstellerin" eingestellt habe. Was die "Berücksichtigung der vielfältigen Geschäftsbeziehung" zwischen den Streitteilen an der offenen Forderung der Antragstellerin ändern könne, sei für das Rekursgericht nicht nachvollziehbar. Im Gegensatz zum Erstgericht sehe es eine aus Treu und Glauben resultierende Abrechnungspflicht der Antragstellerin auf Grund der (von ihr zurückgewiesenen) Rücktrittserklärung der Antragsgegnerin nicht als selbstverständlich an. Dies bedürfe eingehender Prüfung auch des tschechischen Rechts und müsse wohl vom Schicksal bereits abgewickelter Akkreditive getrennt werden.

Wiewohl die Antragsgegnerin weder im Konkurseröffnungsverfahren noch im Zivilprozess konkrete Gegenforderungen eingewendet bzw Aufrechnungen erklärt habe, müsse angesichts ihrer "vehementen" Bestreitung der Konkursforderung die Frage gestellt werden, ob derartige Ansprüche realistischer Weise geltend gemacht werden könnten. In diesem Zusammenhang sei der Vorwurf der rechtswidrigen Zurückhaltung der "Warrant-Lists" zu prüfen. Da die Akkreditivbank mit dem Grundgeschäft nichts zu tun habe (insbesondere nicht Wareneigentümerin werde), sondern nur eine vom Auftraggeber dem Verkäufer geschuldete Zahlung leiste, könne die Rückzahlungspflicht nicht von der Weitergabe der Dokumente abhängen. Es handle sich dabei um eine Nebenpflicht, deren Verletzung allenfalls Schadenersatz- bzw Herausgabeansprüche auslösen könne.

Die Warrant-Lists seien - offenbar mit dem Grundgeschäft zwischen Exporteur und Importeur (Antragsgegnerin) zusammen hängende - Bestätigungen der Einlagerung der Ware gewesen. Es könne dahin gestellt bleiben, ob die konkrete Formulierung dieser Warrant-Lists auf einen Wunsch der Antragstellerin zurückgegangen sei. Entscheidend sei, ob der Besitz des Originaldokuments für die Freigabe der Ware durch den Lagerhalter notwendig gewesen sei oder nicht. Nach den Ergebnissen des Bescheinigungsverfahrens hätten zuletzt beide Parteien eingesehen, dass es sich bei diesen Warrant-Lists nicht um Wertpapiere (Lagerscheine) im technischen Sinn gehandelt habe. Halte man sich den Wortlaut der Urkunden vor Augen, so scheine dies auch naheliegend bzw sei entscheidend, ob die Bank (offenbar nach Erhalt der Zahlung des Abnehmers) eine Freigabeerklärung erteile. Selbst der Besitz des Original-Dokumentes hätte nämlich der Antragsgegnerin oder ihrem Abnehmer nichts genützt, wenn die Bank dieser Freigabe nicht zugestimmt hätte. So gesehen sei aber auch die Übersendung einer Kopie des vom Käufer/Begünstigten präsentierten Warrant-Lists ausreichend, um einen potentiellen Abnehmer über die Existenz und den Lagerort der Ware zu informieren. Wieso es ohne dieses Original-Dokument unmöglich gewesen sein solle, Abnehmer zu finden, sei nicht nachvollziehbar. Dass die Antragstellerin jedoch auch in Fällen, in denen sie den Akkreditivbetrag rückerstattet erhalten habe, die Zustimmung zur Ausfolgung der Ware verweigert hätte, habe die Antragsgegnerin nicht einmal behauptet.

Es könne daher dahingestellt bleiben, ob in Werbe- oder Informationsbroschüren die Usance der Übersendung der Dokumente nach Prüfung durch die Bank beschrieben werde. Entscheidend für die Frage, ob die Antragstellerin durch ihre Vorgangsweise Vertragspflichten verletzt habe, könne nur sein, ob sie entgegen der Vereinbarung und den weiteren Warenumsatz behindernd gehandelt habe. Dafür gebe es keinen konkreten Anhaltspunkt. Die Antragsgegnerin könne daher aus dieser Praxis keine Schadenersatzansprüche, umso weniger aber Zurückbehaltungsrechte ableiten. Auch das Bestreitungsverhalten der Antragsgegnerin und das Ausbleiben der von ihr angekündigten Gegenklagen (siehe zu alledem im Detail S 24f der angefochtenen Entscheidung) spreche insofern gegen sie.

Im Rahmen der eingeschränkten Neuerungserlaubnis des § 176 Abs 2 KO habe die Rekurswerberin die Existenz einer weiteren Gläubigerin, die sogar Exekution gegen die Antragsgegnerin führe, behauptet und bescheinigt. Aus den dazu vorgelegten Beilagen (Exekutionsbewilligung vom 28.11.2000 und Erfolglosigkeit des dagegen erhobenen Rekurses der Verpflichteten) ergebe sich eine titulierte Forderung von mehr als 30 Mio S zu Gunsten der O*****. Warum dem Erstgericht bei seiner Anfrage an das Exekutionsgericht vom 22.12.2000 dieses Verfahren nicht genannt worden sei, sei für das Rekursgericht nicht nachvollziehbar; eine neuerliche Anfrage vor Fassung des angefochtenen Beschlusses habe das Erstgericht nicht mehr vorgenommen. Da die Konkursvoraussetzungen von Amts wegen zu prüfen seien und sogar eine Befriedigung der Antragstellerin nach Einleitung des Eröffnungsverfahrens belanglos wäre (§ 70 Abs 4 KO), komme der Existenz dieser Gläubigerin wesentliche Bedeutung zu. Die Antragsgegnerin habe dazu in ihrer Äußerung ON 45 ausgeführt, dass die den Beschlüssen des Internationalen Kommerziellen Schiedsgerichtes bei der Handels- und Industriekammer der Ukraine zu Grunde liegenden Kaufverträge von den zuständigen staatlichen Gerichten der Ukraine für nichtig erklärt worden seien. Sie habe dies mit Urkunden belegt und darauf ihren außerordentlichen Revisionsrekurs gegen den die Exekutionsbewilligung bestätigenden Beschluss des LG ZRS Wien vom 1.2.2001 gestützt. Allerdings vermöge ein außerordentlicher Revisionsrekurs die Vollstreckbarkeit nicht zu hemmen, sodass von einem laufenden Exekutionsverfahren auszugehen sei. Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs werde das Erstgericht daher die Antragsgegnerin mit dem anhängigen Exekutionsverfahren und der diesem zu Grunde liegenden Forderung zu konfrontieren haben. Auch aus diesem Grund erweise sich die Rechtssache als nicht spruchreif. Schließlich habe die Antragstellerin durch Beilage ./118 auch die Existenz einer Forderung der T***** gegen die Antragsgegnerin zu bescheinigen versucht. Die von dieser dazu abgegebenen Erklärungen seien dürftig und zu erörtern. Allenfalls wäre die Existenz dieser Forderung auch durch Beischaffung des Konkursaktes über die T***** zu prüfen. Zu vernachlässigen seien demgegenüber Forderungen gegen dritte Schuldner, die auf dem Vermögen der Antragsgegnerin sicher gestellt seien und Forderungen der T*****, für die auf Grund einer Garantie die Antragstellerin möglicherweise schon Zahlung geleistet habe. Dies könne nur weitere (Regress)Forderungen der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin begründen.

Mit dem Thema Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung habe sich das Erstgericht nicht beschäftigt. Sollte es auf Grund des ergänzten Verfahrens zum Ergebnis kommen, dass Konkursforderungen bescheinigt seien, so werde es - insbesondere auch unter Berücksichtigung der inzwischen vorgelegten Urkunden - Feststellungen zu treffen haben, die einen Rückschluss auf diese weitere Konkursvoraussetzung zulassen.

Zusammenfassend zeige sich, dass das Verfahren in den angeführten Punkten ergänzungsbedürftig sei. Im deshalb fortzusetzenden Verfahren werde das Erstgericht die Parteien auch aufzufordern haben, die zahlreichen in englischer (teilweise sogar tschechischer!) Sprache verfassten Urkunden in beglaubigter Übersetzung vorzulegen, weil die Gerichtssprache deutsch sei, es in vielerlei Hinsicht auf den genauen Wortlaut der Urkunden ankommen könne (vgl Thema "Anerkenntnis", "Lagerschein", "Umbuchungsermächtigung") und eine von der Antragstellerin erwähnte Vereinbarung mit dem Erstgericht jedenfalls nicht automatisch für die Rechtsmittelinstanz(en) gelte. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen, weil zur Frage der Beweislast bei Bestreitung einer nicht titulierten Konkursforderung unter Einwendung einer Gegenforderung sowie zu den Grundsätzen des Verfahrens zur Glaubhaftmachung im Konkurseröffnungsverfahren keine ausreichende höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag (?) gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Entscheidung des Rekursgerichtes die Möglichkeit, im Rahmen des Konkurseröffnungsverfahrens komplexe, vom Antragsgegner bestrittene nichttitulierte Forderungen des Antragstellers glaubhaft zu machen, überspannt.

Aus Anlass dieses Rechtsmittels ist vorweg die Frage der Zweiseitigkeit des darüber abzuführenden Verfahrens zu erörtern:

Gemäß § 171 KO sind auf das Konkursverfahren - soweit in der Konkursordnung nichts anderes angeordnet ist - die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung und ihre Einführungsgesetze sinngemäß anzuwenden. Mangels anderslautender Bestimmungen kommen daher die Normen der ZPO über das Rekursverfahren zum Tragen, die die Zweiseitigkeit des Rechtsmittels nur in den in ihrem § 521a ZPO genannten Fällen normiert, von denen jedoch hier keiner gegeben ist. Der EGMR sprach allerdings erst vor kurzem in seinem Urteil vom 6. 2. 2001 Beer gegen Österreich (= ÖJZ 2001, 516) aus, dass der aus Art 6 Abs 1 EMRK herleitbare Grundsatz der Waffengleichheit in einem Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen für jede Partei eine angemessene Gelegenheit erfordere, ihren Fall unter Bedingungen zu präsentieren, die keinen wesentlichen Nachteil gegenüber dem Verfahrensgegner realisierten. Jede Partei müsse daher die gegnerischen Stellungnahmen zur Kenntnis nehmen und kommentieren können. Das gelte sogar in untergeordneten Angelegenheit wie bei Bestimmung der Verfahrenskosten, weil das Recht zur Stellungnahme als elementarer Grundsatz jedes kontradiktorischen Verfahrens zu wahren sei. Die Partei habe die Notwendigkeit der Stellungnahme zu einem Schriftstück selbst zu beurteilen. Das Vertrauen auf die Funktionsfähigkeit der Justiz sei unter anderem auf das Wissen der Parteien gegründet, Gelegenheit gehabt zu haben, ihre Ansichten zu jedem Schriftstück im Akt darzulegen. Die unterbliebene Zustellung eines Kostenrekurses und die mangelnde Möglichkeit, ihn zu beantworten, seien daher eine Verletzung des durch Art 6 Abs 1 EMRK garantierten Grundsatzes der Waffengleichheit.

Der Gesetzgeber hat in der Folge das Verfahren über Kostenrekurse wegen des soeben referierten Urteils des EGMR gemäß § 521a Abs 1 Z 4 ZPO und § 521a Abs 1 vorletzter Satz idFd Art 94 Z 20 lit c und d des 1. Euro-Umstellungsgesetzes - Bund BGBl 2001 I 98 zweiseitig gestaltet. Diese Novelle ist gemäß Art 96 Z 26 des 1. Euro-Umstellungsgesetzes - Bund am 8. 8. 2001 in Kraft getreten und auf nach diesem Zeitpunkt ergangene Kostenentscheidungen anzuwenden. Durch diesen Akt der Gesetzgebung aus Anlass eines vom EGMR entschiedenen Falls (siehe dazu RV 621 BlgNR 21. GP, 82) wurde zwar die vorherige Konventionswidrigkeit des Kostenrekursverfahrens im Zivilprozess beseitigt, den weitertragenden Implikationen des vom EGMR erläuterten Erfordernisses der Waffengleichheit durch die Ermöglichung einer Stellungnahme der Parteien zu jedem (für die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung bedeutsamen) Schriftstück im Akt als Voraussetzung eines fairen Verfahrens über zivilrechtliche Ansprüche auch in anderen Bereichen der Verfahrensgesetzgebung wurde hingegen noch nicht entsprochen.

Der Oberste Gerichtshof äußerte sich schon mehrmals zur Tragweite der Urteile des EGMR im innerstaatlichen Bereich (1 Ob 260/01v; SZ 70/243; SZ 68/102). Diese gelten nicht gleichsam als generelle Rechtsnormen. Die Staatsgewalt darf jedoch entgegen einem Ausspruch des EGMR (auch) im Rahmen von Akten gerichtlicher oder verwaltungsbehördlicher Vollziehung nicht die Auffassung vertreten, das staatliche Verhalten sei im entschiedenen Fall konventionsgemäß gewesen. Abgesehen davon unterliegen die Urteile des EGMR der Auslegung, um dadurch deren über den entschiedenen Fall hinausreichende Bedeutung zu ergründen (1 Ob 260/01v) und die innerstaatliche Rechtsordnung auf dieser Grundlage konventionskonform auszulegen (zuletzt: Oberste Rückstellungskommission vom 28. 11. 2001; Rkv 1/01).

Die Europäische Kommission für Menschenrechte hat zwar befunden, dass die in einem Konkursverfahren getroffenen Entscheidungen nicht unter Art 6 EMRK fallen und die Auffassung vertreten, dass der Konkursrichter nicht dazu berufen sei, einen Streit über "zivilrechtliche Ansprüche" zu entscheiden, sondern nur darüber zu wachen, dass die Konkursmasse im besten Interesse der Gläubiger verwertet wird. Hinsichtlich der Entscheidung über die Konkurseröffnung hat sie jedoch die Anwendbarkeit des Art 6 bejaht (Peukert in Frowein/Peukert, EMRK² 187f), was im Hinblick auf den Umstand, dass der Gemeinschuldner durch die Konkurseröffnung die Verfügungsfähigkeit über sein Vermögen verliert, ohne Zweifel auch zutreffend ist.

Damit ergibt sich aber aus der wiedergegebenen Rechtsprechung des EGMR die Notwendigkeit, dass im Verfahren über die Eröffnung des Konkurses dem Rechtsmittelgegner die Möglichkeit zur allfälligen Widerlegung der Rechtsmittelgründe geboten wird, um eine Entscheidung zu seinen Lasten durch die Überzeugungskraft seiner Gegenargumente zu verhindern. Diesem Gesichtspunkt kommt gerade in letzter Instanz besonderes Gewicht zu, weil der Rechtsmittelgegner nach einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu seinen Lasten keine Möglichkeit mehr hat, dem Standpunkt des Verfahrensgegners mit überzeugenden Argumenten entgegenzutreten (Oberste Rückstellungskommission v. 28. 11. 2001; Rkv 1/01). Dem Gebot zur verfassungskonformen Auslegung entsprechend ist daher davon auszugehen, dass im hier zu beurteilenden Streit um die Eröffnung des Konkursverfahrens der Antragstellerin die Gelegenheit gegeben werden muss, zum Revisionsrekurs der Antragsgegnerin Stellung zu nehmen. Der Oberste Gerichtshof hat der Antragstellerin diese Möglichkeit eingeräumt, die daraufhin eine mit 28. 12. 2001 datierte und am 31. 12. 2001 eingelangte Stellungnahme erstattet hat, in der sie beantragt, den von der Antragsgegnerin angefochtenen Beschluss im Sinne der Eröffnung des Konkursverfahrens abzuändern, hilfsweise, den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin zurückzuweisen, eventualiter, ihn abzuweisen.

Der eben wiedergegebene (Haupt-)antrag der Antragstellerin auf Abänderung der zweitinstanzlichen Entscheidung im Sinne der Eröffnung des Konkurses ist allerdings zurückzuweisen, weil die Antragstellerin den Beschluss des Rekursgerichtes innerhalb der ihr hierfür offen stehenden Frist nicht angefochten hat und sie diese Anfechtung nicht in einer Stellungnahme zum Revisionsrekurs der Antragsgegnerin nachholen kann.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil er Anlass zu grundsätzlichen Überlegungen über die Frage der Überprüfbarkeit der Würdigung vor ihm abgelegter Zeugen- oder Parteienaussagen durch den erkennenden Richter im Konkursverfahren sowie über die Erfordernisse der Bescheinigung nicht titulierter Forderungen im Konkurseröffnungsverfahren gibt.

Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Vorweg ist aber festzuhalten, dass die oben angestellten Überlegungen über die Notwendigkeit, im Konkurseröffnung dem Rechtsmittelgegner Gelegenheit zu geben, zum Rechtsmittel Stellung zu nehmen, auf das im vorliegenden Verfahren durchgeführte Rekursverfahren jedenfalls unter den hier gegebenen Umständen keine Auswirkungen haben. Zwar wurde die (als "Äußerung zum Rekurs" bezeichnete) Rekursbeantwortung der Antragsgegnerin von den Vorinstanzen übereinstimmend und damit unanfechtbar zurückgewiesen. Die zweite Instanz hat jedoch - wie ihren beiden Entscheidungen zu entnehmen ist - die Äußerung berücksichtigt und letztlich die erstgerichtliche Entscheidung auch mit der Begründung aufgehoben, dass der Antragsgegnerin Gelegenheit zu geben sei, zu den von der Antragstellerin im Rekurs vorgebrachten Behauptungen Stellung zu nehmen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragsgegnerin durch das Rekursgericht, die vom Obersten Gerichtshof wahrgenommen werden müsste, ist daher zu verneinen. Der Antrag der Revisionsrekurswerberin, der Oberste Gerichtshof wolle beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung des § 176 KO stellen, ist zurückzuweisen, weil die Parteien nach ständiger Rechtsprechung kein entsprechendes Antragsrecht haben (RIS-Justiz RS0058452; zuletzt 3 Ob 249/01s). Im übrigen besteht zu einer solchen Antragstellung an den VfGH im Hinblick auf die oben angestellten Überlegungen über die Möglichkeit einer verfassungskonformen Interpretation der Rechtslage auch keine Veranlassung. In der Sache erweist sich der Revisionsrekurs aus folgenden Überlegungen als berechtigt:

Zunächst ist der Revisionsrekurswerberin beizupflichten, dass auch im Konkursverfahren die Überprüfung der Beweiswürdigung des erkennenden Richters durch das Rekursgericht insoweit ausgeschlossen ist, als dieser den Sachverhalt auf Grund vor ihm abgelegter Zeugen- oder Parteienaussagen als bescheinigt angenommen hat. Zu Recht beruft sich die Revisionsrekurswerberin in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des verstärkten Senates des OGH SZ 66/164, die sich allerdings auf das in der EO geregelte Sicherungsverfahren bezieht. Die zur Begründung dieser Entscheidung angeführten Überlegungen sind aber auf das Konkursverfahren übertragbar. Der verstärkte Senat hat die zitierte Entscheidung damit begründet, dass eine aufgrund des persönlichen Eindrucks von unmittelbar aufgenommenen Beweisen gewonnene Beweiswürdigung des Erstgerichtes nur durch eine auf demselben Weg gewonnene Beweiswürdigung des Rekursgerichtes überprüft und als unrichtig erkannt werden könne; dies sei dem Rekursgericht aber nicht möglich, weil gemäß § 526 Abs 1 ZPO (§§ 78, 402 Abs 4 EO) über den Rekurs ohne vorhergehende mündliche Verhandlung zu entscheiden sei. Diese Auffassung, der der Oberste Gerichtshof in nunmehr ständiger Rechtsprechung folgt (RIS-Justiz RS0012391; zuletzt 3 Ob 256/01w), stellt - im Gegensatz zur von der Antragstellerin in zweiter Instanz vertretenen Meinung - deklariert nicht darauf ab, ob im Verfahren der Unmittelbarkeitsgrundsatz gesetzlich angeordnet ist, sondern vielmehr darauf, ob die bekämpften erstgerichtlichen Feststellungen tatsächlich auf Grund eines unmittelbaren Verfahrens gewonnen wurden oder nicht (so bereits EvBl 1963/15; ausdrücklich gebilligt vom verstärkten Senat in SZ 66/164).

Gemäß § 171 KO sind im Konkursverfahren - soweit in der KO nichts anderes angeordnet ist - auf das Verfahren die JN, die ZPO und ihre Einführungsgesetze anzuwenden. Mangels abweichender Bestimmungen in der KO gilt daher auch im Konkursverfahren die Bestimmung des § 526 Abs 1 ZPO, nach der über den Rekurs ohne vorhergehende mündliche Verhandlung zu entscheiden ist. Damit ist aber auch im Konkursverfahren der zweiten Instanz die Möglichkeit der Umwürdigung vom Erstgericht unmittelbar aufgenommener Beweise durch Einvernahme von Zeugen oder Parteien verwehrt.

Der gegenteiligen Auffassung von Deixler-Hübner (in Konecny/Schubert, § 176 KO, Rz 26, 27 und 29) schließt sich der erkennende Senat nicht an. Sie verweist auf die Bestimmung des § 176 Abs 2 KO, nach der im Rekurs neue Tatsachen, soweit sie zur Zeit der Beschlussfassung in erster Instanz entstanden waren, und neue Beweismittel angeführt werden können. Diese Bestimmung könne sich nicht nur auf den Fall einer bloß mittelbaren Beweisaufnahme beziehen. Für das Konkursverfahren sei daher der gleiche Weg zu gehen, wie ihn der OGH wegen der Neuerungserlaubnis in § 10 AußStrG in der Entscheidung JBl 1996, 799 gegangen sei, in der er die Zulässigkeit einer mündlichen Rekursverhandlung und damit auch die Möglichkeit des Rekursgerichtes bejaht hat, auf Grund unmittelbar Beweiswürdigung gewonnene Beweisergebnisse umzuwürdigen.

Diese Ausführungen lassen aber außer Acht, dass der Oberste Gerichtshof in der eben zitierten Entscheidung JBl 1996, 799 seine auf das außerstreitige Verfahren bezogene Auffassung von der Zulässigkeit einer Rekursverhandlung ausdrücklich damit begründet hat, dass die allgemeinen, das Rekursverfahren regelnden Bestimmungen des AußStrG - anders als die ZPO - kein Verbot einer mündlichen Rekursverhandlung enthalten. Da die Zulässigkeit einer mündlichen Rekursverhandlung überhaupt nicht geregelt sei, liege eine planwidrige Lücke vor, die durch die analoge Anwendung der Regeln der ZPO über die Berufung - allenfalls auch der Bestimmungen des § 37 Abs 3 Z 17 lit f und g MRG - im Sinne der Bejahung der Zulässigkeit einer mündlichen Rekursverhandlung zu schließen sei.

Es wurde aber bereits oben ausgeführt, dass im Hinblick auf die Anordnung des § 171 KO im Konkursverfahren § 526 Abs 1 ZPO zum Tragen kommt, der die Möglichkeit einer mündlichen Rekursverhandlung ausschließt. Damit kann im Konkursverfahren von einer planwidrigen Lücke, die durch die analoge Anwendung anderer Normen zu schließen sei, nicht die Rede sein.

Der erkennende Senat ist auch nicht der Meinung, dass es dadurch notwendig sei, die Neuerungserlaubnis des § 176 KO auf den Fall der mittelbaren Beweisaufnahme zu beschränken. Vielmehr ist davon auszugehen, dass in jenen (in der Praxis äußerst seltenen) Fällen, in denen zulässige Neuerungen im Rekurs geltend gemacht werden, die eine unmittelbare Beweisaufnahme in einer mündlichen Verhandlung erfordern, das Rekursgericht mit der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung vorzugehen und dem Erstgericht die Aufnahme der entsprechenden Beweise aufzutragen hat.

Der erkennende Senat bleibt daher bei der Auffassung, dass im Konkursverfahren die Überprüfung der Beweiswürdigung des erkennenden Richters durch das Rekursgericht insoweit ausgeschlossen ist, als dieser den Sachverhalt auf Grund vor ihm abgelegter Zeugen- oder Parteienaussagen als bescheinigt angenommen hat.

Entgegen der Meinung der Revisionsrekurswerberin ist allerdings das Rekursgericht mit dem weitaus größten Teil seiner Ausführungen gar nicht von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes abgegangen. Vielmehr hat es dem Umstand Rechnung getragen, dass das Erstgericht die Ergebnisse des umfangreichen Bescheinigungsverfahrens in seiner Entscheidung nicht verwertet und zu den wesentlichen Fragen keine konkreten Tatsachenfeststellungen getroffen hat. So stellt etwa der in den Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes (ohne jede Begründung) aufgenommene Hinweis, dass die Aktivlegitimation der Antragstellerin ungeklärt sei, in Wahrheit keine verwertbare Feststellung dar, sodass das Rekursgericht, das nunmehr auf Grund von Urkunden eine Veräußerung der antragsgegenständlichen Forderung als nicht bescheinigt erachtet, damit nicht von einer erstgerichtlichen Feststellungen abgeht sondern erstmals selbst zu diesem Punkt eine konkrete Feststellung trifft. Auch die vom Erstgericht begründungslos und ohne jede Bezugnahme auf Sachverhaltsgrundlagen in die Ausführungen zur Beweiswürdigung aufgenommene Ausführung, dass "mit Sicherheit nicht zu klären (war), ob und welche Ansprüche bestehen, wem sie zustehen und inwieweit Gegenforderungen besteht", bedeutet nicht, dass das Erstgericht insofern einen Sachverhalt (welchen?) als bescheinigt angenommen hat. Feststellungen, die eine Beurteilung von Inhalt, Bedeutung und Rechtsnatur der "Warrant Lists" und der Auswirkungen ermöglichen würden, die die Zurückbehaltung der Originale dieser Urkunden durch die Antragstellerin für die Antragsgegnerin gehabt haben, fehlen ebenfalls völlig. Das Erstgericht hat sich in tatsächlicher Hinsicht nicht einmal dazu geäußert, ob bzw in welchem Umfang es Zahlungen der Antragstellerin auf Grund der Akkreditive als bescheinigt erachtet. Ebenso fehlen jegliche Hinweise auf die von der Antragsgegnerin behaupteten eigenmächtigen Umbuchungen durch die Antragstellerin und deren Auswirkungen auf die Geschäftsabwicklung und auf die Höhe allenfalls bestehender Forderungen. Mit der Frage der Zahlungsunfähigkeit bzw der Überschuldung der Antragsgegnerin hat sich das Erstgericht (insoweit allerdings nach seiner Rechtsauffassung konsequent) überhaupt nicht beschäftigt. Soweit sich daher das Rekursgericht mit all diesen Fragen auseinandergesetzt hat, hat es nur - völlig zutreffend - das Fehlen von zur rechtlichen Beurteilung erforderlichen Tatsachenfeststellungen aufgezeigt und ausführliche Überlegungen über die seiner Ansicht nach gebotene weitere Vorgangsweise angestellt.

Dass der vom Erstgericht als bescheinigt angenommene Sacherhalt zu einer endgültigen Beurteilung darüber, als die behaupteten Forderungen als glaubhaft gemacht anzusehen sind, nicht ausreicht, bedarf angesichts dieser Überlegungen keiner weiteren Begründung. Dem Rekursgericht ist darüber hinaus auch beizupflichten, dass in den von ihm mit ausführlicher Begründung aufgezeigten Zusammenhängen auch noch eine Ergänzung des ohnehin schon ausführlichen Bescheinigungsverfahrens erforderlich wäre. Insofern kann auf die unwidersprochen gebliebenen Ausführungen der zweiten Instanz - etwa zur Notwendigkeit der ergänzenden Befragung des Geschäftsführers der Antragsgegnerin und zum Umstand, dass zahlreiche Urkunden bislang nur in englischer oder gar tschechischer Sprache vorliegen - verwiesen werden.

Damit stellt sich aber die Frage, ob im hier zu beurteilenden Fall die Grenzen der Möglichkeiten des Konkurseröffnungsverfahrens nicht schon längst überschritten sind.

Gemäß § 70 Abs 1 KO hat das Konkursgericht auf Antrag eines Gläubigers unverzüglich den Konkurs zu eröffnen, wenn er glaubhaft macht, dass er eine - wenngleich auch nicht fällige - Konkursforderung hat und dass der Schuldner zahlungsunfähig ist. Nach Abs 2 der zitierten Gesetzesstelle hat das Gericht - wenn der Antrag nicht schon auf Grund einer ersten Prüfung abzuweisen ist - den Schuldner und sonstige Auskunftspersonen zu vernehmen, wenn es rechtzeitig möglich ist.

Aus diesen Bestimmungen hat das Rekursgericht zu Recht abgeleitet, dass der Gesetzgeber ein rasch durchzuführendes Konkurseröffnungsverfahren vor Augen hat. Die von ihm als ausreichend erachtete Glaubhaftmachung (Bescheinigung) hat gegenüber der Beweisführung im engeren Sinn eingeschränkte Ziel, dem Richter die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit einer Tatsache zu vermitteln. Das Verfahren zur Glaubhaftmachung ist summarisch und nicht an die Förmlichkeiten des Beweisverfahrens im engeren Sinn gebunden; es muss rasch durchgeführt werden, weshalb die Bescheinigungsmittel parat sein müssen; der Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens gilt nicht (so mit weiteren Nachweisen und ausdrücklich zum Konkurseröffnungsverfahren bereits 5 Ob 303/86; zuletzt etwa JBl 2000, 600). Es kann daher nicht zweifelhaft sein, dass das vom Gesetzgeber als ausreichend erachtete Bescheinigungsverfahren nicht jene Rechtsschutz- und Richtigkeitsgarantie bieten kann, wie das beim im Prozess abzuführenden Beweisverfahren im engeren Sinn der Fall ist, dem ein höherer Beweismaßstab und auch die Möglichkeit, nicht parate Beweise aufzunehmen, eigen ist.

Das Rekursgericht hat auch schon darauf verwiesen, dass dessen ungeachtet die Forderung des Antragstellers nicht tituliert sein muss, dass aber im Falle einer nichttitulierten Forderung an die Behauptung und die Bescheinigung der Forderung ein strenger Maßstab anzulegen ist. Es muss sichergestellt sein, dass der Schuldner nicht nur auf Grund der Behauptungen eines vorgeblichen Gläubigers in den Konkurs getrieben wird (ZIK 1997, 102; 8 Ob 293/97i, auszugsweise veröffentlicht in ZIK 1998, 67; zuletzt 8 Ob 291/01d). Daraus kann allerdings entgegen der Meinung der Revisionsrekurswerberin nicht abgeleitet werden, dass - in Abweichung vom klaren Wortlaut des Gesetzes - im Konkursverfahren keine Beweismaßreduzierung gegenüber dem Beweisverfahren im engeren Sinn stattzufinden habe. Wohl aber ergibt sich daraus, dass der Möglichkeit, im Konkurseröffnungsverfahren nicht titulierte Forderungen glaubhaft zu machen, die der Antragsgegner substantiiert und in einer Weise bestreitet, die umfangreiche Beweisaufnahmen und die Klärung schwieriger Rechtsfragen erfordert, Grenzen gesetzt sind. Die mit der Konkurseröffnung verbundenen Folgen für den Antragsgegner sind weitgehend, in der Regel existenzvernichtend und endgültig. Dem Rechtsmittel gegen den Konkurseröffnungsbeschluss kommt gemäß § 71c Abs 2 KO keine aufschiebende Wirkung zu, sodass die mit der Konkurseröffnung für den Gemeinschuldner verbundenen, in der Praxis teils irreversiblen Folgen (Auswirkungen auf Geschäftsbeziehungen, Bankverbindungen etc) sofort eintreten und auch im Wege einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung regelmäßig nicht zur Gänze beseitigt werden können. Im Sicherungsverfahren nach der EO, in dem der Gesetzgeber ebenfalls die mit dem Bescheinigungsverfahren verbundene Beweismaßreduzierung angeordnet hat, geht es um weit weniger weitreichende und noch dazu bloß vorläufige Anordnungen; dennoch ist in § 390 Abs 1 EO vorgesehen, dass im Falle der nicht ausreichenden Anspruchsbescheinigung die einstweilige Verfügung nur angeordnet werden kann, wenn die dem Gegner hieraus drohenden Nachteile durch Geldersatz ausgeglichen werden können und vom Antragsteller zu diesem Zweck eine vom Gericht zu bestimmende Sicherheit geleistet hat. § 390 Abs 2 EO schafft überdies die Möglichkeit, selbst bei genügender Bescheinigung die Erlassung der einstweiligen Verfügung von einer solchen Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Dazu kommt die in § 394 Abs 1 normierte Erfolgshaftung der gefährdeten Partei (SZ 62/66 ua; Kodek in Angst, Kommentar zur EO § 394 Rz 3; König, Einstweilige Verfügung Rz 210), die ua dann eintritt, wenn ihr der behauptete Anspruch, für den die einstweilige Verfügung bewilligt wurde, rechtskräftig aberkannt wurde oder ihr Ansuchen sich sonst als ungerechtfertigt erweist. Eine vergleichbare Absicherung des Antragsgegners besteht im viel weitergehenden Konkursverfahren nicht, sodass gerade in Fällen, in denen der Antragsteller seinen Antrag auf eine bestrittene nichttitulierte Forderung stützt, ein strenger Maßstab angelegt werden muss, um ungerechtfertigte und für den Antragsgegner ruinöse Konkurseröffnungen zu vermeiden.

Aus eben diesem Grund geht in Deutschland schon zur bisher in geltend gestandenen dKO als auch nunmehr zur dInsO die herrschende Auffassung davon aus, dass - obwohl auch dort das Gesetz nicht die rechtskräftige Feststellung bzw. die Titulierung der Forderung verlangt - jedenfalls bei einem nicht titulierten, aber auch bei einem vorläufig vollstreckbaren titulierten Anspruch der volle Beweis der Forderung zu verlangen ist, wenn der Bestand der (bestrittenen) Forderung für die Frage der Zahlungsfähigkeit oder Überschuldung des Antragsgegners entscheidend ist. Begründet wird dies damit, dass das Konkurseröffnungsverfahren als Eilverfahren nicht dazu geeignet sein kann, den Bestand einer bestrittenen Forderung zu klären, da das Gericht nicht berechtigt ist, Beweise zu erheben. Bei einer nichttitulierten Forderung, deren Entstehung oder Fortbestand der Schuldner bestreite, müsse der Gläubiger daher auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen werden (Hess, Kommentar zur KO5 § 105 Rz 11; Uhlenbruck, Kommentar zur KO11 § 105 Rz 3f; Hess, Kommentar zur InsO I § 14 Rz 28, 29; Kirchhof in Heidelberger Kommentar zur InsO § 14 InsO Rz 9).

Wenngleich die österreichische Rechtslage mit der deutschen nur beschränkt vergleichbar ist, muss auch hier den Grenzen der Möglichkeiten des Konkurseröffnungsverfahrens Rechnung getragen werden. Es muss vermieden werden, dass auf Grund nicht hinreichend geklärter Behauptung der Konkurs eröffnet und in der Folge im vom Masseverwalter pflichtgemäß einzuleitenden Prüfungsprozess ein Verfahren mit höherer Rechtsschutzgarantie geführt wird, das die zur Konkurseröffnung führenden Behauptungen widerlegt. Das bedeutet nicht, dass im Falle strittiger nicht titulierter Forderungen die Möglichkeit der Anspruchsbescheinigung im Konkurseröffnungsverfahrens generell verneint werden muss. Eine solche Lösung würde der dargestellten österreichischen Rechtslage nicht entsprechen. Wohl aber muss bei strittigen titulierten Forderungen beim für die Bescheinigung des Anspruchs zu fordernden Maßstab dem reduzierten Beweismaß des Bescheinigungsverfahrens Rechnung getragen werden. Dementsprechend nennen etwa Bartsch/Pollak (Konkursordnung3 Anm 26 zu § 71 KO) als mögliche Bescheinigungsmittel im Konkurseröffnungsverfahren einen vom Schuldner akzeptierten Wechsel, einen Zahlungsauftrag im Urkundenprozess, ein obgleich noch nicht rechtskräftiges Urteil, einen beglaubigten Buchauszug aus den ordnungsgemäß geführten Handelsbüchern des Gläubigers, Korrespondenzen oder einen Ausgleichsvorschlag des Schuldners, das Ansuchen um mehrmonatige Stundung und ähnliches.

Bescheinigungsverfahren wie das hier abgeführte - 9 Tagsatzungen mit großteils umfangreichen Beweisaufnahmen, neben dem verfahrenseinleitenden Schriftsatz 7 weitere Schriftsätze der Parteien - hatte der Gesetzgeber hingegen ganz offenkundig nicht im Auge.

Der erkennende Senat hält daher zwar an der Möglichkeit des Antragstellers, im Konkurseröffnungsverfahren auch strittige nichttitulierte Forderungen zu bescheinigen, fest; gelingt es aber dem Schuldner im Laufe des Konkurseröffnungsverfahren durch seine Bestreitung und durch die Vorlage von Gegenbescheinigungen solche Zweifel am Bestand der Forderung zu wecken, dass eine Klärung umfangreiche Beweisaufnahmen und die Entscheidung von schwierigen Rechtsfragen erfordert, muss davon ausgegangen werden, dass nach dem in solchen Fällen anzulegenden strengen Maßstäben dem Antragsteller die von ihm angestrebte Anspruchsbescheinigung nicht geglückt ist. Für solche komplexen Fragen ist das Konkurseröffnungsverfahren nicht geeignet; sie müssen dem mit höheren Rechtsschutzgarantien versehenen Rechtsstreit vorbehalten werden, der überdies nicht auf parate Bescheinigungsmittel beschränkt ist.

Für den hier zu beurteilenden Fall bedeutet dies, dass die Einwendungen der Antragsgegnerin und die von ihr angebotenen Gegenbescheinigungen jedenfalls solche Zweifel an der Anspruchsbescheinigung geweckt haben, die - will man unberechtigte Konkurseröffnungen und die Gefahr divergierender Entscheidungen im Konkurseröffnungsverfahren und im folgenden Prüfungsprozess mit einiger Sicherheit vermeiden - nur mehr im streitigen Prozess geklärt werden können. Schon das erstgerichtliche Verfahren hat den Umfang des möglichen Bescheinigungsverfahren bei weitem gesprengt. Die erstinstanzliche Entscheidung nunmehr aufzuheben und dem Erstgericht die Aufnahme weiterer Beweise aufzutragen, kommt daher nicht mehr in Betracht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass nach dem bei nicht titulierten Forderungen anzulegenden strengen Maßstab die Antragstellerin die von ihr behauptete Forderung nicht hinreichend bescheinigt hat.

Im Ergebnis ist daher in Stattgebung des Revisionsrekurses die vom Erstgericht vorgenommene Abweisung des Konkursantrags wiederherzustellen.

Rechtssätze
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