JudikaturJustiz8Ob106/20a

8Ob106/20a – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. März 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, *****, vertreten durch Kosesnik Wehrle Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei E***** AG, *****, vertreten durch WOLF THEISS Rechtsanwälte GmbH Co KG in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert: 36.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 29.222,22 EUR) gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 9. September 2020, GZ 33 R 26/20s 16, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 28. November 2019, GZ 39 Cg 2/19s 10, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.569,60 EUR (darin enthalten 261,60 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Der Kläger ist ein nach § 29 KSchG klageberechtigter Verband.

[2] Die Beklagte betreibt bundesweit das Bankgeschäft und ist Unternehmerin im Sinn des § 1 KSchG. Sie tritt im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit laufend mit Verbrauchern in rechtsgeschäftlichen Kontakt und schließt mit ihnen unter anderem Rahmenverträge für Girokonten und Kreditverträge. Hierfür verwendet sie Allgemeine Geschäftsbedingungen und/oder Vertragsformblätter, welche die strittigen Klauseln enthalten.

[3] Der Kläger begehrte die Unterlassung der Verwendung der beanstandeten Klauseln sowie die Urteilsveröffentlichung in einer bundesweit erscheinenden Samstags-Ausgabe der „Kronen-Zeitung“ und brachte im Wesentlichen vor, dass die Klauseln gegen gesetzliche Verbote, insbesondere gegen das ZaDiG 2018, und gegen die guten Sitten verstoßen würden. Einige Klauseln seien zudem nicht ausreichend transparent.

[4] Die Beklagte entgegnete, die beanstandeten Klauseln seien ausreichend klar formuliert, nicht gröblich benachteiligend und stünden mit dem Gesetz sowie den guten Sitten im Einklang. Im Falle einer Stattgebung der Klage sei die Unterlassungspflicht der Beklagten nach dem gesetzlichen Umfang gemäß § 28 Abs 1 Satz 2 KSchG zu beschränken und eine Leistungsfrist von sechs Monaten zur Erfüllung ihrer Unterlassungsverpflichtung einzuräumen. Die Veröffentlichung des Urteils in einem Massenmedium wäre weit überschießend und in einem Printmedium aufgrund des Adressatenkreises nicht sachgerecht.

[5] Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren (unter Setzung einer Leistungsfrist von sechs bzw drei Monaten) und dem Veröffentlichungsbegehren in Bezug auf 15 Klauseln (Klauseln 1 bis 15) statt und wies das Klagebegehren (zwischenzeitig rechtskräftig) in Bezug auf drei Klauseln (Klauseln 16 bis 18) ab.

[6] Das Berufungsgericht unterbrach das Verfahren in Ansehung der Klausel 1 zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über das vom Obersten Gerichtshof zu 8 Ob 24/18i gestellte Vorabentscheidungsersuchen. Im Übrigen gab es der Berufung der Beklagten hinsichtlich der Klauseln 2 bis 15 nicht Folge.

[7] Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil die Entscheidung eine Vielzahl von Verbrauchern unmittelbar betreffe und auch wesentliche Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO umfasse.

[8] Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, die auf eine gänzliche Klageabweisung abzielt.

[9] In seiner Revisionsbeantwortung beantragt der Kläger, die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

[10] Die Revision ist zulässig , sie ist aber nicht berechtigt .

Rechtliche Beurteilung

[11] I. Allgemeines:

[12] 1. Im Verbandsprozess nach § 28 KSchG hat die Auslegung der AGB Klauseln im kundenfeindlichsten Sinn zu erfolgen (RIS Justiz RS0016590). Es ist daher von jener Auslegungsvariante auszugehen, die für die Kunden der Beklagten die nachteiligste ist. Das der Klausel vom Verwender der AGB beigelegte Verständnis ist im Verbandsprozess nicht maßgeblich (RS0016590 [T23]). Auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Bedingungen ist nicht Rücksicht zu nehmen; für eine geltungserhaltende Reduktion ist kein Raum (RS0038205 [T1]).

[13] 2. Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt (vgl RS0016914). Weicht eine Klausel von dispositiven Rechtsvorschriften ab, so liegt eine gröbliche Benachteiligung eines Vertragspartners schon dann vor, wenn es für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung gibt. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht (RS0014676 [T21]; vgl auch RS0016914 [T3, T4 und T6]).

[14] 3. Die Inhaltskontrolle gemäß § 879 ABGB geht der Geltungskontrolle nach § 864a ABGB nach (RS0037089). § 864a ABGB erfasst jene Fälle, in welchen nach Vertragsabschluss nachteilige Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts in AGB oder Vertragsformblättern hervorkommen, mit denen nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde nicht zu rechnen war (RS0105643). Eine grobe Benachteiligung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB wird nicht vorausgesetzt (RS0123234). Objektiv ungewöhnlich ist nur eine Klausel, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, mit der er also nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte; der Klausel muss somit ein Überrumpelungseffekt innewohnen. Insbesondere dann, wenn nur ein beschränkter Adressatenkreis angesprochen wird, kommt es auf die Branchenüblichkeit und den Erwartungshorizont der angesprochenen Kreise an (RS0014646).

[15] 4. Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Das Transparenzgebot soll es dem Kunden ermöglichen, sich aus den AGB oder Vertragsbestandteilen zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren (RS0115217 [T41]). Das Transparenzgebot begnügt sich nicht mit formeller Textverständlichkeit, sondern verlangt, dass Inhalt und Tragweite vorgefasster Vertragsklauseln für den Verbraucher durchschaubar sind (RS0122169 [T2]). Damit sollen auch Klauseln beseitigt werden, die den Verbraucher – durch ein unzutreffendes oder auch nur unklares Bild über seine vertragliche Position – von der Durchsetzung seiner Rechte abhalten oder ihm in unberechtigter Weise Pflichten auferlegen sollen (RS0115217 [T8]; RS0121951 [T4]). Aus dem Transparenzgebot kann eine Pflicht zur Vollständigkeit folgen, wenn die Auswirkungen einer Klausel für den Kunden andernfalls unklar bleiben (RS0115219). Einzelwirkungen des Transparenzgebots sind demnach das Gebot der Erkennbarkeit und Verständlichkeit, das Gebot, den anderen Vertragsteil auf bestimmte Rechtsfolgen hinzuweisen, das Bestimmtheitsgebot, das Gebot der Differenzierung, das Richtigkeitsgebot und das Gebot der Vollständigkeit (RS0115217 [T12]; RS0115219 [T12]). Maßstab für die Transparenz ist das Verständnis des für die jeweilige Vertragsart typischen Durchschnittskunden (RS0126158).

[16] 5. Die in diesem Verfahren geltend gemachten Gesetzwidrigkeiten beziehen sich zu einem guten Teil auf Verstöße gegen das am 1. 6. 2018 in Kraft getretene Zahlungsdienstegesetz 2018 ( ZaDiG 2018 ), BGBl I 17/2018, mit dem das ZaDiG idF BGBl I 66/2009 ersetzt wurde.

[17] Das Zahlungsdienstegesetz legt die Bedingungen fest, zu denen Personen Zahlungsdienste gewerblich in Österreich erbringen dürfen (Zahlungsdienstleister). Es regelt die Rechte und Pflichten von Zahlungsdienstleistern und Zahlungsdienstnutzern im Zusammenhang mit Zahlungsdiensten (§ 1 Abs 1 ZaDiG 2018).

[18] Mit dem ZaDiG 2018 wurde die Richtlinie (EU) 2015/2366 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt ( PSD II ) umgesetzt. Wie schon Art 86 der Zahlungsdienstrichtlinie 2007/64/EG (PSD I) gibt Art 107 Abs 1 PSD II grundsätzlich eine vollständige Harmonisierung vor (vgl 9 Ob 26/15m), um im Bereich der Zahlungsdienste mehr Rechtsklarheit zu schaffen und die unionsweit einheitliche Anwendung des rechtlichen Rahmens sicherzustellen (Erwägungsgrund 6). Art 107 Abs 3 Satz 1 PSD II verlangt, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Zahlungsdienstleister nicht zum Nachteil der Zahlungsdienstnutzer von den nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie abweichen, es sei denn, das ist in diesen Vorschriften ausdrücklich vorgesehen.

[19] § 55 Abs 2 ZaDiG 2018 normiert dementsprechend, dass Vereinbarungen, die zum Nachteil des Verbrauchers von den Vorgaben des 4. Hauptstücks (§§ 55 bis 87) abweichen, unwirksam sind. Auch wenn (im Unterschied zu Art 107 Abs 3 Satz 2 PSD II) im Gesetz nicht ausdrücklich angeordnet, sind im Umkehrschluss Abweichungen zu Gunsten des Verbrauchers uneingeschränkt erlaubt. Die Bestimmungen des 4. Hauptstücks sind einseitig zwingendes Recht, das den typischerweise wirtschaftlich unterlegenen und schlechter informierten Verbraucher davor schützt, Zahlungsdienste nur zu Vertragsbedingungen in Anspruch nehmen zu können, die für ihn gegenüber dem Gesetz nachteilig sind ( Haghofer in Weilinger/Knauder/Miernicki , ZaDiG 2018 § 55 Rz 13 mwN). Nachteilig ist nach Literatur und Schrifttum ( Haghofer aaO § 55 Rz 17 mwN) jede Erweiterung von gesetzlichen Pflichten des Verbrauchers oder Rechten des Zahlungsdienstleisters und jede Verkürzung von Rechten des Verbrauchers oder Pflichten des Zahlungsdienstleisters.

[20] Für das vorliegende Verfahren folgt daraus, dass – entgegen der Meinung der Beklagten – durch Vereinbarung nur eine Konkretisierung der gesetzlichen Pflichten des Verbrauchers nach dem 4. Hauptstück des ZaDiG, insbesondere also auch nach § 63 ZaDiG 2018 (siehe Klauseln 2, 3 und 6 bzw 4, 5, 7 und 8), zulässig ist.

[21] II. Zu den Klauseln 2 bis 15:

[22] Klausel 2

„8.1 Der Karteninhaber hat bei der Nutzung und nach Erhalt der Karte alle zumutbaren Vorkehrungen zu treffen um den persönlichen Code, Passwörter, Kartendaten und die Karte vor unbefugtem Zugriff zu schützen .

[aus den Geschäftsbedingungen für den Gebrauch einer ***** Kreditkarte, besondere Geschäftsbedingungen für die ***** Kreditkarte Mobil, für Verified by V***** (Vbv) und M***** Identity Check (Fassung Juli 2018)]

[23] 1.1 Die Vorinstanzen folgten der Auffassung des Klägers, dass die Klausel gegen § 63 Abs 1 ZaDiG 2018 verstoße. Dem Verbraucher würden damit sozial inadäquate Verpflichtungen auferlegt, weil bei kundenfeindlichster Auslegung auch Daten wie etwa der Name des Karteninhabers geschützt werden müssten. Das sei unmöglich, wenn der Kunde die Karte etwa in einem Restaurant zur Zahlung vorlege. Das Berufungsgericht wies ergänzend darauf hin, dass die gesetzliche Risikoverteilung zu Lasten des Zahlungsdienstleisters gemäß § 68 Abs 5 ZaDiG 2018 nicht durch die Begründung von Sorgfaltspflichten des Karteninhabers vertraglich abgeändert werden könne. Die Klausel sei überdies intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Dem Verbraucher müsse klar sein, welche Tragweite eine vorformulierte Klausel tatsächlich habe. Die Klausel umschreibe nicht, wie ein Verbraucher die (nicht geheimen) Kartendaten schützen müsse, um seiner Verpflichtung nachzukommen.

[24] 1.2 In der Revision argumentiert die Beklagte, nach § 63 Abs 1 ZaDiG 2018 könnten dem Kunden grundsätzlich auch Verpflichtungen auferlegt werden, die nicht im ZaDiG 2018 geregelt seien. Die Anordnung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung wäre überflüssig, würde man, wie offenbar das Berufungsgericht, davon ausgehen, dass nach dieser Bestimmung lediglich eine Konkretisierung von gesetzlichen Sorgfaltspflichten zulässig sei. Die vorliegende Klausel halte einer Verhältnismäßigkeitsprüfung jedenfalls stand, weil sie dem Kunden keine sozial inadäquate Verpflichtungen auferlege. Schon aus den Materialien zum ZaDiG ergebe sich, dass der Schutz der Kartendaten vertraglich vereinbart werden könne. Die Verwendung eines Zahlungsmittels in sozial adäquater Weise, wie etwa durch Übergabe der Karte zur Zahlung im Restaurant, werde durch die Klausel nicht verboten. Die Klausel ändere die gesetzliche Risikoverteilung zwischen Zahlungsdienstnutzer und Zahlungsdienstleister nicht ab. Das an sich geschlossene und abschließende Haftungssystem des § 68 ZaDiG 2018 werde nicht erweitert. § 68 ZaDiG 2018 verweise nämlich explizit auf „eine Verletzung einer Pflicht nach § 63“. Auch ein Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG sei nicht gegeben. Es sei keinesfalls erforderlich, im Einzelnen bzw auf demonstrative Art und Weise festzulegen, wie ein Schutz der Kartendaten genau erfolgen könne oder solle. Die Formulierung „zumutbare Vorkehrungen“ werde auch in § 63 Abs 3 ZaDiG 2018 verwendet.

[25] Der Revisionsgegner erwidert, dass die auf der Kreditkarte aufgedruckten Daten gar nicht geheim gehalten werden könnten, sodass der Zahlungsdienstnutzer nicht wirksam zum Schutz dieser Daten, die keine personalisierten Sicherheitsmerkmale darstellten, verpflichtet werden könne. Im Übrigen verweist der Kläger erneut darauf, dass § 68 ZaDiG 2018 die Haftung des Kunden für Missbrauchsschäden des Zahlungsdienstleisters zwingend und abschließend regle.

[26] 1.3.1 Nach § 63 Abs 1 und 3 ZaDiG 2018 hat der Zahlungsdienstnutzer unmittelbar nach Erhalt eines Zahlungsinstruments alle zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um die personalisierten Sicherheitsmerkmale vor einem unbefugten Zugriff zu schützen, und bei der Nutzung des Zahlungsinstruments die Bedingungen für dessen Nutzung und Ausgabe einzuhalten.

[27] Die Bestimmung des § 63 ZaDiG 2018 ist im Haftungssystem des ZaDiG insofern von zentraler Bedeutung, als sich an die Verletzung der darin statuierten Pflichten des Kunden nach § 68 ZaDiG 2018 Schadenersatzansprüche des Zahlungsdienstleisters knüpfen (vgl Kodek , Haftung für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge, ÖBA 2021, 19 [21]).

[28] Personalisierte Sicherheitsmerkmale sind dem Zahlungsinstrument zugeordnete Daten und Merkmale, die nur dem Zahlungsdienstleister und dem berechtigten Nutzer bekannt sind, etwa Geheimzahl (PIN) und die Transaktionsnummern (TAN) beim Onlinebanking (vgl EuGH C-616/11, T-Mobile Austria , ECLI:EU:C:2014:242). Dazu zählen nach der Rechtsprechung nicht Name, Adresse oder Nummern, die auf einer Zahlungskarte ersichtlich sind (5 Ob 15/20x [Klausel 7]; 9 Ob 32/18y; 9 Ob 46/16d [Klauseln 4 und 20]; 9 Ob 31/15x [Klauseln 6 und 20]).

[29] 1.3.2 § 63 Abs 3 ZaDiG 2018 sieht – anders als noch die Vorgängerbestimmung des § 36 Abs 1 und 2 ZaDiG 2009 – mangels Grundlage im Text der Richtlinie keine gesetzliche Verpflichtung des Zahlungsdienstnutzers mehr vor, das Zahlungsinstrument selbst vor unbefugtem Zugriff zu schützen. In den Gesetzesmaterialien ist davon die Rede, dass eine Pflicht zum Schutz des Zahlungsinstruments (nicht aber der „Kartendaten“, wie die Beklagte meint) „einer vertraglichen Regelung zugänglich sein“ wird (ErlRV 11 BlgNR 26. GP 17). Kodek (in ÖBA 2021, 19 [20]) hält diese Einschätzung für zutreffend.

[30] Da ein Zahlungsinstrument nur dann vorliegt, wenn es mit personalisierten Sicherheitsmerkmalen ausgestattet ist (5 Ob 15/20x ua), legt schon der Zweck der Bestimmung nahe, dass der Zahlungsdienstnutzer zum Schutz des Zahlungsinstruments selbst verhalten ist, worauf auch die Gesetzesmaterialien abstellen. Eine ausdrückliche derartige Verpflichtung kann daher zwanglos als bloße Konkretisierung der Pflicht nach § 63 ZaDiG 2018 gesehen werden, die personalisierten Sicherheitsmerkmale vor einem unbefugten Zugriff zu schützen. Eine solche Verpflichtung könnte daher mit dem Verbraucher nach Maßgabe der Zumutbarkeit durchaus zulässig vereinbart werden. Die „Karte“ bzw die „Kartendaten“ sind aber nicht mit dem Zahlungsinstrument gleichzusetzen.

[31] 1.3.3 Soweit die angefochtene Klausel dem Verbraucher auferlegt, auch andere als personalisierte Sicherheitsmerkmale, also nicht geheime Daten des Zahlungsinstruments, insbesondere die auf der Karte aufgedruckten Daten, vor unbefugtem Zugriff zu schützen, erweitert sie zum Nachteil des Verbrauchers dessen Pflichten nach § 63 ZaDiG 2018. Sie ist daher jedenfalls nach § 55 Abs 2 ZaDiG 2018 unwirksam. Auf die weitere Argumentation des Klägers und des Berufungsgerichts muss nicht eingegangen werden.

[32] Klauseln 3 und 6:

„8.7. Den Verlust, Diebstahl, die missbräuchliche Verwendung oder die sonstige nicht autorisierte Nutzung des Zahlungsinstrumentes hat der Kunde unverzüglich, sobald er davon Kenntnis hat, der E***** oder der S***** anzuzeigen und eine Sperre der Karte zu veranlassen. Dies gilt auch, wenn Umstände vermuten lassen, dass ein unbefugter Dritter Kenntnis vom persönlichen Code oder Passwörtern erlangt hat .

[aus den Geschäftsbedingungen für den Gebrauch einer ***** Kreditkarte, besondere Geschäftsbedingungen für die ***** Kreditkarte Mobil, für Verified by V***** (Vbv) und M***** Identity Check (Fassung Juli 2018)]

„3. […] Bei Verlust der persönlichen Identifikationsmerkmale oder bei Bestehen des Verdachtes, dass eine unbefugte Person von den persönlichen Identifikationsmerkmale Kenntnis erhalten hat, ist der Kunde verpflichtet, dies dem Kreditinstitut unverzüglich telefonisch via 24h Service – unter +43 (0) ***** der Bankleitzahl seines Kreditinstitutes – oder dem Kundenbetreuer mitzuteilen.“

[aus den Bedingungen für die Nutzung von Internetbanking „*****“ (Fassung Juli 2018)]

[33] 2.1 Nach Ansicht der Vorinstanzen kann dem Verbraucher eine Anzeigeverpflichtung nach § 63 Abs 2 ZaDiG 2018 bei bloßem Verdacht nicht auferlegt werden. Die Klauseln seien daher unzulässig. Nach Auffassung des Berufungsgerichts sei die Klausel auch intransparent, weil nicht näher konkretisiert sei, ab wann ein derartiger Verdacht oder eine derartige haftungseinschränkende Vermutung die Anzeigepflicht auslöse. Unbestimmt bleibe auch, ob auf die subjektive oder auf die objektive Kenntnis des Zahlungsdienstnutzers abzustellen sei.

[34] 2.2 In der Revision meint die Beklagte, zwischen dem Vorliegen der tatsächlichen Kenntnis einerseits und einer Vermutung/einem Verdacht andererseits bestehe aus faktischer/praktischer Sicht kein wesentlicher Unterschied. Eine Vermutung oder ein Verdacht könne nur dann gegeben sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden; dann sei aber auch schon ein Fall des § 63 Abs 2 ZaDiG 2018 gegeben. Weil somit auf faktischer Ebene im Wesentlichen idente Fallkonstellationen vorlägen, könnten beide Fallkonstellationen durch Subsumtion unter § 63 Abs 2 ZaDiG 2018 gelöst werden. Zudem könne der Zahlungsdienstleister – wie bereits zu Klausel 2 ausgeführt – im Rahmen des § 63 Abs 1 ZaDiG 2018 privatautonom weitergehende Regelungen mit dem Kunden vereinbaren. Zu beachten sei nur das (hier erfüllte) Kriterium der Verhältnismäßigkeit. Im Übrigen stellten die Klauseln nur Präzisierungen des § 63 Abs 3 ZaDiG 2018 dar. Eine Intransparenz liege nicht vor. Aufgrund der Formulierung sei klar, dass Vermutung bzw Verdacht ein subjektives Element beinhalteten und es bei der Beurteilung auf die Einschätzung des Kunden ankommen müsse.

[35] Der Revisionsgegner hält dem entgegen, dass § 63 Abs 2 ZaDiG 2018 erfordere, dass der Kunde von der missbräuchlichen Verwendung Kenntnis habe. Kenntnis setze positives Wissen um den angezeigten Vorgang voraus.

[36] 2.3.1 Nach § 63 Abs 2 ZaDiG 2018 muss der Zahlungsdienstnutzer den Verlust, den Diebstahl, die missbräuchliche Verwendung oder die sonstige nicht autorisierte Nutzung des Zahlungsinstruments unverzüglich, sobald er davon Kenntnis hat, dem Zahlungsdienstleister oder der von diesem benannten Stelle anzeigen.

[37] Die Anzeigepflicht gemäß § 63 Abs 2 ZaDiG 2018 trifft nach ihrem Wortlaut den Kunden nur und erst, sobald er vom Verlust oder der missbräuchlichen Verwendung des Zahlungsinstruments positive Kenntnis hat ( Haghofer in Weilinger/Knauder/Miernicki , ZaDiG 2018 § 63 Rz 33).

[38] 2.3.2 Die Beklagte vertritt den Standpunkt, nach den Klauseln müsse sich der Verdacht, um eine Anzeigepflicht auszulösen, darauf beziehen, dass ein unbefugter Dritter vom persönlichen Code oder von den Passwörtern bzw den persönlichen Identifikationsmerkmalen Kenntnis erlangt habe. Nicht umfasst sei eine Anzeigepflicht bei Vermutung/Verdacht des Verlusts, des Diebstahls, der missbräuchlichen Verwendung oder der sonstigen nicht autorisierten Nutzung des Zahlungsinstruments. Diese Unterscheidung scheine das Berufungsgericht nicht zu berücksichtigen.

[39] Dem ist zu erwidern, dass auch dann, wenn die Vertraulichkeit der personalisierten Sicherheitsmerkmale verloren geht, nach dem Schutzzweck des § 63 Abs 2 ZaDiG 2018 bei Zahlungsinstrumenten in Form eines bloßen Verfahrens ein „Verlust“ des Zahlungsinstruments vorliegt ( Haghofer in Weilinger/Knauder/Miernicki , ZaDiG 2018 § 63 Rz 34). Das ist schon deshalb nachvollziehbar, weil die Ausstattung mit personalisierten Sicherheitsmerkmalen, also geheimen Daten, das Zahlungsinstrument definiert (vgl 5 Ob 15/20x ua).

[40] Dadurch, dass die Klauseln dem Kunden in einem solchen Fall bereits bei Verdacht (statt erst bei Kenntnis) eine Anzeigepflicht auferlegen, verschärfen sie die Pflichten des Verbrauchers nach § 63 Abs 2 ZaDiG 2018 und sind daher nach § 55 Abs 2 ZaDiG 2018 unwirksam.

[41] 2.3.3 Dass die Begriffe „Kenntnis“ und „Verdacht“ oder gar „Vermutung“ einen unterschiedlichen Bedeutungsinhalt haben, scheint auch die Beklagte nicht zu bezweifeln. Ihr Versuch, die Bedeutungsgrenzen zu verwischen, indem sie behauptet, ein Verdacht/eine Vermutung könne nur gegeben sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, übersieht, dass mehrere Ausprägungen eines Verdachts bzw einer Vermutung denkbar sind (von vage bis dringend). Es bleibt aber nicht nur unklar, wie verdichtet der Verdacht sein muss, sondern auch, ob er subjektiv oder (im Gegensatz zur „Kenntnis“) bloß objektiv betrachtet (vgl „wenn Umstände vermuten lassen“) vorliegen muss, um eine Anzeigepflicht des Verbrauchers auszulösen. Das Berufungsgericht hat daher zu Recht auch einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG angenommen.

[42] Klauseln 4, 5, 7 und 8

„8.8. Sofern der Karteninhaber in betrügerischer Absicht gehandelt hat oder eine oder mehrere seiner in diesen Bedingungen festgelegten Sorgfaltspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat, wird dem Kontoinhaber der Betrag (samt Kosten und Zinsen) des nicht autorisierten Zahlungsvorgangs nicht erstattet.“

„8.10. Hat der Karteninhaber leicht fahrlässig gehandelt, so trägt die E***** jedenfalls den EUR 50,00 übersteigenden Betrag des nicht autorisierten Zahlungsvorgangs.“

[jeweils aus den Geschäftsbedingungen für den Gebrauch einer ***** Kreditkarte, besondere Geschäftsbedingungen für die ***** Kreditkarte Mobil, für Verified by V***** (Vbv) und M***** Identity Check (Fassung Juli 2018)]

„4.1.1. Beruhen nicht autorisierte Zahlungsvorgänge auf der missbräuchlichen Verwendung von '*****', so wird dem Kontoinhaber, wenn der Kunde in betrügerischer Absicht gehandelt hat oder eine oder mehrere seiner in diesen Bedingungen festgelegten Sorgfaltspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat, der Betrag (samt Kosten und Zinsen) des nicht autorisierten Zahlungsvorgangs nicht erstattet.“

„4.1.2. Hat der Kunde, der Verbraucher ist, nur leicht fahrlässig gehandelt (ist ihm also eine Sorgfaltswidrigkeit unterlaufen, die auch einem durchschnittlich sorgfältigen Kunden unterlaufen kann), so trägt das Kreditinstitut jedenfalls den EUR 50,-- übersteigenden Betrag des nicht autorisierten Zahlungsvorgangs.“

[jeweils aus den Bedingungen für die Nutzung von Internetbanking „*****“ (Fassung Juli 2018)]

[43] 3.1 Die Vorinstanzen kamen zu dem Ergebnis, dass eine starke Kundenauthentifizierung schon ab 1. 6. 2018 hätte durchgeführt werden können, weil sie schon gesetzlich definiert gewesen sei. § 68 Abs 5 ZaDiG 2018 sei bereits am 1. 6. 2018 in Kraft getreten. Dagegen würden die Klauseln verstoßen. Sei die starke Kundenauthentifizierung zunächst nur eine haftungsrechtliche Obliegenheit gewesen, welche nicht auf elektronische Zahlungsvorgänge beschränkt gewesen sei, sei sie seit 14. 9. 2019 eine (gesetzliche) Sorgfaltspflicht für elektronische Zahlungsvorgänge geworden. Im Übrigen liege ein Verstoß gegen § 67 Abs 2 ZaDiG 2018 vor.

[44] 3.2 Die Revisionswerberin hält dagegen, dass § 68 Abs 5 ZaDiG 2018 nicht vor Inkrafttreten der diese Bestimmung flankierenden (innerstaatlichen und unionsrechtlichen) Bestimmungen (insbesondere des § 87 ZaDiG 2018 und der Delegierten Verordnung [EU] 2018/389) am 14. 9. 2019 habe angewendet werden können. Daraus ergebe sich auch, dass § 68 Abs 5 ZaDiG 2018 nur auf jene Zahlungsvorgänge anwendbar sei, die in § 87 ZaDiG 2018 genannt würden; für andere Zahlungsvorgänge stelle die Vornahme einer starken Kundenauthentifizierung nicht einmal eine Obliegenheit dar. Allein auf Basis des § 4 Z 28 ZaDiG 2018 bleibe nämlich unklar, für welche Zahlungsvorgänge eine starke Kundenauthentifizierung verpflichtend sei und wie eine starke Kundenauthentifizierung überhaupt gesetzeskonform durchzuführen sei. Die vom Berufungsgericht ins Treffen geführten Leitlinien der EBA zur Sicherheit von Internetzahlungen („EBA-Leitlinien“) stünden nicht im Gesetzesrang und seien nicht relevant. Die Annahme, dass die starke Kundenauthentifizierung und damit die Haftungsregelung des § 68 Abs 5 ZaDiG 2018 bis zum 13. 9. 2019 für sämtliche Zahlungsvorgänge anwendbar gewesen sei, erscheine unvertretbar, zumal es diesfalls durch Inkrafttreten des § 87 ZaDiG 2018 zu einer Einschränkung der Haftung gekommen wäre. Für die Ansicht der Beklagten würden auch unionsrechtliche Erwägungen sprechen. Art 74 Abs 2 PSD II begründe nach seinem klaren Wortlaut keine Verpflichtung zur Vornahme einer starken Kundenauthentifizierung. Vielmehr enthalte diese Bestimmung lediglich Haftungsregelungen. Ein solches Verständnis sei – im Sinne einer richtlinienkonformen Interpretation – daher auch § 68 Abs 5 ZaDiG 2018 zugrunde zu legen. In welchen Fällen eine starke Kundenauthentifizierung vorzusehen sei, lege hingegen Art 97 Abs 1 PSD II fest. Nach Art 115 Abs 4 PSD II müssten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die in Art 97 der Richtlinie genannten Sicherheitsmaßnahmen erst zu einem späteren Zeitpunkt angewandt würden, nämlich ab 14. 9. 2019. Dass für Art 74 Abs 2 PSD II keine mit Art 115 Abs 4 PSD II vergleichbare Anwendungsvorschrift bestehe, die dessen Umsetzung bzw Anwendung zeitlich hinausschiebe, könne als Versehen des unionsrechtlichen Gesetzgebers gewertet werden. Auch ein Blick auf die deutsche Rechtslage und das deutsche Schrifttum spreche für das hier dargelegte Verständnis. Schließlich sei auch kein Verstoß gegen § 67 Abs 2 ZaDiG 2018 gegeben. Die gegenständlichen Klauseln regelten nicht die Haftung für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge im Sinn des § 67 ZaDiG 2018, sondern würden allesamt Fälle betreffen, in denen eine missbräuchliche Verwendung eines Zahlungsinstruments im Sinn des § 68 ZaDiG 2018 vorliege, setzten sie doch eine Sorgfaltswidrigkeit des Zahlers voraus. Somit seien die beanstandeten Klauseln nicht an § 67 ZaDiG 2018, sondern lediglich an § 68 ZaDiG 2018 zu messen.

[45] Ein Verstoß gegen §§ 68 Abs 5 bzw 87 ZaDiG 2018, und somit gegen § 55 Abs 2 ZaDiG 2018, könnte – wenn überhaupt – daher erst ab 14. 9. 2019 und nur insofern vorliegen, als eine Haftung des Zahlers bei in § 87 Abs 1 ZaDiG 2018 erwähnten Zahlungsvorgängen für andere Fälle als betrügerische Absicht vorgesehen werde und der Zahlungsdienstleister keine starke Kundenauthentifizierung vorgenommen habe. Folglich könnte ein Unterlassungsgebot maximal in diesem Umfang erlassen werden. Für vor dem 14. 9. 2019 verwirklichte Sachverhalte müsse daher jedenfalls eine Berufung auf die beanstandeten Klauseln möglich sein. Dass die Klauseln auf ab dem 14. 9. 2019 verwirklichte Sachverhalte nicht (mehr) angewendet würden, habe die Beklagte stets klargestellt. Sollte der Oberste Gerichtshof – anders als die Beklagte – Zweifel betreffend die Auslegung der relevanten Bestimmungen im Hinblick auf die PSD II und/oder die Delegierten Verordnung (EU) 2018/389 haben, wäre er gemäß Artikel 267 Abs 2 AEUV zu einem Ersuchen um Vorabentscheidung verpflichtet.

[46] Der Revisionsgegner verweist erneut darauf, dass die Klauseln gegen § 68 Abs 5 ZaDiG 2018 verstoßen würden, weil sie eine Haftung des Zahlungsdienstnutzers auch in jenen Fällen vorsehen würden, in denen der Zahlungsdienstleister keine starke Kundenauthentifizierung verlange. Die starke Kundenauthentifizierung sei seit 1. 6. 2018 eine haftungsrechtliche Obliegenheit des Zahlungsdienstleisters, die er einzuhalten gehabt habe, um nicht von vornherein Schadenersatzansprüche gegen den Zahler zu verlieren; seit dem 14. 9. 2019 sei sie eine gesetzliche Sorgfaltspflicht für elektronische Zahlungsvorgänge. Im Übrigen seien die Klauseln intransparent, weil § 68 Abs 5 ZaDiG 2018 im Kern nur das anordne, was schon nach dem ZaDiG 2009 gegolten habe: Wenn der Zahlungsdienstleister ungesicherte Zahlungen ermögliche, bei denen die Kundenauthentifizierung nicht anhand von personalisierten Sicherheitsmerkmalen erfolge, hafte der Zahler, abgesehen vom Betrugsfall, auch nicht bei schuldhafter Verletzung der ihn treffenden Sorgfaltspflichten. Unwirksam seien die Klauseln schließlich auch wegen des Verweises auf die Klauseln, in denen die Sorgfaltspflichten des Zahlers gesetzwidrig festgelegt würden.

[47] 3.3.1 Die Haftungsregelungen der §§ 67, 68 ZaDiG 2018 gelten nur für „nicht autorisierte Zahlungen“. Nach § 58 Abs 1 ZaDiG 2018 gilt ein Zahlungsvorgang nur dann als autorisiert, wenn der Zahler den Ausführungen des Zahlungsvorgangs zugestimmt hat.

[48] § 67 ZaDiG 2018, der Art 73 PSD II umsetzt, regelt die Haftung des Zahlungsdienstleisters für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge. Nach § 67 Abs 2 ZaDiG 2018 besteht eine Ausnahme von der in Abs 1 leg cit statuierten grundsätzlichen Pflicht des Zahlungsdienstleisters, den Betrag des nicht autorisierten Zahlungsvorgangs zu erstatten, wenn berechtigte Gründe einen Betrugsverdacht stützen. Andere Ausnahmen sieht das Gesetz nicht vor. Auch dann, wenn der Kunde wegen grober Fahrlässigkeit oder vorsätzlicher Pflichtverletzung nach § 68 Abs 3 und 4 ZaDiG 2018 letztlich möglicherweise den ganzen oder zumindest einen Teil des Schadens selbst zu tragen hat, ist die Rückerstattung vorzunehmen ( Kodek , Haftung für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge, ÖBA 2021, 19 [23]).

[49] § 68 ZaDiG 2018 setzt Art 74 PSD II um. Diese Bestimmung regelt die Haftung des Zahlers für Schäden, die dem Zahlungsdienstleister durch eine missbräuchliche Verwendung eines Zahlungsinstruments entstehen, die der Zahler durch eine schuldhafte Verletzung einer Pflicht gemäß § 63 ZaDiG 2018 ermöglicht hat. Hat der Zahler in betrügerischer Absicht gehandelt oder die Pflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt, haftet er gemäß Abs 3 des § 68 ZaDiG 2018 grundsätzlich für den gesamten Schaden. Ist dem Zahler nur eine leichte Fahrlässigkeit vorwerfbar, haftet er hingegen gemäß Abs 1 leg cit nur bis höchstens 50 EUR. Nach § 68 Abs 5 ZaDiG 2018 ist der Zahler seinem Zahlungsdienstleister nicht zum Schadenersatz verpflichtet, wenn der Zahlungsdienstleister des Zahlers keine starke Kundenauthentifizierung verlangt, es sei denn, der Zahler hat in betrügerischer Absicht gehandelt.

[50] Nach der Legaldefinition des § 4 Z 28 ZaDiG 2018 handelt es sich bei der starken Kundenauthentifizierung um „eine Authentifizierung unter Heranziehung von mindestens zwei Elementen der Kategorien Wissen (etwas, das nur der Nutzer weiß), Besitz (etwas, das nur der Nutzer besitzt) oder Inhärenz (etwas, das nur der Nutzer ist), die insofern voneinander unabhängig sind, als die Nichterfüllung eines Kriteriums die Zuverlässigkeit der anderen nicht in Frage stellt, und die so konzipiert ist, dass die Vertraulichkeit der Authentifizierungsdaten geschützt ist“.

[51] 3.3.2 § 4 Z 28 und § 68 Abs 5 ZaDiG 2018 traten am 1. 6. 2018 in Kraft. Die Delegierte VO (EU) 2018/389, die auf Art 98 PSD II fußt, der die Kommission ua beauftragt, die Erfordernisse der starken Kundenauthentifizierung zu präzisieren und Ausnahmen von ihr festzulegen, und § 87 ZaDiG 2018 sind demgegenüber erst seit 14. 9. 2019 anwendbar. Nach den beiden letzteren Rechtsgrundlagen ist der Zahlungsdienstleister seit 14. 9. 2019 bei elektronischen und mittels Telefon oder Telefax ausgelösten Zahlungsvorgängen, für die er nicht eine in der VO (EU) 2018/389 vorgesehene Ausnahme in Anspruch nehmen kann, gemäß § 87 Abs 1 Z 2 und 3 ZaDiG 2018 zu einer starken Kundenauthentifizierung verpflichtet.

[52] 3.3.3 Die Klauseln 4 und 7 widersprechen nun schon der Bestimmung des § 67 ZaDiG 2018, weil sie vorsehen, dass dem Karteninhaber/dem Kontoinhaber der Betrag des nicht autorisierten Zahlungsvorgangs (auch) dann nicht erstattet wird, wenn er seine in den Bedingungen festgelegten Sorgfaltspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat. Der Ausschluss der Erstattung ist nur bei Betrugsverdacht zulässig. Auch die damit im Zusammenhang stehenden Klauseln 5 und 8 erwecken den Eindruck, eine Rückerstattung käme nur bei einem 50 EUR übersteigenden Betrag in Betracht.

[53] Da die Klauseln 4 und 5 sowie 7 und 8 schon aus diesen Gründen zu verbieten waren, kommt es auf die Zweifel der Beklagten an der Anwendbarkeit des § 68 Abs 5 ZaDiG 2018 vor dem 14. 9. 2019 nicht an. Es besteht daher auch keine Notwendigkeit zur Einholung des von der Beklagten angeregten Vorabentscheidungsersuchens.

[54] Klausel 9

„4.2 Sonstige Haftung des Kunden bzw des Kreditinstituts (gilt nicht für Zahlungsdienste)

4.2.1 Sofern der Kunde seine persönlichen Sicherheits- und Identifizierungsmerkmale einem Dritten überlässt oder sofern ein unberechtigter Dritter infolge einer Sorgfaltswidrigkeit des Kunden Kenntnis von den persönlichen Sicherheits- und Identifikationsmerkmalen erlangt, trägt der Kunde bis zur Wirksamkeit der Sperre (siehe Punkt 3.) alle Folgen und Nachteile infolge der missbräuchlichen Verwendung. Ab der Wirksamkeit einer Sperre haftet der Kunde nicht mehr.“

[aus den Bedingungen für die Nutzung von Internetbanking „*****“ (Fassung Juli 2018)]

[55] 4.1 Die Vorinstanzen beurteilten diese Klausel in ihrer Gesamtheit als intransparent. Die Verwendung des Begriffs „Zahlungsdienste“ sei für den Verbraucher nicht ausreichend klar bestimmt. Das ZaDiG 2018 beschreibe in § 1 Abs 2 Tätigkeiten als Zahlungsdienste, jedoch müsste der Kunde rechtlich beurteilen, ob die von der Beklagten erbrachte Dienstleistung darunter fallen würde. Es wäre daher notwendig, den verwendeten Fachbegriff verständlich zu erklären.

[56] 4.2 Die Beklagte führt in ihrer Revision ins Treffen, der Begriff „Zahlungsdienste“ sei gesetzlich exakt definiert. Durch das ZaDiG 2018 sei klar abgegrenzt, für welche Leistungen welche Regelungen gelten müssten. Die Verwendung eines Begriffs, den der Gesetzgeber definiere, könne nicht intransparent sein. Vielmehr würde die Verwendung eines anderen Begriffs als „Zahlungsdienste“ dazu führen, dass unklar wäre, ob die Regelungen für Zahlungsdienste in den Vertragsbedingungen der Beklagten den Vorgaben des ZaDiG 2018 entsprechen. Weil schon bei Punkt 4.2. keine Intransparenz vorliege, könne diese auch nicht auf Punkt 4.2.1. durchschlagen. Punkt 4.2.1. verstoße auch nicht gegen § 879 Abs 3 ABGB. § 1304 ABGB werde durch die Klausel weder explizit noch implizit abbedungen. Im Rahmen der Anwendung von § 1304 ABGB könnten insbesondere auch angemessene Lösungen für den Einzelfall getroffen werden (bspw auch etwaige Verspätungen der Vornahme bzw Wirksamkeit der Sperre berücksichtigt werden). Es liege somit keine Abweichung vom dispositiven Recht vor.

[57] Der Revisionsgegner verweist auf die Intransparenz des Begriffs „Zahlungsdienste“. Auch Fachbegriffe müssten verständlich erläutert werden. Zudem regle die Vertragsbestimmung bei kundenfeindlichster Auslegung die Haftung abschließend, ohne eine Minderung im Fall des Mitverschuldens vorzusehen, sodass sie gröblich benachteiligend und auch aus diesem Grund intransparent sei.

[58] 4.3 Selbst unter der Annahme, dass der aus dem ZaDiG 2018 übernommene Begriff „Zahlungsdienste“ nicht unklar ist, verstößt die Geschäftsbedingung gegen das Transparenzgebot: Es mag sich zwar ermitteln lassen, für welche Leistungen die Klausel nicht gilt, weil es sich dabei um Zahlungsdienste im Sinne des ZaDiG handelt. Auf welche Leistungen die Vertragsbestimmung aber umgekehrt Anwendung finden soll, bleibt völlig unbestimmt und unklar. Im Übrigen erweckt die Formulierung, dass „der Kunde bis zur Wirksamkeit der Sperre … alle Folgen und Nachteile infolge der missbräuchlichen Verwendung“ trägt, den unrichtigen Eindruck, der Kunde könne dem Kreditinstitut kein Mitverschulden bzw keine – in der Sphäre der Beklagten liegende – Verzögerung der Sperre entgegenhalten. Der Verweis der Beklagten auf die Entscheidung 4 Ob 179/02f [Bestimmung Z 10] ist insofern nicht hilfreich, als die dort zu beurteilende Bestimmung ( „Der Kunde hat ... Mitwirkungspflichten zu beachten; deren Verletzung führt zu Schadenersatzpflichten des Kunden oder zur Minderung seiner Schadenersatzansprüche gegen das Kreditinstitut.“ ) einen nicht vergleichbaren Wortlaut hatte und – anders als hier – keine abschließende Regelung suggerierte.

[59] Klausel 10

„4.2.1 Erteilung von Aufträgen mittels ***** […] Das Kreditinstitut behält sich das Recht vor, mittels Internet bzw Telekommunikation erteilte Aufträge abzulehnen und den Kunden zur persönlichen Vorsprache und Legitimierung einzuladen .

[aus den Bedingungen für die Nutzung von Internetbanking „*****“ (Fassung Juli 2018)]

[60] 5.1 Nach Ansicht der Vorinstanzen ist diese Klausel gröblich benachteiligend, weil die der Beklagten zugedachte Rechtsposition in einem auffälligen Missverhältnis zur Rechtsposition ihres Vertragspartners stehe. Etwa beim Wertpapiergeschäft sei es ein wichtiges Anliegen des Kunden, dass die Order sofort platziert werde, um beispielsweise den Schluss der Märkte nicht zu verpassen, damit keine Kursverluste eintreten. Eine sachliche Rechtfertigung der Regelung durch Verbraucherschutzaspekte sei nicht zu sehen, weil die Klausel nicht auf eine Missbrauchsvermutung seitens der Bank abstelle, sondern von dieser schlechthin alle Aufträge abgelehnt werden könnten. Das Berufungsgericht beurteilte die Klausel zudem als intransparent, weil dem Verbraucher nicht klar sei , unter welchen Voraussetzungen sein durch Internet oder Telekommunikation erteilter Auftrag abgelehnt und/oder einer Autorisierungskontrolle unterzogen w erde.

[61] 5.2 Die Revision bemängelt, dass das Berufungsgericht gar keine Interessensabwägung vornehme, sondern lediglich auf die Handlungsspielräume der Beklagten verweise, ohne die dem Kunden erwachsenden Vorteile zu prüfen. Klar ersichtliches Ziel der Klausel sei, den Kunden vor unautorisierten Aufträgen zu schützen und, um diesen Schutz zu gewährleisten, in Ausnahmefällen eine weitere (persönliche) Legitimierung der Auftragserteilung zu verlangen. Die Klausel sei für den Durchschnittsverbraucher auch jedenfalls verständlich.

[62] Der Revisionsgegner wendet ein, die Klausel könne nicht sachlich gerechtfertigt sein, weil ihr Wortlaut gar nicht darauf Bezug nehme, ob die Beklagte irgendeinen Grund zu Annahme habe, dass mittels Internet bzw Telekommunikation erteilte Aufträge nicht vom Kunden stammten. Vielmehr solle es der Beklagten nach ihrem Gutdünken freistehen, solche Aufträge bis zur persönlichen Legitimation durch den Verbraucher abzulehnen.

[63] 5.3 Die Behauptung der Beklagten, die Klausel solle den Kunden nur vor unautorisierten Aufträgen schützen, spiegelt sich im Wortlaut der Klausel nicht wider. Zutreffend sind die Vorinstanzen daher zu dem Ergebnis gelangt, dass die Vertragsbestimmung der Beklagten das uneingeschränkte Recht gewährt, mittels Internet oder Telekommunikation erteilte Aufträge abzulehnen und den Kunden zur persönlichen Vorsprache und Legitimierung einzuladen. Dass ein derart weiter – in keiner Weise determinierter – Handlungsspielraum der Beklagten zu Nachteilen für den Kunden führen kann, weil sich die Abwicklung von Aufträgen durch persönliches Erscheinen des Kunden in der Filiale verzögert, liegt auf der Hand. Da sich für den Kunden aus der Klausel nicht einmal ansatzweise ergibt, aus welchen Gründen die Beklagte einen Auftrag ablehnen kann, ist für ihn auch nicht absehbar, wie er diese für ihn negative Maßnahme abwenden könnte. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klausel sei gröblich benachteiligend, ist damit nicht korrekturbedürftig.

[64] Klausel 11

„Bei Sparkonten, bei welchen ab dem 15. 04. 2009 eine individuelle Zinssatzvereinbarung zwischen dem Kunden und dem Kreditinstitut getroffen wird, wird sich das Kreditinstitut mit dem Kunden darauf einigen,

dass der entsprechende Zinssatz nur für die jeweils vereinbarte Dauer von zwölf Monaten gewährt,

die erste Anpassung des Zinssatzes gemäß der oben angeführten Zinsgleitklausel

a) im Falle, dass die Eröffnung vom 01.–14. des ersten Monats eines Quartals vorgenommen wird, zum Anpassungstermin im nächsten Quartal (z B Vereinbarung am 10. 01. 201 8 → 1. Anpassung am 15. 04. 2018)

b) im Falle, dass die Eröffnung nach dem 14. des ersten Monats eines Quartals vorgenommen wird, zum Anpassungstermin im übernächsten Quartal (zB Vereinbarung am 17. 01. 201 8 → 1. Anpassung am 15. 07. 2018) erfolgen

und dass nach Ablauf dieser Laufzeit eine Herabsetzung dieses Zinssatzes um 0,5 % erfolgen wird.“

[aus den Bedingungen für das ***** Sparen/Sparbuch (Fassung Jänner 2018)]

[65] 6.1 Die Vorinstanzen kamen zu dem Ergebnis, dass die in dieser Klausel vorgesehene Herabsetzung des Zinssatzes um 0,5 % in Zusammenschau mit Punkt 4.5 der Bestimmungen für das ***** Sparen/Sparbuch, der vorsehe, dass die Beklagte auf die Herabsetzung des Zinssatzes verzichten könne, ein einseitiges Leistungsänderungsrecht im Sinn des § 6 Abs 2 Z 3 KSchG darstelle, das dem Verbraucher nicht zumutbar sei. Eine Senkung um einen Betrag, der den 3 Monats Euribor (im Zeitraum Jänner 2019 bis September 2019) übersteige, den auch die Zinsgleitklausel in Punkt 4.3 der Bestimmungen als Referenzzinssatz heranziehe, sei keinesfalls geringfügig.

[66] 6.2 Die Revisionswerberin macht geltend, dass sie sich mit der Klausel kein einseitiges Leistungsänderungsrecht im Sinn des § 6 Abs 2 Z 3 KSchG ausbedungen habe. Es sei von vornherein determiniert, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe die Senkung des Zinssatzes erfolge. Zwar sei in Punkt 4.5 vorgesehen, dass die Beklagte auf die Zinssenkung nach Ablauf der Laufzeit der Zinsvereinbarung verzichten könne, damit werde aber letztlich nur Selbstverständliches festgeschrieben. Mangels Anwendbarkeit des § 6 Abs 2 Z 3 KSchG spiele „die Geringfügigkeit“ daher keine Rolle. Davon abgesehen erfülle die Regelung aber auch das Kriterium der Zumutbarkeit, da die Zinssatzsenkung geringfügig und sachlich gerechtfertigt sei, zumal der Mindestzinssatz von 0,02 % nie unterschritten werde. Die Regelung sei auch weder überraschend noch intransparent. Zudem ließen die Vorinstanzen außer Acht, dass ein Vertrag über das betroffene Produkt („***** Sparen“) vom Kunden ausschließlich persönlich in einer Filiale der Beklagten abgeschlossen werden könne und damit vor Vertragsabschluss auch stets eine persönliche Erklärung des Produkts und eine individuelle Beratung des Kunden erfolge. Der Zinssatz werde immer individuell für zwölf Monate vereinbart. Wenn vor Ablauf der bestehenden Zinssatzvereinbarung eine neue Vereinbarung mit dem Kunden getroffen werde, komme es zu keiner Herabsetzung der Verzinsung um 0,5 %.

[67] Der Revisionsgegner erwidert, dass sehr wohl ein unzumutbares Leistungsänderungsrecht vorliege, das gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG, § 879 Abs 3 und § 864a ABGB verstoße.

[68] 6.3.1 Nichtig sind nach § 6 Abs 2 Z 3 KSchG nicht individuell ausgehandelte Vertragsbestimmungen, die dem Unternehmer ein Recht auf einseitige Änderung der von ihm zu erbringenden Leistung gewähren, es sei denn, die Leistungsänderung ist dem Verbraucher zumutbar, besonders weil sie geringfügig und sachlich gerechtfertigt ist.

[69] Auszugehen ist vom Grundsatz, dass der Vertrag so erfüllt werden soll, wie er vereinbart wurde. Einseitige Leistungsänderungen müssen durch ein gerechtfertigtes Interesse des Unternehmers legitimiert sein. Besonderheiten des Leistungsgegenstands müssen die Änderung unvermeidlich machen. Die Änderungen dürfen die subjektive Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung nicht merklich stören ( Krejci in Rummel ABGB 3 § 6 KSchG Rz 184).

[70] 6.3.2 Der Ansicht der Beklagten, hier liege mangels „Vorbehalt“ kein einseitiges Leistungsänderungsrecht vor, kann nicht beigetreten werden:

[71] Zu 2 Ob 22/12t hat der Oberste Gerichtshof im Zusammenhang mit der automatischen Konvertierung eines Fremdwährungskredits zu einem Stop-loss-Limit ausgesprochen, an der Anwendbarkeit des § 6 Abs 2 Z 3 KSchG ändere nichts, dass sich die dort beklagte Partei „ein Gestaltungsrecht im Sinne eines Automatismus ausbedungen“ habe. Es mache im Ergebnis keinen Unterschied, ob der Beklagten bei Erreichen eines bestimmten Limits die an keine weiteren Voraussetzungen geknüpfte Berechtigung zur einseitigen Konvertierung eingeräumt werde oder ob dieses Recht nach Vorgabe durch den Unternehmer „automatisch“ ausgeübt werde.

[72] Von einem Automatismus kann hier insofern keine Rede sein, als die Beklagte selbst einräumt, auf die Herabsetzung des Zinssatzes verzichten zu können, womit der Eintritt der Leistungsänderung allein in ihrem Belieben steht. Dass sowohl der Zeitpunkt als auch der Faktor vorgegeben sind, um den der Zinssatz reduziert wird (falls die Beklagte nicht darauf verzichtet), führt nur dazu, dass der Änderungsvorbehalt dahingehend konkretisiert ist. Daraus folgt aber nicht, dass er auch zumutbar wäre. Schon im Vergleich mit dem sehr niedrigen – von der Beklagten selbst ins Treffen geführten – Mindestzinssatz von 0,02 % zeigt sich, dass eine Veränderung von 0,5 % keinesfalls geringfügig ist. Im Übrigen lässt sich der Revision inhaltlich überhaupt keine sachliche Rechtfertigung für die Klausel entnehmen. Eine solche müsste aber zusätzlich zur Geringfügigkeit (arg „und“) vorliegen, um die Leistungsänderung zumutbar zu machen ( Krejci in Rummel ABGB 3 § 6 KSchG Rz 183).

[73] 6.3.3 Die Ausführungen der Beklagten zur persönlichen Aufklärung und Beratung des einzelnen Kunden anlässlich des Vertragsabschlusses gehen schon deshalb ins Leere, weil im Verbandsprozess weder auf die praktische Handhabung noch auf individuelle Erklärungen oder Vereinbarungen Rücksicht genommen werden kann (RS0121726).

[74] Zu Recht haben die Vorinstanzen daher einen Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG bejaht.

[75] Klausel 12

„6.3. […] Vorschusszinsenfreie Behebungen sind in der Zeitspanne von 28 Tagen vor bis 7 Tage nach Ablauf des ein- oder mehrfachen der im Buch eingetragenen Frist für den entsprechenden Betrag jeweils möglich.“

[aus den Bedingungen für das ***** Sparen/Sparbuch (Fassung Jänner 2016)]

[76] 7.1 Die Vorinstanzen beurteilten die Klausel als intransparent. Bei kundenfeindlichster Auslegung sei nicht ersichtlich, dass eine Nichtbehebung der Einlage automatisch zu einer neuen Bindung der Einlage führe. Darauf werde auch sonst in den AGB an keiner Stelle hingewiesen. Der Konsument werde darüber hinaus davon ausgehen, dass es sich bei den Vorschusszinsen um „Verzugszinsen“ handle, die anfallen, wenn der angesparte Betrag nicht rechtzeitig behoben wird. Das Berufungsgericht ergänzte, dass aus der Klausel nicht hervorgehe, dass eine vorschusszinsenfreie Behebung nach Ablauf der Bindungsvereinbarung – und nicht nur bis sieben Tage danach – stets möglich sein solle. Bei der Auslegung im kundenfeindlichsten Sinn könne die Klausel nur so verstanden werden, dass eine (vorschuss )zinsenfreie Abhebung nur bis sieben Tage nach Ablauf der Bindungsvereinbarung möglich sei. Dies wäre auch noch gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.

[77] 7.2 Nach Ansicht der Revisionswerberin lässt das Berufungsgericht – wie schon das Erstgericht – unberücksichtigt, dass dem Kunden aufgrund einer persönlichen Beratung vor Vertragsabschluss bekannt sei, dass es sich um ein Sparprodukt mit revolvierend gebundenen Einlagen handle und dass, sofern er die jeweilige Einlage nach Ablauf der Bindung nicht innerhalb der Behebungsfrist behebt, diese – ohne Nachteile für den Kunden – wieder neu veranlagt werde. Beträge und Bindungen seien für den Kunden aus dem Sparbuch klar ersichtlich. Der Kunde werde vor jeder Behebung auf den aktuell vorschusszinsenfrei zur Behebung zur Verfügung stehenden Betrag hingewiesen. Bei vorzeitiger Behebung nach Wiederveranlagung verliere der Kunde die für die vorangegangenen Veranlagungsperioden angefallene Verzinsung nicht, nur für die bei Behebung noch laufende Veranlagungsperiode würden Vorschusszinsen verrechnet.

[78] Der Revisionsgegner meint, dass sich gerade aus den Ausführungen der Beklagten die Intransparenz der Klausel ergebe. Die Klausel sei zudem überraschend und nachteilig im Sinn des § 864a ABGB sowie gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.

[79] 7.3 Die Revisionswerberin leitet die Zulässigkeit der Klausel ausschließlich aus einer individuellen Aufklärung und Beratung ab, die der Kunde zum Produkt bei Vertragsabschluss erhalten soll. Darauf ist aber, wie bereits ausgeführt wurde, im Verbandsprozess nicht Bedacht zu nehmen (RS0121726 [T4]).

[80] Dass sich der „revolvierende“ Charakter des Sparprodukts, sprich die automatische Wiederveranlagung mit neuerlicher Bindung bei nicht fristgerechter Behebung, weder aus der Klausel noch den Bedingungen selbst klar ergibt, scheint auch die Beklagte nicht in Zweifel zu ziehen. Ebenso wenig geht aus der Klausel hervor, dass bei vorzeitiger Behebung nach Wiederveranlagung die in der vorangehenden Veranlagungsperiode angefallenen Zinsen nicht verloren gehen. Da offenkundig jede Einzahlung durch den Kunden einer eigenen Bindungsfrist und Wiederveranlagung unterliegt, verschleiert die Klausel auch, welche Beträge der Kunde wann ohne Belastung mit Vorschusszinsen beheben kann.

[81] Die Klausel verletzt damit jedenfalls das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG.

[82] Klausel 13

„6.4 Das Kreditinstitut behält sich vor, Spareinlagen unter Einhaltung einer zweimonatigen Kündigungsfrist zu kündigen […]. Die Verzinsung hört mit dem Ende dieser Kündigungsfrist auf, nicht behobene Beträge können auf Kosten und Gefahr eines Kunden bei Gericht hinterlegt werden.“

[aus den Bedingungen für das ***** Sparen/Sparbuch (Fassung Jänner 2016)]

[83] 8.1 Nach Ansicht der Vorinstanzen ist diese Klausel gröblich benachteiligend und überraschend im Sinn des § 864a ABGB. Das Berufungsgericht ging davon aus, dass das unbeschränkt zu Gunsten der Beklagten formulierte Kündigungsrecht sachlich nicht gerechtfertigt sei, weil es an der Beklagten liege, die Vereinbarung der Spareinlagen so zu konstruieren, dass nach Ablauf der ursprünglichen Bindung wiederum eine Bindung auf bestimmte Zeit eintrete. Bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung sei eine vorschusszinsenfreie Auszahlung von befristeten Einlagen auch dann nicht möglich, wenn die Beklagte selbst die Einlage vor dem Ende der Laufzeit kündige. Die Klausel sei zudem überraschend, weil bei befristeten Verträgen mit kurzer Laufzeit der durchschnittlich verständige Verbraucher nicht damit rechne, dass eine Kündigungsmöglichkeit des Vertragspartners bestehe.

[84] 8.2 Die Revision hält dem entgegen, dass mangels vereinbarter Vertragsdauer ein unbefristetes Dauerschuldverhältnis vorliege. Außerdem könne der Kunde gebundene Spareinlagen gemäß § 32 Abs 8 BWG jederzeit beheben und das Sparbuch ohne Einhaltung einer Frist jederzeit schließen. Für die Beklagte wäre demgegenüber eine Vertragsbeendigung, wollte man ihr keine Kündigungsmöglichkeit zubilligen, überhaupt nicht möglich. Hinzu komme, dass es sich um ein Produkt mit revolvierend gebundenen Einlagen handle und sich die Bindungen, sofern die jeweilige Einlage nach Ablauf der Bindung nicht innerhalb von sieben Tagen behoben werde, laufend erneuerten. Selbst bei kundenfeindlichster Auslegung könne die Klausel nicht so verstanden werden, dass dem Kunden bei Kündigung durch die Beklagte Vorschusszinsen berechnet werden könnten.

[85] Der Revisionsgegner erwidert, die Klausel sei sehr wohl auch auf befristete Dauerschuldverhältnisse (gebundene Spareinlagen) anwendbar. Es wäre Sache der Beklagten, ihre AGB so zu gestalten, dass keine automatische Erneuerung der Vertragslaufzeit eintritt, wenn der Verbraucher seine Einlage nicht behebt.

[86] 8.3 Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten gehen die Vertragsparteien in Ansehung der gebundenen Spareinlagen ein befristetes Dauerschuldverhältnis ein. Der Umstand, dass die Beklagte, wenn der Kunde die Einlage nicht binnen sieben Tagen nach Ablauf der Bindungsfrist behebt, erneut eine befristete Veranlagung zustande kommen lässt, ist allein ihrer Vertragsgestaltung geschuldet und begründet kein unbefristetes Dauerschuldverhältnis. So vermag auch die Vereinbarung einer Verlängerungsklausel (im Rahmen eines Versicherungsvertrags) am Charakter eines „Dauerschuldverhältnisses auf bestimmte Zeit“ nichts zu ändern (vgl RS0115853).

[87] Da es die Beklagte in der Hand hätte, keine automatische Erneuerung der Bindung bei nicht fristgerechter Behebung der Einlage durch den Kunden vorzusehen, ist kein Grund ersichtlich, warum es der Einräumung einer einseitigen unbeschränkten Kündigungsmöglichkeit zugunsten der Beklagten bedürfte. Im Zusammenhalt mit der AGB Klausel 4.6., die bloß auf Auszahlungen vor Laufzeitende abstellt, könnte die Beklagte dem Kunden darüber hinaus bei einer von ihr aufgrund der beanstandeten Klausel ausgesprochenen Kündigung vor Ende der Bindungsfrist Vorschusszinsen verrechnen. Das ist gröblich benachteiligend.

[88] Letztlich trifft auch die Annahme des Berufungsgerichts zu, der Kunde müsse nicht mit einer unbeschränkten Kündigungsmöglichkeit (nur) seines Vertragspartners bei einem – verhältnismäßig kurz – befristeten Dauerschuldverhältnis rechnen.

[89] Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen ist damit nicht zu beanstanden.

[90] Klausel 14

„2.4 Darüber hinaus ist der Mieter, der die Miete für das laufende Kalenderjahr bezahlt hat, zur jederzeitigen Auflösung des Mietverhältnisses durch formlose Aufkündigung und Rückgabe des Schließfachschlüssels berechtigt. Eine Rückvergütung anteiliger Mietbeträge findet nicht statt.“

[aus den Bedingungen für die Überlassung von Sparbuchschließfächern]

[91] 9.1 Die Vorinstanzen beanstandeten, dass bei kundenfeindlichster Auslegung der bereits geleistete Mietzins nie, selbst bei einer Auflösung des Vertrags aus wichtigem Grund nicht, anteilig zurückzuerstatten sei. Dies führe zu einer unzulässigen generellen Abbedingung eines anteiligen Rückforderungsanspruchs.

[92] 9.2 Dagegen kann nach Ansicht der Revisionswerberin für den Kunden nicht zweifelhaft sein, dass er – bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen – ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund habe, bei welchem ihm gegebenenfalls auch ein anteiliger Rückforderungsanspruch zustehe. Das in der gegenständlichen Klausel geregelte, nicht an das Vorliegen von Gründen und Fristen/Termine gebundene Kündigungsrecht (mit seinen dort geregelten Rechtsfolgen) stelle ein den Kunden gegenüber dem dispositiven Recht begünstigendes zusätzliches Recht dar. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Kunde für die Nutzung des Sparbuchschließfachs lediglich ein äußerst geringes Jahresentgelt von 16,60 EUR (0,04547945 EUR pro Tag) zu entrichten habe. Setze man diese geringen Beträge in Relation zum Verwaltungsaufwand auf Seiten der Beklagten, werde deutlich, dass die Vorteile des Kunden klar überwiegen würden.

[93] Nach Meinung des Revisionsgegners enthält die Klausel kein gegenüber dem dispositiven Recht begünstigendes Kündigungsrecht. Sie stelle im Übrigen auch nicht auf die Bestimmung des § 1107 ABGB ab, wonach sich der Vermieter den ersparten Aufwand und die durch anderwertige Verwertung des Bestandstücks erlangten Vorteile anzurechnen habe.

[94] 9.3.1 Bei ungünstigster Auslegung schließt die Klausel sehr wohl für jeden Fall der vorzeitigen Vertragsauflösung durch den Mieter eine Rückvergütung anteiliger Mietbeträge aus. Das steht, wie auch die Beklagte einräumt, bei Auflösungen aus wichtigem Grund mit dem dispositiven Recht nicht in Einklang. Dass die Beklagte diese Fälle mit ihren AGB gar nicht regeln wollte, wie sie offenbar meint, wird in der Klausel nicht zum Ausdruck gebracht.

[95] 9.3.2 Dem von der Beklagten in diesem Zusammenhang bemühten „Preisargument“ kommt nach der Rechtsprechung nur eingeschränkte Bedeutung zu (vgl RS0014676 [T32]): Eine benachteiligende Bestimmung in einzelnen Punkten kann bei einer vorzunehmenden Gesamtbetrachtung auch gerechtfertigt erscheinen; insbesondere können Nachteile durch andere vorteilhafte Vertragsbestimmungen ausgeglichen werden (1 Ob 146/15z mwN).

[96] Ein Vorteil des Kunden, der im Rahmen einer Gesamtbetrachtung den Nachteil rechtfertigen könnte, in keinem Fall Vorausleistungen anteilig zurückzuerhalten, ist hier allerdings nicht ersichtlich: Von einer besonderen Begünstigung des Kunden durch die Einräumung eines außerordentlichen Kündigungsrechts vor Ende des laufenden Kalenderjahres kann keine Rede sein, wenn der Kunde trotzdem zur Erbringung der vollständigen Gegenleistung verpflichtet bleibt.

[97] Mit ihren Ausführungen, dass sich die Rückerstattung in Anbetracht der geringen Höhe des zu refundierenden Entgelts nicht lohnen würde, bringt die Beklagte jedenfalls kein „Preisargument“ im Sinn der Rechtsprechung zur Darstellung. Den angeblichen „Verwaltungsaufwand“ hat sie ohnehin nie näher konkretisiert.

[98] Die Klausel ist daher gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.

[99] Klausel 15

„3.1 Der Mietzins richtet sich nach den im Kassenraum durch Aushang verlautbarten Sätzen.“

[aus den Bedingungen für die Überlassung von Sparbuchschließfächern]

[100] 10.1 Nach Ansicht der Vorinstanzen verstößt die Klausel gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG, weil diese weder die Umstände nenne, unter denen die Beklagte das Entgelt erhöhen könne, noch eine umstandsbedingte Entgeltssenkung vorsehe. Z 44b der allgemeinen AGB gelte für den Sparbuchschließfachvertrag nicht. Dafür, dass der Verweis bloß statisch wäre, gebe es keine Anhaltspunkte. Der Umstand, dass hier mehrere denkbare Auslegungsvarianten gegeben seien, führe nach dem Berufungsgericht auch dazu, dass Intransparenz vorliege.

[101] 10.2 Die Revisionswerberin erwidert, dass die Bestimmungen der allgemeinen AGB die Bedingungen Sparbuchschließfach ergänzen würden. Daher sei Z 44b der allgemeinen AGB anwendbar, der die Entgeltanpassung für Dauerverträge regle, die – wie hier – keine Zahlungsdienste betreffen würden. Es handle sich somit unzweifelhaft um einen statischen Verweis auf den bei Vertragsabschluss im Kassenraum befindlichen Aushang, der keinesfalls gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG verstoße. Der Kunde werde bei Abschluss des Sparbuchschließfachvertrags darauf aufmerksam gemacht, dass eine Entgeltänderung entsprechend einer Entgeltanpassungsklausel erfolgen könne; ein solcher Querverweis führe aber zu keiner Intransparenz im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG.

[102] Der Revisionsgegner betont, der Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG sei offenkundig. Da der Vertragspartner über die wahre Vertragslage getäuscht werde, sei die Klausel auch intransparent.

[103] 10.3.1 Wiederum ist die Beklagte einleitend darauf zu verweisen, dass eine allfällige individuelle Aufklärung des Kunden bei Vertragsabschluss keine Relevanz für die Beurteilung der Klausel im Verbandsprozess hat (RS0121726 [T4]).

[104] 10.3.2 Nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG sind für den Verbraucher Vertragsbestimmungen im Sinn des § 879 ABGB jedenfalls nicht verbindlich, nach denen dem Unternehmer auf sein Verlangen für seine Leistung ein höheres als das bei der Vertragsschließung bestimmte Entgelt zusteht, es sei denn, dass der Vertrag bei Vorliegen der vereinbarten Voraussetzungen für eine Entgeltänderung auch eine Entgeltsenkung vorsieht, dass die für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände im Vertrag umschrieben und sachlich gerechtfertigt sind sowie dass ihr Eintritt nicht vom Willen des Unternehmers abhängt.

[105] Dass die beanstandete Klausel – jedenfalls für sich betrachtet – dieser Bestimmung widerspricht, weil sie bloß auf einen Aushang im Kassenraum verweist, durch dessen Änderung auch der Mietzins für das Sparbuchschließfach geändert werden könnte, scheint auch die Beklagte zuzugestehen.

[106] Ihre Argumentation, Z 44b der allgemeinen AGB enthalte eine der Regelung des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG entsprechende Entgeltanpassungsklausel, ist nicht zielführend, weil das Verhältnis zwischen dieser Entgeltanpassungsklausel und der in den Sonderbedingungen für die Überlassung von Sparbuchschließfächern zu findenden beanstandeten Klausel völlig unklar bleibt. Es erschließt sich dem Kunden mangels Verweises in der Klausel selbst schon nicht, dass sie durch eine andere Klausel in anderen Bedingungen ergänzt werden soll, geschweige denn, dass diese andere Klausel der beanstandeten vorgehen soll. In den allgemeinen AGB heißt es vielmehr unter Z 1, dass Sonderbedingungen vorrangig gelten.

[107] Zutreffend ist das Berufungsgericht daher zur Auffassung gelangt, dass die Klausel jedenfalls intransparent ist.

[108] III. Zur Wiederholungsgefahr

[109] Dem Einwand der Beklagten, dass in Bezug auf die Klauseln 1 bis 10 und 15 keine Wiederholungsgefahr vorliege, weil diese Klauseln schon mit 11. 2. 2019 adaptiert bzw ersatzlos gestrichen worden seien, hat bereits das Berufungsgericht zu Recht entgegengehalten, dass eine bloße Änderung der Geschäftsbedingungen, die zudem keine Gewähr dafür bietet, dass sich das Unternehmen nicht für bereits bestehende Verträge auf eine frühere Fassung beruft, keinesfalls ausreicht, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen (RS0124304). Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass die Beklagte weiterhin auf der Zulässigkeit der Klauseln beharrt (vgl RS0012055). Die Voraussetzungen für einen Wegfall der Wiederholungsgefahr sind daher nicht gegeben.

[110] IV. Zur Leistungsfrist:

[111] Die Beklagte meint, die Frist für das Unterlassen des Sich-Berufens auf die Klauseln wäre wie für die der Verwendung mit sechs – und nicht nur drei – Monaten festzusetzen gewesen.

[112] Auch bei Unterlassungsklagen ist nach § 409 Abs 2 ZPO eine angemessene Leistungsfrist zu bestimmen, wenn die Unterlassung die Pflicht zur Änderung eines Zustands einschließt (s RS0041265 [T2, T3]). Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob die Umsetzung des Unterlassungsgebots aktiver Vorkehrungen wie bestimmter betrieblicher und/oder organisatorischer Maßnahmen bedarf (vgl RS0041265 [T12]). Bedarf es einer Leistungsfrist für die Unterlassung des Sich-Berufens auf unzulässige Klauseln, wird darauf Bedacht zu nehmen sein, dass der Unternehmer seine Rechtsposition aus den rechtswidrigen Klauseln keinesfalls ohne Notwendigkeit aufrechterhalten können soll, was im Zweifel für eine knappere Bemessung der Frist sprechen wird (RS0041265 [T13]). Die Länge der Leistungsfrist ist einzelfallbezogen zu beurteilen (RS0041265 [T8]).

[113] Im Anlassfall zeigt die Beklagte in keiner Weise auf, warum die gesetzte Leistungsfrist nicht ausreichend sein sollte. Schließlich bringt sie selbst vor, die Klauseln schon großteils geändert bzw gestrichen zu haben.

[114] V. Zur Urteilsveröffentlichung:

[115] Die Revisionswerberin vertritt nach wie vor den Standpunkt, dass die Verpflichtung zur Veröffentlichung in einem Massenmedium wie der „Kronen-Zeitung“ weit überschießend wäre, insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Vielzahl der zu unterlassenden Klauseln Leistungen betreffen würden, die online abgewickelt würden; die betroffenen Kunden seien daher in der Regel „internetaffin“ und nutzten eher Online als Printmedien.

[116] Die Frage, ob und in welchem Umfang ein Aufklärungsinteresse besteht, ist regelmäßig von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig (RS0079764 [T16]; RS0042967 [T8]); das gilt auch für die Wahl des Publikationsmediums (RS0042967 [T11]).

[117] Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach klargestellt, dass es dem Interesse an der Urteilsveröffentlichung in einem Printmedium keinen Abbruch tut, dass die Beklagte ihre Leistungen (auch) „online“ anbietet, weil das nicht zwingend ein Bedürfnis nach einer allgemeinen Aufklärung des Publikums mithilfe einer Tageszeitung ausschließt (6 Ob 169/15v ua). Die Veröffentlichung in der bundesweit erscheinenden Samstag Ausgabe der „Kronen-Zeitung“ entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (8 Ob 144/18 uva).

[118] VI. Der Revision war daher insgesamt nicht Folge zu geben.

[119] VII. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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