JudikaturJustiz7Ob555/95

7Ob555/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Juni 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 25.3.1994 verstorbenen Sophie Margaretha S*****, ***** infolge Revisionsrekurses des Miterben Edmund F*****, ***** vertreten durch Dr.Adolf Concin und Dr.Heinrich Concin, Rechtsanwälte in Bludenz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 13.März 1995, GZ 2 R 72/95-31, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 16.Jänner 1995, GZ 7 A 83/94m-28, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Ein Verlassenschaftskurator ist - über ein enges Verständnis des Wortlautes des § 78 AußStrG hinaus - nicht nur dann zu bestellen, wenn die Erben "gänzlich unbekannt sind" oder wenn sie keine Erbserklärung abgeben, sondern auch dann, wenn widersprechende Erklärungen abgegeben wurden (Knell, Kuratoren 99 f; SZ 19/16; SZ 24/161; EvBl 1974/286; SZ 49/149; 4 Ob 501/92), weil in diesem Fall keinem der erbserklärten Erben die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses (§ 145 AußStrG) übertragen werden kann. Zur Vertretung des Nachlasses, sei es für laufende Verwaltungsgeschäfte oder für Prozesse, muß dann ein Verlassenschaftskurator bestellt werden, weil noch nicht feststeht, wer letzten Endes berechtigt ist, den Nachlaß zu vertreten (SZ 19/16; SZ 24/161; SZ 49/149).

Der Geschäftskreis des nach § 78 AußStrG bestellten Verlassenschaftskurators umfaßt die Vertretung und Verwaltung des Nachlasses. Der Verlassenschaftskurator ist nicht Vertreter von Beteiligten im Abhandlungsverfahren, sondern der vom Gericht bestellte Vermögensverwalter und Vertreter des ruhenden Nachlasses (Knell aaO 103). Er vertritt nicht die Erben (3 Ob 501/79; SZ 61/239; 4 Ob 501/92; NZ 1994, 109) und hat insbesondere auch nicht die Interessen (einzelner oder aller) erbserklärter Erben zu wahren, wenn er auch - im Ergebnis - durch die Vertretung des Nachlasses materiell für diejenigen handelt, die sich später als die wahren Erben herausstellen. Nur in diesem Sinn vertritt er die "Erben in abstracto", aber nicht bestimmte Erben (Knell aaO; 4 Ob 501/92; NZ 1994, 109). Bereits aus diesen Grundsätzen ergibt sich, daß die - hier - zwischen den Miterben strittige Frage der Zugehörigkeit einer einzelnen Sache (hier ein Sparbuch) zur Verlassenschaft allein kein gesetzlicher Grund für die Bestellung eines Verlassenschaftskurators ist. Aber auch die Feststellung von Kontonummer und Einlagestand zählt nicht zu den für die Bestellung eines Verlassenschaftskurators in § 78 AußStrG genannten Gründen. Führt die infolge des Vorliegens bedingter Erbserklärungen des Revisionsrekurswerbers und seiner einzigen Miterbin vorzunehmende Inventarisierung der Gegenstände, die sich im Besitz des Erblassers befunden haben, nach dem vom Abhandlungsgericht durchzuführenden förmlichen Beweisverfahren (EvBl 1985, 741; EFSlg 70.465; EvBl 1993/71) nicht zu dem vom Revisionsrekurswerber gewünschten Erfolg, dann kann er sein vermeintlich besseres Recht auf den seiner Erbquote entsprechenden Einlagenstand nur im Rechtsweg geltend machen. Die vom Erblasser abgeleiteten Einzelrechte verfolgt der Erbe (auch gegen Miterben) nur mit Singularklagen wie der rei vindicatio (EvBl 1956/268; NZ 1984, 107). Die Aufnahme oder Nichtaufnahme einzelner Sachen in das Inventar hat für einen solchen Rechtsstreit keine Bedeutung (SZ 42/109; EFSlg 37.216; NZ 1990, 301).

Der Beschluß des Rekursgerichtes, mit dem der Antrag des Revisionsrekurswerbers auf Bestellung eines Verlassenschaftskurators zur Ergreifung aller gerichtlichen und außergerichtlichen Maßnahmen zur Abklärung, ob sich zum Todeszeitpunkt ein bestimmtes Sparbuch im Besitz der Erblasserin befunden hat, abgewiesen wurde, entspricht daher der dargelegten Rechtslage. Ungeachtet des nicht bindenden Ausspruches des Rekursgerichtes, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508a ZPO) war der Revisionsrekurs des Miterben mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG daher zurückzuweisen.

Rechtssätze
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