JudikaturJustiz7Ob134/13a

7Ob134/13a – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. September 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** T*****, vertreten durch Dr. Klaus Riedmüller, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei S***** Versicherung AG *****, vertreten durch MUSEY rechtsanwalt gmbh in Salzburg, wegen Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 7. Mai 2013, GZ 4 R 65/13k 27, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrte die Feststellung, dass ihr die Beklagte aus dem abgeschlossenen Unfallversicherungsvertrag für einen bestimmten Schadensfall Deckungsschutz zu gewähren habe. Sie bewertete das Feststellungsbegehren mit 15.000 EUR.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und die Revision nicht zulässig sei. Zur Begründung des Bewertungsausspruchs führte es aus, es bestehe keine Veranlassung, von der von der Klägerin vorgenommenen Bewertung abzugehen.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit einem Antrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO, verbunden mit einer ordentlichen Revision.

Das Berufungsgericht wies mit Beschluss vom 26. 6. 2013 nur den Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO zurück. Es führte aus, es erachte die von der Klägerin angeführten Gründe für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision für nicht stichhaltig. Die Klägerin mache in ihrem Zulassungsantrag allerdings auch geltend, dass die Bewertung des Entscheidungsgegenstands durch das Berufungsgericht unzutreffend sei. Die Unrichtigkeit eines Bewertungsausspruchs könne „gemäß § 500 Abs 4 ZPO“ nur in einer außerordentlichen Revision geltend gemacht werden, wobei die diesbezügliche Bezeichnung des Rechtsmittels durch die Klägerin nicht von Bedeutung sei. Ihre Eingabe sei als außerordentliche Revision aufzufassen. Deshalb sei von der Zurückweisung der von der Klägerin mit ihrem Zulassungsantrag verbundenen Revision abzusehen.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht legte daraufhin die Revision der Klägerin dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.

Die Revision ist unzulässig.

1. Das Berufungsgericht wies gemäß § 508 Abs 4 ZPO nur den Antrag der Klägerin auf Abänderung des Ausspruchs über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision, nicht aber auch die Revision zurück. Diese Entscheidung ist rechtskräftig. Damit ist die von der Klägerin hergestellte Verbindung zwischen dem Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO und der Revision gelöst. Der Oberste Gerichtshof kann somit über die noch nicht erledigte Revision entscheiden (vgl 1 Ob 176/02t; 1 Ob 145/01g).

2. Das Berufungsgericht hat nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO über den Wert des Entscheidungsgegenstands abzusprechen, ohne dabei an die Bewertung der Klägerin nach § 56 Abs 2 JN gebunden zu sein. Der Bewertungsausspruch ist grundsätzlich unanfechtbar und für den Obersten Gerichtshof bindend (RIS Justiz RS0042385; RS0042410; RS0042515), es sei denn, das Berufungsgericht hätte zwingende Bewertungsvorschriften verletzt, eine offenkundige Fehlbewertung vorgenommen oder eine Bewertung hätte überhaupt unterbleiben müssen (2 Ob 55/11v, 2 Ob 65/11i mwN; Zechner in Fasching/Konecny ² § 502 ZPO Rz 155). Selbst wenn wie hier keine zwingenden Bewertungsvorschriften bestehen (vgl 7 Ob 236/97z), ist das Berufungsgericht demnach in der Bewertung nicht völlig frei. Sein gebundenes Ermessen hat sich an den für die Bewertung des Streitgegenstands normierten Grundsätzen zu orientieren. Danach bildet der objektive Wert der Streitsache ein Bewertungskriterium. Das Berufungsgericht darf daher den Wert des Entscheidungsgegenstands bezogen auf den objektiven Wert der Streitsache weder übermäßig hoch noch übermäßig niedrig ansetzen; ist eine solche Fehlbeurteilung offenkundig, dann ist der Oberste Gerichtshof daran nicht gebunden (2 Ob 55/11v, 2 Ob 65/11i mwN; RIS Justiz RS0118748).

Die Klägerin vermag eine Überschreitung des Ermessensspielraums durch das Berufungsgericht nicht aufzuzeigen. Entgegen ihrer Ansicht rechtfertigen lediglich theoretisch mögliche maximale Leistungsversprechen aus dem Unfallversicherungsvertrag (auch unter Berücksichtigung des Alters der 1980 geborenen Klägerin) keinen Wert des Entscheidungsgegenstands des Berufungsgerichts „jedenfalls über einem Betrag von 30.000 EUR“. Eine offenkundige Unterbewertung durch das Berufungsgericht kann nicht angenommen werden, hat doch die Klägerin selbst den Entscheidungsgegenstand (nur) mit 15.000 EUR bewertet.

Es ist somit § 502 Abs 3 ZPO anzuwenden, wonach die Revision außer im hier nicht vorliegenden Fall des § 508 Abs 3 ZPO jedenfalls unzulässig ist, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 5.000 EUR, nicht aber insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Da das Berufungsgericht den Antrag der Klägerin gemäß § 508 Abs 1 ZPO rechtskräftig zurückwies, ist die Revision infolge Einmaligkeitswirkung dieses Beschlusses als gemäß § 502 Abs 3 ZPO unzulässig zurückzuweisen (vgl 3 Ob 337/99a).

Rechtssätze
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