JudikaturJustiz6Ob9/16s

6Ob9/16s – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** P*****, vertreten durch Dr. Stefan Gloyer, Rechtsanwalt in Innsbruck, als bestellter Verfahrenshelfer, gegen die beklagte Partei V***** GmbH, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 8.429.172,46 EUR sA über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 6.429.172,46 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 27. Oktober 2015, GZ 4 R 144/15f 68 in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der behauptete Nichtigkeitsgrund, den der Revisionswerber darin erblickt, dass das Erstgericht nicht über das Prozesshindernis der entschiedenen Sache mündlich verhandelt habe, war bereits Gegenstand seiner Berufung und wurde vom Berufungsgericht verworfen. Diese Rüge kann daher im Revisionsverfahren nicht nochmals aufgegriffen werden (RIS Justiz RS0042981, RS0043405).

2. Das Berufungsgericht hat einen vom Erstgericht zurückgewiesenen Teil des Klagebegehrens stattdessen meritorisch abgewiesen. Das Erstgericht hat den entsprechenden Anspruchsteil auch inhaltlich geprüft und nach Beweisaufnahme eine meritorische (Hilfs )Begründung in sein Urteil aufgenommen, weshalb dieser Anspruchsteil ohnehin abzuweisen gewesen wäre. Dies wurde vom Berufungsgericht überprüft. Damit hätte eine Wahrnehmung einer allfälligen Nichtigkeit der Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz nur die Aufhebung der Vorentscheidungen zur Folge, ohne dass sich an der Rechtsposition des Revisionswerbers etwas ändern würde. In dieser Situation kann aber im allfälligen Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes, weil das Gericht zweiter Instanz über einen vom Erstgericht zurückgewiesenen Teil des Klagebegehrens meritorisch entschieden hat (vgl RIS Justiz RS0042065; RS0042059; Zechner in Fasching/Konecny ² § 503 ZPO Rz 101), keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO liegen.

3. Nicht zu beanstanden ist auch, wenn das Erstgericht Teile der Feststellungen aus einem Vorverfahren übernommen hat. Das Erstgericht referiert ausschließlich Aktenbestandteile des Vorverfahrens und stützt dies ersichtlich auf die Verlesung des betreffenden Akts. Ein allenfalls in dritter Instanz noch wahrzunehmender Stoffsammlungsmangel liegt daher nicht vor (vgl auch 6 Ob 111/15i).

4. Entgegen der Rechtsansicht des Revisionswerbers liegt auch der Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO nicht vor, würde dieser doch voraussetzen, dass einzelne Aussprüche innerhalb des Spruchs der Entscheidung einander logisch ausschließen (RIS Justiz RS0042171 [T2], RS0041306). Der Widerspruch muss demnach den Spruch der Entscheidung selbst betreffen (4 Ob 169/03m; E. Kodek in Rechberger , ZPO 4 § 477 Rz 12).

5. Soweit der Revisionswerber in der Behandlung seiner Beweisrüge durch das Berufungsgericht einen Verfahrensmangel erblickt, ist ihm entgegenzuhalten, dass das Berufungsverfahren nur dann mangelhaft wäre, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisfrage überhaupt nicht befasst hätte (RIS Justiz RS0043371). Hat das Berufungsgericht hingegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft und nachvollziehbare Erwägungen über die Beweiswürdigung angestellt, so liegt kein Verfahrensmangel vor (RIS Justiz RS0043150, RS0043268). Das Berufungsgericht ist dabei nicht genötigt, sich mit jedem einzelnen Beweisergebnis und mit jedem Argument des Berufungswerbers auseinander zu setzen (RIS Justiz RS0043162).

6.1. Auch die weiteren Revisionsausführungen bringen keine erhebliche Rechtsfrage zur Darstellung. Die von den Vorinstanzen getroffene Negativfeststellung, wonach eine Darlehensabrede nicht festgestellt werden kann, gehen in Hinblick auf die den Kläger bei der Darlehensklage als Gläubiger treffende Beweislast (vgl RIS Justiz RS0019319) zu dessen Lasten.

6.2. Das auf Geldleistung in Höhe von 3,8 Mio EUR gerichtete Klagebegehren betrifft entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung nicht den auf Übergabe der Liegenschaften gerichteten vertraglichen Leistungsanspruch, sondern den Anspruch auf Ersatz des Nichterfüllungsschadens. Ein derartiger Anspruch verjährt aber auch dann innerhalb der kenntnisabhängigen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB, wenn der Erfüllungsanspruch selbst erst nach 30 Jahren verjähren würde (RIS Justiz RS0017735, RS0017007 [T3], RS0034346).

6.3. Dass der bloß mittelbar Geschädigte nicht anspruchsberechtigt ist, entspricht ständiger Rechtsprechung (RIS Justiz RS0021473). Wird eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung geschädigt, ist der Gesellschafter, dessen Geschäftsanteil entwertet wird, mit diesem Nachteil als mittelbar Geschädigter anzusehen (RIS Justiz RS0059432 [T3]). Damit ist die Abweisung des Klagebegehrens durch die Vorinstanzen aber nicht zu beanstanden.

6.4. Die behaupteten weiteren Verfahrensmängel liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

7. Zusammenfassend bringt die Revision daher keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass diese spruchgemäß zurückzuweisen war.

Rechtssätze
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