JudikaturJustiz6Ob66/23h

6Ob66/23h – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Februar 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer Zeni Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D* L*, geboren *, vertreten durch Huber und Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei O* L*, geboren *, vertreten durch Hasch und Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen Herausgabe eines GmbH Geschäftsanteils, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Februar 2023, GZ 13 R 186/22a 42, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 29. August 2022, GZ 5 Cg 63/21b 25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert , dass die Entscheidung zu lauten hat:

„Die beklagte Partei ist schuldig, an den Kläger den einer vollständig geleisteten Stammeinlage von 35.000 EUR entsprechenden Geschäftsanteil an der zu FN * im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien eingetragenen P* GmbH mit dem Sitz in W* zu übertragen, wobei die Übertragung mit der Rechtskraft des Urteils als vollzogen gilt.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 15.627,12 EUR (darin enthalten 792 EUR an Barauslagen und 2.472,52 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 7.993,92 EUR (darin enthalten 2.745 EUR an Barauslagen und 874,82 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Der Kläger und A* E* gründeten im Jahr 2004 die e* GmbH, FN *, (idF: Gesellschaft) mit einer Stammeinlage von 35.000 EUR, an der beide je zur Hälfte beteiligt waren. Im Jahr 2010 schlossen der Kläger und E* als Treugeber mit der U*gesellschaft mbH (idF: Treuhänderin) als Treuhänderin über ihre jeweiligen 50 % der Geschäftsanteile an der Gesellschaft entsprechend einer Stammeinlage von je 17.500 EUR in Notariatsaktsform einen Treuhand- und einen Abtretungsvertrag. In der Folge hielt die Treuhänderin als Gesellschafterin diese Geschäftsanteile jeweils treuhändig für den Kläger und E*.

[2] Im Jahr 2014 kam es zum Konflikt zwischen dem Kläger und E* und wurde daher besprochen, dass der Kläger dessen Firmenanteil übernehmen solle. Der Kläger und die Beklagte waren verheiratet und besprachen für den Fall der Einigung zwischen E* und dem Kläger auf einen Erwerb der Anteile durch diesen, die Gesellschaft gemeinsam fortzuführen. Da die Beklagte dafür ihren Arbeitsvertrag kündigen musste und aufgrund einer Kreditaufnahme für einen privaten Liegenschaftskauf finanzielle Sorgen hatte, vereinbarten die Streitteile, dass der Kläger nach Erwerb der Anteile von E* der Beklagten sämtliche Gesellschaftsanteile an der Gesellschaft schenken werde, um sie abzusichern. Der Firmenanwalt der Gesellschaft, der in die Bemühungen um eine Einigung eingebunden war, erfuhr vom Kläger, dass dieser, sollte es zu einer Einigung über den Erwerb der Anteile von E* kommen, nicht selbst die Anteile halten wolle, sondern diese an die Beklagte, die gegenüber der Treuhänderin als Treugeberin auftreten werde, übertragen werde. Anfang Jänner 2015 einigten sich der Kläger und E* unter Mithilfe des Firmenanwalts darauf, dass E* dem Kläger seine „Firmenanteile“ (seine Rechte als wirtschaftlicher Eigentümer) entgeltlich abtritt. Der Abtretungsvertrag wurde Ende Jänner 2015 zunächst lediglich schriftlich abgeschlossen und (erst) am 21. 7. 2021 in Form eines Notariatsakts. Durch das Ausscheiden E*s aus dem Unternehmen im Jänner 2015 war der Kläger alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft. Der Kläger übertrug mündlich vereinbarungsgemäß sein wirtschaftliches Eigentum an sämtlichen Anteilen unentgeltlich an die Beklagte und ersuchte den Firmenanwalt, der über das Innenverhältnis zwischen den Parteien nicht informiert war, eine Treuhandvereinbarung zwischen der Beklagten als Treugeberin und der Treuhänderin aufzusetzen. Diese Treuhandvereinbarung wurde Ende Jänner 2015 (nicht in Notariatsaktsform) abgeschlossen. Geschäftsführerin der Treuhänderin war die Ehefrau des Firmenanwalts.

[3] Im Jahr 2019 kam es zu Differenzen zwischen den Streitteilen und 2020 zur Scheidung. Im Februar 2019 teilte der Kläger dem Firmenanwalt mit, dass er die Funktion des Geschäftsführers zurücklege. Der Firmenanwalt brachte den Antrag auf Änderung am 19. 3. 2019 im Firmenbuch ein. Seither vertrat die Beklagte die Gesellschaft als alleinige Geschäftsführerin. Der Kläger teilte dem Firmenanwalt, der bis zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen war, dass zwischen den Streitteilen eine Treuhandschaft bestand, mit, dass die Beklagte auch wirtschaftliche Eigentümerin der Anteile der Gesellschaft sei.

[4] Mit Schreiben vom 19. 11. 2019 kündigte die Treuhänderin das Treuhandverhältnis mit der Beklagten. Am 14. 3. 2020 wurde ein Abtretungsvertrag in Notariatsaktsform (unstrittig) zwischen der Beklagten und der Treuhänderin abgeschlossen und die Beklagte als Gesellschafterin der Gesellschaft im Firmenbuch eingetragen. Am 25. 4. 2020 wurde der Firmenwortlaut der Gesellschaft auf „P* GmbH“ geändert. Dass die Beklagte irgendwann einen Treuhandvertrag zwischen ihr und dem Kläger unterschrieben hätte, steht nicht fest.

[5] Der Kläger begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm den einer vollständig geleisteten Stammeinlage von 35.000 EUR entsprechenden Geschäftsanteil an der Gesellschaft zu übertragen, wobei die Übertragung mit der Rechtskraft des Urteils als vollzogen gilt. Im Zuge der entgeltlichen Übernahme des Geschäftsanteils von E* durch den Kläger sei über Beratung des Firmenanwalts die bestehende Treuhandschaft an den Geschäftsanteilen der Gesellschaft in eine „doppelstöckige“ Treuhandschaft umgewandelt worden. Dabei sei zwischen dem Kläger und der Treuhänderin eine weitere Treuhänderin, nämlich die Beklagte, eingefügt worden. Es seien zwei Treuhandverträge abgeschlossen worden, einer zwischen der Beklagten als Treugeberin und der Treuhänderin und einer zwischen dem Kläger als Treugeber und der Beklagten als Treunehmerin. Die unterbliebene Notariatsaktform ändere nichts an der Gültigkeit, zumal das wirtschaftliche Eigentum des Klägers am Geschäftsanteil nicht hätte verändert werden sollen. Er habe das wirtschaftliche Eigentum an der Gesellschaft nie an die Beklagte übertragen. Weder gebe es dafür einen Rechtsgrund noch die Einhaltung der Formvorschrift des Notariatsakts. Er habe der Beklagten das wirtschaftliche Eigentum an den Geschäftsanteilen auch nicht geschenkt. Die Beklagte halte den Gesellschaftsanteil treuhändig für den Kläger. Dieser habe das Treuhandverhältnis mit der Beklagten zum 5. 12. 2019 aufgekündigt, die Beklagte verweigere dennoch die Anteilsübertragung. Die Treuhandschaft zwischen der Treuhänderin und der Beklagten sei beendet und der von der Treuhänderin gehaltene Geschäftsanteil an der Gesellschaft im März 2020 an die Beklagte übertragen worden. Diese Abtretung sei zwar gültig, das wirtschaftliche Eigentum habe die Treuhänderin aber nie besessen und daher auch nicht an die Beklagte abtreten können. Die Beklagte halte den Geschäftsanteil daher titellos und sei zur Herausgabe an den Kläger als wirtschaftlichen Eigentümer verpflichtet.

[6] Die Beklagte wendete ein, es sei nach der entgeltlichen Übernahme der Geschäftsanteile von E* durch den Kläger nur zur Errichtung eines Treuhandvertrags zwischen der Beklagten und der Treuhänderin gekommen. Eine Treuhandvereinbarung zwischen den Streitteilen sei nie zustande gekommen. Es habe sich um eine Schenkung des wirtschaftlichen Eigentums gehandelt. Die Übergabe sei durch die Erklärung des Klägers als Treugeber gegenüber der Treuhänderin erfolgt. Der Kläger habe die Treuhänderin angewiesen, die bislang treuhändig für ihn gehaltenen Geschäftsanteile künftig nur mehr für die Beklagte als alleinige Treugeberin und wirtschaftlich Berechtigte zu halten. Es habe sich nicht um eine Übertragungstreuhandschaft gehandelt, weshalb die Abtretungsverträge zwischen E* und dem Kläger und der Beklagten nicht formpflichtig gewesen seien. Die Parteien seien immer davon ausgegangen, dass die im Hintergrund der Treuhand- konstruktion geschlossenen Rechtsgeschäfte keiner Formpflicht unterliegen würden. Zudem seien allfällige Formmängel aufgrund der langjährigen einvernehmlichen Praxis geheilt, und es habe dem Parteiwillen entsprochen, auf eine allfällig erforderliche Rechtsform zu verzichten. Im Februar 2019 habe der Kläger dem Firmenanwalt mitgeteilt, dass er aus seiner Funktion als Geschäftsführer abzuberufen sei und er sich aus der Gesellschaft zurückziehen wolle. Danach sei es zu Zerwürfnissen zwischen den Streitteilen gekommen, die zur Scheidung der Ehe geführt hätten. Es sei schikanös, dass der Kläger abweichend von seinem bisherigen Parteiwillen auf eine mangels Einhaltung von Formvorschriften bestehende Ungültigkeit der Verträge verweise. Die Beklagte habe entsprechend dem Parteiwillen der Streitteile und der gehandhabten Praxis davon ausgehen können, auch wirtschaftliche Eigentümerin der gegenständlichen GmbH Anteile zu sein.

[7] Das Erstgericht wies die Klage ab. Das Formgebot des § 76 Abs 2 GmbHG finde auf den Treuhandvertrag und die dem Treuhänder und dem Treugeber daraus typischerweise erwachsenden Verpflichtungen – wie auch die Rückübertragungspflicht des Treugebers – keine Anwendung. E* habe mit Abtretungsvertrag vom 22. 1. 2015 seine Rechte als wirtschaftlicher Gesellschafter an den Kläger abgetreten, wobei die Abtretung zunächst schriftlich, dann aber auch in Notariatsaktform erfolgt sei. Ende Jänner/Anfang Februar 2015 habe der Kläger seine Treugeberrechte (wirtschaftliches Eigentum) der Beklagten geschenkt und die Treuhänderin davon unterrichtet, worauf zwischen der Beklagten und der Treuhänderin ein Treuhandvertrag abgeschlossen worden sei. Darin liege eine wirkliche Übergabe der Forderung durch Zeichen iSd §§ 943, 427 ABGB, weshalb die schenkungsweise Abtretung der Treugeberrechte des Klägers an die Beklagte formwirksam sei. Ein Rückübertragungsanspruch des Klägers bestehe nicht.

[8] Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ die ordentliche Revision nicht zu. Nach den Feststellungen habe der Kläger sein wirtschaftliches Eigentum an den Anteilen der Beklagten geschenkt. Unabhängig davon, ob diese Vereinbarung gemäß § 76 Abs 2 GmbHG in Notariatsaktform erfolgen hätte müssen, habe der Kläger keinen vertraglichen Herausgabeanspruch gegen die Beklagte. Im Übrigen sei nicht klar, wie die Beklagte das Klagebegehren – gerichtet auf Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den Anteilen der Gesellschaft bzw den Abschluss eines Notariatsakts mit demselben Ziel – erfüllen solle, wenn sie nach den Behauptungen des Klägers nie wirtschaftliche Eigentümerin der Anteile geworden sei und ihr daher die passive Klagslegitimation für den geltend gemachten Übertragungsanspruch fehle. Der Kläger habe den Hälfteanteil E*s erst durch den Notariatsakt vom 21. 7. 2021 erworben. Er habe diesen daher nicht wirksam bereits im Jahr 2015 an die Beklagte übertragen können. Insoweit hätte die Beklagte nie wirtschaftliche Eigentümerin werden können und könne daher das Klagebegehren auch nicht erfüllen. Hinsichtlich seines ursprünglichen Hälfteanteils habe der Kläger der Beklagten seine Treugeberrechte geschenkt, was mit einer Abtretung von Forderungsrechten aus dem bestehenden Treuhandvertrag mit der Treuhänderin einhergehe und insbesondere hinsichtlich des Herausgabeanspruchs ohne Formzwang des § 76 Abs 2 GmbHG möglich sei. Durch die Verständigung der Treuhänderin sei eine formwirksame Übergabe durch Zeichen iSd §§ 943, 427 ABGB erfolgt. Alle Beteiligten hätten sich entsprechend den Erklärungen des Klägers verhalten und würde dieser nunmehr aus der Unwirksamkeit seiner Erklärungen eine Rückabwicklung abzuleiten versuchen, weshalb auch der Einwand der Schikane berechtigt sei.

Rechtliche Beurteilung

[9] Die außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig , weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Notariatsaktspflicht bei einem Wechsel des Treugebers treuhändig gehaltener GmbH Geschäftsanteile fehlt und die Beurteilung des Berufungsgerichts überdies einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedarf; sie ist auch berechtigt .

[10] 1. Bei treuhändig gehaltenen GmbH Geschäftsanteilen unterliegt die Übertragung der Treugeberstellung der Formpflicht des § 76 Abs 2 GmbHG:

[11] 1.1. Nach den Feststellungen wurde „vereinbarungsgemäß“ das „wirtschaftliche Eigentum“ des Klägers an den Geschäftsanteilen der Gesellschaft an die Beklagte übertragen, woraus ersichtlich wird, dass die Schenkung im Ergebnis auf die Übertragung jener (gesamten) Rechtsposition, die dem Kläger als Treugeber verblieben war, gerichtet war. Die Schenkung der Treugeberrechte durch den Kläger an die Beklagte sollte im vorliegenden Fall, auch wenn es dadurch formal zu keinem Gesellschafterwechsel kommt, im Ergebnis einen Wechsel des Treugebers bewirken.

[12] 1.2. Die Übertragung eines Geschäftsanteils an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mittels Rechtsgeschäfts unter Lebenden bedarf eines Notariatsakts (§ 76 Abs 2 GmbHG). Nach ständiger Rechtsprechung bezweckt die Formvorschrift vor allem die Immobilisierung der Geschäftsanteile, also die Unterbindung der Umlauffähigkeit der Geschäftsanteile im Handelsverkehr, weiters aber auch den Schutz der Parteien beim Erwerb einer Beteiligung vor Übereilung sowie die Sicherstellung, dass die Identität der jeweiligen Gesellschafter festgestellt werden kann (7 Ob 287/03m; vgl RS0060256 [T4]). Von der Formpflicht sind sowohl Verpflichtungsgeschäft als auch Verfügungsgeschäft erfasst (6 Ob 198/20s [ErwGr 1.1.]; 6 Ob 59/20z; RS0115336). Formfreie Einigungen über die Abtretung eines Geschäftsanteils sind unwirksam (6 Ob 198/20s [ErwGr 1.1.]; 6 Ob 59/20z).

[13] 1.3. Nach ständiger Rechtsprechung findet bei treuhändig gehaltenen GmbH Geschäftsanteilen das Formgebot des § 76 Abs 2 GmbHG auf den Treuhandvertrag und die dem Treuhänder und dem Treugeber daraus typischerweise erwachsenden Verpflichtungen – so etwa für die im Regelfall auch ohne besondere Abrede im Treuhandvertrag aus § 1009 ABGB folgende Rückübertragungsverpflichtung des Treuhänders – keine Anwendung (vgl RS0010442 [vgl aber T4 zur dennoch bestehenden Formpflicht des diesbezüglichen Verfügungsgeschäfts]). Dies resultiert aus dem Umstand, dass im Rahmen der Treuhand das Treugut bereits wirtschaftlich dem Treugeber zugeordnet ist (vgl RS0010442 [T7, siehe auch T2]). Der Fall, dass gerade jene wirtschaftliche Zuordnung – das „wirtschaftliche Eigentum“ – übertragen werden soll, wird von dieser Judikatur sohin nicht erfasst.

[14] 1.4. Es wurde vielmehr bereits wiederholt ausgesprochen, dass das Formgebot des § 76 Abs 2 GmbHG die Formbindung der Veränderung der wirtschaftlichen Zuordnung des Geschäftsanteils bezweckt (6 Ob 198/20s [ErwGr 1.2.]; RS0060244 [T2]). Dementsprechend hielt der Oberste Gerichtshof für den Fall einer Vereinbarungstreuhand fest, dass diese wegen der damit verbundenen wirtschaftlichen Übertragung des Treuguts – der bisherige Gesellschafter soll die von ihm gehaltenen Geschäftsanteile nicht mehr wie bisher auf eigene Rechnung, sondern in Hinkunft auf Rechnung des Treugebers halten – dem Formgebot des § 76 Abs 2 GmbHG unterliegt. Ansonsten wäre die durch das Formgebot angestrebte Immobilisierung der Geschäftsanteile und die Sicherstellung, dass die Identität der jeweiligen Gesellschafter festgestellt werden kann, unterlaufen (7 Ob 287/03m; 8 Ob 259/02z; vgl auch Nierlich , Notarielle Aspekte des Gesellschafterwechsels, in Frenzel , Handbuch Gesellschafterwechsel bei der GmbH, Pkt A.5. [Stand 1. 9. 2020, rdb.at]; Cetin , Zur Formpflicht bei der Begründung von Treuhandbeteiligungen, ecolex 2014, 1064 [1067] mwN; Rauter in Straube/Ratka/Rauter , WK GmbHG § 76 Rz 203 mwN [Stand 1. 10. 2019, rdb.at]; Schopper in Gruber/Harrer , GmbHG² § 76 Rz 41; für Deutschland etwa BGH II ZR 365/97).

[15] 1.5. Auch mit einem Wechsel des Treugebers ist eine Veränderung der wirtschaftlichen Zuordnung verbunden. Daher unterliegt bei treuhändig gehaltenen GmbH Geschäftsanteilen die Übertragung der Treugeberstellung ebenfalls der Formpflicht des § 76 Abs 2 GmbHG ( Rauter in Straube/ Ratka/Rauter , WK GmbHG § 76 Rz 201; Huf in Foglar-Deinhardstein/Aburumieh/Hoffenscher-Summer , GmbHG [2017] § 76 Rz 56; Schopper in Gruber/Harrer , GmbHG 2 [2018] § 76 Rz 42; Cetin , Treuhandbeteiligungen an GmbHs [2014] 68; Ch. Nowotny in Kalss/Nowotny/Schauer , Österreichisches Gesellschaftsrecht 2 Rz 4/27 [Stand 1. 6. 2017, rdb.at]; Nierlich in Frenzel , Gesellschafterwechsel, Pkt A.5.; Brugger , Zur Reduktion der Formpflicht des § 76 Abs 2 GmbHG – eine Übersicht, NZ 2012, 257 [262]; für Deutschland etwa Weller/Reichert in MünchKomm GmbHG 4 [2022] § 15 Rn 215, wonach bei einem Treugeberwechsel die Abtretung des Rückübertragungsanspruchs des bisherigen Treugebers gegen den [unverändert bleibenden] Treuhänder an den neuen Treugeber formbedürftig ist, weil eine solche Abtretung eines Anspruchs auf Übertragung eines Geschäftsanteils prinzipiell dem § 15 Abs 3 GmbHG unterfällt, insbesondere unter Verweis auf BGH II ZR 83/79; Ebbing in Michalski/Heidinger/Leible/ J. Schmidt , GmbH-Gesetz 3 [2017] § 15 Rz 122).

[16] 1.6. Auch der in der Revisionsbeantwortung zitierten Entscheidung 7 Ob 203/06p, in der es – entgegen den Ausführungen der Revisionsbeantwortung – nicht um eine Vereinbarung zwischen Ehegatten ging, ist zu entnehmen, dass es bei der rechtsgeschäftlichen Aufgabe des wirtschaftlichen Eigentums des Treugebers zugunsten eines Dritten (schon beim Verpflichtungsgeschäft) der Einhaltung der von § 76 Abs 2 GmbHG angestrebten Publizität durch einen Notariatsakt bedarf. Diese war in der dortigen „speziellen Konstellation“ dadurch erfüllt, dass der übertragende Treugeber (dort Kläger) zur Umsetzung der dortigen Übertragungsvereinbarung (mit der dort Beklagten) und in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang damit zwei Notariatsakte errichten ließ. Einerseits die Vereinbarung zwischen Treugeber und Treuhänder, dass das Treuhandverhältnis mit Annahme des (gleichzeitig errichteten) Abtretungsanbots des Treuhänders durch die neue Gesellschafterin erlischt. Andererseits gab der Treuhänder – auf Weisung des übertragenden Treugebers – ein Abtretungsanbot zugunsten der neuen Gesellschafterin ab (das von dieser in der Folge notariell angenommen wurde).

[17] Eine vergleichbare Konstellation lag hier aber nicht vor. Im Zusammenhang mit der mündlichen Schenkung an die Beklagte wurden keine Notariatsakte errichtet. Es erfolgte lediglich der Abschluss eines nicht in Notariatsaktsform errichteten Treuhandvertrags zwischen Treuh änderin und Beklagter. Diese Vorgangsweise konnte die in § 76 Abs 2 GmbHG geforderte Publizität nicht herstellen. Die Jahre später erfolgte notarielle Übertragung der von der Treuhänderin gehaltenen Anteile an die Beklagte erfolgte überdies nicht auf Weisung des Klägers, sondern aufgrund der Kündigung des Treuhandvertrags durch die Treuhänderin. Sie stellte somit lediglich das (formpflichtige) Verfügungsgeschäft zu dem aus der Treuhandvereinbarung mit der Beklagten folgenden (grundsätzlich formfreien) Rückübertragungsanspruch der Beklagten als Treugeberin gegenüber der Treuhänderin dar.

[18] 1.7. Im vorliegenden Fall fand daher eine wirksame Übertragung der Treugeberstellung vom Kläger an die Beklagte schon mangels Einhaltung der Formpflicht des § 76 Abs 2 GmbHG nicht statt.

[19] Ebenso wenig erfolgte durch die nicht in Notariatsaktsform geschlossene Vereinbarung zwischen dem Kläger und E* vom Jänner 2015 eine wirksame Übertragung der Treugeberstellung E*s an den Kläger.

[20] 1.8. Zutreffend hat bereits das Berufungsgericht dargelegt, dass eine Heilung des Formmangels durch Erfüllung bei Fehlen jeglichen Notariatsakts nicht möglich ist (vgl 7 Ob 10/04h; 4 Ob 99/99h; 6 Ob 542/90; 6 Ob 640/91; Rauter in Straube/Ratka/Rauter , WK GmbHG § 76 Rz 224).

[21] 1.9. Auf die Einhaltung der weiteren Formpflicht nach § 943 ABGB kommt es nicht mehr entscheidend an.

[22] 2.1. Bei Beendigung der Treuhandschaft fällt der Geschäftsanteil nicht automatisch an den Treugeber zurück (6 Ob 63/14d; Cetin , Treuhandbeteiligungen an GmbHs [2014] 62). Dem Treugeber kommt gegenüber dem Treuhänder ein Anspruch auf Rückübertragung zu (8 Ob 259/02z).

[23] Da der Treuhänderin das Vollrecht am Treugut zukam, konnte sie die treuhändig gehaltenen Geschäftsanteile an der Gesellschaft durch Notariatsakt vom 14. 3. 2020 wirksam an die Beklagte übertragen (vgl 7 Ob 203/06p). Dieser kommt seither (im Außenverhältnis) das Vollrecht an den Geschäftsanteilen der Gesellschaft zu.

[24] 2.2. Ist die Abtretungsverständigung unrichtig, aber dem Zedenten zuzurechnen, so hat die Zahlung des Schuldners an den Scheinzessionar – von hier nicht relevanten Fällen einer besonderen Nachforschungspflicht abgesehen – schuldbefreiende Wirkung (RS0110638; 1 Ob 172/98w; 8 Ob 29/09m).

[25] Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Verständigungen des Firmenanwalts durch den Kläger von den erfolgten Treugeberwechseln der Treuhänderin zuzurechnen seien, wird von den Parteien in dritter Instanz nicht mehr bezweifelt. Ebenso ist aufgrund der Feststellungen zum Ablauf der Abtretung der Treugeberstellung E*s an den Kläger unter Mithilfe des Firmenanwalts nicht zweifelhaft, dass diese Verständigungen auch E* als Zedent (zumindest) zuzurechnen sind.

[26] Angesichts der erfolgten Verständigung der Treuhänderin von der Abtretung sämtlicher Treugeberrechte an die Beklagte, kam der (Rück )Übertragung der Geschäftsanteile an die Beklagte mit Notariatsakt vom 14. 3. 2020 (ungeachtet der unwirksamen Abtretung der Treugeberstellung) schuldbefreiende Wirkung auch gegenüber dem Kläger und E* zu.

[27] 2.3. „Verwendung“ iSd § 1041 ABGB ist jede dem Zuweisungsgehalt eines Rechts widersprechende Nutzung. Darunter fällt nach ständiger Rechtsprechung auch die Einziehung fremder Forderungen (vgl 2 Ob 207/12y [ErwGr 1.2.]; 4 Ob 66/01m; RS0019960; RS0019971).

[28] Ist die Abtretung einer Forderung unwirksam, hat daher der tatsächliche Gläubiger gegen den Scheinzessionar einen Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB, (jedenfalls) wenn der Schuldner schuldbefreiend an den Scheinzessionar gezahlt hat ( Kepplinger in Schwimann/Neumayr , ABGB TaKomm 6 § 1395 Rz 4; idS auch Thöni in Fenyves/Kerschner/ Vonkilch , Klang³ § 1395 Rz 8; vgl zur Mehrfachzession RS0019879; ausführlich zum Meinungsstand 2 Ob 207/12y).

[29] Aufgrund des unwirksamen Schenkungsvertrags ist im Verhältnis der Streitteile der Anspruch gegenüber der Treuhänderin auf Übertragung der Geschäftsanteile an der Gesellschaft dem Kläger zugewiesen. Die Beklagte hat daher die ihr von der Treuhänderin abgetretenen Geschäftsanteile dem Kläger gemäß § 1041 ABGB herauszugeben.

[30] 2.4. Das gilt auch für den ursprünglichen Geschäftsanteil E*s. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, wurde durch den nachträglich errichteten Notariatsakt vom 21. 7. 2021 über die Abtretung der Treugeberrechte E*s an den Kläger die Anfang Jänner 2015 geschlossene, mangels Notariatsakts ebenfalls unwirksame diesbezügliche Vereinbarung nicht rückwirkend saniert (vgl 6 Ob 180/17i; 6 Ob 198/20s; 6 Ob 240/20t). Die Abtretung konnte daher frühestens am 21. 7. 2021 wirksam erfolgt sein. Zu diesem Zeitpunkt kam E* gegenüber der Treuhänderin aufgrund der auch ihm gegenüber schuldbefreienden Abtretung der Geschäftsanteile durch die Treuhänderin an die Beklagte vom 14. 3. 2020 (Punkt 2.2.) zwar kein Anspruch gegen die Treuhänderin auf Übertragung der Geschäftsanteile mehr zu. Allerdings kann die vereinbarte Abtretung der gesamten Treugeberstellung (der Rechte als wirtschaftlicher Eigentümer) E*s an den Kläger nicht anders verstanden werden, als dass dem Kläger auch die damit zusammenhängenden Bereicherungsansprüche E*s wegen einer entgegen dieser wirtschaftlichen Zuordnung erfolgten Einziehung dieses Geschäftsanteils abgetreten wurden.

[31] 3. Die Berufung des Klägers auf die Formpflicht erfolgt nicht rechtsmissbräuchlich:

[32] Soll eine Formvorschrift, hier jene des § 76 Abs 2 GmbHG mit dem Zweck der Immobilisierung des Geschäftsanteils und der sicheren Feststellbarkeit der Identität der Gesellschafter (Punkt 1.2.; vgl 7 Ob 110/04h), in ihrer Bedeutung nicht ausgehöhlt werden, könnte ein Formmangel nur ausnahmsweise wegen unzulässiger Rechtsausübung als unbeachtlich angesehen werden, weil das allgemeine Interesse an der Einhaltung des Formzwangs der Vertragstreue vorgeht (vgl RS0070844). Zwar könnte eine sittenwidrige absichtliche Vereitelung der Form oder eine arglistige Irreführung des Vertragspartners über die Erforderlichkeit der Form den Einwand des Rechtsmissbrauchs begründen (vgl 9 Ob 41/12p [ErwGr I.3.]). Entsprechende Umstände gehen aus dem festgestellten Sachverhalt aber nicht hervor. Darüber hinaus wurde ein Rechtsmissbrauch im Zusammenhang mit dem Beharren auf Einhaltung der Notariatsaktsform für die Übertragung von Geschäftsanteilen auch für den Fall angesprochen, dass „das formbedürftige Geschäft bereits erfüllt war, wenn also der Gegner Vorteile aus dem Geschäft genossen hat und sich nur die Gegenleistung ersparen will“ (7 Ob 598/82 SZ 56/19; diesbezüglich zurückhaltend etwa 7 Ob 110/04h; 6 Ob 542/90). Ein derartiger Sachverhalt liegt hier aber schon wegen der unentgeltlichen Übertragung an die Beklagte nicht vor. Nach der Rechtsprechung kann etwa auch die Berufung auf den Formmangel, dass bei einer Schenkung ohne wirkliche Übergabe kein Notariatsakt aufgenommen wurde, grundsätzlich nicht gegen die guten Sitten verstoßen (RS0070844).

[33] 4. Die Revision hat somit Erfolg. Der Klage ist stattzugeben.

[34] 5. Die Kostenentscheidung des erstinstanzlichen Verfahrens beruht auf § 41 Abs 1 ZPO, jene des Rechtsmittelverfahrens gründet auf §§ 50, 41 Abs 1 ZPO. Für die Berufung gebührt kein Zuschlag nach § 21 Abs 1 RATG. Im Hinblick auf die Gegebenheiten des Verfahrens erscheinen die Ansätze des Rechtsanwaltstarifgesetzes im Anlassfall ausreichend, um die vom Vertreter des Klägers erbrachten anwaltlichen Leistungen angemessen zu honorieren.

Rechtssätze
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