JudikaturJustiz6Ob365/97p

6Ob365/97p – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Juli 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Entschädigungssache der Antragstellerin Mirella G*****, vertreten durch Dr.Rupert Wolff, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die Antragsgegnerin Gemeinde D*****, vertreten durch Dr.Rudolf Zitta und Dr.Harald Schwendinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Entschädigung nach dem Salzburger Raumordnungsgesetz, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 20.August 1997, GZ 54 R 46/97x-32, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Oberndorf vom 7.Jänner 1997, GZ 1 Nc 17/93-25, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Mit Kaufvertrag vom 16.11.1970 erwarben die Antragstellerin und ihr damals noch minderjähriger Bruder, vertreten durch den Vater, von den Eheleuten Johann und Anna R***** je zur Hälfte das 939 m2 große neu gebildete Grundstück Nr 716/6, für das die EZ 554 Grundbuch ***** D***** eröffnet wurde.

Mit Kaufvertrag vom 2.12.1977 verkauften die Antragstellerin und ihr Bruder dieses Grundstück an Rechtsanwalt F***** um 105 S pro m2, somit um einen Kaufpreis von 98.595 S.

Mit Kaufvertrag vom 24.3.1982 erwarb die Antragstellerin das gesamte Grundstück von Rechtsanwalt F***** um den Kaufpreis von 98.595 S, wobei im Vertrag festgehalten ist, daß der Verkäufer die Liegenschaft im Dezember 1977 von der Antragstellerin und deren Bruder erworben, bei dieser Gelegenheit ein Rückkaufsrecht eingeräumt habe und der gegenständliche Verkauf im Sinne des seinerzeit eingeräumten Rückkaufrechtes erfolge.

Für das Grundstück bestand seit 21.6.1971 eine Bauplatzgenehmigung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung. Danach war die Zufahrt durch eine verbücherte Grunddienstbarkeit gesichert und eine einwandfreie Abwasserbeseitigung durch Versickerung der geklärten Abwässer oder Ableitung derselben in eine bauordnungsgemäß zu gestaltende Senkgrube gegeben. Für die Trinkwasserversorgung bestand das grundsätzlich sichergestellte Recht auf Wasserentnahme bei der Quellfassung auf einem Nachbargrundstück. Nach einem Wasseruntersuchungsbefund war das Wasser als Trinkwasser geeignet. Da im Jahr 1978 die Wassermenge aus der ursprünglichen Quellfassung nicht mehr ausreichte, erging ein Auftrag an einen Brunnenbauer, durch den die Trinkwasserversorgung grundsätzlich gewährleistet wurde; es wäre nur zusätzlich zum Schutz des Trinkwassers noch eine sorgfältig abgesicherte Brunnenfassung erforderlich gewesen, um den strengen Voraussetzungen einer wasserrechtlichen Bewilligung eines Bauvorhabens Folge zu leisten. Eine forstrechtliche Rodungsbewilligung lag vor, das Grundstück war nicht als Wald gewidmet. Seit 1995 ist ein Gemeindekanal vorhanden, die elektrische Energieversorgung ist durch das Ortsnetz der Safe gewährleistet. Sowohl auf den westlich als auch östlich an das gegenständliche Grundstück angrenzenden Grundstücken wurden Einfamilienhäuser gebaut. Am 1.3.1975 hatte die Antragsgegnerin in ihrem Flächenwidmungsplan auch das gegenständliche Grundstück als "Bauland, erweitertes Wohngebiet" ausgewiesen.

Am 18.5.1989 trat der neue Flächenwidmungsplan der Antragsgegnerin in Kraft, durch den das Grundstück der Antragstellerin in "Grünland, ländliches Gebiet" rückgewidmet wurde.

Nachdem die Salzburger Landesregierung nach einem langwierigen Verwaltungsverfahren mit Bescheid vom 11.2.1993 den Antrag der Antragstellerin auf Entschädigung nach § 20 Sbg ROG 1977 mit der Begründung abgelehnt hatte, es gelte § 25 Sbg ROG 1992 (das keine rückwirkenden Übergangsbestimmungen enthält), seit der Baulandwidmung seien mehr als zehn Jahre vergangen, begehrte die Antragstellerin beim Erstgericht den Zuspruch eines Entschädigungsbetrages von 100 S/m2 als Differenz zwischen dem von ihr bezahlten Kaufpreis von 105 S/m2 für die Baufläche und einem Preis von 5 S/m2 für Grünland, wertgesichert nach dem VPI 1976, Ausgangszahl März 1982. Weiters begehrte sie den Ersatz von Aufwendungen für die Baureifnachung in Höhe von insgesamt 144.744,30 S (für Baupläne, Brunnenbau, Wasseruntersuchung, Telefon- und Vertragserrichtungskosten) sowie von Verzugszinsen und Verfahrenskosten.

Die Antragsgegnerin wandte ein, das am 18.5.1989 in Grünland rückgewidmete Baugrundstück sei für Bauzwecke nicht geeignet, weil wasserrechtlich nicht aufgeschlossen gewesen. Eine erteilte Rodungsbewilligung sei bereits erloschen. Die Antragstellerin habe das Grundstück bereits 1970 erworben, als es noch gar nicht Bauland gewesen sei. Der Verkauf 1977 an Rechtsanwalt F***** und der Rückkauf 1982 seien als Scheingeschäft zu beurteilen, so daß auch deshalb kein Anspruch bestehe. Die behaupteten Aufwendungen seien entweder nicht im Vertrauen auf die Baulandwidmung erfolgt oder hätten in Wahrheit dem bereits bestehenden Bauprojekt gedient.

Das Erstgericht erkannte mit Punkt 1. des Beschlusses die Antragsgegnerin schuldig, der Antragstellerin einen Entschädigungsbetrag von 145.545 S sowie den Ersatz für die aufgewendeten und angemessenen Kosten der Baureifmachung von 85.874,80 S, zusammen 231.419,80 S wertgesichert nach dem zuletzt verlautbarten VPI, weiters 4 % Verzugszinsen ab Festsetzung der Entschädigung sowie die mit 173.151,40 S bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen. Mit Punkt 2. des Beschlusses verwies es die Antragsgegnerin mit ihrer Einwendung, der Kaufvertrag vom 4.1./24.3.1982 stelle ein Scheingeschäft dar, auf den Zivilrechtsweg.

Es stellte noch fest, daß der Baugrundwert (offenbar zum Zeitpunkt der Rückwidmung) 200 S/m2, somit 187.800 S, der Grünlandwert 45 S/m2, die Differenz zwischen Bauland- und Grünlandpreis somit 155 S/m2 betrage und an Kosten für die Baureifmachung aufgelaufen seien:

an Planungshonorar für Einreichpläne 25.000,-- S

Rechnung des Brunnenbauers 51.446,80 S

Kosten der Wasseruntersuchung 2.419,20 S

Telefonanschlußkosten 7.000,-- S.

Rechtlich sei der Entschädigungsantrag noch nach dem Sbg ROG 1977 (idF der Novelle 1982) zu beurteilen. Nach dessen § 20 setze der Entschädigungsanspruch voraus, daß die Verbauung allein durch den Flächenwidmungsplan ausgeschlossen sei. Sei die Bebauung schon vor der Änderung des Flächenwidmungsplanes unmöglich gewesen, bestehe kein Entschädigungsanspruch. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne sich die Eignung für Bauzwecke aus dem Flächenwidmungsplan oder aus einem Bauplan, einer Bauplatzerklärung oder einer Baubewilligung ergeben. Maßgeblich sei nicht eine liquide Widmungsbewilligung, sondern nur, daß eine Widmungsbewilligung im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Flächenwidmungsplanes aufrecht bestanden habe. Die Bauplatzerklärung von 1971 habe der Antragstellerin die Bebauung des Grundstückes ermöglicht, die Wasserversorgung und Abwässerentsorgung hätte den verschärften Anforderungen angepaßt werden können. Auch bei der Bebauung der Nachbargrundstücke sei der heute hohe Standard von der Antragsgegnerin nicht angewendet worden. Die erlittenen vermögensrechtlichen Nachteile seien nach dem Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses, somit der Änderung des Flächenwidmungsplanes 1989 zu beurteilen. Von den begehrten Kosten der Baureifmachung seien Aufwendungen für das Planungshonorar, die Kosten des Brunnenbaues und der Wasseruntersuchung gerechtfertigt. Verzugszinsen seien ab der gerichtlichen Festsetzung des Entschädigungsbetrages auch von Amts wegen aufzuerlegen. Auch die Kosten des Außerstreitverfahrens, nicht aber jene des vorgelagerten Verwaltungsverfahrens seien zu ersetzen.

Die Einwendung der Antragsgegnerin, der Kaufvertrag vom 14.3.1982 sei als Scheingeschäft zu beurteilen, betreffe einen streitigen Tatumstand, der sich nur in einem förmlichen Beweisverfahren klären lasse, die Verweisung auf den Zivilrechtsweg sei daher gerechtfertigt.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Beschlußfassung nach Verfahrensergänzung auf.

Eine Nichtigkeit wegen Überschreitung des Begehrens analog § 405 ZPO liege nicht vor, wohl aber ein beachtlicher Verfahrensmangel, weil die Antragstellerin an Wertverlust ausdrücklich eine Entschädigung von 100 S/m2, insgesamt somit 93.900 S begehrt habe. Über diesen Betrag hätte das Erstgericht nicht hinausgehen dürfen.

1. Zum Scheingeschäft:

Die Verweisung auf den Zivilrechtsweg (Punkt 2. des erstgerichtlichen Beschlusses) könne nicht aufrechterhalten werden. Zunächst sei mit der Verweisung auf den Rechtsweg nur hinsichtlich des Kaufvertrages aus dem Jahr 1982 nicht der gesamte Einwand der Antragsgegnerin erledigt, weil diese auch den Kaufvertrag 1977 miteinbezogen habe. Eine Prüfung hätte allerdings ergeben, daß dem Einwand überhaupt keine Berechtigung zukomme. Nach dem von der Antragsgegnerin zum Einwand des Scheingeschäftes vorgelegten Kaufvertrag aus 1977 hätten nicht nur die Antragstellerin, sondern auch ihr Bruder als jeweilige Hälfteeigentümer die Liegenschaft an Rechtsanwalt F***** verkauft, während die Antragstellerin die Liegenschaft 1982 zur Gänze allein erworben habe. Eine Rückkaufvereinbarung könne auch mündlich getroffen werden; daß diese im Vertrag nicht schriftlich festgehalten sei, lasse in keiner Weise erkennen, worin der Scheingeschäftscharakter liegen solle, weil der unveränderte Kaufpreis schon von vornherein normiert gewesen sein könne. Außerdem ergebe sich aus den vorgelegten Urkunden, daß die vom Eigentümer F***** getätigten Aufwendungen von der Antragstellerin offensichtlich zusätzlich zum Kaufpreis ersetzt worden seien. Überdies lasse der Einwand der Antragsgegnerin völlig offen, inwieweit ein echtes Scheingeschäft im Sinne des § 918 ABGB vorliegen solle oder allenfalls nur ein Umgehungsgeschäft. Es fehle jeder Hinweis darauf, weswegen diese Konstruktion gewählt bzw welches Geschäft damit verdeckt worden sein sollte. Das Grundstück sei sowohl 1977 als auch 1982 und noch lange Jahre weiterhin Bauland gewesen. Die Rückwidmung in Grünland sei zu den Zeitpunkten der beiden Kaufverträge wohl nicht vorhersehbar gewesen. Dies habe die Antragsgegnerin auch gar nicht ernstlich behauptet. Eine weitere besondere Prüfung des Scheingeschäftseinwandes erübrige sich schon mangels eines konkreten Vorbringens über die damit verfolgte Absicht oder die Auswirkungen auf das Entschädigungsbegehren. Einen in rechtlich erheblichem Zusammenhang stehenden Scheingeschäftseinwand habe die Antragsgegnerin daher gar nicht erheben können. Der Ausspruch des Erstgerichtes über die Verweisung auf den Rechtsweg habe daher ersatzlos zu entfallen.

2. Unbebaubarkeit

Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt sei der Erwerb des Grundstückes durch Kaufvertrag 1982. Erst später auftauchende Bedenken über die Wasserversorgung und -beseitigung in der geplanten Form seien nicht entscheidend, weil es nicht auf die liquide Bebaubarkeit ankomme. Dies gelte auch für die Rodungsbewilligung aus 1971. Die Rückwidmung in Grünland sei daher kausal für Schäden und Kosten der mangelnden Bebaubarkeit, der Entschädigungsanspruch bestehe dem Grunde nach zu Recht.

3. Höhe der Entschädigung für Wertverlust

§ 20 Sbg ROG 1977 bestimme als vermögensrechtlichen Nachteil ausdrücklich jenen Teil des Wertes der Grundfläche, der bei ihrem Erwerb wegen der Widmung als Bauland gegeben war, soweit er in der Gegenleistung, beispielsweise dem Kaufpreis, Niederschlag gefunden habe. Dabei sei jeweils der letzte Erwerb maßgeblich, bei dem eine Gegenleistung erbracht worden sei. Dieser Erwerb sei hier am 24.2.1982 erfolgt. Zu Unrecht habe das Erstgericht dem Sachverständigen daher den Auftrag erteilt, den Wertverlust des Grundstückes bezogen auf den Rückwidmungszeitpunkt 1989 zu ermitteln. Das Verfahren sei daher in diesem Punkt noch ergänzungsbedürftig

4. Aufwendungen zur Baureifmachung.

Nach § 20 Abs 1 Z 1 Sbg ROG 1977 gelten als vermögensrechtliche und zu entschädigende Nachteile auch jene Aufwendungen des Eigentümers oder Dritter mit seiner Zustimmung, die im Vertrauen auf die bauliche Nutzbarkeit der Grundfläche für deren Baureifmachung erbracht worden seien. Dies seien nur solche, die eingesetzt worden seien, um auf einem für die Bebauung geeigneten Grundstück die Voraussetzungen für die Erteilung der Baubewilligung zu schaffen, wie beispielsweise die Ermöglichung der Zufahrt, Anschluß an eine Wasserleitung, einen Kanal, Stromversorgung und Abwässerbeseitigung. Nicht zu den Kosten der Baureifmachung gehörten der Aushub einer Baugrube und der Einbau einer Kläranlage. Auch Leistungen, die nicht unmittelbar für das Grundstück, sondern für das Bauprojekt selbst erbracht worden seien, wie Architektenhonorare oder Nebenkosten des Grunderwerbes, etwa Vermessungskosten, seien nicht zu entschädigen. Danach könnten nur die Kosten des Brunnenbaues und die damit im Zusammenhang stehenden Wasseruntersuchungskosten jedenfalls als Kosten der Baureifmachung anerkannt werden. Hinsichtlich des Planungshonorares von 25.000 S für die Einreichpläne sei eher zu vermuten, daß es Kosten des konkreten Bauprojekts gewesen und damit nicht zu ersetzen seien, hiezu fehle es aber an ausreichenden Feststellungen. Die Kosten für "Telefon anteilig" seien überhaupt nicht näher erläutert, jedenfalls sei ein Telefonanschluß aber keine Voraussetzung für eine Baubewilligung. Soweit überhaupt die einzelnen begehrten Positionen als Kosten für die Baureifmachung anzusehen seien, müßte beachtet werden, daß diese ganz offensichtlich in der Zeit aufgelaufen seien, als Rechtsanwalt F***** Eigentümer gewesen sei. Die Antragstellerin habe sich darauf berufen, daß sie dem Voreigentümer diese Aufwendungen ersetzt habe. § 20 Abs 1 Z 1 Sbg ROG 1977 sei aber so auszulegen, daß der Erwerber Aufwendungen seines Vormannes, die er nachweislich diesem neben dem Kaufpreis ersetzt habe, auch im Rahmen seines Entschädigungsanspruches begehren könne, weil es sich dann um eine Leistung handle, bei der ebenfalls die Baulandwidmung in der Gegenleistung Niederschlag gefunden habe.

5. Aufwertung des Entschädigungsbetrages

§ 20 Abs 2 zweiter Satz Sbg ROG 1977 normiere eine Aufwertung des seinerzeitigen Aufwandes bzw Teiles der Gegenleistung nach dem zuletzt verlautbarten Verbraucherpreisindex. Das Erstgericht hätte sich nicht damit begnügen dürfen, nur auszusprechen, daß der von ihm zugesprochene Betrag wertgesichert zu zahlen sei, sondern vielmehr die Wertsicherung vom jeweiligen Ausgangszeitpunkt errechnen und einen Gesamtbetrag, in dem die Wertsicherung bis zum Entscheidungszeitpunkt berechnet sei, festsetzen müssen. Nur so werde ein exekutionsfähiger Titel und eine Grundlage für die Berechnung der Verzugszinsen und die Kostenbemessung geschaffen.

6. Verzugszinsen.

Das ROG 1977 enthalte keinen Hinweis auf eine Verzinsung des Entschädigungsbetrages. Weil nach ständiger Rechtsprechung der Entschädigungsanspruch nach den Grundsätzen des Außerstreitverfahrens unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes zu ermitteln sei, könne dessen § 33 Abs 2 analog herangezogen werden. Solche Verzugszinsen seien auch ausdrücklich begehrt worden. Die Verzinsung sei nur bedingt für den Fall auszusprechen, daß nach Zustellung der letztinstanzlichen Entscheidung und Ablauf der Leistungsfrist nicht gezahlt werde, wobei die Zinsen für diesen Fall ab der Zustellung dieser Entscheidung zu berechnen seien (SZ 54/45; 1 Ob 4/93).

7. Kostenersatz

Zu den von der Antragsgegnerin zu ersetzenden Kosten zählten auch jene nicht verschuldeten Kosten des Verwaltungsverfahrens, die wegen der sukzessiven Kompetenz als vorprozessuale Kosten zu ersetzen und nicht schon im Antrag, sondern erst in der Kostennote geltend zu machen seien.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Revisionsrekurs gegen den Aufhebungsbeschluß zulässig sei, weil zu den zu behandelnden Fragen des § 20 Sbg ROG 1977 weitgehend eine höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin, die eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Antrages, in eventu dessen Aufhebung zur neuerlichen Entscheidung unter Bindung an die Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes anstrebt, ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Eine Nichtigkeit oder ein Mangel des rekursgerichtlichen Verfahrens liegen nicht vor. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß entgegen vereinzelten älteren Lehrmeinungen eine Verletzung des § 405 ZPO keine Nichtigkeit bewirkt, sondern nur einen Verfahrensmangel bildet. Für das Außerstreitverfahren wurden diese Lehrmeinungen mehrfach abgelehnt und bekräftigt, daß in diesem Verfahren eine Überschreitung des Antrages durch die gerichtliche Entscheidung eine Mangelhaftigkeit, keinesfalls aber eine Nichtigkeit bewirkt (6 Ob 102/67; SZ 58/129; 3 Ob 567/88 uva).

Bei der Beurteilung, ob durch den der Höhe nach als gerechtfertigt ermittelten Zuspruch des Entschädigungsbetrages und der Aufwendungen für die Baureifmachung der auch den Außerstreitrichter bindende Antrag überschritten wurde, wird aber zu beachten sein, daß die Antragstellerin eine Entschädigung von 100 S/m2 als Differenz des bezahlten Kaufpreises (105 S/m2 gegenüber dem Grünlandpreis von 5 S/m2) wertgesichert unter Zugrundelegung des Verbraucherpreisindex 1976 = 100 und der Ausgangszahl März 1982 begehrt hat, so daß eine Bindung zwar hinsichtlich des Differenzbetrages von höchstens 100 S zwischen dem Wert der Gegenleistung und dem Grünlandwert besteht, wegen des vom Erstgericht unrichtig angenommenen Zeitpunktes der Wertermittlung und der Aufwertung (vgl hiezu die Ausführungen zu Punkt 3. und 5.) der der Höhe nach begehrte Betrag in einer absoluten Zahl sich derzeit noch nicht errechnen läßt.

Der Argumentation der Antragsgegnerin, die Antragstellerin könne dem Grunde und der Höhe nach nicht mehr begehren als im vorangegangenen Verwaltungsverfahren ist entgegenzuhalten, daß nach dem in § 20 Abs 3 Sbg ROG 1977 (idF 1982) normierten Übergang der Entscheidungsbefugnis auf das Gericht, der sogenannten sukzessiven Kompetenz, der verwaltungsbehördliche Bescheid mit der wirksamen Anrufung des Gerichtes zur Gänze außer Kraft tritt. Daraus folgt die Verpflichtung des Gerichtes, die Höhe der Entschädigung ohne Rücksicht auf die Vorentscheidung der Verwaltungsbehörde und ohne Bezugnahme auf diese Entscheidung festzusetzen. Es besteht kein Hindernis, einen im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Anspruch anders, auch höher zu beziffern und Nebenansprüche für einen ganz bestimmten Schaden erstmals geltend zu machen. Das Gericht hat sich dabei nur im Rahmen der gestellten Anträge der Parteien zu halten und darf nicht über sie hinausgehen. Es besteht auch kein Hindernis für eine Ausdehnung des bereits geltend gemachten und bezifferten Entschädigungsbetrages, noch dazu für einen ganz bestimmten Schaden (so schon 5 Ob 180/73; 6 Ob 79/74; SZ 52/179; SZ 59/23; 6 Ob 507/91 ua).

1. Zum Scheingeschäft

Das Rekursgericht hat Punkt 2. des Beschlusses des Erstgerichtes zutreffend ersatzlos behoben. Das Außerstreitgesetz sieht zwar eine Verweisung auf den streitigen Rechtsweg vor, wenn strittige Umstände sich nur in einem förmlichen Beweisverfahren klären lassen. Ganz abgesehen davon, daß dies in besonderen Verfahren, wie etwa einem Entschädigungsverfahren nach dem Eisenbahnenteignungsgesetz, den Landesraumordnungs- gesetzen oder dem Bundesstraßengesetz, die vom Gesetzgeber in das außerstreitige Verfahren verwiesen werden, aber von vornherein unter Beteiligung von Antragsteller und Antragsgegner jedenfalls ein umfangreiches Beweisverfahren unter Beiziehung von Sachverständigen erfordern und einem Zivilprozeß weitgehend angenähert sind, wohl nur in ganz besonderen Ausnahmefällen gerechtfertigt sein kann, wäre dann mit dem außerstreitigen Verfahren bis zur Entscheidung über die strittigen Umstände innezuhalten. In einem solchen Fall müßte also die Vorentscheidung abgewartet werden, es könnte nicht unter Ausklammerung einer strittigen Frage vor deren Lösung entschieden werden. Das Innehalten ist eine Ermessensentscheidung, die im Rechtsmittelverfahren überprüfbar ist. Dem Rekursgericht ist aber zuzustimmen, daß das Fehlen jeglichen konkreten und nachvollziehbaren Vorbringens der Antragsgegnerin, warum und zu welchem Zweck durch die beiden Kaufverträge ein Scheingeschäft geschlossen worden sein und welche Auswirkungen dieses auf den Entschädigungsanspruch der Antragstellerin haben sollte, der unspezifizierte Einwand unbeachtlich ist. Die Lukrierung einer Entschädigung für eine Rückwidmung des Grundstückes von Bauland in Grünland im Jahr 1987 könnte doch wohl in den Jahren 1977 und 1982 kein Grund für ein "Scheingeschäft" gewesen sein. Die Tatsache, daß der Kaufpreis, den die Antragstellerin 1982 zahlte (abgesehen von noch festzustellenden allfälligen ersetzten Aufwendungen) nicht höher war als der im Jahr 1977 vereinbarte, kommt der Antragsgegnerin sogar zugute, weil nach § 20 Abs 1 Z 2 Sbg ROG 1977 nur jener Teil des Wertes der Grundfläche, der bei ihrem Erwerb wegen ihrer Widmung als Bauland gegeben war, "so weit er in der Gegenleistung (Kaufpreis, Tauschgrundfläche, Erbverzicht u.dgl.) seinen Niederschlag gefunden hat" zu ersetzen ist. Es ist also bei der Berechnung der Entschädigung nicht der Verkehrswert, sondern - bis zu dieser Obergrenze - nur der gezahlte Kaufpreis, also nur der echte Vermögensnachteil auszugleichen.

2. Zum Einwand der Unbebaubarkeit

Die Ausführungen der Vorinstanzen sind zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO).

Im vorliegenden Fall ist weder strittig, daß im Zeitpunkt des

Inkrafttretens des neuen Flächenwidmungsplanes eine Bauplatzerklärung

vorlag, noch daß der Flächenwidmungsplan für dieses Grundstück

nunmehr Grünfläche ausweist, wodurch die Verbauung gänzlich gehindert

wird. Vor der Änderung war aber die Realisierung der Auflagen der

Bauplatzerklärung möglich.

3. Zur Höhe der Entschädigung für Wertverlust

§ 20 Abs 1 Z 2 Sbg ROG 1977 stellt zur Wertermittlung ausdrücklich auf den Zeitpunkt des letzten Erwerbes, bei dem eine Gegenleistung erbracht wurde, ab. Zutreffend hat das Rekursgericht daher ausgeführt, daß nicht auf den Zeitpunkt der Änderung des Flächenwidmungsplanes, sondern auf jenen des Erwerbes des Grundstückes, somit auf März 1982 abzustellen ist. Allerdings ist dem zu diesem Zeitpunkt ermittelten Grünlandwert nicht der damalige Verkehrswert des gegenständlichen Grundstückes gegenüberzustellen, sondern, wie zu Punkt 1. schon ausgeführt, der Wert der Gegenleistung, also der tatsächlich entrichtete Kaufpreis, allenfalls zuzüglich jener Kosten der Baureifmachung, die Rechtsanwalt F***** im Vertrauen auf die bauliche Nutzung der Grundfläche aufgewendet und die ihm die Antragstellerin ersetzt hat. Diese Kosten gehören, anders als jene, die bereits das Bauprojekt selbst betrafen, zu jenem Wert der Grundfläche, der beim Erwerb in der Gegenleistung seinen Niederschlag gefunden hat. Hiezu wird festzustellen sein, ob, wann und welche Kosten die Antragstellerin dem Verkäufer ersetzt hat.

4. Zu den Aufwendungen zur Baureifmachung

Zutreffend hat das Rekursgericht ausgeführt, daß unter den ersatzfähigen Kosten der Baureifmachung eines Grundstückes nur jene Kosten zu verstehen sind, die aufgewendet wurden, um auf einem zur Bebauung geeigneten Grundstück die Voraussetzungen für die Erteilung einer Baubewilligung zu schaffen.(SZ 53/156, 6 Ob 507/91). Das sind im konkreten Fall jedenfalls nicht die Telefonkosten, von den Planungskosten nur der auf die Aufschließungsplanung entfallende Teil (3 Ob 525/95). Allerdings sind nach dem Wortlaut des § 20 Abs 1 Z 1 Sbg ROG 1977 nur erbrachte Aufwendungen des Eigentümers oder Dritter mit seiner Zustimmung im Vertrauen auf die bauliche Nutzbarkeit der Grünfläche für deren Baureifmachung ersatzfähig. Unter "dem Eigentümer" kann aber nur der aktuelle Eigentümer, der von der Umwidmung selbst betroffen ist, nicht auch ein Rechtsvorgänger verstanden werden. Soweit der letzte Eigentümer seinem Vorgänger anläßlich des Erwerbes des Grundstückes solche Aufwendungen ersetzt hat, sind sie ein Teil der Gegenleistung im Sinne des Abs 1 Z 2 leg cit und daher dort zu berücksichtigen.

5. Zur Aufwertung

Grünlandwert und Wert der Gegenleistung zum Zeitpunkt des Erwerbes sind, allerdings nur, soweit letzterer den Verkehrswert nicht überschreitet, ausgehend vom Erwerbszeitpunkt entsprechend § 20 Abs 2 Sbg ROG 1977 nach dem Verbraucherpreisindex aufzuwerten. Nach dem natürlichen Wortsinn muß die "jüngst zurückliegende Indexverlautbarung" auf den Zeitpunkt der Festsetzung der Entschädigung bezogen werden. Für eine Rückbeziehung auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der raumordnungsrechtlichen Umwidmung findet sich im Wortlaut der Regelung kein zureichender Anhaltspunkt. Auch der Zweck der Entschädigung, Wertausgleich zu bewirken, gebietet keine einschränkende Auslegung, weil der Ausgleich tatsächlich erst mit der Leistung erreicht wird und der Tag der Festsetzung der Leistungspflicht der Leistung näher liegt als der Zeitpunkt der wertmindernden Umwidmung (6 Ob 507/91). Nach denselben Grundsätzen hat auch die Aufwertung der Aufschließungskosten, ausgehend vom Zeitpunkt des tatsächlichen Aufwandes, zu erfolgen. Der Ansicht des Rekursgerichtes über eine Aufwertung bis zum Tag der gerichtlichen Festsetzung der Entschädigung ist daher zuzustimmen.

6. Zu den Verzugszinsen

Die Antragstellerin hat Verzugszinsen zwar nicht schon im Antrag, aber während des anhängigen Entschädigungsverfahrens in erster Instanz begehrt. Ungeachtet der Jahresfrist des § 20 Abs 4 Sbg ROG 1977 zur Anrufung des Gerichtes kann ein Begehren grundsätzlich im gesamten Verlauf des Verfahrens erster Instanz betraglich ausgedehnt werden (3 Ob 509/76). Die Ausführung des Rekursgerichtes zum Beginn des Zinsenlaufes entsprechen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 54/45 ua).

7. Zum Verfahrenskostenersatz

Kommt die Gewährung einer Entschädigung in Betracht, so hat nach § 20 Abs 3 Satz 1 Sbg ROG 1977 die Entschädigung einschließlich der mit ihrer Festsetzung verbundenen, von der Partei nicht verschuldeten Verfahrenskosten die Gemeinde zu leisten. Diese Regelung ist eine Verfahrenskostenersatzregelung. Entscheidungen über Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift sind Entscheidungen im Kostenpunkt und damit beim Obersten Gerichtshof nicht mehr anfechtbar.

Dem Revisionsrekurs war daher insgesamt ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidungen über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf der analogen Anwendung des § 52 ZPO.

Rechtssätze
10