JudikaturJustiz6Ob336/97y

6Ob336/97y – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Mai 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Olga L*****, vertreten durch Dr.Hans Peter Pausch, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Dr.Brigitte F*****, vertreten durch Dr.Harold und Mag.Helmut Schmid, Rechtsanwälte in Graz, und der Nebenintervenienten auf seiten der beklagten Partei 1. S*****-AG, ***** vertreten durch Dr.Manfred Thorinegg, Rechtsanwalt in Graz, 2. U***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Peter Zach und Dr.Erwin Bajc, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, wegen 188.135,60 S, infolge des Rekurses der beklagten Partei sowie des Revisionsrekurses der zweiten Nebenintervenientin auf seiten der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 30. September 1997, GZ 5 R 107/97p-31, womit der Zurückweisungsbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 16.Mai 1997, GZ 18 Cg 109/96s-27, hinsichtlich der beantragten Nebenintervention bestätigt und der Rekurs der beklagten Partei zurückgewiesen wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Beide Rechtsmittel werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadenersatz mit dem Vorbringen, diese habe als Eigentümerin des unmittelbar benachbarten Hauses an der hofseitigen Grundgrenze ein Gerüst aufstellen lassen, dieses aber nicht auf dem eigenen Grund, sondern dem benachbarten, der Klägerin gehörigen Haus befestigt und dabei Dachhaut und Dachkonstruktion beschädigt.

Die Beklagte wandte ein, es seien keine Beschädigungen entstanden. Sie habe die von ihr in Auftrag gegebenen Renovierungsarbeiten durch die S***** AG durchführen lassen, die Bauaufsicht sei der U***** GesmbH oblegen. Die Beklagte verkündete wegen allfälliger Regreßansprüche diesen beiden Unternehmen den Streit. Beide Unternehmen erklärten, dem Rechtsstreit auf seiten der beklagten Partei als Nebenintervenienten beizutreten. Die Klägerin beantragte die Zurückweisung der Nebenintervention der U***** GesmbH.

Das Erstgericht wies nach Durchführung eines Bescheinigungsverfahrens die Nebenintervention dieser zweiten Nebenintervenientin zurück, weil sie ihr rechtliches Interesse nicht glaubhaft gemacht habe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der zweiten Nebenintervenientin gegen diesen Beschluß keine Folge und sprach aus, daß der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei. Den Rekurs der Beklagten wies es mit der Begründung zurück, daß im Zwischenverfahren nach § 18 Abs 2 ZPO nur der Nebenintervenient und die Prozeßpartei, die die Zurückweisung der Nebenintervention beantragt habe, beteiligt seien. Eine andere Partei sei nicht zur Erhebung eines Rechtsmittels legitimiert. Da diese Rechtsansicht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entspreche, sei der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der beklagten Partei ist mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO, der Revisionsrekurs der nicht zugelassenen Nebenintervenientin gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig.

Beide Rechtsmittelwerber führen ins Treffen, daß durch die Entscheidung des verstärkten Senates vom 8.4.1997, 1 Ob 2123/96d, über die erweiterte Rechtskraftwirkung eines materiell rechtskräftigen Urteiles auf einfache Nebenintervenienten, die sich trotz Streitverkündung am Verfahren nicht beteiligt haben, eine wesentliche Änderung eingetreten sei, die einerseits die Rechtsmittellegitimation auch der streitverkündenden Partei gegen die Zurückweisung der Nebenintervention begründe, andererseits die Anwendung des Ausnahmetatbestandes des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO analog der Zurückweisung der Klage erforderlich mache. Beides trifft nicht zu.

Mit der Entscheidung des verstärkten Senates wurde ausgesprochen, daß sich die Wirkungen eines materiell rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteiles insoweit auf den einfachen Nebenintervenienten und denjenigen, der sich am Verfahren trotz Streitverkündung nicht beteiligte, erstrecken, als diese Personen als Parteien eines als Regreßprozeß geführten Folgeprozesses keine rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Einreden erheben dürfen, die mit den notwendigen Elementen der Entscheidung des Vorprozesses in Widerspruch stehen. In diesem Rahmen sind sie daher an die ihre Rechtsposition belastenden Tatsachenfeststellungen im Urteil des Vorprozesses gebunden, soferne ihnen in jenem Verfahren insoweit unbeschränktes rechtliches Gehör zustand. Das gilt jedoch nicht auch für denjenigen, der sich am Prozeß nicht beteiligte, dem aber auch gar nicht der Streit verkündet wurde.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß aus der Prozeßordnung ein Recht einer Prozeßpartei, die Unterstützung eines Nebenintervenienten "zu genießen", nicht abzuleiten ist. Daher sind im Zwischenverfahren nach § 18 Abs 2 ZPO lediglich der Nebenintervenient und die Prozeßpartei beteiligt, die die Zurückweisung der Nebenintervention beantragt hat, der anderen Prozeßpartei, die gegen die Nebenintervention nichts vorgebracht (vielmehr zum Beitritt aufgefordert) hat, steht keine Rechtsmittellegitimation gegen den Beschluß zu, mit dem die Nebenintervention für nicht zulässig erklärt wurde. Denn in dem Zwischenverfahren über die Zulässigkeit geht es nur um das rechtliche Interesse des Nebenintervenienten (zuletzt RZ 1997/32). An dieser Rechtslage hat sich durch die Entscheidung des verstärkten Senates nichts geändert, vielmehr wird die Partei, die zur Nebenintervention erfolglos aufgefordert hat, durch Erweiterung der Rechtskraft des gegen sie ergehenden Urteiles in weitergehendem Umfang gegen nachträgliche neue Einwendungen im Folgeprozeß gegen den Nebenintervenienten geschützt. Ein unmittelbarer Rechtsanspruch auf Unterstützung durch den Intervenienten im eigenen Verfahren besteht aber nach wie vor nicht. Das Rekursgericht hat daher zutreffend den Rekurs der beklagten Partei gegen die Nichtzulassung des Nebenintervenienten mangels Rechtsmittellegitimation zurückgewiesen.

Es entspricht auch der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß die Zurückweisung des Antrages auf Beitritt als Nebenintervenient nicht der Zurückweisung einer Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen gleichzuhalten ist (EvBl 1993/187). Auch hier erfordert die Entscheidung des verstärkten Senates keine Änderung der bisherigen Judikatur, weil sich im Regreßprozeß die Bindung nur des beigetretenen Nebenintervenienten oder trotz Streitverkündung sich nicht Beteiligenden an Tatsachenfeststellungen im Urteil des Vorprozesses und auch nur insoweit erstreckt, als im Vorprozeß uneingeschränktes rechtliches Gehör zustand. Davon kann aber keine Rede sein, wenn nach der Streitverkündung der angestrebte Beitritt als Nebenintervenient (hier mangels ausreichender Bescheinigung des rechtlichen Interesses) vom Gericht des Vorprozesses abgelehnt wird. Ein Ausschluß rechtsvernichtender oder rechtshemmender Einreden, auch wenn sie mit den notwendigen Elementen der Entscheidung des Vorprozesses in Widerspruch stehen sollten, kommt daher, wird die begehrte Intervention vom Gericht rechtskräftig abgelehnt, nicht in Betracht. Wird daher die Nichtzulassung des Nebenintervenienten vom Rekursgericht bestätigt, so ist ein dagegen erhobener Revisionsrekurs nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig.

Rechtssätze
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