JudikaturJustiz6Ob27/23y

6Ob27/23y – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. April 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer Zeni Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A* T*, geboren am * 1961, *, vertreten durch Mag. Simone Gratzl Rockenschaub, Rechtsanwältin in Linz, gegen die beklagte Partei B* G*, geboren am * 1976, *, vertreten durch Mag. Lothar Korn, Rechtsanwalt in Linz, wegen 18.631,38 EUR sA und Feststellung, über die Rekurse der beklagten Partei gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 16. Dezember 2022, ON 5, und vom 12. Jänner 2023, ON 8, jeweils AZ 2 R 130/22h, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beide Rekurse werden zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Rekurse selbst zu tragen.

Text

Begründung:

[1] Die Klägerin wurde von dem von der Beklagten gehaltenen Hund niedergestoßen und dabei verletzt. Sie begehrte 18.631,38 EUR sA an Schadenersatz und die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Folgen des Unfalls, weil die Beklagte ihren Hund unzureichend beaufsichtigt habe.

[2] Das Landesgericht Linz als Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

[3] Das Berufungsgericht bestätigte die Klagsabweisung im Umfang von 2.009,71 EUR sA und gab der Klage im Übrigen statt. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und ließ die ordentliche Revision zunächst nicht zu.

[4] Dagegen erhob die Beklagte am 25. 11. 2022 einen Abänderungsantrag nach § 508 ZPO verbunden mit einer ordentlichen Revision.

[5] Das Berufungsgericht änderte daraufhin den Zulassungsausspruch dahin ab, dass die Revision doch für zulässig erklärt werde, und berichtigte gleichzeitig das Berufungsurteil, weil in der rechtlichen Beurteilung die Beklagte einmal irrtümlich als „Klägerin“ bezeichnet worden war.

[6] Mit dem angefochtenen Beschluss vom 16. 12. 2022 wies das Berufungsgericht den direkt beim Berufungsgericht eingebrachten Rekurs der Beklagten gegen diesen Berichtigungsbeschluss als unzulässig zurück. Gegen einen im Berufungsverfahren gefassten Berichtigungsbeschluss sei ein Rekurs gemäß § 519 ZPO unstatthaft.

[7] Mit dem weiters angefochtenen Beschluss vom 12. 1. 2023 wies das Berufungsgericht den aufgrund der erfolgten Berichtigung beim Erstgericht am 10. 1. 2023 eingebrachten neuerlichen Antrag der Beklagten nach § 508 ZPO verbunden mit einer ordentlichen Revision als unzulässig zurück. Der Beklagten stehe nur eine einzige Rechtsmittelschrift zu. Durch die Berichtigung der offensichtlichen Unrichtigkeit im Berufungsurteil sei keine neue Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt worden.

Rechtliche Beurteilung

[8] Die Beklagte erhob gegen beide Zurückweisungsbeschlüsse jeweils Rekurse , die sie direkt beim Berufungsgericht einbrachte. Beide Rekurse sind verspätet .

[9] 1. Zum Rekurs gegen die Zurückweisung des (neuerlichen) Antrags nach § 508 ZPO vom 10. 1. 2023 verbunden mit einer ordentlichen Revision:

[10] 1.1. Der in § 508 Abs 4 ZPO normierte Rechtsmittelausschluss betrifft nur Entscheidungen, mit denen das Berufungsgericht die Argumente des Antragstellers, es lägen doch erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vor, prüft, sie aber nicht für stichhältig hält und deshalb den Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO und die damit verbundene Revision zurückweist (RS0115271). Erfolgte die Zurückweisung eines solchen Rechtsmittels – wie im vorliegenden Fall – deshalb, weil es nicht zulässig sei, ist der Beschluss hingegen ohne die Rechtsmittelbeschränkungen des § 519 Abs 1 ZPO und des § 528 ZPO bekämpfbar (vgl 10 Ob 38/19i; 3 Ob 228/18b; RS0112034; RS0112633 [T6]; Musger in Fasching/Konecny ³ IV/1 § 519 Rz 18).

[11] 1.2. In diesen Fällen ist – wie in den Fällen der Zurückweisung an den Obersten Gerichtshof gerichteter Rechtsmittel durch das Gericht zweiter Instanz als Durchlaufgericht (8 Ob 12/20b; 6 Ob 33/16w) – der Rekurs beim Gericht erster Instanz einzubringen (vgl 10 Ob 38/19i; 9 Ob 56/15y; 3 Ob 20/13g; vgl auch 8 Ob 146/18f).

[12] 1.3. Der Rekurs der Beklagten wäre hier daher beim Landesgericht Linz einzubringen gewesen. Eine Übersendung des am 20. 1. 2023 eingebrachten Rechtsmittels durch das Berufungsgericht an das Landesgericht Linz ist nicht erfolgt. Der dem Obersten Gerichtshof nach Ablauf der 14 tägigen Rekursfrist am 8. 2. 2023 vorgelegte Rekurs ist somit verspätet und daher zurückzuweisen, sodass sich die Einholung einer Rekursbeantwortung erübrigte.

[13] 2. Zum Rekurs gegen die Zurückweisung des Rekurses gegen den Berichtigungsbeschluss des Rekursgerichts:

[14] 2.1. Das Berufungs gericht wird funktionell als Erstgericht tätig, wenn es über einen Antrag auf Berichtigung seiner Berufungsentscheidung nach Rechtskraft und damit außerhalb des Berufungsverfahrens entscheidet. Nur in diesen Fällen ist der Rekurs gegen den Berichtigungsbeschluss des Berufungs gerichts bei diesem einzubringen (3 Ob 200/22s; 7 Ob 125/12a; RS0128301).

[15] 2.2. Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht den Berichtigungsbeschluss vor Rechtskraft des Berufungsurteils gefasst. Ein solcher Urteilsberichtigungsbeschluss ist ein im Berufungsverfahren ergangener Beschluss (vgl 5 Ob 83/18w; RS0041738).

[16] Ungeachtet des Umstands, dass dagegen gemäß § 519 Abs 1 ZPO ein Rekurs unstatthaft ist (RS0041738; Musger in Fasching/Konecny ³ IV/1 § 519 Rz 21 und 55), wäre ein solcher Rekurs gegen eine Entscheidung der zweiten Instanz beim Gericht erster Instanz, hier also dem Landesgericht Linz, zu überreichen gewesen (§ 520 Abs 1 Satz 1 HalbS 2 ZPO).

[17] 2.3. Gegenständlich hat das Berufungsgericht den (unrichtigerweise) bei ihm überreichten, an den Obersten Gerichtshof gerichteten Rekurs gegen den Berichtigungsbeschluss zurückgewiesen und damit im Ergebnis als Durchlaufgericht entschieden. Auch Rekurse gegen solche Beschlüsse des Gerichts zweiter Instanz sind beim Gericht erster Instanz, hier also dem Landesgericht Linz, zu überreichen (§ 520 Abs 1 Satz 1 HalbS 2 ZPO; 3 Ob 275/07y; 3 Ob 98/07v; siehe auch Pkt 1.2.).

[18] 2.4. Der Rekurs der Beklagten wäre daher beim Landesgericht Linz einzubringen gewesen. Eine Übersendung des am 2. 1. 2023 eingebrachten Rechtsmittels durch das Berufungsgericht an das Landesgericht Linz ist nicht erfolgt. Das bedeutet nicht nur, dass der dem Obersten Gerichtshof nach Ablauf der 14 tägigen Rekursfrist am 8. 2. 2023 vorgelegte Rekurs inhaltlich unberechtigt ist; er ist auch verspätet und daher zurückzuweisen. Die Einholung einer Rekursbeantwortung erübrigte sich somit.

[19] 3. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 40, 50 ZPO.

Rechtssätze
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