JudikaturJustiz6Ob196/01v

6Ob196/01v – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Mai 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Thomas O*****, vertreten durch Dr. Hannes K. Müller, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Mag. Dr. Werner N*****, wegen 236.066,94 EUR (3,248.351,97 S), über die Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 16. März 2001, GZ 16 R 126/00t-25, mit dem das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 1. September 2000, GZ 9 Cg 153/99g-21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens wird dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 13. 8. 1989 verstorbene Ing. Dr. Thomas O***** setzte in seinem Testament vom 12. 9. 1986 den am 28. 8. 1979 geborenen Kläger und Ing. Paul O***** je zur Hälfte als seine Erben ein, setzte verschiedene Legate aus und verfügte, dass der Beklagte zu seinem Testamentsvollstrecker bestellt werde. Mit Beschluss des Verlassenschaftsgerichtes vom 3. 6. 1997 wurde der Nachlass je zur Hälfte an den Kläger und Ing. Paul O***** eingeantwortet. Am 21. 8. 1989 übergab Hans O***** in Begleitung des Vaters des Klägers, Udo O*****, dem Beklagten in dessen Kanzlei Sparbücher, Bargeld, Münzen und Travellerschecks des Verstorbenen samt einer Inventarliste dieser Vermögenswerte. Am 12. 10. 1989 stellte der Beklagte beim Verlassenschaftsgericht den Antrag, ihm die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses zu überlassen, Verfügungsermächtigungen über näher bezeichnete Sparbücher, Wertpapierdepots und Bankkonten zu erteilen und eine Frist zur Abwicklung der Verlassenschaft einzuräumen. Dieser Antrag wurde mit Beschluss des Verlassenschaftsgerichtes vom 3. 11. 1989, der dem Beklagten am 10. 11. 1989 zugestellt wurde, abgewiesen. Am 8. 2. 1990 kamen der Vater des Klägers und Ing. Paul O***** zum Beklagten und urgierten die Ausfolgung von Vermögenswerten. Der Beklagte übergab dem Vater des Klägers im Einverständnis mit Ing. Paul O***** ein Sparbuch des Erblassers bei der Raiffeisenkasse S***** und wies daraufhin, dass 50 % des Erlöses an Ing. Paul O***** auszufolgen seien. Der Vater des Klägers und Ing. Paul O***** unterfertigten eine entsprechende Bestätigung. Der Beklagte verwies darauf, dass er erst prüfen müsse, ob er weitere Ausfolgungen vornehmen könne. Es wurde daher ein weiteres Zusammentreffen am 15. 2. 1990 vereinbart. Der Beklagte legte nun aus den ihm übergegebenen Vermögenswerten zwei Sparbücher mit gleichem Einlagestand an und übergab je eines dieser Sparbücher am 15. 2. 1990 an den Vater des Klägers und an den zweiten Testamentserben. Damals wies jedes dieser Sparbücher einen Einlagestand von über 2,1 Mio S auf. Ein drittes Sparbuch wollte der Beklagte zunächst bei sich behalten, um damit allenfalls auflaufende Auslagen zu begleichen. Der Vater des Klägers und Ing. Paul O***** forderten aber auch die Herausgabe dieses Sparbuches, womit der Beklagte schließlich einverstanden war. Die beiden haben das Sparbuch sofort realisiert und sich den Erlös geteilt. Die vom Beklagten geforderte schriftliche Bestätigung über diesen Vorgang verweigerten sie mit dem Hinweis, dass dies nicht notwendig sei, weil sie ohnehin wechselweise den Erhalt des Geldes bestätigen könnten. Die restlichen Vermögenswerte übergab der Beklagte - abzüglich seines mit dem Vater des Klägers und dem anderen Testamentserben vereinbarten Honorars - dem Gerichtskommissär. Die Travellerschecks gerieten bei ihm jedoch irrtümlich in einen anderen Akt und wurden erst im Jahr 1999 beim Verlassenschaftsgericht zur Einleitung einer Nachtragsabhandlung überreicht.

Der Beklagte hatte die Familienmitglieder des Verstorbenen vorher nicht gekannt. Von Schulden des Vaters des Klägers wusste er nichts. Dieser verdiente damals als Angestellter eines EDV-Unternehmens 20.000 S bis 30.000 S netto monatlich und hatte keine Schulden. Seine Vermögenslage verschlechterte sich ab 1994. Anlässlich der Ehescheidung der Eltern des Klägers wurde die Obsorge für ihn seiner Mutter zugeteilt. Diese nahm im April 1996 Einsicht in den Verlassenschaftsakt. Sie erfuhr erstmals im Sommer 1998 in der Kanzlei des Klagevertreters davon, dass aus der Verlassenschaft stammende größere Geldbeträge an den Vater des Klägers übergeben worden waren.

Mit Beschluss vom 26. 9. 1990 bestellte das Verlassenschaftsgericht Rechtsanwalt Dr. Wolfgang B***** zum Verlassenschaftskurator nach § 811 ABGB. Der Vater des Klägers trat im Verlassenschaftsverfahren als gesetzlicher Vertreter des Klägers auf und war seinerseits von einem Rechtsanwalt vertreten, der am 13. 11. 1990 für den Kläger die bedingte Erbserklärung auf Grund des Testamentes abgab. Sowohl diese Erbserklärung als auch die Erbserklärung des Ing. Paul O***** vom 16. 10. 1990 wurden am 8. 5. 1991 vom Verlassenschaftsgericht angenommen. Mit Beschluss vom 28. 6. 1991 wurde der Verlassenschaftskurator seines Amtes enthoben und den beiden Erben die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen. Am 6. 4. 1992 wurde ein Teilinventar errichtet, in dem lediglich jene Sparbücher aufscheinen, die der Beklagte in seinem Antrag auf Bestellung zum Verlassenschaftskurator angeführt hatte, nicht aber die anderen ihm übergebenen Sparbücher. Das Protokoll über die Inventarserrichtung wurde auch vom Beklagten unterfertigt. Am 7. 4. 1995 gab auch der Vater des Klägers, gestützt auf ein behauptetes Testament vom 12. 12. 1987, zur Hälfte des Nachlasses eine Erbserklärung ab. Da er die ihm gesetzte Frist zur Einbringung der Erbsrechtsklage nicht wahrnahm, wurde die Verlassenschaft mit Beschluss vom 26. 1. 1996 ohne Berücksichtigung seiner Erbansprüche fortgesetzt. Mit Beschluss vom 3. 6. 1997 wurde das Hauptinventar mit einem Reinnachlass von 33,302.153,36 S zu Gericht angenommen. Der Beklagte wurde als Testamentsvollstrecker ermächtigt, sämtliche in seiner Verwahrung befindlichen Sparbücher und sonstigen Nachlasswerte zur Realisierung dem Gerichtskommissär in Verwahrung zu übergeben. Eine Forderungsanmeldung des Beklagten von 800.000 S wurde zur Kenntnis genommen und der Gerichtskommissär ermächtigt, die Überweisung dieses Betrages an den Beklagten durchzuführen.

Mit seiner am 22. 7. 1999 eingebrachten Klage begehrte der Kläger Geldersatz für die Hälfte jener Münzen, Sparbücher und Bargeldbeträge, die seinerzeit dem Beklagten übergegeben worden waren und von diesem nicht an das Verlassenschaftsgericht ausgefolgt wurden sowie die Hälfte eines vom Beklagten namens der Verlassenschaft inkassierten Guthabens des Verstorbenen bei einer Hausverwaltung, und zwar - zuletzt - einen Gesamtbetrag von 3,248.351,97 S. Der Beklagte habe einen Teil dieser Vermögenswerte an den Vater des Klägers und den zweiten Erben unter Umgehung des Verlassenschaftsgerichtes ausgefolgt. Der Kläger habe hievon nichts erhalten. Das Verbleiben eines weiteren Teiles der Vermögenswerte sei unbekannt. Der Vater des Klägers sei vermögenslos. Die ihm übergebenen Werte seien nicht mehr vorhanden, sodass dem Kläger ein vom Beklagten zu vertretender Schaden in entsprechender Höhe entstanden sei. Es hätte dem Beklagten als Rechtsanwalt bekannt sein müssen, dass eine Ausfolgung der Vermögenswerte an den Vater des Klägers unzulässig gewesen und dass damit der Wille des Erblassers, zu dessen Verwirklichung der Beklagte im Testament bestellt worden sei, umgangen worden sei. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er sei lediglich dem letzten Willen des Verstorbenen entsprechend verpflichtet gewesen, für die gleichteilige Aufteilung der Vermögenswerte zu sorgen. Die ordnungsgemäße Durchführung der Abhandlung sei jedoch beim Gerichtskommissär und den Rechtsvertretern der Erben gelegen gewesen. Er sei zur Ausfolgung je der Hälfte des realisierten Verlassenschaftsvermögens an die Erben verpflichtet gewesen, zumal diesen auch die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen worden sei. Bis zur Behauptung des Vaters des Klägers im Jahr 1995, selbst Erbe zu sein, hätten keine begründeten Zweifel an der ordnungsgemäßen Vertretung des Klägers durch seinen Vater bestanden. Eine Gefährdung des Kindeswohles sei nicht erkennbar gewesen. Die Klageforderung sei auch verjährt, weil der Rechtsvertreter des Vaters des Klägers, der auch den Kläger selbst vertreten habe und dessen Wissen sich der Kläger daher anrechnen lassen müsse, 1995 über den Umstand der Übergabe von Vermögenswerten an den Vater des Klägers informiert worden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Beim Beklagten als Testamentsvollstrecker seien mit Ausnahme seines Honorars keine Vermögenswerte geblieben. Er habe diese teils dem Vater des Klägers und dem zweiten Erben übergeben und teils der Verlassenschaft zur Verfügung gestellt. Ein Schadenersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten sei zu verneinen. Die Eltern seien bei der Verwaltung des Kindesvermögens von der gerichtlichen Aufsicht unabhängiger als Vormünder oder Kuratoren. Die Bestimmungen über die Sperre und Inventur des Kindesvermögens könne das Gericht nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 176 ABGB anordnen. Solche Maßnahmen habe das Verlassenschaftsgericht aber nicht getroffen. Die bloß theoretische Möglichkeit, dass ein Obsorgeberechtigter erhaltene Wertsachen seines Kindes nicht an dieses weiterleite, reiche zur Begründung eines Schadenersatzanspruches nicht aus. Der Beklagte habe nicht rechtswidrig gehandelt.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass es mit Zwischenurteil aussprach, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Der Beklagte habe den Beschluss des Verlassenschaftsgerichtes, mit dem sein Antrag, ihm die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses zu übertragen, abgewiesen worden sei, missachtet und unter Umgehung des Gerichtes und des Gerichtskommissärs dem Vater des Klägers und dem anderen Erben den Großteil der bei ihm befindlichen Vermögenswerte ausgefolgt. Damit habe er verhindert, dass das Geld nach den Vorschriften über die Anlegung von Mündelgeldern angelegt werde. Der Beklagte habe somit seine Sorgfaltspflicht als Rechtsanwalt unabhängig davon verletzt, dass er von den finanziellen Problemen des Vaters des Klägers keine Kenntnis gehabt habe. Er habe im weiteren Verlassenschaftsverfahren erkennen können, dass die von ihm ausgefolgten Vermögenswerte nicht aufgeschienen seien. Er habe diese dennoch auch in der Folge weder dem Gerichtskommissär noch dem Gericht bekanntgegeben und damit eine mündelsichere Anlegung weiterhin verhindert. Da Feststellungen über den Wert der Goldmünzen und die Höhe des Erlöses aus dem vom Vater des Klägers und vom anderen Erben bei der Bank realisierten Sparbuches fehlten, werde das Verfahren über die Schadenshöhe fortzusetzen sein. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Haftung des Testamentsvollstreckers vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Der vom Erblasser bestimmte Testamentsvollstrecker hat gemäß § 816 ABGB als Machthaber für die Vollziehung der Anordnungen des Erblassers zu sorgen. Es ist die wesentliche Aufgabe des Testamentsvollstreckers, die Durchführung des letzten Willens des Erblassers zu überwachen und zu betreiben (8 Ob 682/88 = EvBl 1990/20; 2 Ob 105/98z). Als der Beklagte die in seine Innehabung gelangten Nachlasswerte an den Vater des Klägers und den anderen Erben ausfolgte, hatten weder er - wie auf Grund des Beschlusses des Nachlassgerichtes vom 3. 11. 1989 eindeutig klargestellt worden war - noch die beiden Testamentserben die Vertretung des Nachlasses inne. Der Nachlass war zu diesem Zeitpunkt noch unvertreten. In der Folge wurde dann ein außenstehender Rechtsanwalt zum Nachlassverwalter bestellt. Die Testamentserben hatten noch nicht einmal Erbserklärungen abgegeben. Die Ausfolgung von Nachlasswerten an den Vater des Klägers und den anderen Erben und die Realisierung von zum Nachlass gehörenden Sparbüchern entbehrte schon deshalb jeder Rechtsgrundlage. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass dem Beklagten, der den Beruf eines Rechtsanwaltes ausübt, insoweit Gesetzeskenntnis zuzumuten ist, dass er dies wusste und ihm klar war, dass nicht die im Testament eingesetzten Erben, sondern die Verlassenschaft einen Anspruch auf Herausgabe bezüglich der in seinen Händen befindlichen Nachlasswerte hatte. Es war von ihm zu erwarten, dass ihm der Inhalt der Bestimmung des § 797 ABGB geläufig war, wonach niemand eine Erbschaft eigenmächtig im Besitz nehmen darf, sondern das vom Gericht die Einantwortung des Nachlasses bewirkt werden muss und dass die Überlassung von Teilen des Nachlasses zur freien Verwendung der ausgewiesenen Erben (also jenen Erben, die bereits Erbserklärungen abgegeben haben), vor Einantwortung, wenn überhaupt, nur durch das Verlassenschaftsgericht bestimmt werden kann (§ 145 AußStrG; Welser in Rummel, Komm z ABGB I3 §§ 797, 798 ABGB Rz 10 mwN). Die Tatsache, dass der Beklagte im Testament als Testamentsvollstrecker eingesetzt worden war, vermochte an dieser Rechtslage nichts zu ändern. Selbst als verwaltender Testamentsvollstrecker - eine solche Funktion kam dem Beklagten aber auf Grund des Beschlusses des Verlassenschaftsgerichtes vom 3. 11. 1989 gar nicht zu - hätte er zu einer derartigen Transaktion der gerichtlichen Ermächtigung genauso bedurft wie ein verwaltender Erbe (Welser aaO § 816 Rz 10). Die Handlungen des Testamentsvollstreckers unterliegen in jedem Fall der Überwachung des Verlassenschaftsgerichtes (SZ 69/197). Allein das Drängen des Vaters des Klägers auf Ausfolgung von Nachlasswerten in beträchtlicher Höhe relativ kurz nach dem Tod des Erblassers hätte einen pflichtbewussten, vom Erblasser zur Überwachung der ordnungsgemäßen Abwicklung der Nachlassaufteilung eingesetzten Testamentsvollstrecker, der noch dazu einen Rechtsberuf ausübt, zum Misstrauen gegenüber dem Vater des Klägers veranlassen müssen. Unter den gegebenen Umständen lag auf der Hand, dass der Vater des Klägers die Gelder keineswegs für den damals erst 10-jährigen Kläger mündelsicher anlegen werde, war doch ganz offensichtlich, dass ein Aufdecken dieser Nachlasswerte durch die Steuerbehörde vermieden werden sollte. Wie in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 6 Ob 595/81 (wenn es dort auch nicht um die Haftung eines Testamentsvollstreckers ging) gilt auch im vorliegenden Fall, dass der Beklagte die ihm zugekommenen Vermögenswerte schon deshalb nicht an den gesetzlichen Vertreter herausgeben durfte, weil er wissen musste, dass weder das Verlassenschaftsgericht noch das Pflegschaftsgericht Kenntnis von diesen Vermögenswerten hatten. Ihm musste als Rechtskundigem auch klar sein, dass Lehre und Rechtsprechung in § 21 Abs 1 ABGB, wonach Minderjährige und andere Pflegebefohlene unter dem besonderen Schutz der Gesetze stehen, keine bloß pragmatische Erklärung sehen, sondern eine Fürsorgeanordnung für schutzbedürftige Personen, die vor allem vor Übervorteilung im Geschäftsverkehr bewahrt werden sollen (SZ 61/231 mwN). Auf Grund seiner Einsetzung als Testamentsvollstrecker konnte kein Zweifel daran bestehen, dass er diesen Schutz des damals minderjährigen Klägers wahrnehmen sollte. Gerade seine Überwachungsfunktion forderte bei sonstiger Sinnlosigkeit eine gegenüber dem Vater des Klägers und dem anderen Erben unabhängige Stellung (vgl F. Bydlinski, Letztwillige Verwaltungsanordnungen, JBl 1981, 72 [77]). Eine mündelsichere Anlage von in Geld bestehendem Vermögen eines minderjährigen Kindes ist in § 149 Abs 1 ABGB ausdrücklich (auch) den Eltern (nicht nur Vormündern) auferlegt. Bei anderen Veranlagungen ist gemäß § 154 Abs 3 ABGB die Zustimmung des anderen Elternteils und die Genehmigung des Gerichtes erforderlich. Verfügungen über derart hohe Beträge, die hier strittig sind, zählen keineswegs zum "ordentlichen Wirtschaftsbetrieb".

Gerade auch deshalb, weil der Beklagte nach dem Wunsch des Erblassers als Testamentsvollstrecker die Befolgung seines letzten Willens überwachen sollte, hätte er darauf zu achten gehabt, dass der ihm übergebene Nachlassteil tatsächlich zur Hälfte dem Kläger zukommt. Wenn er daher schon unter Ausschaltung des Verlassenschaftsgerichtes, des Pflegschaftsgerichtes und der Steuerbehörden Vermögenswerte dem Vater des Klägers überließ, hätte er daher zumindest überwachen müssen, ob diese dem Kläger zugute kamen und in seinem Namen verwaltet wurden. Der Beklagte hat sich aber in der Folge offensichtlich überhaupt nicht mehr um diese Angelegenheit gekümmert und nicht einmal die Mutter des Klägers als ebenfalls gesetzliche Vertreterin - entgegen der Bestimmung des § 154 Abs 3 ABGB - von den Vorgängern informiert. Spätestens bei Unterfertigung des Protokolls über die Errichtung des Teilinventars hätte ihm klar sein müssen, dass der Vater des Klägers die ihm überlassenen Vermögenswerte dem Verlassenschaftsgericht gegenüber nicht bekannt gegeben hat. Umso weniger kann er sich darauf berufen, dass er ohnehin darauf vertrauen durfte, der Vater des Klägers werde sich darum schon kümmern. Aber auch bereits im Zeitpunkt der Ausfolgung der Vermögenswerte an den Vater des Klägers wäre entsprechende Skepsis angezeigt gewesen. Wer einen Rechtsanwalt betraut, darf davon ausgehen, dass dieser im besonderen Maß geeignet ist, ihn vor Nachteilen zu schützen und alle nach der Rechtsordnung erforderlichen Schritte zur Verwirklichung des ihm bekannten Geschäftszweckes zu unternehmen (RIS-Justiz RS0038724). Diesen auch dem Erblasser zu unterstellenden Intentionen hat der Beklagte durch sein Verhalten zum Nachteil des damals minderjährigen Klägers, dessen Wohl der Erblasser offensichtlich im Auge hatte, zuwider gehandelt. In der Übernahme des Amtes des Testamentsvollstreckers durch den Beklagten ist auch nicht eine bloße Gefälligkeit im Sinn des § 1300 ABGB zu erblicken, ist doch der Testamentsvollstrecker auf Grund rechtsgeschäftlicher Bestellung tätig und steht ihm dementsprechend ein Entgeltanspruch zu (6 Ob 682/88). Daran hatte ja auch der Beklagte keinen Zweifel, weshalb er sich ein entsprechendes Honorar einbehielt und zudem auch ein Honorar vom Gerichtskommissär ausfolgen ließ. Das Berufungsgericht hat daher die Haftung des Beklagten dem Grunde nach zu Recht bejaht. Aber auch der Verjährungseinwand des Beklagten geht fehl. Die Vorinstanzen haben unbekämpft festgestellt, dass die Mutter des Klägers erst 1998 von den Vorgängern erfuhr. Solange (auch) der Vater gesetzlicher Vertreter des Klägers war, konnte dessen Wissen dem Kläger schon deshalb nicht zugerechnet werden, weil er bei der Vereinnahmung der Gelder tatsächlich nicht als Vertreter des Minderjährigen, sondern ausschließlich im eigenen Interesse handelte. Es geht daher auch nicht an, ein allfälliges Wissen des Rechtsvertreters des Vaters dem Kläger selbst zuzurechnen. Die Behauptung des Klägers, dass ihm von den an seinem Vater übergebenen Vermögenswerten nichts zukam, hat das Erstgericht unbekämpft seinem Urteil als richtig unterstellt, wie aus seinen rechtlichen Ausführungen hervorgeht. Die Frage, ob es dem Kläger gelungen wäre, Teile des Vermögens von seinem Vater hereinzubringen und ob er insoweit eine Schadensminderung verletzt hat, wird als Frage der Schadenshöhe im fortgesetzten Verfahren zu klären sein. Das Zwischenurteil des Berufungsgerichtes war daher zu bestätigen. Gemäß § 52 Abs 1 ZPO waren die Kosten des Revisionsverfahrens dem Endurteil vorzubehalten.

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