JudikaturJustiz6Ob18/23z

6Ob18/23z – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Februar 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer Zeni Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. H*, geboren am * 2006, 2. E*, geboren am * 2007, wegen Unterhalts, über den „außerordentlichen Revisionsrekurs“ des Vaters M*, vertreten durch Dr. Karl Heinz Plankel, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. Dezember 2022, GZ 42 R 193/22a 143, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 22. April 2022, GZ 2 Pu 88/18m 132, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen den aufhebenden Teil der Entscheidung des Rekursgerichts richtet, zurückgewiesen.

II. Im Übrigen, somit in Ansehung der Bekämpfung der Bestätigung des zugesprochenen Unterhaltsrückstands durch das Rekursgericht, wird der Akt dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

[1] Die Kinder beantragen, den Vater zu laufenden monatlichen Unterhaltsleistungen von je 828 EUR sowie zur Zahlung von rückständigem Unterhalt zu verpflichten.

[2] Das Erstgericht verpflichtete den Vater zur Zahlung eines Rückstands in bestimmter Höhe und zu laufenden monatlichen Unterhaltsbeiträgen in Höhe von 245 EUR für das jüngere Kind und (zuletzt) in Höhe von 273 EUR für das ältere Kind. Das Mehrbegehren (zu Rückstand und laufenden Unterhaltsbeiträgen) wies es ab.

[3] Das Rekursgericht gab dem allein gegen den Zuspruch von Unterhaltsrückstand gerichteten Rekurs des Vaters nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gegen den bestätigenden Teil seines Beschlusses nicht zulässig sei.

[4] Hingegen hob es über den Rekurs der Kinder den Beschluss des Erstgerichts betreffend die Abweisung des Mehrbegehrens (hinsichtlich der weiteren für Rückstand und laufenden Unterhalt begehrten Beträge) auf und verwies die Pflegschaftssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Einen Ausspruch nach § 64 Abs 1 AußStrG (mit dem der Revisionsrekurs gegen den aufhebenden Teil der Entscheidung für zulässig erklärt worden wäre) traf es nicht.

[5] Die Entscheidung besteht damit aus zwei Teilen, nämlich einem aufhebenden und einem bestätigenden, die unterschiedlichen Regimen hinsichtlich ihrer Bekämpfbarkeit unterliegen.

[6] Der Vater bekämpft mit seinem „außerordentlichen Revisionsrekurs“ den Beschluss zur Gänze, also nicht nur im bestätigenden Umfang, sondern ausdrücklich auch hinsichtlich der „Folgegabe des Rekurses“ der Kinder durch das Rekursgericht. Er strebt die Abänderung dahin an, dass nur seinem Rekurs, nicht aber dem Rekurs der Kinder Folge gegeben werden möge.

I. Zur Zurückweisung des Revisionsrekurses gegen den aufhebenden Teil der Entscheidung:

Rechtliche Beurteilung

[7] I.1. Gemäß § 64 Abs 1 AußStrG ist ein Beschluss des Rekursgerichts, mit dem ein solcher des Erstgerichts aufgehoben und diesem eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen wird, nur dann anfechtbar, wenn das Rekursgericht ausgesprochen hat, dass der Revisionsrekurs zulässig ist.

[8] I.2. Da der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts zu seinem aufhebenden Teil einen solchen Ausspruch nicht enthält, ist der Revisionsrekurs insoweit jedenfalls unzulässig (RS0030814).

II. Zur Rückstellung hinsichtlich der Bekämpfung des bestätigenden Teils:

[9] II.1. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG –jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen – binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts – beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen (Zulassungsvorstellung), den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Die Zulassungsvorstellung ist mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden.

[10] II.2. Der Anspruch des Kindes auf Unterhalt ist rein vermögensrechtlicher Natur im Sinn des § 62 Abs 4 und 5 AußStrG (RS0007110 [T32]). Im Unterhaltsverfahren bestimmt sich der Wert des vom Rekursgericht behandelten Entscheidungsgegenstands nach § 58 Abs 1 JN mit dem 36 fachen des im Rekursverfahren strittigen monatlichen Erhöhungs- oder Herabsetzungsbegehrens (RS0122735).

[11] Der Wert des Entscheidungsgegenstands des Unterhaltsanspruchs ist für jedes Kind einzeln zu berechnen; eine Zusammenrechnung der Begehren mehrerer Unterhaltsberechtigter hat nicht stattzufinden (RS0017257 [T3, T4]; RS0112656 [T1]).

[12] Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts ist daher regelmäßig der 36-fache Betrag jenes monatlichen (laufenden: RS0103147 [T26, T29]) Unterhaltsbetrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz noch strittig war (RS0122735 [T1, T8]). Zusätzlich begehrte, bereits fällig gewordene Beträge sind dann nicht gesondert zu bewerten (RS0103147 [T1, T6]; RS0114353; RS0122735 [T5]).

[13] II.3. Der Vater bekämpfte zwar nur den zugesprochenen Unterhaltsrückstand, die Kinder aber die gesamte Abweisung des Mehrbegehrens (das nicht nur den Rückstand, sondern auch den laufenden Unterhaltsbetrag betraf). Zwischen den Parteien blieb damit in zweiter Instanz betreffend den laufenden monatlichen Unterhaltsbetrag die Differenz zwischen dem von den Kindern begehrten Betrag von 828 EUR und dem zugesprochenen Betrag von zuletzt 273 EUR (älteres Kind) und 245 EUR (jüngeres Kind) strittig. Dass daneben noch (teils zugesprochener, teils abgewiesener) rückständiger Unterhalt (sowohl von den Kindern als auch vom Vater) bekämpft wurde, spielt für die Rechtsmittelzulässigkeit – wie zuvor ausgeführt – keine Rolle.

[14] II.4. Die maßgebliche Zulässigkeitsgrenze von 30.000 EUR wird damit bei beiden Kindern nicht überschritten (555 EUR mal 36 = 19.980 EUR bzw 583 EUR mal 36 = 20.988 EUR), sodass dieser Teil des Beschlusses lediglich im Wege einer Zulassungsvorstellung gemäß § 63 AußStrG anfechtbar ist. Wird dennoch ein (ordentlicher oder außerordentlicher) Revisionsrekurs erhoben, so hat – auch wenn der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist – das Erstgericht dieses Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel in der Regel als Anträge im Sinn des § 63 AußStrG zu werten sind; allenfalls ist vorher das Verbesserungsverfahren einzuleiten.

[15] II.5. Hinsichtlich der Bekämpfung der Bestätigung des zugesprochenen Rückstands ist der Akt daher dem Erstgericht zurückzustellen.

Rechtssätze
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