JudikaturJustiz6Ob166/18g

6Ob166/18g – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. September 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden, durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** W*****, vertreten durch Holler Höfler Rechtsanwälte OG in Leibnitz, wider die beklagte Partei MMMag. Dr. R***** B*****, vertreten durch Dr. Stefan Herdey und Dr. Roland Gsellmann, Rechtsanwälte in Graz, wegen 15.987,58 EUR samt Anhang, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 19. Juni 2018, GZ 3 R 67/18z 21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 17. April 2018, GZ 22 Cg 7/18f 17, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.172,70 EUR (darin enthalten 195,45 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der geklagte Rechtsanwalt war in einem Vorprozess Verfahrenshelfer der Exgattin des jetzigen Klägers (im Folgenden „Verpflichtete“). Diese hatte als Klägerin im Vorprozess 42.000 EUR von den eingeklagten 75.000 EUR ersiegt. Aufgrund dieses Prozessausgangs überwies der Haftpflichtversicherer des im Vorprozess Beklagten 47.720,45 EUR am 31. 5. 2017 an den nunmehrigen Beklagten als Rechtsvertreter der Verpflichteten. Am 1. 6. 2017 zahlte der Beklagte, obwohl er noch immer deren bestellter Verfahrenshelfer war, an diese einen Teilbetrag von 22.720,45 EUR in bar aus und schloss mit ihr eine Vereinbarung, wonach sie ihm für seine – als Verfahrenshelfer erbrachten – Anwaltsleistungen 25.000 EUR zahlen sollte.

Der Kläger führte gegen die Verpflichtete Exekution über 19.888,32 EUR. Die Exekutionsbewilligung (Pfändung von Geldforderungen der Verpflichteten und die Überweisung dieser Forderungen zur Einziehung) samt Zahlungsverbot vom 8. 6. 2017 wurde dem Beklagten mit der Aufforderung zur Drittschuldnererklärung am 14. 6. 2017 zugestellt. Der Beklagte gab in seiner Drittschuldnererklärung vom 19. 6. 2017 bekannt, dass keine offene Forderung der Verpflichteten ihm gegenüber bestünde. Der Beklagte buchte den verbleibenden Teilbetrag von 25.000 EUR aus dem Vorprozess auf sein Firmenkonto als Kosten des Verfahrens des Vorprozesses und eines weiteren Verfahrens, in dem er als Verfahrenshelfer die Verpflichtete erfolglos vertreten hatte („zweiter Vorprozess“). Der Beklagte war zu diesem Zeitpunkt noch immer Verfahrenshelfer der Verpflichteten. Es lag weder ein Beschluss auf Nachzahlung der vorläufig gestundeten Beträge im Sinne des § 71 ZPO noch ein Erlöschungs oder Entziehungsbeschluss im Sinne des § 68 ZPO vor. Zum zweiten Vorprozess erging bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz weder ein Beschluss nach § 68 ZPO noch nach § 71 ZPO. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte die „Entlohnung“ für die Verfahrenshilfeleistungen auf seinem Konto liegen.

Mit rechtskräftigem Beschluss vom 6. 9. 2017 des Erstgerichts wurde die Verpflichtete gemäß § 71 ZPO zur Nachzahlung von Verfahrenskosten für die Vertretungshandlungen im ersten Vorprozess in Höhe von 19.912,92 EUR an den Beklagten verpflichtet.

Nachdem dem Beklagten die Klage in diesem Verfahren zugestellt worden war, stellte dieser zum zweiten Vorprozess einen Antrag nach § 71 ZPO, der abgewiesen wurde.

Mit der vorliegenden Drittschuldnerklage begehrte der Kläger vom Beklagten zuletzt die Zahlung von 15.987,58 EUR sA. Im Zeitpunkt der Zustellung der Exekutionsbewilligung an den Beklagten habe ein Anspruch der Verpflichteten auf Auszahlung des ersiegten Betrags von 25.000 EUR bestanden. Honorarvereinbarungen für Leistungen im Rahmen der Verfahrenshilfe widersprächen nicht nur dem Standesrecht, sondern seien nichtig. Der Beklagte habe sich daher nicht auf die Honorarvereinbarung mit der Verpflichteten vom 1. 6. 2017 für seine Vertretungsleistungen im Rahmen der Verfahrenshilfe berufen können. Ein solcher Honoraranspruch könne nur gemäß § 71 ZPO durchgesetzt werden. Daher habe die Verpflichtete Anspruch auf Auszahlung des gesamten ersiegten Betrags von 47.720,45 EUR gehabt und im Zeitpunkt der Zustellung der Exekutionsbewilligung wegen Nichtigkeit der Honorarvereinbarung vom 1. 6. 2017 noch einen solchen von 25.000 EUR. Dieser Anspruch sei in der Höhe der betriebenen Forderung zufolge der Drittschuldnerexekution auf ihn übergegangen.

Der Beklagte wendete ein, im Zeitpunkt der Zustellung der Exekutionsbewilligung an ihn habe die Verpflichtete ihm gegenüber keine Forderung gehabt. Er sei zum Abschluss der Honorarvereinbarung auch berechtigt gewesen, weil seine Tätigkeit als Verfahrenshilfevertreter zu diesem Zeitpunkt bereits beendet gewesen sei; eine gesetzwidrige Honorarvereinbarung sei nur nichtig, wenn der Verbotszweck der Norm es erfordere. Dies sei hier nicht der Fall. Er habe die Verpflichtete vor Abschluss der Honorarvereinbarung vom 1. 6. 2017 auch über die Rechtslage, insbesondere über § 71 ZPO, aufgeklärt. Gemäß § 19 Abs 1 RAO sei er bei Einlangen des für die Verpflichtete ersiegten Betrags auf seinem Anderkonto verpflichtet gewesen, seinen Honoraranspruch unverzüglich abzurechnen. Im Hinblick auf § 71 ZPO sei er daher zur Abrechnung mit der Verpflichteten und zum Einbehalt von 25.000 EUR berechtigt gewesen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf die wiedergegebenen Feststellungen und führte rechtlich aus, vor Rechtskraft eines Beschlusses nach § 71 ZPO bestehe kein Rechtsgrund, wonach der Verfahrenshilfevertreter vom im Rahmen der Verfahrenshilfe zu vertreten Gewesenen ein Entgelt für seine Vertretungsleistungen verlangen dürfte. Ein Verfahrenshilfe-Rechtsanwalt dürfe den von der Gegenpartei an ihn gezahlten ersiegten Betrag nicht zur Abgeltung oder Sicherstellung vermeintlicher Entlohnungsansprüche einbehalten oder gerichtlich hinterlegen, sofern kein Nachzahlungsbeschluss vorliege. Eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen einer im Rahmen der Verfahrenshilfe vertretenen Partei und einem Verfahrenshilfe-Rechtsanwalt stelle eine Umgehung des § 71 ZPO und eine sittenwidrige Schmälerung des Rechts des Vertretenen dar, weil diesem bis zur Beschlussfassung im Sinne des § 71 ZPO die Begünstigungen (Unentgeltlichkeit) jedenfalls zustünden und er nicht – noch dazu als rechtlich Ungebildeter – zu einer gesetzesumgehenden Vertragsregelung verleitet werden dürfe. Der Beklagte habe daher kein Pfandrecht im Sinne des § 19 RAO für seine Vertretungskosten gehabt. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Exekutionsbewilligung und der Aufforderung zur Drittschuldnererklärung habe die Verpflichtete gegen den Beklagten die Forderung auf Auszahlung des restlichen ersiegten Betrags von 25.000 EUR gehabt, der Beklagte sei insoweit Drittschuldner gewesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Die Honorarvereinbarung hätte die Forderung der Verpflichteten nur dann nicht beseitigt, wenn sie absolut nichtig wäre. Nur darauf und nicht auf eine allfällige bloße Anfechtbarkeit habe sich der Kläger in seinem Vorbringen berufen. Da die im Rahmen der Verfahrenshilfe vertretene Partei bei Abschluss einer nachträglichen Honorarvereinbarung aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation und wegen der ihr gemeinhin fehlenden Kenntnisse im anwaltlichen Honorarrecht wohl regelmäßig in eine Drucksituation gegenüber dem Verfahrenshilfe-Rechtsanwalt, der sie erfolgreich vertreten habe, käme – eine Situation, die es schon grundsätzlich zu vermeiden gelte –, sei in § 16 Abs 2 RAO und § 51 RL BA 2015 ausdrücklich die gerichtliche Bestimmung nachzuzahlender Beträge vorgesehen. Die in § 52 RL BA 2015 als unbedenklich beschriebene, vom Vertretenen nach Abschluss der Vertretung aus freien Stücken angebotene Entlohnung liege nicht vor, wenn – wie hier – ein Verfahrenshilfevertreter, der den ersiegten Betrag auf dem Anderkonto habe, den Vertretenen zur Einigung über sein Honorar auffordere. Das Zulassen von Honorarvereinbarungen zwischen Verfahrenshilfevertreter und vertretener Partei nach Vereinnahmung der ersiegten Beträge durch den Verfahrenshilfevertreter würde neben der beschriebenen Drucksituation für den Vertretenen aber auch dazu führen, dass auf die Rangordnung der Nachzahlungen in § 71 Abs 2 ZPO nicht Rücksicht genommen wird und die von Amts wegen parallel dazu gefassten Nachzahlungsbeschlüsse gemäß § 71 ZPO mit der gewillkürten Honorarvereinbarung zwischen Verfahrenshilfevertreter und Vertretenem regelmäßig kollidierten. Vor diesem Hintergrund und der grundsätzlichen Sensibilität gesetzwidriger Honorarvereinbarungen von Rechtsanwälten erfordere der Verbotszweck auch hier die (absolute) Nichtigkeit der in der Umgehung der Vorschrift des § 71 ZPO geschaffenen Honorarvereinbarung vom 1. 6. 2017.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Nichtigkeit (oder bloßen Anfechtbarkeit) einer eine Beschlussfassung des Gerichts gemäß § 71 ZPO umgehenden Honorarvereinbarung zwischen Verfahrenshilfe-Rechtsanwalt und dem in dieser Funktion Vertretenen nach Beendigung des Zivilverfahrens, für das die Beigebung erfolgt sei, aber noch vor einer Enthebung des Verfahrenshilfevertreters durch die Rechtsanwaltskammer von dieser Funktion (§ 45 Abs 4a RAO), nicht vorliege.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klageabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in der Revisionsbeantwortung sinngemäß, die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Der Revisionswerber macht sinngemäß geltend, die vom Berufungsgericht herangezogene Entscheidung 6 Ob 553/92 sei mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, weil dort die Honorarvereinbarung noch während des laufenden Verfahrens abgeschlossen worden sei, während hier beide Verfahren im Zeitpunkt der Honorarvereinbarung bereits rechtskräftig abgeschlossen gewesen seien. Diesfalls sei nicht von einer absoluten Nichtigkeit der Honorarvereinbarung auszugehen. Der Kläger habe sich nur auf die absolute Nichtigkeit, nicht jedoch auf die bloße Anfechtbarkeit berufen.

Hierzu wurde erwogen:

1. Tatsachengrundlage

Aufgrund der in ihrer Echtheit nicht bestrittenen Urkunde Beilage ./E (Schreiben des Beklagten an die Verpflichtete vom 1. 6. 2017) wird daraus Folgendes der Entscheidung zugrundegelegt (RIS Justiz RS0121557 [T2, T3]):

Der Beklagte trat mit Schreiben vom 1. 6. 2017 an die Verpflichtete heran und informierte sie vom Eingang des aus dem ersten Vorprozess ersiegten Betrags von 47.720,45 EUR. Er wies sie auf die Möglichkeit hin, das Gericht könnte sie zur Nachzahlung seines Honorars gemäß § 71 Abs 1 ZPO verpflichten. Er gehe davon aus, dass ihm das Gericht im Falle seiner Antragstellung nach dieser Bestimmung für beide Vorprozesse 26.462,52 EUR zusprechen werde. Um diese Antragstellung und ein möglicherweise langwieriges Verfahren zu vermeiden, schlage er vor, sein Honorar für beide Akten mit 25.000 EUR zu pauschalieren. Falls sie damit nicht einverstanden sei, würde er den Fremdgeldbetrag entweder auf einem Anderkonto treuhändig liegen lassen oder allenfalls bei Gericht hinterlegen und die Antragstellung gemäß § 71 ZPO bei Gericht vornehmen.

Die Verpflichtete unterfertigte noch am selben Tag dieses Schreiben mit dem Vermerk „Einverstanden“.

2. Maßgebliche Bestimmungen

§ 16 Abs 2 RAO lautet:

Der nach den §§ 45 oder 45a bestellte Rechtsanwalt hat die Vertretung oder Verteidigung der Partei nach Maßgabe des Bestellungsbescheides zu übernehmen und mit der gleichen Sorgfalt wie ein frei gewählter Rechtsanwalt zu besorgen. Er hat an die von ihm vertretene oder verteidigte Partei, vorbehaltlich weitergehender verfahrensrechtlicher Vorschriften, nur so weit einen Entlohnungsanspruch, als ihr der unterlegene Gegner Kosten ersetzt.

§ 45 RAO regelt die Beigebung eines Rechtsanwalts durch das Gericht unter anderem im Rahmen der Bewilligung der Verfahrenshilfe.

§ 51 der Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes (RL BA 2015) lautet:

Der Rechtsanwalt darf als bestellter Vertreter eines Klienten in der Verfahrenshilfe eine Entlohnung nur verlangen, wenn und soweit entweder der unterlegene Gegner ihr Kosten ersetzt (§ 16 Abs 2 RAO) oder der Klient gemäß § 71 ZPO zur tarifmäßigen Entlohnung des Rechtsanwaltes verpflichtet wird.

§ 52 RL BA 2015 lautet:

Solange der Rechtsanwalt für einen Klienten in der Verfahrenshilfe bestellt ist, darf er dessen Vertretung in dieser Sache gegen Entlohnung nicht übernehmen; eine von seinem Klienten nach Abschluss der Vertretung oder von einem Dritten auch schon vorher aus freien Stücken angebotene Entlohnung darf er jedoch annehmen.

3. Den Vorinstanzen ist aus den von ihnen angestellten Erwägungen darin zuzustimmen, dass die Honorarvereinbarung vom 1. 6. 2017 gesetzwidrig ist. Sie umgeht das in § 71 ZPO vorgesehene Verfahren und verstößt gegen die zitierten Bestimmungen der RL BA 2015. Entgegen der Ansicht des Beklagten kann hier keine Rede davon sein, die Verpflichtete habe ihm die Entlohnung „aus freien Stücken angeboten“. Diese Formulierung in § 52 RL BA 2015 macht deutlich, dass für die Zulässigkeit der Entlohnung die Initiative vom Klienten ausgehen muss: Nach allgemeinem juristischen Sprachgebrauch ist das „Angebot“ das „Versprechen“ im Sinne des § 861 ABGB, das der andere Teil dann annimmt (vgl nur Bollenberger in KBB 5 § 861 Rz 1). Hier aber stellte der Beklagte das Angebot, das die Verpflichtete annahm. Ein Anwendungsfall nach § 52 RL BA 2015, wonach die Honorarvereinbarung gültig wäre, liegt somit nicht vor. Dann aber hat der Beklagte gegen § 51 RL BA 2015 verstoßen, weil er als bestellter Verfahrenshelfer eine Entlohnung verlangt hat, ohne dass der verlangte Betrag vom Gegner ersetzt worden wäre oder im Zeitpunkt der Vereinbarung ein Beschluss nach § 71 ZPO vorlag. Dass später ein solcher – wenngleich in geringerer Höhe – erging, macht das Verhalten des Beklagten nicht rechtmäßig.

4. Die RL BA 2015 gründen sich auf § 37 Abs 1 RAO und haben Verordnungscharakter (9 ObA 80/00f = RIS Justiz RS0113400 für die RL BA 1977; vgl weiters VfGH 28. 6. 2017, V99/2015 ua). Auch Verordnungen sind Gesetze im Sinne des § 879 ABGB (9 ObA 80/00f; RIS Justiz RS0106080). Die Honorarvereinbarung vom 1. 6. 2017 verstößt daher gegen § 879 ABGB.

5. Der erkennende Senat teilt die Ansicht der Vorinstanzen, dass im vorliegenden Fall absolute Nichtigkeit vorliegt: Bei Verstößen gegen solche Gesetze, die dem Schutz von Allgemeininteressen, der öffentlichen Ordnung und der Sicherheit dienen, ist die Nichtigkeit eine absolute, die von Amts wegen wahrzunehmen ist (SZ 73/65 9 ObA 80/00f; RIS Justiz RS0016432 [T1]; RS0116900). Im Zusammenhang mit Rechtsanwälten wurde mehrfach ausgesprochen, dass es bei der Beachtung der Normen, die deren Berufsausübung regeln, (auch) um allgemeine Standesinteressen und um das Ansehen des Rechtsanwaltsstandes geht ( vgl 6 Ob 553/92 zum Verbot nach § 16 RAO, bei aufrechter Verfahrenshilfe mit der vertretenen Partei eine Honorarvereinbarung abzuschließen; SZ 73/65 9 ObA 80/00f zum Verstoß gegen § 36 RL BA 1977; RIS Justiz RS0038729 [zuletzt 7 Ob 8/06m] zum absolute Nichtigkeit bewirkenden Verstoß gegen das Verbot der quota litis gemäß § 879 Abs 2 Z 2 ABGB).

Auch im vorliegenden Fall geht es um das allgemeine Interesse, sicher zu stellen, dass jemand, der sich seine Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht selbst leisten kann und deshalb Verfahrenshilfe bekommt, nicht fürchten muss, außer in den gesetzlich vorgesehenen Fällen (§§ 68, 71 ZPO) mit Honorarforderungen des Verfahrenshelfers konfrontiert zu werden. Dieses Interesse besteht nicht nur während eines Verfahrens (vgl dazu 6 Ob 553/92), sondern – wie hier – auch danach.

6. Daraus folgt, dass sich der Beklagte auf die absolut nichtige Honorarvereinbarung mit der Verpflichteten nicht berufen kann und im Zeitpunkt der Zustellung des Zahlungsverbots an ihn am 14. 6. 2017 der Verpflichteten die Rückzahlung der rechtsgrundlos erhaltenen 25.000 EUR schuldete (§ 877 ABGB; RIS Justiz RS0016327). Diese Forderung der Verpflichteten gegenüber dem Beklagten wurde vom Kläger in diesem Zeitpunkt gepfändet (§ 294 Abs 3 Satz 1 EO) und ihm überwiesen (§§ 303, 305 EO).

Der Beklagte hätte daher dem Kläger zahlen müssen (§ 308 Abs 1 EO).

7. Allerdings wurde – wie erwähnt – mit rechtskräftigem Beschluss des Erstgerichts vom 6. 9. 2017 die Verpflichtete gemäß § 71 ZPO zur Nachzahlung von Verfahrenskosten für die Vertretungshandlungen im ersten Vorprozess in Höhe von 19.912,92 EUR an den Beklagten verpflichtet.

Es stellt sich somit die Frage, ob der Beklagte gegen die Klageforderung mit dieser Forderung aufrechnen kann. Dies ist zu verneinen:

Die aus einem Beschluss nach § 71 ZPO resultierende Verpflichtung des Verfahrensbeholfenen, seinen vormaligen Vertreter zu entlohnen, entsteht erst mit Rechtskraft dieses Beschlusses (3 Ob 54/95 = RIS Justiz RS0074217); vor dieser Beschlussfassung besteht auch kein bedingter Anspruch des Rechtsanwalts (9 Ob 37/09w).

Der Anspruch des Beklagten gegen die Verpflichtete auf Nachzahlung entstand somit erst nach der exekutiven Pfändung durch den Kläger.

Nach ständiger Rechtsprechung kann der Drittschuldner gegen die gepfändete Forderung nur mit Forderungen aufrechnen, die bereits vor der Pfändung bestanden (SZ 46/49; SZ 51/67; 3 Ob 252/09v; RIS Justiz RS0004078 [T1]; RS0003914 [T2]).

Der Beklagte könnte daher mit seiner allenfalls noch bestehenden Forderung gegen die Verpflichtete aus dem Nachzahlungsbeschluss gemäß § 71 ZPO gegen die Klageforderung nicht aufrechnen.

8. Der erkennende Senat hält das Vorgehen des Beklagten aus standesrechtlicher Sicht für bedenklich (vgl etwa 10 Bkd 3/94 = AnwBl 1995/5040 [ Strigl ]; 3 Bkd 1/99 = RIS Justiz RS0112238).

9. Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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