JudikaturJustiz5Ob76/19s

5Ob76/19s – OGH Entscheidung

Entscheidung
31. Juli 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. R***** S*****, 2. D***** S*****, 3. B***** S*****, alle vertreten durch die Stenitzer Stenitzer Rechtsanwälte OG in Leibnitz, gegen die beklagte Partei M***** L*****, vertreten durch Dr. Christian Strobl, Rechtsanwalt in Hartberg, wegen Entfernung und Unterlassung, über die ordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 1.666,67 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 12. Februar 2019, GZ 6 R 85/18s 62, mit dem das Teilurteil des Bezirksgerichts Leibnitz vom 30. März 2018, GZ 2 C 132/14i 58, über Berufung der klagenden Parteien abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

1. Gegenstand der Entscheidung des Berufungsgerichts ist das Begehren auf Entfernung einer Laube samt Brombeerpflanzen und Unterlassung derartiger Veränderungen der allgemeinen Teile der Liegenschaft. Die Kläger bewerteten dieses (Teil )Begehren mit 1.666,67 EUR. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert seines Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und erklärte die ordentliche Revision für zulässig.

Rechtliche Beurteilung

2. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist die Revision gegen ein Urteil des Berufungsgerichts unzulässig, wenn das Erstgericht über einen Streitgegenstand entschieden hat, der an Geld oder Geldeswert 2.700 EUR nicht übersteigt. In einem solchen Fall ist das Berufungsgericht grundsätzlich an den vom Kläger als Wert des Streitgegenstands angegebenen Betrag gebunden und es steht ihm nicht frei, abweichend von der Bewertung des Klägers auszusprechen, dass die im § 500 Abs 2 Z 1 lit a ZPO genannte Wertgrenze überschritten wurde. Anderes gilt nur im Fall einer offensichtlichen Unterbewertung (RIS Justiz RS0042584 [T1]; RS0042469 [T6]; RS0117339 [T1]). Von dieser Ausnahme abgesehen bindet daher ein höherer Bewertungsausspruch durch das Berufungsgericht den Obersten Gerichtshof nicht (RS0042469 [T2, T4]; RS0117339).

3. Nur im Fall einer offensichtlichen Unterbewertung ist das Berufungsgericht an die vom Kläger vorgenommene Bewertung nicht gebunden. Eine solche offensichtliche Fehlbewertung (durch die Kläger) liegt hier aber nicht vor. Das Berufungsgericht hält zwar die Bewertung des Klägers aufgrund der Bedeutung des Streitgegenstands für beide Streitteile und der zu erwartenden Kosten für die Entfernung der Laube für nicht sachgerecht. Diese Bedeutung des Streitgegenstands für beide Streitteile ist allerdings nicht näher spezifiziert und die zu erwartenden Kosten sind in keiner Weise objektiviert. Vor allem aber widerspricht sich das Berufungsgericht selbst. Im Hinblick auf § 501 Abs 1 ZPO sah es nämlich die Bewertung des Teilbegehrens mit 1.666,67 EUR sehr wohl als maßgeblich an und behandelte die in der Berufung enthaltenen Mängel- und Beweisrügen ausdrücklich aus diesem Grund nicht. Indem das Berufungsgericht einerseits das Rechtsmittel in Bezug auf seine eigene Rechtsmittelkognition in den Bagatellbereich des § 501 Abs 1 ZPO einordnet und damit nur hinsichtlich der geltend gemachten unrichtigen rechtlichen Beurteilung behandelt, andererseits durch seine von jener der Kläger abweichende Bewertung den Rechtsmittelzug zum Obersten Gerichtshof eröffnen will, überschreitet es das ihm für die Beurteilung des Werts des Entscheidungsgegenstands an sich eingeräumte Ermessen (vgl RS0042515 [T21, T22, T23]; RS0042410). Dieser höhere Bewertungsausspruch bindet den Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision daher nicht (RS0042469 [T2, T4]; RS0117339; vgl RS0118748).

4. Die Revision ist daher unzulässig und zurückzuweisen. Die Kläger haben zu der durch den Wert des Entscheidungsgegenstands bedingten absoluten Unzulässigkeit der Revision nichts vorgebracht. Sie haben daher die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen (vgl RS0035979 [T23]).

Rechtssätze
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