JudikaturJustiz5Ob55/98v

5Ob55/98v – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. April 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schwarz, Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Mustafa F*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Paumgartner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, wider die Antragsgegner

1. Ing. Herbert Hans Alfred S*****, vertreten durch Dr. Ernst Blanke und Dr. Christoph Gernerth Mautner Markhof, Rechtsanwälte in 5400 Hallein; 2. Osman G*****, und 3. Fa. S***** Ges.m.b.H, vertreten durch den Geschäftsführer Rupert S*****, wegen § 37 Abs 1 Z 1 und Z 8 MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 22. Dezember 1997, GZ 54 R 389/97p-20, womit der Teil- und Zwischensachbeschluß des Bezirksgerichtes Hallein vom 13. August 1997, GZ 15 Msch 40/95p-13, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen, die hinsichtlich der Abweisung der gegen den Zweitantragsgegner eingebrachten Sachanträge als unangefochten unberührt bleiben, werden im übrigen aufgehoben. Die Mietrechtssache wird insoweit zur neuerlich Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.

Die für den Revisionsrekurs verzeichneten Barauslagen sind als Kosten des weiteren Verfahrens zu behandeln.

Text

Begründung:

Der Antragsteller ist seit 1.7.1990 Mieter einer im ersten Stock des Hauses D*****straße 30 in H***** gelegenen Wohnung. Eigentümer dieses Hauses ist der Erstantragsgegner, dessen Generalmieter die Drittantragsgegnerin. Der Zweitantragsgegner war beim Abschluß des Mietvertrages mit dem Antragsteller lediglich als Vertreter des Vermieters eingeschaltet.

Der Antragsteller hat in einem zunächst nur gegen den Erst- und Zweitantragsgegner eingeleiteten Mietrechtsverfahren die Überprüfung des Mietzinses begehrt und mit diesem Sachantrag mehrere Eventualanträge verbunden, darunter das (jedenfalls in diesem Sinn aufgefaßte) Begehren, als Hauptmieter der Wohnung anerkannt zu werden. Dem Verfahren wurde dann später einvernehmlich noch die Drittantragsgegnerin als formelle Hauptmieterin zugezogen.

Mit einem "Teil- und Zwischensachbeschluß" wies das Erstgericht sämtliche Sachanträge "hinsichtlich des Erst- und Zweitantragsgegners" ab. Es gelangte zum Schluß, daß dem Erstantragsgegner bei der Vermietung des ganzen Hauses an die Drittantragsgegnerin, die wiederum die einzelnen Wohnungen an türkische Gastarbeiterfamilien weitervermietete, keine Umgehungsabsicht angelastet werden könne. Er sei daher nicht Vermieter des Antragstellers und für den Mietzinsüberprüfungsantrag passiv nicht legitimiert. Der Zweitantragsgegner, der lediglich als Vertreter der Drittantragsgegnerin eingeschritten sei, komme schon gar nicht als Vermieter des Antragstellers in Frage. Auszugehen sei vielmehr von einem Untermietverhältnis zwischen dem Antragsteller und der Drittantragsgegnerin. Eine Überprüfung des Untermietzinses sei zwar ebenfalls eventualiter beantragt worden, zweckmäßigerweise aber erst nach Rechtskraft der Feststellung vorzunehmen, daß kein Scheinuntermietverhältnis vorliegt.

Die Abweisung der Sachanträge gegen den Zweitantragsgegner ist mittlerweile in Rechtskraft erwachsen. Die Abweisung hinsichtlich des Erstantragsgegners bestätigte das Rekursgericht aus folgenden Erwägungen:

Gemäß Art II, II. Abschnitt (Übergangsbestimmungen) des 3. WÄG gelte der I. Abschnitt auch für Miet- und Nutzungsverträge, die vor seinem Inkrafttreten geschlossen worden sind. Für die Frage, ob bzw wessen Hauptmieter der Antragsteller ist bzw ob ein Umgehungsgeschäft nach § 2 Abs 3 MRG vorliegt - davon hänge die passive Antragslegitimation zumindest des Erstantragsgegners ab - sei insofern auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des 3. WÄG (1.3.1994) abzustellen, als eine vor dem Inkrafttreten des I. Abschnittes geschlossene und nach dem damaligen Bestimmungen rechtswirksame Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses ... ihre Rechtswirksamkeit behält, während eine nach den damaligen Bestimmungen rechtsunwirksame Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses rechtsunwirksam bleibt (vgl Pt. 5 Art II Abschn 113 WÄG). Da die Höhe des rechtswirksam zu vereinbarenden Mietzinses unter anderem aber von der Frage abhängt, ob auf Seiten des Antragstellers Haupt- oder Untermiete vorliegt, sei sohin auch diese Problematik im Lichte der Übergangsbestimmungen des 3. WÄG zu lösen.

Demnach könne nicht zweifelhaft sein, daß ab dem 1.3.1994 der § 2 MRG idgF auf das verfahrensgegenständliche Mietverhältnis anzuwenden ist, was zur Folge habe, daß der Antragsteller jedenfalls seitdem Hauptmieter der Drittantragsgegnerin ist, und zwar infolge des Abs 1 der zuletzt zitierten Bestimmung, da die Drittantragsgegnerin Mieterin des gesamten Hauses ist.

Für den Mietzeitraum vor dem 1.3.1994 sei auf die seinerzeitige Rechtslage abzustellen, also nach § 2 Abs 3 aF MRG auf eine allfällige Umgehungsabsicht zwischen Eigentümer und Hauptmieter zum Nachteil des Untermieters. Eine solche Umgehungsabsicht habe aber das Erstgericht nach den Verfahrensergebnissen zu Recht nicht angenommen. An der Untermietereigenschaft des Antragstellers für den Zeitraum vor dem 1.3.1994 sei demnach nicht zu zweifeln. Die zulässige Mietzinsobergrenze werde den Gegenstand des ohnehin noch gegen die Drittantragsgegnerin fortzusetzenden weiteren erstinstanzlichen Verfahrens zu bilden haben.

Mangels passiver Antragslegitimation des Erstantragsgegners hinsichtlich der Feststellung eines zwischen ihm und dem Antragsteller bestehenden Hauptmietverhältnisses sei die Abweisung aller übrigen gegen ihn gerichteten Sachanträge zu Recht erfolgt.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Begründet wurde dies mit der klaren Rechtslage, aus der sich die mangelnde Passivlegitimation des Erstantragsgegners ergebe. Auch die angesprochene Übergangsbestimmung des 3. WÄG erfordere keine Behandlung durch den OGH.

Im jetzt vorliegenden ao Revisionsrekurs macht der Antragsteller im wesentlichen geltend, daß das Rekursgericht die Übergangsproblematik des Art II Abschnitt II Z 1 des 3. WÄG verkannt habe. Die Änderung des § 2 Abs 1 MRG habe nicht bewirkt, daß der Untermieter des Generalmieters eines ganzen Hauses automatisch zum Hauptmieter wurde. Es bleibe daher zu prüfen, ob der Antragsteller gemäß § 2 Abs 3 MRG als Hauptmieter des Erstantragsgegners anzuerkennen sei. Hier wiederum sei zu wenig beachtet worden, daß der bestehende Generalmietvertrag die Umgehungsabsicht beim Erstantragsgegner indiziere. Es wäre an ihm gelegen, diesen Verdacht zu entkräften, wovon nach den Verfahrensergebnissen keine Rede sein könne.

Der Revisionsrekursantrag geht erschließbar dahin, die Entscheidungen der Vorinstanzen entweder so abzuändern, daß den Sachanträgen des Antragstellers, ihn als Hauptmieter der verfahrensgegenständlichen Wohnung anzuerkennen und den hiefür zu zahlenden Mietzins bzw die Ausstattungskategorie der Wohnung festzustellen, in Ansehung des Erstantragsgegners stattgegeben wird, oder aber die Entscheidungen aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Dem Erstantragsgegner wurde die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt. Er hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Zurückweisung des Rechtsmittels mangels Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO, hilfsweise die Bestätigung des angefochtenen Sachbeschlusses beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist, wie sich aus den weiteren Ausführungen ergeben wird, zulässig und im Sinn seines Aufhebungsbegehrens auch berechtigt.

Wie erwähnt zielt ein Begehren des Antragstellers auf seine Anerkennung als Hauptmieter des Erstantragstellers. Es geht logisch sogar den Mietzinsüberprüfungsanträgen vor, weil zunächts einmal abzuklären ist, wer die Parteien des Mietverhältnisses sind und ob es sich um ein Haupt- oder Untermietverhältnis handelt. Eine solche Entscheidung hat weitrechende Folgen. Erwirkt ein Mieter, mit dem bloß ein Untermietvertrag abgeschlossen wurde, gemäß § 2 Abs 3 MRG seine Anerkennung als Hauptmieter, scheidet der bisherige "formelle" Hauptmieter aus dem Vertragsverhältnis aus (WoBl 1993, 105/67 ua). Es ist daher unerläßlich, einem Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 1 MRG nicht nur den Hauseigentümer und den "Untermieter", sondern auch den "Untervermieter" als Partei zuzuziehen (MietSlg 35/18 ua). Hauseigentümer und Untervermieter sind in einem solchen Verfahren wegen der erweiterten Rechtskraftwirkung der Entscheidung notwendigen Streitgenossen vergleichbar.

Um die notwendige Einheitlichkeit der Entscheidung nicht zu zerstören, darf in einem solchen Fall keine Teilentscheidung gegen nur einen der Streitgenossen ergehen (SZ 42/96; JBl 1983, 438; Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 1417; Rechberger in Rechberger, Rz 2 zu §§ 391, 392 ZPO). Die Vorinstanzen haben gegen diese Verfahrensvorschrift verstoßen, indem sie den auf Anerkennung als Hauptmieter gerichteten Sachantrag des Antragstellers (und alle darauf aufbauenden weiteren Sachanträge) nur in Ansehung des Hauseigentümers (des Erstantragsgegners), nicht aber auch in Ansehung des Untervermieters (der Drittantragsgegnerin) sachlich erledigt haben. Der Fehler war im Rahmen der Rechtsrüge des Antragstellers aufzugreifen und hatte zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen mit dem Auftrag zur Ergänzung des Verfahrens (durch Einbeziehung der Drittantragsgegnerin) zu führen.

Durch die Berücksichtigung des Verfahrensstandpunktes der Drittantragsgegnerin können sich die Entscheidungsgrundlagen verschieben, sodaß eine abschließende Beurteilung des Begehrens des Antragstellers, als Hauptmieter des Erstantragsgegners anerkannt zu werden, nicht möglich ist. Aus verfahrensökonomischen Gründen sei jedoch schon jetzt bemerkt, daß der erkennende Senat die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, mit dem Inkrafttreten der geänderten Bestimmung des § 2 Abs 1 MRG am 1.3.1994 seien die vom Generalmieter eines ganzen Hauses abgeschlossenen Untermietverträge zu Hauptmietverträgen geworden, nicht teilt. Die durch das 3. WÄG novellierten Bestimmungen des MRG gelten nach Art II Abschnitt II Z 1 leg cit zwar grundsätzlich auch für Miet- und Nutzungsverträge, die vor seinem Inkrafttreten abgeschlossen worden sind, doch sind Sachverhalte, die bereits zuvor abschließend verwirklicht wurden, noch nach der alten Rechtslage zu beurteilen, sofern der Gesetzgeber nicht audrücklich Gegenteiliges angeordnet hat (vgl MietSlg 40/3; WoBl 1995, 232/108 ua). Eine solche Anordnung ist in den Übergangsbestimmungen des 3. WÄG nicht zu finden. Art II Abschnitt II Z 2 leg cit schreibt sogar ausdrücklich vor, daß die Auflösung von Mietverträgen, die vor dem Inkrafttreten des 3. WÄG mit dem Mieter oder Pächter eines ganzen Hauses abgeschlossen wurden, nach den bisher in Geltung gestandenen Regelungen zu erfolgen hat. Offenbar wollte der Gesetzgeber in bereits bestehende Mietverträge mit Generalmietern und Pächtern des ganzen Hauses so wenig wie möglich eingreifen. Das läßt den Schluß zu, daß derartige Mietverträge - einmal abgeschlossen und damit in diesem Punkt "abschließend verwirklicht" - ihre rechtliche Qualifikation behalten sollten.

Bei Beurteilung des Anerkennungsbegehrens des Antragstellers wird zu berücksichtigen sein, das der zwischen dem Erstantragsgegner und der Drittantragsgegnerin bestehende Generalmietvertrag die zum Tatbestand des § 2 Abs 3 MRG gehörige Umgehungsabsicht indiziert (vgl MietSlg 47/6 ua). Es wird daher Sache der Antragsgegner sein, diese Vermutung zu entkräften. Daß sich der Erstantragsgegner bei der Generalvermietung des Hauses nicht nach dessen Verwendung erkundigte, wird ihn etwa dann nicht mehr entlasten, wenn er im Zeitpunkt der Vermietung der verfahrensgegenständlichen Wohnung an den Antragsteller bereits davon wußte, zu welchen Bedingungen und an wen die Wohnungen untervermietet werden. Eine abschließende Beurteilung der Umgehungsabsicht lassen die bisher getroffenen Feststellungen nicht zu.

Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 52 Abs 1 ZPO iVm § 37 Abs 3 Z 19 MRG. Ersatzfähige Barauslagen wurden bisher nur im Revisionsrekurs des Antragstellers verzeichnet.

Rechtssätze
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