JudikaturJustiz5Ob34/21t

5Ob34/21t – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. April 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Parteien 1. H*****, 2. H*****, beide vertreten durch Dr. Florian Leitinger, Rechtsanwalt in Weiz, gegen die beklagte und gefährdende Partei A*****, vertreten durch Schlösser Partner Rechtsanwälte OG in Graz, wegen einstweiliger Verfügung, über den Revisionsrekurs der beklagten und gefährdenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 12. Jänner 2021, GZ 3 R 159/20g 30, mit dem die einstweilige Verfügung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 5. November 2020, GZ 34 Cg 37/20h 13, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 7. Dezember 2020, GZ 34 Cg 37/20h 24, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagenden und gefährdeten Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

[1] Die klagenden und gefährdeten Parteien ( in weiterer Folge kurz: Kläger) begehrten von der beklagten und gefährdenden Partei (in weiterer Folge: Beklagter) zunächst Zivilteilung der gemeinsam geerbten Liegenschaft, dieses B egehren haben sie mittlerweile auf Kostenersatz eingeschränkt. Außerdem forderten sie vom Beklagten jeweils Zahlung von 1.520,04 EUR als Anteil des Beklagten an von ihnen allein getragenen Betriebskosten sowie aus Schadenersatz wegen einer von ihnen geleistete n Abschlagszahlung, die sie den Käufern der Liegenschaft wegen der vom Beklagten verschuldeten Verzögerungen zahlen mussten . Schon in der Klage machten sie auch vorprozessuale Kosten von insgesamt 55.318,91 EUR geltend, die in das Kostenverzeichnis aufgenommen würden . Das destruktive Verhalten des Beklagten beim Abschluss des Kaufvertrags mit den Erwerbern der gemeinsamen Liegenschaft habe diesen – im Detail aufgeschlüsselten – Kostenaufwand erfordert. Außerdem begehrten die Kläger die Feststellung, der Beklagte sei ihnen gegenüber verpflichtet, alle jene Schäden zu ersetzen, die ihnen aus der Verzögerung der Veräußerung und der nicht rechtzeitigen Übergabe der Liegenschaft entstanden seien oder noch entstehen werden.

[2] Das Erstgericht untersagte zur Sicherung des Zahlungsanspruchs der Kläger von (insgesamt) 3.040,08 EUR und vorprozessualer Kosten von 55.318,91 EUR antragsgemäß mittels einstweiliger Verfügung dem zur Abwicklung des Liegenschaftsverkaufs bestellten Treuhänder, den auf den Beklagten entfallenden Kaufpreisanteil bis zur Höhe von 58.358,99 EUR an ihn auszuzahlen.

[3] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten teilweise Folge. Es bestätigte die einstweilige Verfügung für einen zu sichernden Anspruch der Kläger auf Zahlung von 3.040,08 EUR und vorprozessualer Kosten von 15.924,74 EUR. Hinsichtlich vorprozessualer Kosten von 39.394,17 EUR wies es den Provisorialantrag hingegen ab.

[4] Den Revisionsrekurs ließ es mit der Begründung zu, dass keine Rechtsprechung aus jüngerer Zeit dazu vorliege, ob vorprozessuale Kosten mittels einstweiliger Verfügung sicherbare Ansprüche seien und das Rekursgericht mit seiner Rechtsansicht von älterer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweiche.

[5] Gegen den bestätigenden Teil der Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem (erkennbaren) Antrag, den Sicherungsantrag auch insoweit abzuweisen, hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

[6] Die Kläger beantragen in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[7] Der Revisionsrekurs ist absolut unzulässig.

[8] 1. Vorauszuschicken ist, dass das Sicherungsbegehren einen Geldanspruch betrifft, der nur mit den Mitteln des § 379 EO sicherungsfähig ist. Aus diesem Grund bedurfte es keines (gesonderten) Bewertungsausspruchs nach §§ 500 Abs 2 Z 1, 526 Abs 3 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 4 EO (2 Ob 169/00t).

[9] 2. Das Rekursgericht hat bei seinem Zulässigkeitsausspruch § 54 Abs 2 JN übersehen. Danach bleiben Zinsen und Kosten, die als Nebenforderungen (neben einer Hauptforderung) geltend gemacht werden, bei der Frage der Zulässigkeit der Revision unberücksichtigt (RIS Justiz RS0108266). Diese Grundregel ist bei einem in einem Geldbetrag bestehenden Streitgegenstand generell – also nicht nur bei der Zuständigkeitsprüfung, sondern im Hinblick auf die ausdrückliche Vorschrift des § 500 Abs 3 ZPO, die gemäß § 526 Abs 3 ZPO (hier iVm §§ 78, 402 Abs 4 EO) auch auf Rekursentscheidungen im Provisorialverfahren anzuwenden ist – auch für die Prüfung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Revisionsrekurses anzuwenden (2 Ob 169/00t; Gitschthaler in Fasching/Konecny 3 § 54 JN Rz 23; RS0003389 [T14]).

[10] 3. Auch vorprozessuale Kosten, die als Akzessorium zur Hauptsache geltend gemacht werden, sind eine Nebenforderung iSd § 54 Abs 2 JN, sodass sie bei der Streitwertberechnung nicht zu berücksichtigen sind (7 Ob 163/01y; Gitschthaler aaO Rz 31 f; vgl auch RS0046486 zur Anwendung von § 54 Abs 2 JN auf die Nebengebührensicherstellung im Grundbuchsverfahren).

[11] 4. Hier soll die einstweilige Verfügung einerseits (Haupt )Ansprüche der Kläger auf Zahlung von jeweils 1.520,04 EUR und vorprozessualer Kosten von 55.318,91 EUR sichern. Diese vorprozessualen Kosten, die die Kläger nicht etwa selbständig eingeklagt haben, sondern die sie im öffentlich rechtlichen Weg des Kostenverzeichnisses geltend machen wollen (vgl RS0120431), sind aber Nebenforderung iSd § 54 Abs 2 JN und daher bei der Streitwertberechnung nicht zu berücksichtigen (vgl 2 Ob 169/00t) – weder der Teilungsanspruch selbst noch das Feststellungsbegehren sollten mit der einstweiligen Verfügung abgesichert werden. An der Akzessorietät des Anspruchs auf Ersatz vorprozessualer Kosten zum aufrechten Zahlungsanspruch auf Schadenersatz und Betriebskosten ist daher ungeachtet des Umstands nicht zu zweifeln, dass die Kläger ihr Teilungsbegehren auf Kosten eingeschränkt haben.

[12] 5. Daraus folgt, dass der Streitgegenstand des Provisorialverfahrens – unabhängig von der Frage, ob die Hauptzahlungsbegehren beider Kläger hier überhaupt iSd § 55 Abs 1 JN zusammenzurechnen sind – jedenfalls ein 5.000 EUR nicht übersteigender Geldbetrag ist. Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nach §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 3 und 500 Abs 3 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs daher als gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 528 Abs 2 Z 1 ZPO jedenfalls unzulässig zurückzuweisen (RS0097221 [T1]; Kodek in Angst/Oberhammer EO 3 § 402 EO Rz 14).

[13] 6. Da das Gesetz nicht ausspricht, dass eine Revisionsrekursbeantwortung im Fall der absoluten Unzulässigkeit des Revisionsrekurses unstatthaft wäre, ist die Revisionsrekursbeantwortung nicht wie der Revisionsrekurs selbst zurückzuweisen. Kostenersatz würde für die Revisionsrekursbeantwortung aber nur dann gebühren, wenn auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Revisionsrekurses hingewiesen und zu den für die Zulässigkeit ins Treffen geführten Argumenten des Rekurswerbers Stellung genommen wird (RS0124565). Hier haben die Kläger zwar auf die absolute Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen, dies aber nur mit dem – im Hinblick auf die für Provisorialverfahren nach § 402 Abs 1 EO diesbezüglich geänderte Rechtslage verfehlten – Argument, § 528 Abs 2 Z 2 ZPO schließe eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs für den bestätigenden Teil der Rekursentscheidung aus. Der von ihnen zitierte Rechtssatz RS0002310 bezieht sich nur auf den – hier nicht gegebenen – Fall der Abweisung eines Antrags auf einstweilige Verfügung ohne Anhörung des Gegners. Damit haben die Kläger zur absoluten Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nur Unzutreffendes ausgeführt, sodass sie die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung nach § 393 EO iVm §§ 41, 50 ZPO und § 78 EO endgültig selbst zu tragen haben (vgl RS0127604).

Rechtssätze
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