JudikaturJustiz5Ob313/00s

5Ob313/00s – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Februar 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Elisabeth S*****, vertreten durch Dax-Klepeisz-Kröpfl-Klimburg, Rechtsanwaltspartnerschaft, 7540 Güssing, Hauptplatz 4, betreffend Eintragungen in den Einlagen EZ 8***** und 2***** des Grundbuches *****, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt als Rekursgericht vom 9. Oktober 2000, AZ 13 R 132/00k, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Mattersburg vom 27. März 2000, TZ 826/00, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Im A2-Blatt der Liegenschaft EZ 8*****, die 19 Miteigentümern gehört, ist unter LNR 1 a ersichtlich gemacht, dass mit ihr als Stammsitzliegenschaft zwei Anteile an der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft EZ ***** verbunden sind.

Am 5. 10. 1999 erwirkte die Antragstellerin, Eigentümerin der Liegenschaft EZ 2*****, beim Amt der burgenländischen Landesregierung als Agrarbehörde 1. Instanz einen Bescheid, in dem gemäß § 89 lit c des burgenländischen Flurverfassungs-Landesgesetzes, LGBl 1970/40 idgF, festgestellt wurde, "dass die mit der Stammsitzliegenschaft EZ 8***** verbunden gewesenen und nunmehr mit der EZ 2***** verbundenen zwei Anteile an der EZ ***** zur Gänze der Antragstellerin zustehen". Laut Zustellverfügung erging dieser Bescheid an die Antragstellerin zu Handen ihrer Rechtsanwälte sowie an das Bezirksgericht Mattersburg.

Unter Vorlage dieses Bescheides sowie einer vom Amt der burgenländischen Landesregierung am 27. 10. 1999 ausgestellten "Gleichschrift", wonach der erwähnte Bescheid am 22. 10. 1999 in Rechtskraft erwachsen ist, beantragte die Antragstellerin beim Erstgericht die Löschung der Ersichtlichmachung der Stammsitzliegenschaft bezüglich zwei Anteilen an EZ ***** in EZ 8***** und die betreffende Ersichtlichmachung in EZ 2*****.

Das Erstgericht wies dieses Eintragungsbegehren mit der Begründung ab, dass der Bescheid der Agrarbehörde vom 5. 10. 1999 wegen Verletzung des Parteiengehörs der Miteigentümer der Liegenschaft EZ 8***** keine grundbuchsfähige Urkunde sei; das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit folgender Begründung:

Gemäß § 94 Abs 1 Z 4 GBG habe das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und dürfe eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn ua die Urkunden in der Form vorliegen, die zur Bewilligung einer Einverleibung, Vormerkung oder Anmerkung erforderlich ist. Dabei beziehe sich die Pflicht zur Prüfung, ob das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet ist, sowohl auf private als auch auf öffentliche Urkunden. Die Bindung der Gerichte an rechtskräftige Verwaltungsbescheide schließe zwar eine Prüfung ihrer gesetzlichen Deckung aus, mache jedoch eine Prüfung im Sinne des § 94 GBG nicht entbehrlich. Bestehen daher Zweifel, ob das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet ist, so sei auch im Fall öffentlicher Urkunden eine Bewilligung zu versagen (RPflSlg G 1517). Zwar sei es dem Grundbuchsgericht verwehrt, den Bescheid der Verwaltungsbehörde auf seine Gesetzmäßigkeit oder Bestimmtheit hin zu überprüfen (EvBl 1972/116, RPflSlgG 1349), weshalb eine Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit von Bescheiden von Verwaltungsbehörden grundsätzlich nicht zu erfolgen habe (vgl RPflSlgG 1170 und 1146). Auch sei etwa die Pflicht des Grundbuchsgerichts, die ihm vorgelegten Urkunden in der Richtung zu prüfen, ob sie von der zuständigen Behörde ausgestellt sind, dahin begrenzt, dass lediglich untersucht wird, ob nicht eine klar erkennbare Unzuständigkeit jener Behörde vorliegt, die die Urkunde ausgestellt oder den Bescheid erlassen hat (SZ 21/50). Daraus ergebe sich wiederum, dass sich nicht jegliche Prüfung erübrigt. Vielmehr seien offenkundige Unrichtigkeiten auch von Amts wegen wahrzunehmen, sodass das Erstgericht zutreffend das Vorliegen einer gültigen Rechtskraftbestätigung mangels Zustellung an die offenkundig Beteiligten im Verwaltungsverfahren verneint habe.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Soweit ersichtlich liege nämlich eine einhellige Judikatur zum Umfang der Prüfungsbefugnis des Grundbuchsgerichtes bezüglich der Richtigkeit einer Rechtskraftbestätigung der bescheiderlassenden Verwaltungsbehörde nicht vor. Der Beantwortung der Frage, ob der Umstand, dass sich schon aus der (Zustellverfügung der) dem Grundbuchsgericht vorgelegten Urkunde ergibt, dass diese (der Bescheid) mangels Zustellung an die Verfahrensbeteiligten entgegen der von der Behörde erteilten Rechtskraftbestätigung tatsächlich nicht rechtskräftig ist, vom Grundbuchsgericht zu berücksichtigen ist, komme eine über den Anlassfall hinausgehende erhebliche Bedeutung iSd § 14 Abs 1 AußStrG zu. Dies gelte auch bezüglich der Frage, ob das Grundbuchsgericht darauf Bedacht zu nehmen hat, wenn sich aus der (Zustellverfügung der) vorliegenden Urkunde ergibt, dass dem Verwaltungsverfahren die Beteiligten offenkundig nicht beigezogen wurden.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes hat die Antragstellerin fristgerecht Revisionsrekurs erhoben. Sie strebt die Bewilligung ihres Eintragungsgesuches an und begründet dieses Begehren im Wesentlichen damit, dass das Grundbuchsgericht an den vorgelegten Bescheid und dessen Rechtskraftbestätigung gebunden sei. Das ergebe sich insbesondere aus dem verfassungsrechtlichen Gebot der Wahrung der gesetzlichen Behördenzuständigkeit (Art 83 Abs 2 B-VG) und der strikten Trennung von Justiz und Verwaltung (Art 94 B-VG). Im Übrigen gewähre § 91 Abs 3 des burgenländischen Flurverfassungsgesetzes nur jenen Personen Parteistellung, denen in diesem Gesetz Rechte eingeräumt oder Pflichten auferlegt sind. Da die Agrarbehörde nach § 89 lit c des genannten Gesetzes auszusprechen hat, ob einer Person Anteilsrechte an einem agrargemeinschaftlichen Grundstück zustehen, komme nur dieser Person - eben der Antragstellerin - Parteistellung zu. Jedenfalls könne die Parteistellung nur im Verwaltungsverfahren und nicht vom Grundbuchsgericht geklärt werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Der erkennende Senat erachtet es zwar als unzulässig, die von einer Verwaltungsbehörde im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereiches ausgestellte Bestätigung der Rechtskraft eines eigenen Bescheides vom Grundbuchsgericht überprüfen zu lassen (idS schon NZ 1995, 140/328 und 5 Ob 1134/94), weil eine solche Beurkundung Bindungswirkungen erzeugt (vgl MietSlg 30.806, SZ 54/115, SZ 66/61 mwN sowie die Regelung des § 7 Abs 4 EO zur Vollstreckbarkeitsbestätigung) und dem Grundbuchsgericht der Akt, auf den sich die Bestätigung stützt (vgl NZ 1999, 86), gar nicht zur Verfügung steht, doch erweist sich das Eintragungsbegehren der Antragstellerin aus einem anderen Grund als dem des fehlenden Nachweises der Rechtskraft des zur Verbücherung vorgelegten Bescheides als unberechtigt:

Gemäß § 56 Abs 1 des burgenländischen Flurverfassungs-Landesgesetzes (LGBl 1970/40 idgF) ist - der Regelung in § 17 Abs 2 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 folgend - die Übertragung von Anteilsrechten durch Absonderung von einer Stammsitzliegenschaft nur mit Genehmigung der Agrarbehörde zulässig. Gleiches war zur Zeit jener rechtsgeschäftlichen Übertragung, auf die sich die Antragstellerin der Agrarbehörde gegenüber berief, um den ihrem Eintragungsgesuch angeschlossenen Feststellungsbescheid zu erwirken, bereits in § 41 Abs 1 des burgenländischen Flurverfassungslandesgesetzs 1950 (LGBl 1951/4) verfügt. Dementsprechend darf, wie dies in § 58 Abs 3 des geltenden burgenländischen Flurverfassungs-Landesgesetzes (§ 17 Abs 3 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951) für den vergleichba- ren Fall der Absonderung von Anteilsrechten im Zuge einer Teilung der Stammsitzliegenschaft sogar ausdrücklich vorgeschrieben ist, die Verbücherung der Rechtsänderung ohne die erforderliche Genehmigung nicht bewilligt werden.

Dass die mit einer Absonderung von der Stammsitzliegenschaft verbundene Übertragung agrargemeinschaftlicher Anteilsrechte von der Agrarbehörde genehmigt wurde, ist dem Grundbuchsgericht gemäß § 94 Abs 1 Z 3 GBG urkundlich nachzuweisen. Dem als Eintragungsgrundlage vorgelegten Feststellungsbescheid ist ein solcher Nachweis nicht zu entnehmen, weshalb die Vorinstanzen im Ergebnis zu Recht das Eintragungsbegehren der Antragstellerin abgewiesen haben.

Zur Kostenentscheidung sei lediglich bemerkt, dass im Grundbuchsverfahren ein Ersatz von Kosten, auch der für den Revisionsrekurs verzeichneten, gesetzlich nicht vorgesehen ist.

Rechtssätze
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