JudikaturJustiz5Ob294/03a

5Ob294/03a – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Januar 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin J***** K***** KG, ***** vertreten durch Weiss Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die Antragsgegnerin Österreichische *****- vertreten durch Dr. Franz Nistelberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG iVm § 46a Abs 5 MRG, über die Revisionsrekurse der Antragstellerin und der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. Februar 2002, GZ 39 R 318/01a 115, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 30. Juli 2001, GZ 41 Msch 6/97g 107, aufgehoben wurde, nachstehenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beide Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht hat zwar einen ordentlichen Revisionsrekurs gegen seinen Aufhebungsbeschluss vom 13. Februar 2002 für zulässig erklärt, doch liegen die in § 528 Abs 1 ZPO iVm § 37 Abs 3 Z 16 18 MRG normierten Voraussetzungen für die Anrufung des Obersten Gerichtshofes aus folgenden Gründen nicht vor (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO):

Zur Berücksichtigung der Art der im Mietgegenstand ausgeübten Geschäftstätigkeit gemäß § 12a Abs 2 MRG und § 46a Abs 2 MRG liegt - beginnend mit 5 Ob 109/97h = SZ 70/74 eine umfangreiche Rechtsprechung des erkennenden Senats vor (RIS Justiz RS0107998; RS0107999), an deren Grundsätzen sich das Rekursgericht auch orientiert hat. Danach soll die Mietzinsreduzierung zunächst einmal nicht die Existenz bestimmter Personen, sondern bestimmter Branchen am konkreten Standort ermöglichen. Auch bei den Branchen ist jedoch nach sozialen Gesichtspunkten zu differenzieren. Mit dem dehnbaren Begriff "Art der Geschäftstätigkeit" sollte offensichtlich ein Beurteilungsspielraum geschaffen werden, der es ermöglicht, die Mietzinsreduzierung nur den typischerweise ertragsschwachen Branchen zugute kommen zu lassen und unter diesen wiederum nur jenen, die eine vom Gesetzgeber als schützenswert anerkannte soziale Aufgabe in den Versorgungsstrukturen des betreffenden Gebiets erfüllen.

Während dem Tatsachenbereich die Beurteilung zuzuordnen ist, ob es sich um eine "ertragsschwache" Branche handelt, unterliegt der rechtlichen Beurteilung das zweite notwendige Element, ob, wenn der Kreis der "Nahversorger" im engeren Sinn verlassen wird, Anhaltspunkte für eine besondere Schutzwürdigkeit der betreffenden Branche bestehen (5 Ob 129/99b = WoBl 2000/9; 5 Ob 84/01s).

Die Ansicht, die soziale Komponente sei erfüllt, weil der Bereitstellung eines umfassenden Angebots an qualitätsvollen Kinderspielwaren eine dem Buchhandel vergleichbare soziale Funktion zukomme (vgl zum Buchhandel: 5 Ob 323/98f), ist zumindest vertretbar. In der Frage, ob die vom Mieter im Mietobjekt ausgeübte Geschäftstätigkeit eine solche Versorgungskomponente aufweist, die die Zuerkennung der vom Gesetzgeber geforderten sozialen Rücksichtnahme auf eine bestimmte Branche rechtfertigt, wird den Gerichten ein Beurteilungsspielraum eingeräumt, der die Möglichkeit der Anrufung des Obersten Gerichtshofs gemäß § 37 Abs 3 Z 16 18 MRG iVm § 528 Abs 1 ZPO auf die Korrektur grober Beurteilungsfehler einschränkt. Hingegen ist es nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs, für jede einzelne Branche zu untersuchen, ob eine Mietzinsreduktion gemäß § 12a Abs 2 MRG bzw § 46a Abs 2 MRG möglich ist (5 Ob 84/01s; RIS Justiz RS0113765).

Damit erweist sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin als nicht zulässig. Er war daher zurückzuweisen.

Zum Revisionsrekurs der Antragstellerin:

Durch die Beisetzung eines Rechtskraftvorbehalts wird ein Aufhebungsbeschluss grundsätzlich anfechtbar. Im Rekurs gegen einen solchen Beschluss können dann auch erhebliche Rechtsfragen im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO geltend gemacht werden, die vom Berufungsgericht nicht als erheblich angesehene Rechtsfragen betreffen (1 Ob 705/86). Der Oberste Gerichtshof hat dann gemäß § 526 Abs 2 ZPO selbständig zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO vorliegen. Solche Gründe vermag die Antragstellerin jedoch nicht darzutun.

Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung kommt eine Anhebung des Hauptmietzinses nach § 46a Abs 5 MRG naturgemäß dann nicht mehr in Frage, wenn bereits eine konkludente oder gar ausdrückliche Anerkennung des Unternehmenserwerbers als neuer Mieter bzw ein Vertragseintritt desselben erfolgt war (WoBl 1998, 224/141; WoBl 1998, 225/143; WoBl 2001, 245/149; WoBl 2000/270/151 ua); RIS Justiz RS0107267). Weil eine ausdrückliche Anerkennung der Antragstellerin vor dem gegenständlichen Anhebungsbegehren nicht erwiesen ist, steht also hier nur die Konkludenz des Verhaltens der Antragsgegnerin in Frage, aus der die Antragstellerin eine Zustimmung zum Vertragswechsel ableitet.

Nach umfangreicher höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu § 863 ABGB steht aber fest, dass die Beurteilung der Konkludenz einer Willenserklärung bzw die Schlüssigkeit eines Verhaltens regelmäßig keine über die besonderen Umstände des Einzelfalls hinausgehende Bedeutung hat, es sei denn, es läge eine krasse Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen vor, die im Interesse der Rechtssicherheit bzw der Einzelfallgerechtigkeit wahrgenommen werden müsste (RIS Justiz RS0043253; RS0081754; RS0107199; RS0113395 ua). Mehr als die bloße Kenntnisnahme der Unternehmensübertragung durch den Vermieter, die noch keine konkludente Zustimmung zur Vertragsübernahme ist (5 Ob 201/01x), die Tatsache, dass der Vermieter mehrfach versuchte, von der Mieterin aufgrund der Unternehmensveräußerung einen höheren Mietzins zu erlangen und den Wunsch des Vermieters nach einem korrekten Verhältnis zwischen den Vertragsteilen vermochte die Antragstellerin nicht nachzuweisen. Die Titulierung der Mietzinsvorschreibungen an die Firma des Einzelunternehmens haben für sich keinen eigenen Erklärungswert. Unter diesen Voraussetzungen liegt keine Korrekturbedürftigkeit der Rechtsansicht des Rekursgerichtes vor, es sei im Einzelfall zu keiner konkludenten Vertragsüberbindung gekommen.

Aber auch in der von der Antragstellerin aufgeworfenen Frage der Ermittlung des von der Antragstellerin zulässigerweise zu bezahlenden Hauptmietzinses liegt in Anbetracht der dazu bestehenden Rechtsprechung, der das Rekursgericht vollinhaltlich gefolgt ist, keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung, die einer Klärung durch das Höchstgericht bedürfte. Dass es für die Ermittlung des angemessenen Hauptmietzinses bei 1/15 Anhebung aus Anlass der Sanierung eines gespaltenen Mietverhältnisses nach § 46a Abs 5 MRG auf den im Zeitpunkt der Unternehmensveräußerung angemessenen Hauptmietzins ankommt, der dann bis zum Erhöhungszeitpunkt aufzuwerten ist, entspricht ständiger Rechtsprechung (WoBl 1998, 16/3 = SZ 70/94). Ebenso ist entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers geklärt, dass es für die Berücksichtigung der Art der im Mietgegenstand ausgeübten Geschäftstätigkeit auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Mietzinserhöhung ankommt (SZ 70/74; MietSlg 49.457 ua).

Die vom Erstgericht angestellte Vergleichswertmethode, die auf den Zeitpunkt der Unternehmensveräußerung abstellt, ist, wie das Rekursgericht zutreffend und in Übereinstimmung mit der dazu ergangenen Judikatur darlegte, verfehlt.

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin vermag daher auch im Rahmen der vom Rekursgericht aufgetragenen Ermittlung des zulässigen Hauptmietzinses keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung aufzuzeigen, die nicht bereits durch höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt wären.

Beide Revisionsrekurse erweisen sich damit als unzulässig; sie sind daher zurückzuweisen.

Rechtssätze
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