JudikaturJustiz5Ob294/01y

5Ob294/01y – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Dezember 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Brigitte H*****, vertreten durch Dr. Gottfried Forsthuber, Rechtsanwalt in Baden, wegen Einverleibung des Eigentumsrechtes auf der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 31. August 2001, GZ 16 R 278/00x, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Baden vom 25. Oktober 2000, TZ 7015/00, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Ing. Rudolf H***** ist zu 191/1157-Anteilen, mit welchen Wohnungseigentum an der Wohnung Nr 1 samt PKW-Abstellplatz Nr 2 verbunden ist, Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB *****. Am 3. 10. 2000 schlossen er und die Antragstellerin, seine Gattin, einen Kaufvertrag über diesen Mit- und Wohnungseigentumsanteil, der auch die Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes gemäß § 364c ABGB zu Gunsten des Veräußerers vorsieht. Die Form des Notariatsaktes wurde für diesen Kaufvertrag nicht eingehalten. Im Kaufvertrag ist festgehalten, dass die tatsächliche Übergabe der Eigentumswohnung durch Begehung, Übergabe der Schlüssel und der Verwaltungsakten unmittelbar vor Vertragsunterzeichnung erfolgt ist und der Kaufpreis bereits bezahlt wurde.

Mit dem vorliegenden Grundbuchsantrag begehrt die Antragstellerin die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes auf dem bezeichneten Liegenschaftsteil.

Beide Vorinstanzen wiesen ihr Begehren mit der Begründung ab, Kaufverträge zwischen Ehegatten seien gemäß § 1 Abs 1 lit b NZwG der Notariatsaktspflicht unterworfen. Weil die vorgelegte Kaufvertragsurkunde diesem Erfordernis nicht entspreche, sei der Grundbuchsantrag abzuweisen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil bisher noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob § 1 Abs 1 lit b NZwG auch dann anzuwenden sei, wenn dem Erwerber bereits der Besitz an der Liegenschaft eingeräumt wurde.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin, der aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig aber nicht berechtigt ist.

Rechtliche Beurteilung

Unter Hervorhebung der Umstände, dass eine tatsächliche Übergabe der Eigentumswohnung und die Zahlung des Kaufpreises schon stattgefunden haben, argumentiert die Revisionsrekurswerberin damit, dass der Mangel der gesetzlichen Form durch das tatsächliche Invollzugsetzen des Vertrages geheilt worden sei. Jedes Formgebot sei auf seinen Zweck hin zu überprüfen, im Zweifel sei zu Gunsten der Formfreiheit zu entscheiden. Sämtliche Zwecke wie die der Beweissicherung, des Übereilungsschutzes und des Gläubigerschutzes seien durch das tatsächliche Invollzugsetzen des Vertrages erfüllt, dem Gläubigerschutz sei durch die Möglichkeit der Anfechtung nach den Bestimmungen der § 3 ff AnfO ausreichend entsprochen. Der Gläubiger eines Verkäufers, der durch Notariatsakt seine Liegenschaft veräußert habe, stünden auch keine anderen Möglichkeiten zur Verfügung. Bei einer Schenkung unter Verletzung der Notariatsaktspflicht, auch bei einer gemischten Schenkung trete nach der Judikatur bei vollständiger Erfüllung eine Heilung des Formmangels ein. Es liege kein Grund vor, bei einem anderen Vertragstypus, nämlich einem Kaufvertrag, diese Heilung zu verweigern. Damit sei das Begehren auf Einverleibung des Eigentumsrechtes begründet.

Dazu hat der erkennende Senat erwogen:

Gemäß § 26 Abs 1 GBG können Einverleibungen und Vormerkungen nur auf Grund von Urkunden bewilligt werden, die in der zu ihrer Gültigkeit vorgeschriebenen Form ausgefertigt sind.

Gemäß § 1 Abs 1 lit b bedürfen zwischen Ehegatten geschlossene Kaufverträge zu ihrer Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsaktes. Das gilt zufolge lit d leg cit auch für Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe.

Wurde die gesetzliche Form nicht eingehalten, ist das Rechtsgeschäft nichtig. Diese Nichtigkeitsfolge gilt allerdings nur mit einer wesentlichen Einschränkung: Soweit durch das formungültige Rechtsgeschäft eine Leistungsverpflichtung des Schuldners herbeigeführt werden sollte, ist das formungültige Geschäft nicht schlechthin nichtig, sondern erzeugt eine sogenannte Naturalobligation, also eine nicht klagbare aber erfüllbare Leistungsverbindlichkeit. Die tatsächliche Leistung des Versprochenen heilt somit den Mangel der Form. Deshalb hat der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass formlos abgeschlossene Geschäfte, die eines Notaratsaktes bedürfen, wie zB Schenkungen ohne wirkliche Übergabe, Kaufverträge unter Ehegatten oder Ehepakte durch die Erfüllung, das "tatsächliche Invollzugsetzen" geheilt werden (vgl OGH in NZ 1981, 37; SZ 56/119; ÖBA 1992, 274; MR 1995, 101; JBl 1999, 45 [Hoyer]; RIS-Justiz RS0070861; 0070873; 0070861; 0017190). Die herrschende Lehre steht allerdings wegen des Gläubigerschutzes (JBl 1993, 312) einer Heilung notariatsaktspflichtiger Geschäfte zwischen Ehegatten ablehnend gegenüber (vgl Apathy in Schwimann Rz 9 zu § 883 ABGB2; Koziol/Welser I 167 FN 23; aA: aaO FN 24).

Im Weiteren ist aber anzumerken, dass sämtliche höchstgerichtliche Entscheidungen, die sich mit der Heilung durch vollständige Erfüllung von Kaufverträgen zwischen Ehegatten befassten, nicht Liegenschaftskaufverträge zum Gegenstand hatten (vgl RS0070873). Entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerberin hat der erkennende Senat in der Entscheidung NZ 1993, 240 nicht die Ansicht vertreten, dass bei einem Liegenschaftskauf zwischen Ehegatten das Formgebot des § 1 Abs 1 lit b NZwG nach dem Zweck der Vorschrift zu untersuchen sei. Vielmehr wurde im Fall einer "gemischten" Schenkung zwischen Ehegatten eine Heilung durch Erfüllung (wirkliche Übergabe) bejaht, weil der entgeltliche Teil des Geschäftes überwog. In diesem Zusammenhang erfolgte eine Auseinandersetzung mit der Kumulierung verschiedener Formvorschriften für das Geschäft, dass aus einem entgeltlichen und unentgeltlichen Teil zusammengesetzt war. Nach der Zweifelsregel zu Gunsten der Formfreiheit wurde entschieden, dass für eine gemischte Schenkung zwischen Ehegatten über die wirkliche Übergabe des Schenkungsobjektes hinaus die Einhaltung der Notariatsaktspflicht nicht zu fordern sei. Das Ergebnis dieser Entscheidung wurde allerdings von Hofmeister (NZ 1993, 240) mit der Begründung abgelehnt, in Hinblick auf die §§ 34 und 53 Notariatsordnung sei Zweck des § 1 lit b NZwG auch die Verhinderung offenkundiger Gläubigerbenachteiligung, weshalb bei gemischten Schenkungen unter Ehegatten die Beachtung des Formgebotes auch dann stattzufinden habe, wenn der entgeltliche Teil der geringere sei. Zufolge § 1 Abs 1 lit d NZwG sind nur Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe von der gesetzlichen Formvorschrift umfasst, nicht also Schenkungen mit wirklicher Übergabe. Damit wird dem Grundsatz des § 943 ABGB Rechnung getragen, wonach aus einem bloß mündlichen, ohne wirkliche Übergabe geschlossenen Schenkungsvertrag dem Geschenknehmer kein Klagerecht erwächst. Deshalb wird von der Rechtsprechung auch die Schenkung einer Liegenschaft ohne Notariatsakt als rechtswirksam angesehen, wenn eine tatsächliche Übergabe stattgefunden hat (SZ 45/35; SZ 50/101; EvBl 1985/117 o.a.). So wurde etwa von der Rechtsprechung auch die wirkliche Übergabe eines ideellen Liegenschaftsanteiles im Sinn des § 943 ABGB in Form einer außerbücherlichen Übergabe an den Geschenknehmer für ausreichend erachtet (ecolex 1994, 617).

Kaufverträge zwischen Ehegatten, für die der Gesetzgeber eine solche Regelung nicht vorgesehen hat, bedürfen aber ungeachtet einer wirklichen Übergabe der Notariatsaktsform (RPflSlgG 1187; Feil, Grundbuchsgesetz3 Rz 8 zu § 26 GBG).

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

Rechtssätze
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