JudikaturJustiz5Ob254/99k

5Ob254/99k – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Juni 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, diese vertreten durch den Landeshauptmann von Kärnten, Amt der Kärntner Landesregierung, 9020 Klagenfurt, wegen Grundbuchseintragungen in der EZ 7 Grundbuch *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 8. Juli 1999, GZ 2 R 172/99t, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Villach vom 3. Mai 1999, TZ 3860/99, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin begehrt die grundbücherliche Durchführung der rechtskräftigen Enteignungserkenntnisse des Landeshauptmanns von Kärnten, Bescheide Zl. 8BauR6-131-151/2/1988 vom 6. 10. 1988 und 8BauR3-99/5/1992 vom 23. 7. 1992 in Vollziehung der §§ 20 ff EisbEG, die sich auf Trennflächen der Liegenschaft EZ 7 Grundbuch ***** beziehen und im Eigentum des Paul K***** stehen.

Neben den zitierten rechtskräftigen Enteignungserkenntnissen legte die Antragstellerin vor: einen Teilungsplan des Amts der Kärntner Landesregierung vom 15. 2. 1999, einen Bescheid des Vermessungsamtes Villach vom 2. 3. 1999, die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts für Gebühren und Verkehrssteuern Klagenfurt vom 2. 6. 1989, den Beschluss des Bezirksgerichtes Villach vom 16. 2. 1989 über die Annahme des Entschädigungsbetrages, eine Amtsbestätigung des Amts der Kärntner Landesregierung vom 28. 4. 1999 über die Auszahlung der Grundeinlöseentschädigungen, weiters eine Beurkundung des Vermessungsamts Villach vom 23. 7. 1996 sowie Zahlungsbestätigungen vom 12. 11. 1998, 13. 4. 1999 und 19. 4. 1999.

Das Erstgericht bewilligte antragsgemäß gegen Paul K*****, *****und Alleineigentümer der EZ 7 ***** die lastenfreie Abschreibung diverser Trennflächen und Zuschreibung zum Grundbuch ***** EZ 382, Eigentümer:

Republik Österreich - öffentliches Wassergut, unter Einbeziehung in Grundstück 1589/2 Gewässer (Bach) sowie die lastenfreie Abschreibung weiterer Trennflächen und Zuschreibung zum Grundbuch ***** EZ 391 Eigentümer: Republik Österreich - Bundesstraßenverwaltung A unter Einbeziehung in Grundstück 1600, sonstige (Autobahn).

Einem dagegen vom bücherlichen Eigentümer Paul K***** erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge und wies das gesamte Eintragungsbegehren ab.

Die Antragstellerin habe ihrem Antrag eine Vermessungsurkunde des Amts der Kärntner Landesregierung Abteilung 17V-Vermessung und Grundverwaltung angeschlossen. Dieser Teilungsplan stamme also nicht von einer offenkundig unzuständigen Behörde und beurkunde auch nicht einen offenkundig unzulässigen Verwaltungsakt, sodass ihn das Gericht seiner Entscheidung zugrundezulegen habe. Gemäß § 1 Abs 1 LiegTeilG könne eine grundbücherliche Teilung eines Grundstücks (auch) aufgrund eines Plans durchgeführt werden, der innerhalb ihres Wirkungsbereichs von einer Dienststelle des Bundes oder eines Landes verfasst wurde, die über einen Bediensteten verfüge, der das Studium für Vermessungswesen an einer wissenschaftlichen Hochschule vollendet habe und praktische Betätigung durch mindestens zwei Jahre auf dem Gebiet der Grenzvermessungen für alle Zwecke der grundbücherlichen Teilungen, Ab- und Zuschreibungen nachweise.

Gemäß § 39 Abs 1 VermG bedürften Teilungspläne zu ihrer grundbücherlichen Durchführung einer Bescheinigung des Vermessungsamts. Eine solche Bescheinigung habe die Antragstellerin in Form der Urkunde GZ P 56/99 des Vermessungsamtes Villach vorgelegt.

Eine inhaltliche Prüfung der Rechtsrichtigkeit des Bescheids der Verwaltungsbehörde durch das Gericht verbiete sich schon wegen des in Art 94 B-VG verfassungsgesetzlich gesicherten Grundsatzes, dass die Justiz von der Verwaltung in allen Instanzen getrennt sei. Das Grundbuchsgericht dürfe daher die Vermessungsurkunden keiner inhaltlichen Überprüfung unterziehen, sondern sei an die Bestätigung der Verwaltungsbehörde über die Ordnungsgemäßheit der Endvermessung, den Grenzverlauf und die Tatsache der Vermarkung gebunden. Der Form nach seien der Teilungsplan GZ KAB-460-III/V/2/99 und auch die Bescheinigung des Vermessungsamts im Sinn des § 94 GBG zur Begründung des Grundbuchsantrags geeignet, zumal sich die Lage der vom Antrag betroffenen Trennstücke aus dem Plan ergebe, in dem die Vermessungspunkte eingezeichnet seien und die Vermarkung (in der Natur) bestätigt worden sei.

Voraussetzung für die grundbücherliche Eintragung desjenigen, zu dessen Gunsten enteignet worden sei, als Eigentümer der enteigneten Flächen, sei aber, dass er bereits (originär) Eigentum an den enteigneten Flächen erworben habe. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung sei dies nicht schon bei Rechtkraft des Enteignungsbescheids der Fall, sondern erst bei Zahlung oder gerichtlichem Erlag der Entschädigungssumme.

Die Rechtskraft der Enteignungsbescheide stehe im vorliegenden Fall durch Bestätigungsvermerk auf den Urkunden fest, sodass die Antragstellerin weiters die Bezahlung oder den Erlag der Entschädigungssumme als inhaltliche Voraussetzung für die begehrte Eintragung urkundlich nachzuweisen habe. Diesen Nachweis habe die Antragstellerin nicht zur Gänze erbracht, weil der Beschluss des Bezirksgerichtes Villach vom 16. 2. 1989, 3 Nc 8/89 den Nachweis der Hinterlegung nur eines Teils der Entschädigungssumme biete. Die weiters vorgelegten Bestätigungen von Banken, wonach zu verschiedenen Zeitpunkten auf Konten des Paul K***** verschiedene Beträge überwiesen worden seien, seien als Privaturkunden nicht, wie § 31 GBG dies fordere, beglaubigt. Eine dieser Bestätigungen sei überhaupt nur in einfacher Kopie vorgelegt worden. Weiters sei auch teilweise der Zahlungszweck auf diesen Bestätigungen nicht angeführt. Solche Urkunden eigneten sich daher nicht als Grundlage für die begehrten Grundbuchseintragungen.

Die von der Antragstellerin weiters vorgelegte, als "Amtsbestätigung" bezeichnete Urkunde im Original, womit das Amt der Kärntner Landesregierung bestätigt habe, dass "die Entschädigungen der Grundeinlöse aus den [oben bezeichneten] Bescheiden an den Liegenschaftseigentümer Paul K***** ausbezahlt worden" seien, sei ebenfalls keine taugliche Eintragungsgrundlage.

An einen unbedenklichen Nachweis der Zahlung der Entschädigungssumme im Grundbuchsverfahren seien folgende Anforderungen zu stellen:

Angegeben sein müsse der Gesamtbetrag der Entschädigungssumme, der auf Grundlage der Enteignungsbescheide übersichtlich in die einzelnen Ablöse- und sonstigen Entschädigungsbeträge aufzuschlüsseln sei, sodass sich die in den Bescheiden zuerkannten Beträge mit den Zahlungsbeträgen in Beziehung setzen ließen und die Vollständigkeit der Zahlung durch das Grundbuchsgericht nachvollziehbar sei. Zum Nachweis der erfolgten Zahlung eigneten sich daher Originale der Überweisungsbelege mit Durchführungsvermerk oder Originale von (gemäß § 31 GBG beglaubigten) Bankbestätigungen. Die vorgelegte Amtsbestätigung erfülle diese Voraussetzungen nicht.

Es fehle somit ein urkundlicher Nachweis über die vollständige Begleichung der Entschädigungssumme.

Das Rekurgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs gemäß § 14 Abs 1 AußStrG iVm § 126 GBG zulässig sei. Zur Frage der Voraussetzungen der grundbücherlichen Durchführung von Enteignungsbescheiden liege keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor, wobei insbesondere nicht geklärt sei, ob der Eigentumserwerb neben der Rechtskraft des Enteignungsbescheides und der Bezahlung (bzw dem Erlag) der Entschädigungssumme ausreichend sei oder aber auch zuvor die freiwillige Besitzübertragung oder zwangsweise Einweisung in den Besitz stattgefunden haben müsse. Weiters sei zu klären, ob das Grundbuchsgericht trotz Bescheinigung durch das Vermessungsamt einen Teilungsplan überprüfen dürfe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin, der aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig ist. Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das BStG, das in § 20 für das gesamte Verfahren sowohl der Enteignung als auch der Entschädigungsfestsetzung auf das EisbEG verweist, dessen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden sind, sieht zur Festsetzung der Entschädigungssumme eine sukzessive Kompetenz vor. Nach § 20 Abs 1 BStG entscheidet der Landeshauptmann mit Bescheid über Notwendigkeit, Gegenstand und Umfang der Enteignung. Der Bescheid hat zugleich eine Bestimmung über die Höhe der Entschädigung (§ 20 Abs 2) und eine Leistungsfrist zu enthalten.

Solche rechtskräftige Enteignungserkenntnisse liegen hinsichtlich der dem Paul K***** gehörenden Liegenschaftsteile somit vor.

Das Eigentumsrecht des Enteigners wird nicht vom Enteigneten abgeleitet, sondern entsteht originär. Es geht erst durch den tatsächlichen Vollzug, d.h. mit freiwilliger Besitzübertragung oder zwangsweiser Besitzeinweisung nach Leistung der Entschädigung (oder Sicherstellung) und nicht bereits durch den Erlag der Entschädigungssumme über (vgl SZ 47/152; EvBl 1975/17; VwGH ÖJZ 1981, 408; JBl 1990, 513, Holzner; Spielbüchler in Rummel Rz 5 zu § 365 ABGB; Klicka in Schwimann Rz 7 zu § 365 ABGB). Die in SZ 57/23 vertretene Ansicht, die Besitzerlangung sei für den Erwerb des Eigentums unbeachtlich, ist vereinzelt geblieben (in diesem Sinn auch Brunner, Enteignung für Bundesstraßen, 22). Maßgeblich kommt es daher auf den Vollzug des rechtskräftigen Enteignungsbescheides durch Besitzeinweisung an, weil dessen Voraussetzung wiederum ist, dass die für die Enteignung zu leistende Entschädigung bezahlt oder zumindest gerichtlich erlegt ist (§ 20 Abs 4 BStG).

Die Antragstellerin hat aber keinen urkundlichen Nachweis der Besitzübertragung an sie erbracht. Die Bestätigung des Vermessungsamts Villach vom 23. 7. 1996, GZ A 82/95 (in TZ 6475 bis 6497/97) beruht auf § 16 LiegTeilG. Ein Eigentumserwerb kann zwar bei geringwertigen Trennstücken (§ 17 Abs 1 LTG) auch durch die tatsächliche Errichtung der Straßen- oder Weganlage erfolgen und auf dieser Grundlage zur Verbücherung des Eigentumsrecht nach den §§ 15 ff LTG führen. Im vorliegenden Fall ergibt sich aber nicht, dass die zu verbüchernde Besitzänderung durch eine in der Natur bereits durchgeführte Straßenanlage herbeigeführt worden wäre. Die Bestätigung der Vermessungsbehörde nach dem § 16 LTG sagt nur darüber aus, dass eine Straßen- oder Weganlage in der Natur vorhanden ist, nicht aber von wem sie errichtet wurde, sodass sich daraus der geforderte Nachweis der Besitzeinweisung nicht ergibt (SZ 49/152). Ein solcher Nachweis ist aber unabdingbare Voraussetzung für den originären Erwerb des Eigentumsrechts, das verbüchert werden soll.

Ob auch der Nachweis, dass sämtliche Entschädigungsbeträge gerichtlich hinterlegt oder bezahlt sind, zu erbringen ist, richtet sich danach, welcher Art die Besitzeinweisung erfolgt ist. Hat die enteignete Partei durch die verwaltungsbehördliche Einweisung in die enteignete Grundfläche das Eigentumsrecht an dieser Grundfläche verloren, kann sie sich seither nicht mehr auf ihr Eigentum darauf berufen (SZ 47/152). Der vollstreckbare Anspruch auf Einweisung in den Besitz der enteigneten Liegenschaft setzt nämlich die Bezahlung oder Sicherstellung der von der Verwaltungsbehörde festgesetzten Entschädigung voraus (SZ 48/3; EvBl 1987/168, 622). Zwar braucht die Republik Österreich gegen den Enteigneten keinen dem § 7 EO entsprechenden Räumungstitel, sondern kann von der Bezirksverwaltungsbehörde aufgrund des rechtskräftigen Enteignungsbescheids den Vollzug der Enteignung, nämlich die Einführung in den Besitz des enteigneten Grundstücksteils samt Zubehör verlangen (SZ 57/23), dass dies geschehen wäre, ist jedoch nicht erwiesen.

Denkbar ist aber auch, dass ohne behördlichen Vollzug einer Enteignung die Besitzeinräumung mit ausdrücklicher oder stillschweigender Zustimmung des Enteigneten erfolgt (§ 35 Abs 1 EisbEG). In diesem Fall muss nicht davon ausgegangen werden, dass der Entschädigungsbetrag bereits bezahlt oder erlegt wäre. Nur in einem solchen Fall obliegt, wenn keine entsprechende Erklärung des Enteigneten vorgewiesen werden kann, dem Grundbuchsgericht die selbständige Prüfung der Voraussetzung, ob der Entschädigungsbetrag gerichtlich hinterlegt oder bezahlt ist.

Für diesen Fall hat das Rekursgericht zutreffend erkannt, dass die "Amtsbestätigung" des Amts der Kärntner Landesregierung vom 28. 4. 1999 weder eine öffentliche Urkunde im Sinn des § 33 GBG noch des § 292 Abs 1 ZPO darstellt, weil in beiden Fällen Voraussetzung ist, dass die öffentliche Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse eine solche Urkunde errichtet. Eine bescheidmäßige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen ist im Übrigen nur aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zulässig (vgl Walter/Mayer Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts Rz 407 mit Rechtsprechungshinweisen). Es bestünde demnach keine Bindung des Grundbuchsgerichts an eine solche Wissenserklärung des Amts der Kärntner Landesregierung über die vom Grundbuchsgericht zu prüfende, rechtserhebliche Frage, ob die Enteignungsentschädigung zur Gänze bezahlt oder gerichtlich hinterlegt wurde.

Die im Weiteren aufgeworfene Frage der Bindung des Gerichts an die Bescheinigung des Vermessungsamts (§ 39 Abs 1 VermG) hat das Rekursgericht zutreffend gelöst (vgl auch NZ 1991/204). Dem Gericht ist die Prüfung der Frage entzogen, ob die zuständige Behörde bei Erlassung der Bescheinigung nach § 39 Abs 1 VermG die Voraussetzungen des § 39 Abs 2 VermG, insbesondere auch jene des § 37 VermG eingehalten hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtssätze
5