JudikaturJustiz5Ob212/08z

5Ob212/08z – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. November 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz U*****, vertreten durch Mag. Dr. Andreas Mauhart, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Margarethe U*****, vertreten durch Dr. Alfred Hawel und Dr. Ernst Eypeltauer, Rechtsanwälte in Linz, wegen Rechnungslegung und Leistung (Streitwert: 15.000 EUR) über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 24. Juli 2008, GZ 3 R 105/08v 30, womit der Beschluss des Landesgerichts Linz vom 15. Mai 2008, GZ 50 Cg 100/05i 26, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden mit der Maßgabe bestätigt, dass der Antrag der beklagten Partei vom 6. 5. 2008 zurückgewiesen wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 976,68 EUR (darin enthalten 162,78 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger, Sohn der Beklagten und ihres am 5. 1. 1992 verstorbenen Ehemanns, begehrte im Zuge der Einforderung seines Pflichtteils mit der am 24. 8. 2005 eingebrachten Stufenklage 1.) Rechnungslegung durch Aufstellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einer (verlassenschaftszugehörigen) Liegenschaft seit Jänner 1992 bis zur wirklichen Zuteilung des Pflichtteils und durch Vorlage der Miet- und Pachtverträge, 2.) Zahlung des sich daraus ergebenden Pflichtteilsanspruchs, wobei die ziffernmäßige Festsetzung des Zahlungsbegehrens bis zur erfolgten Rechnungslegung und Beeidigung der Vermögensangabe vorbehalten bleibe.

Mit Teilurteil vom 3. 2. 2007, rechtskräftig und vollstreckbar seit 15. 4. 2008, wurde dem Rechnungslegungsbegehren stattgegeben; die Beklagte wurde zum Ersatz der Prozesskosten an den Kläger verpflichtet.

Die Beklagte begehrte mit dem am 6. 5. 2008 eingebrachten Antrag, das Verfahren fortzusetzen, eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung anzuberaumen und dem Kläger die Konkretisierung des Leistungsbegehrens aufzutragen, weil sie mittlerweile Rechnung gelegt habe.

Das Erstgericht wies den Antrag der Beklagten mit der Begründung ab, die Bezifferung des Zahlungsbegehrens nach Rechnungslegung sei prozessuale Voraussetzung für die Fortsetzung des Verfahrens. Es sei ausschließlich Angelegenheit des Klägers, nach abgeschlossener Rechnungslegung die Fortsetzung des Verfahrens zu beantragen und das ursprünglich unbestimmte Leistungsbegehren zu konkretisieren.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. In einem nach Art XLII EGZPO geführten Verfahren sei zunächst nur über das Rechnungslegungsbegehren zu entscheiden. Die Entscheidung über das Leistungsbegehren sei aber vorzubehalten. Bezüglich der Fortsetzung des Verfahrens seien die weiteren Anträge der Parteien abzuwarten. Prozessuale Voraussetzung für die Fortsetzung des Verfahrens sei die Bezifferung des Zahlungsanspruchs durch den Kläger. Die Beklagte sei in diesem Stadium des Verfahrens durch den Verfahrensstillstand nicht beschwert, weil über das Rechnungslegungsbegehren und die bis dahin aufgelaufenen Verfahrenskosten rechtskräftig entschieden worden sei. Zudem behaupte der Kläger in seiner Rekursbeantwortung, aufgrund der unvollständig erfolgten Rechnungslegung einen Exekutionsantrag eingebracht zu haben. Es könne bei einer Stufenklage nicht in der Hand des Beklagten liegen, das Verfahren fortzusetzen; die Frage, ob dem Exekutionstitel auf Rechnungslegung entsprochen worden sei, würde dann in das Erkenntnisverfahren über das Leistungsbegehren verlagert werden.

Zur Bewertung des Entscheidungsgegenstands verwies das Rekursgericht auf die nicht abschätzbare Miet- und Pachteinkünfte während der mehr als zwölfjährigen Dauer der „gemeinschaftlichen" Nachlassbeteiligung im Sinn des § 786 Satz 2 ABGB.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht mit fehlender höchstgerichtlicher Judikatur zu der Frage, ob die beklagte Partei legitimiert sei, nach rechtskräftiger Erledigung des Rechnungslegungsbegehrens die Fortsetzung des Verfahrens zu beantragen.

Die Beklagte beantragt in ihrem Revisionsrekurs , ihren Anträgen stattzugeben.

Der Kläger beantragt in der Revisionsrekursbeantwortung , das gegnerische Rechtsmittel zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angegebenen Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

1.) Nach § 528 Abs 2 Z 2 zweiter Halbsatz ZPO ist der Revisionsrekurs gegen eine bestätigende Entscheidung der zweiten Instanz dann nicht jedenfalls unzulässig, wenn das Gericht zweiter Instanz die Zurückweisung einer Klage aus formellen Gründen - also ohne Sachentscheidung - bestätigt.

Einer Klagszurückweisung aus formellen Gründen ist nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung jedenfalls ein Beschluss gleichzuhalten, mit dem die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens über eine Klage verweigert wird (RIS Justiz RS0044487 [T4]). Dies gilt für die Bestätigung der Abweisung eines Antrags des Klägers auf Fortsetzung eines ruhenden (RIS Justiz RS0103702) oder eines unterbrochenen (5 Ob 74/02x = RIS Justiz RS0103702 [T2]; 7 Ob 161/03g = RIS Justiz RS0105321 [T7]) Verfahrens. Nicht anders zu beurteilen ist eine Konstellation, in der die zurückweisende oder abweisende Entscheidung über den Fortsetzungsantrag des Beklagten in zweiter Instanz bestätigt wird (vgl zu § 519 Abs 1 Z 1 ZPO: 8 Ob 35/97y = SZ 70/68).

2.) Der Kläger wertet den Revisionsrekurs deshalb als unzulässig, weil der Streitwert lediglich 15.000 EUR betrage und daher der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands unrichtig sei. Der genannte geringere Streitwert macht aber den Revisionsrekurs keinesfalls unzulässig, weil auch in diesem Fall die in § 528 Abs 2 Z 1 ZPO geregelte Wertgrenze von 4.000 EUR überschritten würde und das Rekursgericht nach § 500 Abs 1 Z 3 ZPO iVm § 526 Abs 3 ZPO den ordentlichen Revisionsrekurs zugelassen hat. Abgesehen davon ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch der zweiten Instanz über die Bewertung des Entscheidungsgegenstands gebunden, soferne dieser nicht zwingende gesetzliche Bewertungsvorschriften verletzt oder den eingeräumten Ermessensspielraum überschreitet (6 Ob 63/05s = RIS Justiz RS0042410 [T26]). Inwieweit diese Ausnahme von der grundsätzlichen Bindung an den Ausspruch der zweiten Instanz im konkreten Fall gerechtfertigt sein soll, lässt sich den Ausführungen des Klägers nicht entnehmen.

3.) Die gerügte Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens wurde geprüft; sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO iVm § 528a ZPO).

4.) Die Besonderheit der Stufenklage liegt darin, dass sich der Kläger gemäß Art XLII Abs 3 EGZPO die bestimmte Angabe der Leistung, die aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis geschuldet wird, vorerst vorbehalten darf. Somit besteht eine Ausnahme vom Bestimmtheitsfordernis des § 226 Abs 1 ZPO ( Konecny in Fasching/Konecny 2 Art XLII EGZPO Rz 116; Fucik/Rechberger in Rechberger ZPO3 Art XLII EGZPO Rz 4; Rechberger/Simotta Zivilprozessrecht5 Rz 391; 4 Ob 351/82 = ÖBl 1984/46; RIS Justiz RS0034987). Das Verfahren hat sich vorerst auf die Erledigung des Rechnungslegungsbegehrens zu beschränken. Nur über dieses ist - im Fall der Berechtigung des Rechnungslegungsbegehrens - zunächst mit Teilurteil zu entscheiden, während eine gleichzeitige Entscheidung über das unbestimmte Leistungsbegehren nicht zulässig ist ( Konecny aaO Rz 123; Fucik/Rechberger aaO; 9 ObA 186/91 = RdW 1992, 121). Das Verfahren über das unbestimmte Herausgabebegehren ist grundsätzlich erst dann fortzusetzen, wenn der Beklagte die ihm durch das rechtskräftig gewordene Teilurteil aufgetragene Auskunftsverpflichtung erfüllt hat. Der Kläger hat dann beim Gericht die Fortsetzung des Verfahrens über das noch offene Leistungsbegehren zu beantragen und das Leistungsbegehren zu beziffern. Das Gericht hat sodann das Verfahren über den Leistungsanspruch fortzuführen und mit Endurteil abzuschließen ( Konecny aaO Rz 126 f; RIS Justiz RS0034983; vgl RS0034968; 1 Ob 1/99z; 4 Ob 351/82 mwN).

Aus dieser Zweiteilung des Verfahrens über eine Stufenklage, der ein noch unbestimmtes Leistungsbegehren zugrunde gelegt wird, folgt, dass es dem Kläger vorbehalten ist, nach Erfüllung des Rechnungslegungsbegehrens das Leistungsbegehren zu beziffern und das Verfahren fortzusetzen. Die Bezifferung des noch offenen Begehrens ist eine formelle Voraussetzung für die Weiterführung des Verfahrens (vgl OLG Wien E 119 zu Art XLII EGZPO in Klauser / Kodek , JN ZPO 16. Aufl).

Im Übrigen ist die Beurteilung des Rekursgerichts zur mangelnden Möglichkeit der Beklagten, die Fortsetzung des Verfahrens zu beantragen, zutreffend, sodass auf sie verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO iVm § 528a ZPO).

5.) Die Entscheidung über die Kosten dieses selbständigen Zwischenstreits (vgl 7 Ob 161/03g; vgl M . Bydlinski in Fasching/Konecny ² § 48 ZPO Rz 15) gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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