JudikaturJustiz5Ob193/21z

5Ob193/21z – OGH Entscheidung

Entscheidung
01. Juni 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. H* S*, vertreten durch Mag. Robert Pöschl, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei A* W*, vertreten durch Mag. Jörg Grössbauer, Rechtsanwalt in Leibnitz, wegen 10.655,50 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 8. Juli 2021, GZ 3 R 232/20i 28, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Leibnitz vom 21. September 2020, GZ 5 C 152/19k 24, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

[1] Der Kläger kaufte von der Beklagten 2019 einen näher bezeichneten, erstmals im November 2011 zugelassenen PKW der Marke Renault Espace zum Preis von 9.500 EUR.

[2] Nach Besichtigung des Fahrzeugs unterfertigte der Kläger am 24. 9. 2019 eine Kaufvereinbarung, wonach die Beklagte ihm dieses „wie besichtigt und Probe gefahren zum gegenseitig vereinbarten Kaufpreis“ verkauft. Den Kaufpreis überwies der Kläger am 25. 9. 2019 auf das Konto der Beklagten. Das Fahrzeug wurde am 27. 9. 2019 übergeben. Bei dieser Übergabe legte die Beklagte dem Kläger nochmals eine Kaufvereinbarung zur Unterschrift vor, in die die Beklagte einseitig, ohne diesbezügliche Willensübereinstimmung mit dem Kläger, bei der Willenserklärung der Verkäuferin noch die Ergänzung „ohne Garantie und Gewährleistung“ aufgenommen hatte. Der Kläger unterfertigte auch diese Urkunde, wobei ihm die von der Beklagten hinzugefügte Formulierung nicht auffiel.

[3] Nach der behördlichen Zulassung des PKWs am 27. 9. 2019 ließ der Kläger am 9. 10. 2019 von einer ÖAMTC Prüfstelle die fällige Überprüfung nach § 57a Abs 4 KFG durchführen. Der ÖAMTC stellte bei einem Kilometerstand von 173.353 eine übermäßige Abnutzung der Bremsbeläge und Bremsklötze vorne innen sowie eine Abgastrübung fest. Aufgrund dieser schweren Mängel entsprach das Fahrzeug nicht den Erfordernissen der Umwelt und der Verkehrs und Betriebssicherheit. Der Kläger ließ diese vom ÖAMTC festgestellten Mängel sowie ein Problem an der Klimaanlage von einer Kfz Werkstätte beheben. Für diese Reparatur zahlte er 983 EUR.

[4] Am 3. 11. 2019 ließ sich der Motor des Fahrzeugs nicht mehr starten. Es wurde in eine Werkstätte gebracht, wo ein Motorschaden (Bruch am Kipphebel des zweiten Zylinders) festgestellt wurde, der auf das Überspringen der Steuerkette zurückzuführen ist. Ursache für dieses Überspringen war mit hoher Wahrscheinlichkeit eine ungünstige Kombination aus einer Kettenlängung von rund 8 mm, einer Ölleckage am vollständig ausgefahrenen Kettenspanner und ein Lastwechsel im Kettentrieb, wie er beim Starten oder bei einem Gangwechsel auftritt.

[5] Die Längung der Kette steht im Zusammenhang mit der Laufleistung und ist Verschleiß; der Kettentrieb ist aber an und für sich auf eine Laufleistung von 300.000 km ausgelegt und so konstruiert, dass Lastwechselreaktionen nicht zum Überspringen der Steuerkette führen. Innerhalb der kurzen Laufleistung von 4.000 bis 5.000 km (in der Zeit von der Übergabe bis zum Motorschaden) können selbst verstärkte, abrupte Lastwechsel die Kette nicht relevant gelängt haben. Für den Kläger war es nicht möglich, das bevorstehende Überspringen der Steuerkette durch ein Kettenrasseln zu bemerken.

[6] Die Bremse an der Vorderachse war bereits im Zeitpunkt des Ankaufs durch den Kläger so verschlissen, dass deren Austausch innerhalb relativ kurzer Zeit erforderlich war. Die vom Kläger bezahlten Reparaturkosten von 983 EUR waren erforderlich und angemessen. Die Behebung des Motorschadens kostet 5.248,03 EUR.

[7] Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass am Fahrzeug ein Schaden an der Lambdasonde (Anm: offenbar die Ursache der Abgastrübung), ein „Schaden am Motor“ und verschlissene Bremsen an der Vorderachse vorlagen, lag der Fahrzeugwert im Zeitpunkt des Ankaufs unter der Hälfte des Kaufpreises.

[8] Am 18. 11. 2019 forderte der Kläger die Beklagte zur Rückabwicklung des Kaufvertrags, zur Rückzahlung des Kaufpreises und zum Ersatz der Reparatur und Anmeldekosten bis zum 29. 11. 2019 auf. Die Beklagte kam dieser Aufforderung nicht nach.

[9] Der Kläger begehrte von der Beklagten – gestützt auf Irrtum, laesio enormis, Gewährleistung und Schadenersatz – Zug um Zug gegen Ausfolgung des PKWs 10.655,50 EUR (9.500 EUR Kaufpreis, 172,50 EUR Anmeldespesen und 983 EUR Reparaturkosten) samt Zinsen.

[10] Die Beklagte habe das Fahrzeug als mit vollständigem Serviceheft, in einer Renault Fachwerkstätte durchgeführtem Service und ausgezeichnetem Zustand beworben. Aufgrund dieser Fahrzeugbeschreibung habe der Kläger davon ausgehen dürfen, dass keine Reparaturen erforderlich seien und das Fahrzeug verkehrs- und betriebssicher sei. Wenn er gewusst hätte, dass das Fahrzeug – wie vom ÖAMTC später festgestellt – nicht verkehrs- und betriebssicher sei, hätte er das Fahrzeug nicht erworben. Das Überspringen der Steuerkette, das zu einem nachhaltigen Motorschaden geführt habe, sei auf einen bereits zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs zumindest latent vorhanden gewesenen Mangel zurückzuführen. Die für ihn erst nach dem Erwerb erkennbaren Mängel hätten den Kläger schließlich veranlasst, das Serviceheft des Fahrzeugs zu überprüfen und Einsicht in die elektronische Fahrzeughistorie nehmen zu lassen. Seit dem Jahr 2014 sei kein Service durch eine Renault-Fachwerkstätte mehr ersichtlich. Bei Kenntnis dieses Umstands hätte er vom Kauf des Fahrzeugs Abstand genommen.

[11] Der Kläger stütze sein Begehren aber auch darauf, dass das Fahrzeug (zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses) aufgrund der Mängel nicht einmal die Hälfte des vereinbarten Kaufpreises wert gewesen sei. Hilfsweise mache der Kläger auch Gewährleistungsansprüche geltend, wobei eine Mängelbehebung aufgrund der erforderlichen hohen Reparaturkosten nicht tunlich sei.

[12] Die Beklagte wandte ein, sie habe dem Kläger den PKW ohne Garantie und Gewährleistung verkauft. Die in den vorangegangenen Jahren tatsächlich durchgeführten Servicearbeiten seien aus dem digitalen Serviceheft nachvollziehbar. Im Hinblick auf das Alter des Fahrzeugs sei mit kleineren Mängeln, wie sie vom ÖAMTC festgestellt worden seien, zu rechnen gewesen. Bei jeder Steuerkette komme es im Lauf der Nutzung zu einer gewissen Längung. Die Ursachen für den behaupteten Schaden aus dem Überspringen der Steuerkette seien im Zeitpunkt des Verkaufs nicht vorgelegen. Der Kläger könne sein Wandlungsbegehren daher weder erfolgreich auf Irrtum noch auf das Fehlen ausdrücklich zugesagter Eigenschaften noch auf Verkürzung über die Hälfte stützen. Selbst wenn im Zeitpunkt des Verkaufs technisch die unmittelbare Gefahr des Überspringens der Steuerkette bereits bestanden hätte, hätte die Minderung des Verkehrswerts im damaligen Zeitpunkt lediglich im Ausmaß der Kosten des Austauschs der Steuerkette bestanden. Dies hätte keinesfalls zu einer Verkürzung über die Hälfte des wahren Werts geführt.

[13] Der Kläger bestritt die Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses; abgesehen davon, hätte ein solcher insbesondere aufgrund der inserierten und beworbenen Eigenschaften des Fahrzeugs die fehlende Brauchbarkeit und Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeugs auch nicht umfasst. Sowohl bei der Beurteilung der Gewährleistung als auch des wahren Werts des Fahrzeugs seien nicht nur die zum Zeitpunkt der Übergabe bereits erkennbaren Mängel, sondern auch die dadurch in weiterer Folge verursachten Folgeschäden („Weiterfresserschäden“) zu berücksichtigen.

[14] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der Kläger habe für den PKW 9.500 EUR bezahlt, obwohl dieser im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nur einen Wert von weniger als 4.750 EUR gehabt habe. Da die Beklagte auch nicht bereit gewesen sei, Geldersatz zu leisten, sei der Kläger gemäß § 934 ABGB zur Anfechtung des Kaufvertrags wegen Verkürzung über die Hälfte berechtigt. Die Beklagte sei daher verpflichtet, dem Kläger den Kaufpreis Zug um Zug gegen Ausfolgung des PKWs zurückzuerstatten. Weiters habe der Kläger Anspruch auf den Ersatz der Kosten der Anmeldung des PKWs und der frustrierten Reparaturkosten.

[15] Dem Kläger stünden aber auch Gewährleistungsansprüche zu. Der Kaufvertrag sei mit der Willenseinigung der Streitteile über Kaufobjekt und Preis bereits am 24. 9. 2019 ohne Vereinbarung eines Gewährleistungsverzichts zustande gekommen. Der Gewährleistungsverzicht, den die Beklagte nachträglich einseitig in die von ihr verfasste Urkunde aufgenommen habe, sei auch nicht dadurch rechtswirksam vereinbart worden, dass der Kläger diese Urkunde unterfertigt habe. Es fehle eine korrespondierende Willenserklärung des Klägers. Da die Beklagte auf die Aufforderung des Klägers nicht reagiert und Abhilfe geschaffen habe, sei der Kläger auch berechtigt, den sekundären Gewährleistungsbehelf der Wandlung geltend zu machen.

[16] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Für die Anfechtung des Kaufvertrags nach § 934 ABGB wegen Verkürzung über die Hälfte sei die Differenz zwischen den objektiven Werten von Leistung und Gegenleistung zum Zeitpunkt des geschlossenen Geschäfts relevant. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Längung der Steuerkette ein Mangel. Die gewöhnlich vorausgesetzte Funktionstüchtigkeit bestimmter Teile eines Kraftfahrzeugs während dessen üblicher Lebensdauer sei nur dort nicht anzunehmen, wo schon nach allgemeinem Erfahrungswissen eines durchschnittlichen Autobesitzers mit vorzeitigem Verschleiß zu rechnen sei oder wo der Hersteller bestimmte Intervalle vorgebe, in denen die betreffenden Einzelteile ausgetauscht werden sollen. Dass eine solche Vorgabe bei der Steuerkette nicht existiere, sei nicht strittig. Der Kläger habe daher davon ausgehen dürfen, dass derartige Teile nicht unbemerkt frühzeitig verschleißen, sodass es zu einem Weiterfressen bis zu einem Motorschaden kommen könnte. Der auf 300.000 km ausgelegte Kettentrieb des Fahrzeugs sei so konstruiert, dass Lastwechsel nicht zum Überspringen der Steuerkette führen. Bei der bereits bei einer Laufleistung von etwa 170.000 km vorhandenen Längung der Kette um 8 mm handle es sich daher um einen Mangel. Innerhalb der kurzen Laufleistung von 4.000 bis 5.000 km nach der Übergabe könne die Kette auch durch verstärkte, abrupte Lastwechsel nicht relevant gelängt worden sein. Die für den am 3. 11. 2019 festgestellten Motorschaden (mit )ursächliche Längung der Steuerkette sei somit zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusss bereits vorhanden gewesen. Der für einen Laien nicht erkennbare Mangel habe vom Kettenspanner zwar noch ausgeglichen werden können, habe aber bei einem Kilometerstand von 175.388 in Verbindung mit einer Ölleckage im Spanner bei einem Lastwechsel zum Überspringen der Kette und zur Beschädigung eines anderen Motorteils, nämlich einem Bruch des Kipphebels des zweiten Zylinders, geführt.

[17] Das Gestaltungsrecht zur Vertragsaufhebung wegen Verkürzung über die Hälfte und die Ansprüche wegen Gewährleistung stünden miteinander in voller Konkurrenz, sodass der Aufhebungsanspruch nach § 934 ABGB auch dann geltend gemacht werden könne, wenn die gekaufte Sache infolge eines schon im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorliegenden Mangels, der, wie im vorliegenden Fall, einen Gewährleistungsanspruch begründen könnte, weniger als die Hälfte des Kaufpreises wert sei. Nach der Rechtsprechung zur Gewährleistung genüge es, wenn der Mangel im maßgeblichen Zeitpunkt bereits latent, also seiner Anlage nach, vorhanden gewesen sei. Liege also ein „Weiterfressen“ eines bereits bei Übergabe angelegten Mangels vor, habe der Verkäufer auch für die bis zur Entdeckung des Mangels eingetretenen Folgeerscheinungen einzustehen.

[18] Die Voraussetzungen der laesio enormis lägen hier vor, weil der PKW unter Berücksichtigung des Schadens an der Lambdasonde, des nach den dargelegten Grundsätzen zu berücksichtigenden latenten Mangels des Motors und der verschlissenen Bremsen an der Vorderachse im Zeitpunkt des Ankaufs nur einen Wert gehabt habe, der die Hälfte des Kaufpreises nicht erreicht habe. Dass die Beklagte die Ersetzungsbefugnis bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht ausgeübt habe, bedinge die Aufhebung und Rückabwicklung des Vertrags. Die Frage, ob der Kläger aus dem Titel der Gewährleistung zur Wandlung berechtigt sei, müsse daher nicht erörtert werden.

[19] Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil der Oberste Gerichtshof zur Frage, ob die Bewertung des Kaufobjekts gemäß § 934 ABGB im Fall des „Weiterfressens“ eines bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Rechtsgeschäfts angelegten Mangels anhand des späteren dadurch verursachten Zustands der Sache zu erfolgen habe, noch nicht Stellung genommen habe.

[20] Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten. Sie macht unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt, das Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

[21] Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung , die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise dieser nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[22] Die Revision ist zulässig und im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

[23] 1. Gemäß § 934 ABGB hat bei zweiseitig verbindlichen Geschäften derjenige, der nicht einmal die Hälfte dessen, was er dem anderen gegeben hat, von diesem an gemeinem Wert erhalten hat, das Recht, die Aufhebung des Vertrags „und die Herstellung in den vorigen Stand zu fordern“. Mit der Einräumung dieses Rechtsbehelfs der Verkürzung über die Hälfte (laesio enormis) wird dem Gedanken der objektiven Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung Rechnung getragen. Das dem verkürzten Vertragsteil eingeräumte Gestaltungsrecht führt zur Vertragsaufhebung mit schuldrechtlicher ex-tunc-Wirkung, somit rückwirkend auf den Abschlusszeitpunkt (10 Ob 48/20m).

[24] 2. Für die Beurteilung des objektiven Missverhältnisses nach § 934 ABGB ist auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen, nicht auf einen etwaigen späteren Leistungszeitpunkt (§ 934 Satz 3 ABGB; 10 Ob 48/20m; 5 Ob 29/19d; RS0018871). Nachträgliche Erfüllungsmängel haben bei der Ermittlung des Missverhältnisses daher unbeachtet zu bleiben (5 Ob 29/19d; RS0018871 [T2]; RS0110457 [T1]). Die Beweislast für die Verkürzung trägt der „Verkürzte“ (RS0108170 [T1]).

[25] 3.1. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs können das Gestaltungsrecht zur Vertragsaufhebung wegen Verkürzung über die Hälfte und Ansprüche wegen Gewährleistung nebeneinander bestehen (RS0022009). Der Aufhebungsanspruch nach § 934 ABGB kann demnach auch dann geltend gemacht werden, wenn die gekaufte Sache infolge eines schon im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorliegenden Mangels, der einen Gewährleistungsanspruch begründen könnte, weniger als die Hälfte des Kaufpreises wert ist (RS0024085).

[26] Der Oberste Gerichtshof hat daher – insbesondere, aber nicht nur im Zusammenhang mit dem Kauf eines Gebrauchtwagens – wiederholt ausgesprochen, dass verborgene Mängel einer solchen Speziessache bei der Ermittlung ihres objektiven Werts zur Beurteilung des Wertmissverhältnisses nach § 934 ABGB zu berücksichtigen sind, sofern sie bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhanden waren (8 Ob 370/97p [Ersatzmotor]; 7 Ob 251/02s [Gebrauchtwagen]; 10 Ob 21/07x [Gebrauchtwagen]; 5 Ob 29/19d [eingeschränkte Bebaubarkeit einer Liegenschaft]; 10 Ob 48/20m [„Internet-System-Vertrag“]). Selbst nachträgliche Verbesserungen der Sache könnten das Anfechtungsrecht des Verkürzten nicht beseitigen (10 Ob 21/07x; 5 Ob 29/19d; RS0121968).

[27] 3.2. Auch der wohl nach wie vor überwiegende Teil der Lehre spricht sich für die Mitberücksichtigung einer solchen mangelbedingten Wertminderung bei Verkürzung über die Hälfte aus (so etwa Riedler , Von laesio enormis, dinglich und obligatorisch wirkenden Vertragsaufhebungstatbeständen und Schadenersatzpflichten des Beklagten wegen eigener Prozessfehler des Klägers, JBl 2004, 215; ders , Systemfragen zum Verhältnis von laesio enormis und Gewährleistung, JBl 2008, 359; ders, Keine laesio e n ormis nach Gewährleistung?, JBl 2009, 467; Reischauer in Rummel/Lukas , ABGB 4 § 929 Rz 96, § 934 Rz 153 ff, 161 f mwN; Perner in Schwimann/Kodek , ABGB Praxiskommentar 5 § 934 ABGB Rz 11; Hödl in Schwimann/Neumayr , ABGB Taschenkommentar 5 § 934 ABGB Rz 7).

[28] Abweichend dazu vertreten mehrere Autoren die Auffassung, dass für den Wertvergleich nicht der tatsäch lic he Zustand der Leistungen bei Vertragsabschluss, sondern nur die vereinbarten Leistungen maßgeblich sind und ursprüngliche Mängel bei der Feststellung des Wertmissverhältnisses daher nicht mit zu berücksichtigen sind (so vor allem P. Bydlinski in KBB 6 § 934 ABGB Rz 3 mwN; ders , Laesio enormis und Gewährleistung, RdW 2003, 429; ders , Anmerkung zu 10 Ob 21/07x, JBl 2007, 652; ders , Ein letztes [?] Mal: Zum Anwendungsbereich der Laesio-enormis-Vorschriften, JBl 2008, 744 ; aber etwa auch Huber , Anmerkung zu 10 Ob 21/07x, ZVR 2007/256, 412; Kossarz , Laesio enormis und/oder Gewährleistung? JAP 2007/2008, 239; Flaschker , Ende der Konkurrenz zwischen Gewährleistung und laesio enormis bei mangelbedingten Wertminderungen?, ecolex 2015, 943; Klever , Laesio enormis [2019], 1 9 1 f; ders , Anmerkung zu 10 Ob 48/20m , ecolex 2021/278, 424; ders , Äquivalenzstörungen bei vertraglicher Beschränkung der Gewährleistungspflicht, immolex 2021, 141).

[29] Die Grundaussage, dass sich das objektive Wertmissverhältnis im Sinne der laesio enormis aus dem Vergleich der vertraglich vereinbarten Leistungen erg ebe , findet sich auch in mehreren jüngeren Entscheidungen des Obersten G erichtshofs (2 Ob 210/13s [Pkt II.2.; Liegenschaftskauf]; 10 Ob 3/21w [Pkt 1.1; Werkvertrag mit Pauschalpreisvereinbarung]; 9 Ob 31/21f [Pkt 1.; Werkvertrag]). M it der zitierten Vorjudikatur zur Wertminderung aufgrund eines schon im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorliegenden Mangels im gewährleistungsrechtlichen Sinn setzten sich diese Entscheidungen mangels R elevanz in der jeweils zu beurteilenden Konstellation freilich nicht auseinander.

[30] 3.3. Auch hier bietet d ie Revision keinen Anlass für eine Auseinandersetzung mit diese m Meinungsstreit in der Lehre und der möglichen Judikaturdivergenz. Die Beklagte griff nicht nur die Kritik der Lehre an der einschlägigen Rechtsprechung in ihrer Revision nicht auf; sie vertrat vielmehr selbs t bereits im Verfahren vor dem Erstgericht den Prozessstandpunkt, dass die durch einen Mangel bedingte Wertminderung bei Verkürzung über die Hälfte grundsätzlich Berücksichtigung zu finden habe. Ihrer Auffassung nach hätte die Minderung des Verkehrswerts allerdings , für de n F all, dass die Längung der Steuerkette überhaupt als Mangel zu qualifizieren sei, nur im Ausmaß der Kosten des Austauschs der Steuerkette bestanden. (Nur) der später eingetretene Motorschaden hätte nicht berücksichtigt werden dürfen.

[31] Von dieser zwischen den Parteien nicht strittigen und von den Vorinstanzen – der einschlägigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs folgend – bejahten grundsätzlichen Mitberücksichtigung einer mangelbedingten Wertminderung ist daher auszugehen.

[32] 4.1. Eine Leistung ist im gewährleistungsrechtlichen Sinn als mangelhaft anzusehen, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem Geschuldeten, also dem Vertragsinhalt, zurückbleibt (RS0018547). Der geschuldete Vertragsgegenstand wird durch die gewöhnlich vorausgesetzten oder die ausdrücklich oder stillschweigend zugesicherten Eigenschaften bestimmt. Ob eine Eigenschaft als zugesichert anzusehen ist, hängt nicht davon ab, was der Erklärende wollte, sondern was der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben aus der Erklärung des Vertragspartners erschließen durfte. Seine berechtigte Erwartung ist an der Verkehrsauffassung zu messen (RS0018547 [T5, T6]; RS0114333 [T5]).

[33] 4.2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht die Längung der Kette zum Zeitpunkt der Übergabe zu Recht als Mangel qualifiziert und dies auf Ba sis der Tatsachenfeststellungen zutreffend damit begründet, dass die Funktionstüchtigkeit der Steuerkette bei einer Laufleistung von etwa 170.000 km wegen der an sich weitaus höheren üblichen Lebensdauer im Verkehr erwartet wird, sofern nicht auf die Notwendigkeit bestimmter Kontroll- oder Wartungsmaßnahmen hingewiesen wird . Erleidet der Motor wegen dieses nicht zu erwartenden vorzeitigen Verschleißes der Steuerkette einen S chaden, weil das Überspringen der Steuerkette zur Beschädigung anderer Motorteile geführt hat, fehlt es dem Motor an einer gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaft iSd § 922 Abs 1 Satz 2 ABGB, war doch der Mangel latent schon bei der Übergabe vorhanden ( vgl 1 Ob 71/15w [Motorschaden bei neuem Austauschmotor] ).

[34] 4.3. Von der Frage der gewährleistungsrechtlichen Qualifikation als Mangel ist die in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs noch nicht geklärte Frage zu unterscheiden, ob das „Weiterfressen“ d es Mangels bei der laesio enormis Berücksichtigung zu finden hat, ob also bei der Prüfung des Missverhältnisses iSd § 934 ABGB von dem Wert des Gebrauchtwagens bei Vertragsabschluss unter Berücksichtigung bloß des angelegten Mangels der Längung der Steuerkette oder von dessen Wert unter Berücksichtigung des Motorschadens, der durch den angelegten Mangel verursacht wurde, auszugehen ist.

[35] In der Lehre vertritt Schauer (Der relativ absolute Gewährleistungsausschluss, Bemerkungen zu OGH 9 Ob 3/09w, ÖJZ 2009, 733 [734 f] ) die Auffassung , dass das Endergebnis des Weiterfressens nicht aus einer ex post Betrachtung auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurückbezogen werden dürfe. Es sei zu berücksichtigen, dass ein unerkannter Mangel – wäre er bekannt – zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses wohl oft ohne nennenswerten Aufwand behoben werden könne und sich daher wohl so gut wie gar nicht auf den Marktwert des Fahrzeugs auswirken würde. Hingegen führe er nach der Übergabe zu einem erheblichen Folgeschaden, was mit einer entsprechenden Wertminderung des Fahrzeugs einhergehe. Die spezifische Problematik liege in der Unerkennbarkeit des Mangels, der bei der Bewertung in angemessener Weise Rechnung zu tragen sei. Der Marktpreis bilde sich aufgrund der aggregierten subjektiven Bewertungen der Marktteilnehmer. Die Bewertungen der Marktteilnehmer würden auf deren Zukunftserwartungen über die mögliche Nutzung oder Verwertung des Objekts beruhen. Preise würden daher stets die Einschätzung der Marktteilnehmer über künftige Entwicklungen widerspiegeln. Dadurch werde ein wesentliches Element der Preisbildung sichtbar: Preise würden Prognosen enthalten. Sie könnten aber stets nur auf der Grundlage jener Informationen gebildet werden, die den Marktteilnehmern im jeweiligen Zeitpunkt zugänglich seien. Daraus folge, dass die Bildung von Preisen auf einer ex-ante-Perspektive beruhe. Deshalb sei es unzulässig, nachträglich erlangtes Wissen – wie über den Mangel – im Sinn einer ex-post-Betrachtung zu berücksichtigen und daraus den Schluss zu ziehen, die Sache habe bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur den um das Ausmaß des Weiterfresserschadens reduzierten Wert gehabt. Vielmehr sei eine Berufung auf § 934 ABGB nur zulässig, wenn der unter Berücksichtigung des Risikoabschlags ( wie etwa zu 9 Ob 3/09w aufgrund des Gewährleistungsausschlusses) ermittelte Marktwert der Sache weniger als die Hälfte des Kaufpreises beträgt .

[36] Reischauer (in Rummel/Lukas , ABGB 4 § 929 Rz 97) bezeichnet die Fälle des Weiterfressens des Mangels, so wenn wie zum Beispiel zu 9 Ob 3/09w ein lockerer Bolzen zu einem Zahnriemenriss führt und einen schweren Motorschaden verursacht, als problematisch. Er teilt aber die Auffassung Schauers , dass das Endergebnis des Weiterfressens nicht aus einer ex-post-Betrachtung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurückbezogen werden dürfe.

[37] Flaschker (Ende der Konkurrenz zwischen Gewährleistung und laesio enormis bei mangelbedingten Wertminderungen?, ecolex 2015, 943 [945]) führt unter Berufung auf Schauer aus , es sei unzulässig, anhand einer ex post Betrachtung die gesamte durch den weiterfressenden Mangel schlussendlich eingetretene (oftmals erhebliche) Minderung des objektiven Werts der Kaufsache schon für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses anzunehmen.

[38] Klever (Äquivalenzstörungen bei vertraglicher Beschränkung der Gewährleistungspflicht, immolex 2021, 141 [144 f]) verweist ebenfalls auf die Lehrmeinung von Schauer und betont , dass die Wertminderung, die sich aus einer ex-ante-Perspektive ohne Berücksichtigung des weitergefressenen Schadens ergibt, in den allermeisten Fällen vernachlässigbar sei und nur ausnahmsweise – nämlich nur dann, wenn sich das Weiterfressen und die damit verbundene Schädigung der Sache nicht mehr mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand verhindern lasse – zu einer Verkürzung über die Hälfte führen werde.

[39] 4.4. Der Senat schließt sich d iesen übereinstimmenden Lehr meinungen jedenfalls insoweit an , als das Endergebnis des Weiterfressens eines angelegten Mangels nicht aus einer ex post Betrachtung auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurückbezogen werden d ar f. Der spätere Schaden, der durch einen bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses angelegten Mangel verursacht wurde, ist bei der Prüfung des Missverhältnisses iSd § 934 ABGB nicht zu berücksichtigen. Solche „Weiterfresserschäden“ haben bei der Feststellung des Werts der Sache jedenfalls außer Betracht zu bleiben.

[40] Gleiches gilt freilich auch für Mangelfolgeschäden, also durch die mangelhafte Leistung des Übergebers entstandene weitere Schäden, die nicht im Mangel selbst oder in einem „Weiterfressen“ eines bereits bei Übergabe angelegten Mangels liegen. Da sich im gegebenen Zusammenhang die damit verbundenen R echtsfolgen nicht unterscheiden , bedarf es insoweit keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Motorschaden hier – wie von der Beklagten behauptet – angesichts externe r Zusatzursachen (Leckage am Kettenspanner, Lastwechsel) gar nicht als bloßer Weiterfresserschaden, sondern als Mangelfolgeschaden anzusehen ist (vgl 6 Ob 81/20k; RS0022885; vgl 9 Ob 3/09w [Motorschaden nach Riss des Zahnriemens] ) .

[41] 5.1. Auf Basis der vom E rstgericht getroffenen Feststellungen ist eine abschließende Beurteilung des geltend gemachten Anspruchsgrundes der laesio enormis somit nicht möglich. Um die Berechtigung de s auf § 934 ABGB gestützten Anspruchs des Klägers beurteilen zu können, hätte das Erstgericht den Verkehrswert des mangelhaften Gebrauchtwagens zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unter Berücksichtigung de r (versteckten) M ängel im Bereich der Vorderb remsen, der Abgasreinigung und (nur) de s vorzeitigen Verschleißes de r Steuerkette feststellen müssen. Der spätere Motorschaden ist bei der Bestimmung des maßgeblichen Wiederbeschaffungswerts im Kaufzeitpunkt hingegen nicht zu berücksichtigen. Auf dieser Grundlage ist die Frage zu prü fen, ob d ie festgestellten Mängel des Gebrauchtwagens eine Ve rmi nderung des Werts auf weniger als die Hälfte des Kaufpreises zur Folge gehabt haben und den Kläger zur Vertragsaufhebung wegen laesio enormis ber echtigten.

[42] 5.2. Dieser sekundäre Feststellungsmangel zwingt zur Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen, weil der festgestellte Sachverhalt – wie noch zu zeigen ist – auch nicht ausreicht, um den zweiten vom Erstgericht behandelten gewährl eistungs rechtlichen Anspruch sgrund der Wandlung abschließend zu beurteilen.

[43] 6.1. Der Kläger stützt die Aufhebung des Kaufvertrags a lternativ zur laesio enormis auf die Wandlung g emäß § 932 Abs 2 ABGB in der hier nach § 1503 Abs 20 ABGB noch anzuwendenden Fassung vor dem Gewährleistungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz – GRUG (BGBl I Nr 175/2021).

[44] Wie aus § 932 Abs 2 ABGB hervorgeht, sollen die Gewährleistungsbehelfe der Preisminderung und der Wandlung nur ausnahmsweise zur Anwendung kommen. D er Übernehmer kann zunächst nur die Verbesserung oder den Austausch der Sache verlangen, es sei denn, dass die Verbesserung oder der Austausch unmöglich ist oder für den Übergeber, verglichen mit der anderen Abhilfe, mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. Ob dies der Fall ist, richtet sich auch nach dem Wert der mangelfreien Sache, der Schwere des Mangels und den mit der anderen Abhilfe für den Übernehmer verbundenen Unannehmlichkeiten (§ 932 Abs 2 ABGB). Ein „Umsteigen“ auf den Sekundärbehelf der Wandlung setzt voraus, dass der aktuelle Zustand der zu verbessern versuchten Sache einen nicht bloß geringfügigen Mangel bewirkt und die Verbesserung durch den Übergeber nicht mehr zumutbar ist, etwa wenn der Übergeber die Verbesserung nicht in angemessener Frist vorgenommen hat, die Behebung für den Übernehmer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden oder aus in der Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar wäre (RS0122927).

[45] 6.2. Für das Vorliegen der Voraussetzungen zur sofortigen Inanspruchnahme der Wandlung ist der die Wandlung begehrende Kläger behauptungs- und beweispflichtig (für die Preisminderung: RS0122927 [T4]; Reischauer , Das neue Gewährleistungsrecht und seine schadenersatzrechtlichen Folgen, JBl 2002, 137 [1 57 ]). Hier hat der Kläger von der Beklagten von vornherein nicht die Verbesserung begehr t, sondern die Rückabwicklung des Kaufvertrags und Rückzahlung des Kaufpreises sowie Ersatz der getätigten Aufwendungen gefordert. Im Verfahren selbst begründete er dies lediglich damit, dass eine Mängelbehebung aufgrund der erforderlichen hohen Reparaturkosten nicht tunlich sei. Er n ahm damit den allfälligen Einwand der „Unverhältnismäßigkeit“ der Verbesserung iSd § 932 Abs 4 ABGB vorweg, er hat damit aber die Voraussetzungen zur sofortigen Inanspruchnahme der Wandlung nicht ausreichend dargetan.

[46] Die „Unverhältnismäßigkeit“ der Verbesserung iSd § 932 Abs 4 ABGB ist zu bejahen, wenn der mit der Verbesserung verbundene Aufwand in keinem Verhältnis zu der Bedeutung des Mangels für den Käufer steht. Beeinträchtigt der Mangel den Gebrauch aber entscheidend, dann sind auch verhältnismäßig hohe Behebungskosten noch kein Grund, die Verbesserung abzulehnen. Der Verbesserungsaufwand wird in der Regel dann nicht unverhältnismäßig sein, wenn der aus der Verbesserung erwachsende Vorteil so hoch anzusetzen ist, dass ein redlicher und vernünftiger Verkehrsteilnehmer die Reparatur auch auf eigene Kosten durchführen würde. Der Wert des Kaufgegenstands als solcher ist nicht zwingend die Grenze für die Verbesserungsaufwendungen (10 Ob 65/17g mwN; RS0022044; RS0121684).

[47] Nach ständiger Rechtsprechung sind b ei Anlagemängeln („Weiterfressermängeln“), folglich bei Mängeln, die zum Zeitpunkt der Übergabe zumindest seiner Anlage nach, also latent bereits vorhanden sind, auch die bis zur Entdeckung des Mangels eingetretenen Folgeerscheinungen Gegenstand der primären Gewährleistungsansprüche des Übernehmers und damit seines Verbesserungsanspruchs (6 Ob 240/19s; RS0018498 [T6]). Folglich wären hier bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit der Verbesserung auch die Reparaturkosten für den Motorschaden zu veranschlagen. Angesichts deren Höhe (rund 55 % des vereinbarten Kaufpreises) lässt sich die vom Kläger behauptete Untunlichkeit der Verbesserung allein aus diesem Umstand aber nicht ableiten.

[48] 6.3. Ein vertraglicher Gewährleistungsausschluss stünde der Geltendmachung des Anspruchs auf Wandlung nicht entgegen. Losgelöst von de m vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang angenommenen Verstoß gegen das Neuerungsverbot entfernt sich die Beklagte in ihren Ausführungen dazu von dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt; ihre Rechtsrüge ist daher insoweit schon nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043312; RS0043603).

[49] 7. Diese Erwägungen führen zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung.

[50] Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Rechtssätze
13