JudikaturJustiz5Ob154/14d

5Ob154/14d – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. September 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Lovrek, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers W*****, vertreten durch Dr. Mag. Christina Haslwanter, Rechtsanwältin in Hall i.T., wegen Berichtigung gemäß § 136 GBG in den EZ 2062 und 52 jeweils *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 18. Juni 2014, AZ 54 R 24/14x, womit über Rekurs des Antragstellers der Beschluss des Bezirksgerichts Hall i. T. vom 22. Jänner 2014, TZ 82/2014 5, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichts, der in seinem Punkt I.2. als unbekämpft unberührt bleibt, wird in seinem Punkt I.1. dahin abgeändert, dass dieser zu lauten hat:

„Das Grundbuch wird

a in EZ 2062 ***** um den Eintrag der Ersichtlichmachung des unbeschränkten Geh und Fahrtrechts gemäß Punkt II. des Dienstbarkeitsvertrags vom 2. 9. 1999 (TZ 3479/99) auf GStNr 242/28 in EZ 52 ***** für das GstNr 242/59 und

b in EZ 52 ***** um den Eintrag der Einverleibung des unbeschränkten Geh und Fahrtrechts auf GstNr 242/28 gemäß Punkt II. des Dienstbarkeitsvertrags vom 2. 9. 1999 (TZ 3479/99) auch für GStNr 242/59 in EZ 2062 *****

berichtigt.

Verständigt wird

1. zuständiges Finanzamt,

2. W***** P*****,

3. Mag. Christina Haslwanter, Rechtsanwältin in 6060 Hall. i.T., Stadtgraben 15/1,

4. G***** C*****,

5. M***** L*****,

6. Mag. J***** S*****,

7. A***** S*****,

8. S***** R*****,

9. A***** S*****,

10. S***** S*****,

11. E***** H*****,

12. P***** H*****.

Der Vollzug und die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

Text

Begründung:

Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist ausschließlich der vom Antragsteller als Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 2062 *****, bestehend aus GstNr 242/59, gestellte Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 136 GBG

durch Ersichtlichmachung des unbeschränkten Geh und Fahrtrechts in EZ 2062 für GstNr 242/59 auf GstNr 242/28 in EZ 52 ***** gemäß Punkt II. des Dienstbarkeitsvertrags vom 2. 9. 1999 und

durch Einverleibung des unbeschränkten Geh- und Fahrtrechts in EZ 52 für das GStNr 242/59 in EZ 2062 *****.

Diesem Antrag liegt zugrunde, dass der damalige Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 52, bestehend ua aus dem GStNr 242/28, den Eigentümern der Liegenschaft EZ 780 *****, bestehend aus dem GStNr 242/40 im Ausmaß von 1.914 m², mit Punkt II. des Dienstbarkeitsvertrags vom 2. 9. 1999 in Ausdehnung einer bereits bestehenden Dienstbarkeit das unbeschränkte Geh und Fahrtrecht auf dem GStNr 242/28 in EZ 52 einräumte. Diese Dienstbarkeit wurde in EZ 52 (C LNR 5a) zu TZ 3479/99 verbüchert und in EZ 780 ersichtlich gemacht.

Aufgrund eines Teilungsplans vom 13. 12. 1999 (TZ 1075/99) wurde das GstNr 242/40 in EZ 780 im Ausmaß von 1.914 m² in das GstNr 242/40 neu im Ausmaß von 1.280 m² und das neu gebildete GstNr 242/59 im Ausmaß von 634 m² geteilt.

Mit Schenkungsvertrag vom 15. 2. 2000 schenkten die Eigentümer der Liegenschaft EZ 780 dem Antragsteller das GstNr 242/59.

Der Antragsteller als Alleineigentümer des zur EZ 2062 abgeschriebenen GstNr 242/59 begründete seinen Berichtigungsantrag unter Vorlage ua einer notariell beglaubigten Erklärung der Antragstellervertreterin, des Dienstbarkeitsvertrags vom 2. 9. 1999 und des Schenkungsvertrags vom 15. 2. 2000 damit, dass der Vertragsverfasserin bei der grundbücherlichen Durchführung des Schenkungsvertrags vom 15. 2. 2000 Fehler unterlaufen seien. Entgegen den Wünschen der Vertragsteile sei bei der Abschreibung des neu gebildeten GstNr 242/59 das unbeschränkte Geh und Fahrtrecht auf GstNr 242/28 in EZ 52 gemäß dem Dienstbarkeitsvertrag vom 2. 9. 1999 nicht mitübertragen worden.

Das Erstgericht lehnte die Berichtigung ab.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers in diesem Punkt nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig.

Es vertrat die Auffassung, dass im Schenkungsvertrag vereinbart worden sei, dass die Übergabe des Vertragsobjekts „in den bestehenden Rechten“ erfolge. Die unterbliebene Mitübertragung von Berechtigungen oder Belastungen bei der Teilung habe nicht zum Rechtsverlust, sondern nur dazu geführt, dass in der Zwischenzeit ein gutgläubiger Dritter gegebenenfalls lastenfrei erwerben könne. Die unrichtige oder unvollständige Übertragung oder Nichtübertragung von Rechten und Lasten bei der Abschreibung sei berichtigungsfähig. Der Antragsteller habe durch eine notariell beglaubigte Privaturkunde bescheinigt, dass die im Jahr 2000 im Zusammenhang mit der Abschreibung erfolgten Eintragungen nicht dem Willen der Vertragsparteien entsprochen hätten. Es sei ein Aufmerksamkeitsfehler der Vertragsverfasserin bei der Abfassung der Aufsandungserklärung vorgelegen.

Wenn nichts anderes vereinbart sei, bestünden Grunddienstbarkeiten bei Teilung des herrschenden Gutes zu Gunsten aller Teile fort, und zwar auch dann, wenn eine bücherliche Übertragung nicht stattgefunden habe. Diese Rechtsfolge ergäbe sich unmittelbar aus § 844 Satz 4 und 5 ABGB, sodass in jenen Fällen, in denen aus der Vertragslage klar hervorgehe, dass die Ausübung der Dienstbarkeit nicht nur einzelnen Teilen der herrschenden (ursprünglich ungeteilten) Liegenschaft zu Gute gekommen sei, eine Berichtigung des Grundbuchstands auch durch höchstgerichtliche Rechtsprechung gedeckt sei.

Allerdings sei zu berücksichtigen, dass gemäß § 844 Satz 4 ABGB im Fall der Teilung des herrschenden Gutes die Grunddienstbarkeiten zwar mangels gegenteiliger Vereinbarung zu Gunsten aller Teile fortbestünden, jedoch dürfe nach dem zweiten Halbsatz dieser Gesetzesbestimmung die Dienstbarkeit dadurch nicht erweitert oder für das dienstbare Gut beschwerlicher werden. Nur wenn das schon nach der Aktenlage nicht der Fall sei, könne eine Berichtigung des Grundbuchstands gemäß § 136 GBG erfolgen. Andernfalls wäre eine Zustimmungserklärung des Eigentümers des dienenden Gutes erforderlich. Im vorliegenden Fall könne nach dem Aktenstand nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Übertragung der Grunddienstbarkeit des unbeschränkten Geh- und Fahrtrechts zugunsten des (nunmehr bebauten) GstNr 242/59 für die dienende Liegenschaft EZ 52 keine Erweiterung der ursprünglichen Servitut darstelle.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Antragsteller erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist.

Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

1. Grunddienstbarkeiten werden bei Teilung des herrschenden Gutes auch ohne Zustimmung des Verpflichteten vom herrschenden Gut auf einen aus Trennstücken gebildeten neuen Grundbuchskörper übertragen (RIS Justiz RS0011726; 5 Ob 1/10y NZ 2011/57 mwN; 8 Ob 17/13b; 5 Ob 65/14s).

2. Zum grundbücherlichen Nachvollzug der in § 844 Satz 4 und 5 ABGB geregelten Folgen der Teilung eines herrschenden Gutes für Grunddienstbarkeiten steht grundsätzlich der Weg einer Grundbuchsberichtigung nach § 136 GBG zur Verfügung (5 Ob 35/89; 5 Ob 1/10y NZ 2011/57).

3. Voraussetzung für eine Grundbuchs-berichtigung ist allerdings, dass offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist (RIS Justiz RS0061010), dass die begehrte Berichtigung nur dazu dient, den Grundbuchsstand mit der tatsächlichen Rechtslage in Einklang zu bringen. Das ist etwa dann nicht der Fall, wenn die Servitut vor Teilung nicht der gesamten herrschenden Liegenschaft zustand (5 Ob 78/07t) oder wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine von der Zweifelsregel des § 844 Satz 4 ABGB abweichende vertragliche Vereinbarung über den Umfang der Servitut geschlossen wurde (5 Ob 65/14s).

4. Keiner dieser Fälle liegt jedoch hier vor:

4.1 Die Servitut bestand zu Gunsten des gesamten ursprünglichen GstNr 242/40 in EZ 780 im Ausmaß von 1.914 m².

4.2 Die Argumentation des Rekursgerichts, bei Teilung des herrschenden Gutes dürfe die Last des dienenden Gutes nicht erweitert oder beschwerlicher gemacht werden, ist zwar zutreffend (RIS Justiz RS0011660), nicht aber der vom Rekursgericht daraus gezogene Schluss, dass nach der Aktenlage nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden könne, dass die Übertragung der Dienstbarkeit des unbeschränkten Geh und Fahrtrechts auf das nunmehr bebaute GstNr 242/59 für die dienende Liegenschaft EZ 52 keine Erweiterung der zu Gunsten der Liegenschaft EZ 780 bestandenen Servitut darstelle.

4.3 Mit den Mitteln des Grundbuchsverfahrens kann nämlich in der Regel gerade nicht geprüft werden, ob mit der Teilung des herrschenden Gutes überhaupt eine Erweiterung oder Erschwerung der Dienstbarkeit verbunden ist (5 Ob 48/90) bzw ob eine entsprechende Erweiterung oder Erschwerung bei Abschluss des Dienstbarkeitsvertrags für die konkreten Parteien vorhersehbar war (vgl RIS Justiz RS0011815; RS0011660). Anhaltspunkte, die eine andere grundbuchsrechtliche Beurteilung rechtfertigen könnten, sind dem Dienstbarkeitsvertrag nicht zu entnehmen.

4.4 Sollte der Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 52 der Auffassung sein, dass die ihn belastende Dienstbarkeit nicht mehr fortbesteht, müsste er sich einen Löschungstitel im Rechtsweg beschaffen (5 Ob 48/90 mwN).

5. In Stattgebung des Revisionsrekurses war daher die beantragte Berichtigung vorzunehmen.

Rechtssätze
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