JudikaturJustiz4Ob72/11h

4Ob72/11h – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. November 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger und andere Rechtsanwälte in Vöcklabruck, gegen die beklagte Partei DI F***** G*****, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen (restlich) 17.295,62 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 13.117 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 24. Februar 2011, GZ 3 R 197/10a 72, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 19. Juli 2010, GZ 14 Cg 212/06y 67, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 908,64 EUR (darin 151,44 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ließ auf ihrer Liegenschaft unter anderem eine Reithalle mit Pferdestall errichten. Sie beauftragte den Beklagten 1998 mit der Planung, Ausschreibung, Gesamtkoordination und Bauaufsicht für die Um- und Neubauten. Die Bauarbeiten wurden im März 2001 abgeschlossen. Im Sommer 2002 begann der Reitbetrieb. Im Winter 2002/2003 traten in der Reithalle Kondensatprobleme auf, zu deren Behebung laut bauphysikalischem Gutachten Maßnahmen zur Abführung der Luftfeuchte durch Einbau von Lüftersteinen und Herstellung eines durchlaufenden Firstentlüfters erforderlich waren, deren Umsetzung Kosten von etwa 25.000 EUR erfordert hätte. Die Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben ihres Rechtsvertreters vom 29. 12. 2003 zur Beseitigung der Kondensatbildung auf Grundlage des Gutachtens aus dem Titel der Gewährleistung auf, was der Beklagte ablehnte. Für die Sanierung des Stallgebäudes durch Einbau zusätzlicher Fenster und einer zusätzlichen Dampfsperre an der Zwischenwand zwischen Reithalle und Stall sowie Austausch der Dampfsperre im Dach des Stalls veranschlagte der Sachverständige Mehrkosten von 44.196 EUR brutto.

Die Klägerin begehrte vom Beklagten zunächst 40.000 EUR an Mehrkosten der nachträglichen Sanierung von Reithalle und Stall sowie von 93.000 EUR an Kosten der Lieferung, Montage und Demontage von als Deckenuntersichtverkleidung der Reithalle ungeeigneter OSB-Platten, insgesamt also 133.000 EUR (nach Klageeinschränkung 110.537,06 EUR) sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten für sämtliche künftige Schäden.

Der Beklagte wendete Verjährung und Verfristung der Klageforderung ein und brachte mit (in der mündlichen Streitverhandlung vom 19. 2. 2007 vorgetragenem) Schriftsatz vom 12. 2. 2007 vor, eventualiter gegen eine allenfalls zu Recht bestehende Klageforderung sein offenes Honorar in Höhe von 15.363,32 EUR laut Honorarnote vom 4. 11. 2002 sowie den offenen Rechnungsbetrag aus der Schlusshonorarnote vom 13. 8. 2003 über 11.537,06 EUR kompensando einzuwenden.

Mit Urteil im ersten Rechtsgang erkannte das Erstgericht die Klageforderung mit 96.276 EUR und die Gegenforderung mit 26.900,38 EUR als zu Recht bestehend und verpflichtete den Beklagten, der Klägerin 69.375,62 EUR sA zu bezahlen; es gab dem Feststellungsbegehren statt und wies das Mehrbegehren von 41.300,38 EUR sA sowie das Zinsenmehrbegehren ab.

Das Berufungsgericht wies mit Teilurteil einen Klageteilbetrag von insgesamt 66.480 EUR sA sowie das Feststellungsbegehren ab und hob hinsichtlich des Restbetrags von 44.196 EUR und des Ausspruchs über die Gegenforderung von 26.900,38 EUR das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung auf. Dem Erstgericht wurde die Rechtsansicht überbunden, dass sämtliche Schadenersatzansprüche mit Ausnahme der Mehrkosten des nachträglichen Einbaus der Dampfsperre in die Wand des Stalls, zusätzlicher Lüftungsöffnungen im Stall sowie des Austausches der Dampfsperre im Dach des Stalls verjährt sind. Auf Grundlage der erstgerichtlichen Feststellungen sei eine Aufteilung der mit insgesamt 44.196 EUR festgestellten Mehrkosten auf die verjährten und nicht verjährten Ansprüche nicht möglich, eine Verfahrensergänzung deshalb erforderlich.

Im zweiten Rechtsgang schränkte die Klägerin das noch strittige Klagebegehren um den Betrag der Gegenforderung von 26.900,38 EUR auf restlich 17.295,62 EUR ein; sie habe außergerichtlich mit Schreiben vom 10. 2. 2010 mit ihren Forderungen gegenüber den Forderungen des Beklagten aus den Rechnungen vom 4. 11. 2002 und 13. 8. 2003 aufgerechnet, sodass die Forderung des Beklagten aus diesen Rechnungen erloschen sei. Dass die Schadenersatzforderung betreffend die Reithalle im Zeitpunkt ihrer Aufrechnungserklärung bereits verjährt gewesen sei, stehe der Wirksamkeit ihrer Aufrechnungserklärung nicht entgegen, weil sich ihre Schadenersatzforderung und die Gegenforderung des Beklagten seit Juni 2003 aufrechenbar gegenübergestanden seien. Die beiden Rechnungen des Beklagten seien im Zeitpunkt der Klageeinbringung bereits verjährt gewesen.

Der Beklagte erwiderte, die von der Klägerin nunmehr vorgenommene Gegenaufrechnung mit ihren verjährten Ansprüchen gegen seine unstrittigen Honoraransprüche sei nicht mehr zulässig, weil das erstinstanzliche Urteil nur deshalb aufgehoben worden sei, weil eine Aufteilung der festgestellten Mehrkosten auf die verjährten Ansprüche einerseits und die nicht verjährten Ansprüche andererseits auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht möglich sei. Neues Vorbringen, das die von der Aufhebung unberührt gebliebenen Teile des Verfahrens und Urteils betreffe, sei ausgeschlossen. Auch habe der Beklagte nach § 1416 ABGB das Wahlrecht, die ihm zustehende Gegenforderung dem noch nicht verjährten Teil der Klageforderung als beschwerlichste Gläubigerforderung entgegenzusetzen. Die Gegenforderung von 26.900,38 EUR werde daher dem eingeschränkten Klagebegehren aufrechnungsweise entgegengehalten.

Das Erstgericht erkannte die Klageforderung im zweiten Rechtsgang mit 13.117 EUR als zu Recht bestehend, die Gegenforderung hingegen als nicht zu Recht bestehend, der Beklagte sei schuldig, der Klägerin 13.117 EUR sA zu bezahlen. Das Mehrbegehren von 4.178,62 EUR sA sowie das Zinsenmehrbegehren wies es von der Klägerin unbekämpft ab. Die Mehrkosten für den nachträglichen Einbau geeigneter Lüftungsmaßnahmen und einer Dampfsperre würden insgesamt 44.196 EUR betragen. Der vormalige Rechtsvertreter der Klägerin habe den Beklagten mit Schreiben vom 29. 12. 2003 unter anderem aufgefordert, die Behebung der Kondensatbildung in der Reithalle gemäß dem eingeholten bauphysikalischen Gutachten bis 26. Jänner 2004 zu veranlassen, widrigenfalls die Klägerin die Ersatzvornahme in die Wege leiten werde, wobei der Beklagte den damit verbundenen zusätzlichen Kostenaufwand zu tragen habe. Die ziffernmäßige Geltendmachung dieser Kosten (des Deckungskapitals) sei erstmals mit der gegenständlichen Klage erfolgt. Der Beklagte habe der Klägerin für seine Architektenleistungen mit Honorarnote vom 4. 11. 2002 15.363,32 EUR und mit Schlusshonorarnote vom 13. 8. 2003 11.537,06 EUR in Rechnung gestellt. Mit Anwaltsschreiben vom 10. 2. 2010 habe die Klägerin gegenüber dem Beklagtenvertreter erklärt, mit dem laut Teilurteil des Berufungsgerichts bereits verjährten Teil ihrer im zweiten Rechtsgang noch strittigen Forderung von 44.196 EUR gegen die Honorarforderungen des Beklagten laut Rechnungen vom 4. 11. 2002 und 13. 8. 2003 aufzurechnen. Die Klageforderung bestehe mit 13.117 EUR zu Recht, weil aus den von der Teilaufhebung betroffenen Mehrkosten von 44.196 EUR für die Sanierung des Kondensatproblems ein Teilbetrag von 13.117 EUR auf die im Stallgebäude erforderlichen Maßnahmen entfalle, wogegen die restlichen Kosten von 31.079 EUR den Mehraufwand für nachträgliche Lüftungsöffnungen in der Reithalle abdeckten, die gemäß der bindenden Rechtsansicht des Berufungsgerichts verjährt seien. Die Gegenforderung des Beklagten sei nicht durch Aufrechnung erloschen, weil die Schadenersatzforderung der Klägerin und die Honorarforderungen des Beklagten zu keinem Zeitpunkt fällig und klagbar gegenübergestanden seien. Die Schadenersatzforderung der Klägerin sei mangels früherer ziffernmäßiger Geltendmachung erst mit Zustellung der Klage, also mit 15. 11. 2006, fällig geworden. Zu diesem Zeitpunkt seien die Honorarforderungen des Beklagten laut Honorarnoten vom 4. 11. 2002 und 13. 8. 2003, die der dreijährigen Verjährung des § 1486 ABGB unterlägen, bereits verjährt gewesen. Wenngleich nach herrschender Ansicht die Kompensation selbst dann noch zulässig sei, wenn die Forderung des Aufrechnenden im Zeitpunkt seiner Aufrechnungserklärung bereits verjährt gewesen sei, weil die Aufrechnungserklärung auf jenen Zeitpunkt zurückwirke, in dem die kompensierten Forderungen einander erstmals aufrechenbar gegenübergestanden seien, stehe doch eine Verjährung der Gegenforderung schon bei Eintreten der Aufrechnungslage einer wirksamen Kompensation entgegen. Die mit Schreiben vom 10. 2. 2010 erklärte Aufrechnung sei daher unwirksam, die Gegenforderung des Beklagten nicht durch Aufrechnung erloschen. Berechtigt sei jedoch der im zweiten Rechtsgang von der Klägerin erhobene Verjährungseinwand bezüglich der Gegenforderung, sodass die prozessuale Aufrechnungserklärung des Beklagten nicht zurück wirke.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die Revision nachträglich zu, weil es sich in Widerspruch zur Entscheidung 8 Ob 680/88 gesetzt habe, wonach der prozessualen Aufrechnungserklärung trotz ihres Eventualcharakters Priorität gegenüber der vom Prozessgegner zwar zeitlich später, jedoch unbedingt erklärten Aufrechnung zukomme. Die Schadenersatzforderung der Klägerin sei nicht erst mit der ziffernmäßigen Geltendmachung durch die Klage, sondern bereits im Zeitpunkt des Eintritts der Schädigung entstanden. Der Klägerin sei bereits im Juni 2003 bekannt gewesen, dass der Beklagte bei der Planung der Reithalle keine ausreichend dimensionierte Be- und Entlüftungsmöglichkeit vorgesehen habe und er deshalb für die Mehrkosten des nachträglichen Einbaus zusätzlicher Be- und Entlüftungsöffnungen in der Reithalle hafte, sodass bereits im Juni 2003 die dreijährige Verjährungsfrist zur Geltendmachung von bereits eingetretenen und vorhersehbaren künftigen Schäden aus der mangelhaften Planung der Be- und Entlüftung der Reithalle zu laufen begonnen habe. Daraus folge, dass die (im Zeitpunkt der Einbringung der Klage am 29. 9. 2006 bereits verjährte) Forderung der Klägerin auf Ersatz der Mehrkosten für die nachträgliche Herstellung einer ausreichenden Belüftung der Reithalle in Höhe von insgesamt 31.080 EUR der Forderung des Beklagten aus den Honorarnoten vom 4. 11. 2002 und 13. 8. 2003 über insgesamt 26.900,38 EUR bereits seit August 2003 aufrechenbar gegenübergestanden sei, sodass die von der Klägerin am 10. 2. 2010 ausdrücklich und durch die Klageeinschränkung vom 11. 2. 2010 konkludent erklärte Aufrechnung mit ihrer Forderung auf Ersatz der Mehrkosten der Sanierung der Reithalle gegen die Forderungen aus den Honorarnoten vom 4. 11. 2002 und 13. 8. 2003 zur Tilgung dieser Forderungen des Beklagten geführt habe. Der Einwand, die Aufrechnungserklärung der Klägerin sei unzulässig gewesen, weil eine wirksame Aufrechnung durch den Beklagten bereits zum Erlöschen der Gegenforderung geführt habe, sodass die Klägerin nicht nachträglich ihrerseits mit einer anderen Forderung gegen die Gegenforderung habe aufrechnen können, sei unrichtig. Der Beklagte habe nämlich anders als die Klägerin keinen Schuldtilgungseinwand erhoben, sondern lediglich für den Fall des Bestehens der Klageforderung die Aufrechnung mit seinen Forderungen erklärt. Die Tilgungswirkung dieser Eventualaufrechnung trete erst mit Rechtskraft der Entscheidung ein. Im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung der Klägerin vom 10. 2. 2010 seien daher die lediglich hilfsweise eingewendeten Gegenforderungen des Beklagten noch nicht erloschen gewesen. Die Klägerin habe daher mit einem Teil ihrer Klageforderung gegen die Honorarforderungen des Beklagten aufrechnen können. Der Beklagte habe auch kein Wahlrecht nach § 1416 ABGB, seine Gegenforderung dem noch nicht verjährten Teil der Klageforderung als beschwerlichster Gläubigerforderung entgegenzusetzen.

In ihrer Revision beantragt der Beklagte, Klageforderung und Gegenforderung mit jeweils 13.117 EUR als zu Recht bestehend zu erkennen und die Klage zur Gänze abzuweisen. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin sei zur Aufrechnung ihrer verjährten Forderung mit Aufrechnungserklärung vom 10. 2. 2010 gegen die Werklohnforderung des Beklagten, die dieser bereits im Schriftsatz vom 12. 2. 2007 aufrechnungsweise eingewendet habe, berechtigt und sei durch diese Aufrechnung der Werklohnanspruch des Beklagten erloschen, widerspreche ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Nach 8 Ob 680/88 komme der prozessualen Aufrechnungserklärung trotz ihres Eventualcharakters Priorität gegenüber der vom Prozessgegner zeitlich später, jedoch unbedingt erklärten Aufrechnung zu. Der Beklagte habe bereits mit Schriftsatz vom 12. 2. 2007 seinen Werklohnanspruch mit 26.900,38 EUR aufrechnungsweise einer zu Recht bestehenden Klageforderung gegenüber eingewendet, wogegen die Klägerin erst mit 10. 2. 2010 die Gegenaufrechnung erklärt habe. Die Gegenaufrechnung der Klägerin scheitere auch deshalb, weil die eingeklagte unverjährte Hauptforderung als beschwerlichste im Sinn des § 1416 ABGB anzusehen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Im Prozess kann die Aufrechnung als Schuldtilgungseinwand, der sich auf eine (vor oder während des Prozesses) bereits vollzogene (außergerichtliche) Aufrechnung stützt, oder durch prozessuale Aufrechnungseinrede geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0033915 [T2]). Inhalt der prozessualen Aufrechnungseinrede ist die Einwendung einer Gegenforderung des Beklagten mit dem Ziel, die Aufrechnung mit der Klageforderung im Wege einer Gerichtsentscheidung über Bestand und Aufrechenbarkeit der Gegenforderung herbeizuführen (RIS-Justiz RS0033911). Die Tilgungswirkung der Eventualaufrechnung tritt erst mit Rechtskraft dieser Entscheidung ein (RIS-Justiz RS0109614 [T2]).

Die Aufrechnungseinrede im Prozess ist demnach eine bedingte Erklärung, die erst und nur für den Fall wirksam wird, dass eine gerichtliche Entscheidung den Bestand der Hauptforderung bejaht (RIS-Justiz RS0034013).

2. Die außergerichtliche Aufrechnung wird unbedingt und ohne Rücksicht auf den Bestand der Hauptforderung erklärt, setzt also deren Anerkennung voraus und stellt ihr nur die Gegenbehauptung entgegen, dass sie wegen Schuldtilgung nicht mehr bestehe (RIS-Justiz RS0033970). Die Aufrechnungserklärung kann auch erst während des Verfahrens abgegeben werden (RIS-Justiz RS0102345).

3. Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass die (frühere) prozessuale Aufrechnungseinrede des Beklagten (noch) keine Tilgungswirkung entfalten konnte. Die beiden Forderungen standen sich seit Fälligkeit der zweiten Honorarforderung im August 2003 bis zur Verjährung 2006 aufrechenbar gegenüber. Die Klägerin war daher nicht gehindert, die Gegenforderung zeitlich nach deren prozessualer Geltendmachung durch materiell-rechtliche Aufrechnung zu tilgen.

4. Die ältere Rechtsprechung,wonach der Kläger, wenn eine Gegenforderung im Prozess zur Aufrechnung eingewendet wurde, nicht mehr durch Einschränkung der Klageforderung einseitig gegenaufrechnen kann (RIS-Justiz RS0034008; vgl auch 8 Ob 680/88), steht dem nicht entgegen. Aus den Entscheidungen 4 Ob 514/74, 8 Ob 17/77 und 7 Ob 535/81 ist keine Begründung dafür abzuleiten, warum nach prozessualer Aufrechnungseinrede eine außergerichtliche Aufrechnung durch den Kläger jedenfalls unzulässig sein sollte. 8 Ob 680/88 begründet die Unwirksamkeit der Gegenaufrechnung des Klägers mit dem Fehlen einer rechtswirksamen Aufrechnungserklärung.

5. Nach heutiger Auffassung wird die außergerichtliche (materiell-rechtlich wirksame) Aufrechnung als ein durch empfangsbedürftige Willenserklärung auszuübendes Gestaltungsrecht verstanden (RIS-Justiz RS0033712).

Im vorliegenden Fall erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 10. 2. 2010 die Aufrechnung ihrer Forderungen mit der Honorarforderung des Beklagten, zog danach die von ihr nicht mehr bekämpfte Gegenforderung von ihrer noch strittigen Klageforderung ab und schränkte das Klagebegehren um den Betrag der Gegenforderung ein. Sie nahm damit nicht bloß eine prozessuale Gegenaufrechnung (vgl 1 Ob 94/11x) vor, sondern eine (unproblematische, vgl Nunner-Krautgasser zu 1 Ob 94/11x, EvBl 2011/141) materiell-rechtliche Aufrechnung mit Tilgungswirkung.

6. Dass die Forderung der Klägerin im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung verjährt war, hindert eine Aufrechnung nicht. Nach ständiger Rechtsprechung kann die Aufrechnung auch noch nach Ablauf der Verjährungsfrist erklärt werden, wenn die Forderungen im Zeitpunkt, in dem sie sich erstmals aufrechenbar gegenüberstanden, noch nicht verjährt waren (RIS-Justiz RS0034016). Dies ist hier der Fall.

Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die (im Zeitpunkt der Einbringung der Klage am 29. 9. 2006 bereits verjährte) Forderung der Klägerin auf Ersatz der Mehrkosten für die nachträgliche Herstellung einer ausreichenden Belüftung der Reithalle von insgesamt 31.080 EUR der Honorarforderung des Beklagten über insgesamt 26.900,38 EUR seit August 2003 aufrechenbar gegenüberstand. Die von der Klägerin nachträglich erklärte Aufrechnung mit ihrer Forderung gegen jene des Beklagten führte somit zur Tilgung der Forderung des Beklagten.

Ein Wahlrecht des Beklagten nach § 1416 ABGB kommt nicht zum Tragen, weil seine prozessuale Aufrechnungseinrede als bedingte Erklärung (noch) nicht zur Tilgung führen konnte.

Der Revision des Beklagten kommt keine Berechtigung zu.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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