JudikaturJustiz4Ob118/01h

4Ob118/01h – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Mai 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef G*****, vertreten durch Mag. Ludwig Redtensteiner, Rechtsanwalt in Waidhofen/Ybbs, wider die beklagten Parteien 1. Claudia W*****, 2. Karl-Heinz W*****, beide vertreten durch Dr. Josef Leitner, Rechtsanwalt in Waidhofen/Ybbs, wegen 66.275 S sA (Revisionsinteresse 48.602,40 S), infolge Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 16. Jänner 2001, GZ 36 R 348/00w-37, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Waidhofen/Ybbs vom 6. Juli 2000, GZ 2 C 620/99k-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, den Beklagten die mit 4.464,77 S bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 744,13 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagten waren Eigentümer der Liegenschaft EZ *****, Grundbuch ***** W*****, auf der sie ein Wohnhaus errichtet hatten. Wegen ihrer schlechten finanziellen Situation legte ihnen ihre Hauptgläubigerin, die Raiffeisenkasse W*****, 1996 nahe, die Liegenschaft zu veräußern. Der Mindesterlös sollte 3,100.000 S betragen. Die Beklagten beauftragten ein Immobilienbüro, einen Kaufinteressenten zu suchen.

Mit Abgabenbescheid des Magistrats der Stadtgemeinde W***** vom 27. 8. 1996 wurde den Beklagten für ihre Liegenschaft eine Kanaleinmündungsabgabe von 48.602,40 S vorgeschrieben. Am 17. 9. 1996 teilten die Beklagten der Gemeinde mit, dass sie aufgrund ihrer finanziellen Situation nicht in der Lage seien, den Betrag zu begleichen. Gleichzeitig informierten sie die Gemeinde von ihren Verkaufsabsichten sowie davon, dass der von ihnen beauftragte Vermittler von der ausstehenden Gebühr wisse. Die Beklagten hatten den Vermittler auch tatsächlich von der offenen Gebühr in Kenntnis gesetzt.

Der Kläger unterfertigte am 9. 10. 1996 ein Kaufanbot, dessen Gegenstand der lastenfreie Erwerb der Liegenschaft um 3,100.000 S war. Zuvor war er vom Vermittler informiert worden, dass der Erwerber die Kanaleinmündungsabgabe von 48.602,40 S übernehmen müsse. Die Beklagten nahmen das Kaufanbot am 17. 10. 1996 an. Ihnen wurde vom Vermittler in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass der Erwerber die offenen Abgaben gegenüber der Gemeinde übernehme.

In der Folge setzte sich das Immobilienbüro im Auftrag des Klägers mit Rechtsanwalt Dr. Johannes R***** wegen der Errichtung des Kaufvertrags in Verbindung. Dem Vertragserrichter wurde nicht mitgeteilt, dass die Erwerber zusätzlich zum Kaufpreis die Zahlung der Kanaleinmündungsabgabe von 48.602,40 S übernehmen sollten. Die Abgabe wurde daher im Kaufvertrag auch nicht erwähnt, sondern in Punkt VI die Haftung der Verkäufer festgehalten, "dass die gegenständliche Liegenschaft geldlastenfrei in das Eigentum der Käufer übergeht".

Zum Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe des Kaufobjekts an den Kläger am 24. 10. 1996 waren die Bauarbeiten am Gebäude noch nicht abgeschlossen. Bis zum Jänner 1998 wurden Fertigstellungs- und Ausbauarbeiten durchgeführt.

Mit Schreiben vom 17. 6. 1997 teilte der Magistrat der Stadt W***** dem Kläger und dessen damaliger Ehegattin abermals mit, dass die Kanaleinmündungsabgabe von 48.602,40 S noch aushafte und bis 22. 7. 1997 zu begleichen sei. Gleichzeitig wurden eine Kopie des Originalbescheids vom 27. 8. 1996 und ein Zahlschein übermittelt.

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt W***** vom 7. 4. 1998 wurde eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe von 17.672,60 S vorgeschrieben. Begründet wurde die Vorschreibung damit, dass bei einer Änderung der Berechnungsgrundlage für die Wasseranschlussabgabe eine Ergänzungsabgabe zu entrichten sei. Auf Ansuchen des Klägers wurde die Frist für die Begleichung beider Abgaben bis 31. 12. 1998 verlängert.

Der Kläger begehrt 66.275 S sA. Beide Abgaben seien vor dem Stichtag für die Verrechnung von Steuern und Abgaben für die Liegenschaft vorgeschrieben worden. Sie seien dem Kläger aus dem Titel des Schadenersatzes zu ersetzen, weil im Kaufvertrag vereinbart worden sei, dass die Liegenschaft geldlastenfrei in das Eigentum der Erwerber übergehe.

Die Beklagten beantragen, das Klagebegehren abzuweisen. Die Kanaleinmündungsabgabe sei bei der Festlegung des Kaufpreises berücksichtigt worden. Ursprünglich sei die Liegenschaft dem Kläger und seiner damaligen Ehefrau um 3,300.000 S angeboten worden. Diese seien jedoch nur bereit gewesen, 3,100.000 S zu zahlen. Es sei daher vereinbart worden, dass die Erwerber die Verbindlichkeiten gegenüber der Gemeinde übernehmen. Andernfalls hätte die Hauptgläubigerin dem Verkauf nicht zugestimmt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Streitteile hätten vereinbart, dass der Kläger die offene Kanaleinmündungsabgabe zu tragen habe. Das Fehlen einer entsprechenden Bestimmung im Kaufvertrag ändere daran nichts. Sie fehle deshalb, weil der Kläger den Vertragserrichter nicht vollständig informiert habe. Die Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe sei erst nach dem Stichtag vorgeschrieben worden und schon aus diesem Grund vom Kläger zu tragen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die Revision zulässig sei. Die Wasseranschlussergänzungsabgabe sei erst rund 1 1/2 Jahre nach dem Abschluss des Kaufvertrags dem Kläger vorgeschrieben worden. Das Vorbringen des Klägers, die Beklagten hätten die Veränderungsanzeige nicht rechtzeitig erstattet, sei eine unzulässige Neuerung. Der Bescheid über die Kanaleinmündungsabgabe sei auch gegen alle späteren Eigentümer vollstreckbar; sie hafteten neben dem ursprünglichen Eigentümer. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts hätten die Streitteile nicht vereinbart, dass die Erwerber die Abgabe tragen sollten. Das Kaufanbot, mit dessen Annahme der Vertrag zustandegekommen sei, sehe einen geldlastenfreien Übergang der Liegenschaft vor. Erklärungen des Vermittlers seien für den Kläger nicht bindend. Die Beklagten hafteten daher grundsätzlich nach § 928 Satz 2 ABGB. Sie könnten vom Kläger aber nur dann auf Zahlung in Anspruch genommen werden, wenn sie die Abgabe bereits beglichen hätten. Das Berufungsgericht folge damit der Entscheidung ZBl 1935/227 und der Kritik der Lehre an der Entscheidung 1 Ob 636/80 (SZ 53/107 = EvBl 1981/59 = JBl 1982, 486 = NZ 1981, 105), in der der Oberste Gerichtshof einen Ersatzanspruch des Erwerbers vor Zahlung der Verbindlichkeit trotz der damit verbundenen Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme des Verkäufers bejaht hatte. Solange der Erwerber nicht tatsächlich vom Gläubiger in Anspruch genommen worden sei und die Forderung gezahlt habe, bestehe ein Schwebezustand, in dem nicht mit Sicherheit gesagt werden könne, ob sich die Haftung des Erwerbers jemals realisieren werde. In diesem Stadium sei die Zahlungsklage daher abzuweisen; der Erwerber könne nur Zahlung an den gemeinsamen Gläubiger verlangen. Nach der vom Berufungsgericht ergänzend getroffenen Feststellung seien Zahlungen des Klägers auf die Abgabenschuld von 48.602,40 S nicht nachgewiesen, so dass seine Ersatzforderung nicht berechtigt sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision des Klägers ist zulässig, weil die Begründung der angefochtenen Entscheidung der Rechtsprechung widerspricht; die Revision ist aber nicht berechtigt.

Der Kläger bekämpft die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Entscheidung ZBl 1935/227 auf den vorliegenden Fall anzuwenden sei. Der Entscheidung 1 Ob 636/80 liege zwar nicht ein völlig gleicher Sachverhalt zugrunde; ihr sei aber zu entnehmen, dass der vertragswidrig handelnde Verkäufer das Risiko einer doppelten Inanspruchnahme tragen müsse. Die Kritik der Lehre überzeuge nicht. Geldersatz sei weder unmöglich noch untunlich. Die Gemeinde habe seit dem Liegenschaftsverkauf ausschließlich den Kläger zur Zahlung aufgefordert und nur diesem Stundung gewährt. Ihr Anspruch gegen die Beklagten verjähre mit Ablauf des Jahres 2001.

Dem Kläger ist zuzustimmen, dass die Entscheidung ZBl 1935/227 für den vorliegenden Fall nur bedingt aussagekräftig ist. Gegenstand dieser Entscheidung war das Schadenersatzbegehren eines Pächters, gegen den die Krankenkasse Exekution zur Hereinbringung rückständiger Beiträge des früheren Pächters geführt hatte. Die Klage richtete sich gegen den Verpächter, der die Schuld übernommen hatte. Der Pächter hatte bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz keinerlei Zahlung geleistet. Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Klageabweisung einerseits mit der Begründung, dass der Verpächter nicht zur Zahlung verhalten werden könne, weil dies die Gefahr der Doppelzahlung begründe, falls der Pächter den Betrag nicht zur Zahlung des Rückstands verwenden sollte, andererseits teilte er die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Anspruch des Klägers nur aus dem Titel der Gewährleistung berechtigt wäre, die Gewährleistungsfrist aber bereits abgelaufen sei.

In dieser Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof demnach das Schadenersatzbegehren eines Gewährleistungsberechtigten verneint, der mit dem Gewährleistungsverpflichteten als Mitschuldner für die Forderung haftete, deren Bestehen den zur Gewährleistung verpflichtenden Rechtsmangel bildete und die er bei Schluss der Verhandlung noch nicht beglichen hatte. Diese Frage war aber letztlich für die Entscheidung nicht maßgebend, weil nach der vom Obersten Gerichtshof geteilten Auffassung des Berufungsgerichts der Gewährleistungsanspruch des Klägers verfristet war.

Nicht nach Gewährleistungsrecht, sondern nach Schadenersatzrecht wird

hingegen in der Entscheidung 1 Ob 636/80 (SZ 53/107 = EvBl 1981/59 =

JBl 1982, 486 = NZ 1981, 105) der Anspruch des Erwerbers einer Liegenschaft beurteilt, die mit einem Bauspardarlehen belastet war, das höher war, als der Verkäufer dem Erwerber zugesichert hatte. Der Erwerber hatte den Verkäufer vergeblich aufgefordert, die über den vereinbarten Betrag hinausgehenden Forderungen der Bausparkasse zu tilgen. Er machte daher im Verfahren den Differenzbetrag aus dem Titel des Schadenersatzes geltend. Der Oberste Gerichtshof bejahte diesen Anspruch mit der Begründung, dass dem Käufer gegen den mit der Verbesserung säumigen Verkäufer auch schon vor der Vornahme der Verbesserung der für diese aufzuwendende Betrag zustehe. Der Verkäufer werde allerdings durch die Leistung an den Käufer noch nicht von seiner weiter bestehenden persönlichen Haftung gegenüber der Bausparkasse befreit. Das Risiko der Doppelzahlung mit daraus folgendem Ersatzanspruch gegen den Käufer müsse der Verkäufer als Folge seines vertragswidrigen Verhaltens auf sich nehmen.

Diese Entscheidung wurde von Berger (Verkauf einer verpfändeten Liegenschaft und Schadenersatz wegen mangelhafter Vertragserfüllung, JBl 1982, 464) kritisiert. Es sei zwar richtig, dass der Wert einer Liegenschaft durch die Belastung verringert werde und dass schon im Entstehen einer Verbindlichkeit ein Schaden zu erblicken sei. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass es ungewiss sei, ob der Käufer je in Anspruch genommen werde. Diese Ungewissheit könne nicht in Geld ausgedrückt werden. Als Ersatz des Schadens komme daher vor der Zahlung der Verbindlichkeit durch den Käufer nur Naturalherstellung in Betracht; der Verkäufer könne nur verpflichtet werden, die Liegenschaft von der Forderung zu entlasten. Könne er bereits vor Zahlung der Verbindlichkeit Geldersatz verlangen, so bestehe die Gefahr, dass der Verkäufer ein zweites Mal zahlen müsse, wenn der Käufer den ersiegten Betrag nicht dazu verwende, die Verbindlichkeit zu begleichen. Der vom Obersten Gerichtshof für diesen Fall erwogene Ersatzanspruch des Verkäufers gegen den Käufer sei nur schwer zu begründen. Sowohl ein Bereicherungsanspruch wegen zweckverfehlender Leistung als auch ein Schadenersatzanspruch setzten eine gewisse Zweckbindung des Schadenersatzes voraus, die aber nicht bestehe.

Berger (aaO) ist zuzustimmen, dass das mit einer Zahlung an den Käufer verbundene Risiko einer Doppelzahlung nicht mit einer dem Verkäufer anzulastenden Vertragswidrigkeit gerechtfertigt werden kann. Die Vertragswidrigkeit rechtfertigt die Verurteilung zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands, nicht aber den Eintritt weiterer nachteiliger Auswirkungen.

Der Verkäufer handelt vertragswidrig, wenn er seiner Depurierungspflicht nicht nachkommt. Er hat - mangels gegenteiliger Vereinbarung - die Sache unabhängig davon lastenfrei zu machen, ob der Erwerber die Belastung kennt (§ 928 letzter Satz ABGB). Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach und wird er zur Zahlung an den Erwerber verurteilt, noch bevor der Erwerber die Verbindlichkeit beglichen hat, so läuft er Gefahr, zweimal zahlen zu müssen, weil er gemeinsam mit dem Erwerber für die auf der Sache lastende Verbindlichkeit haftet. Er ist daher - gleich einem zur Gewährleistung Verpflichteten - dem Ersatzanspruch des Käufers ausgesetzt, hat aber keine Sicherheit, dass seine Verbindlichkeit mit der Leistung an den Käufer auch tatsächlich getilgt ist. Diese Sicherheit hat er nur, wenn er - im Sinne der von Berger (aaO) vorgeschlagenen Lösung - nicht an den Käufer, sondern an den Gläubiger zu leisten hat.

Berger (aaO) begründet seine Auffassung mit dem in § 1323 ABGB

festgelegten Vorrang der Naturalrestitution vor Geldersatz. § 1323

ABGB ist anzuwenden, wenn - wie hier - die Bereinigungskosten aus dem

Titel des Schadenersatzes gefordert werden, was seit der Entscheidung

des verstärkten Senats SZ 63/37 (= ecolex 1990, 279 ((Kurschel, 276;

Zankl, 278)) = EvBl 1990/129 = JBl 1990, 648 ((Reischauer)) = RdW

1990, 153 = wbl 1990, 220) uneingeschränkt zulässig ist.

Nach § 1323 ABGB ist ein Schaden in erster Linie durch Zurückversetzung in den vorigen Stand auszugleichen. Nur wenn dies nicht möglich oder untunlich ist, soll der Schätzungswert vergütet werden (Koziol, Haftpflichtrecht3 I Rz 9/1ff). Untunlichkeit ist insbesondere dann gegeben, wenn die Wiederherstellung den berechtigten Interessen des Schädigers widerspricht oder unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Kriterien wegen der hohen Kosten nicht sinnvoll erscheint (SZ 68/101mwN). Da der Vorrang der Naturalrestitution vor dem Geldersatz im Interesse des Geschädigten vorgesehen ist, wird Untunlichkeit auch schon dann angenommen, wenn der Geschädigte die Wiederherstellung nicht wünscht. Ihm wird damit im Ergebnis ein Wahlrecht zwischen der Naturalleistung des Schädigers und Geldersatz eingeräumt (Reischauer in Rummel, ABGB**2 § 1323 Rz 7; Schwimann/Harrer aaO § 1323 Rz 10 mwN; gegen ein Wahlrecht des Geschädigten Koziol/Welser11 II 292). Voraussetzung ist allerdings, dass das Interesse des Schädigers an der Naturalherstellung nicht erheblich überwiegt (Koziol aaO Rz 9/23 mwN).

Kommt der Verkäufer seiner Depurierungspflicht nicht nach, so ist die Naturalherstellung in der Regel sowohl möglich als auch tunlich: Der vertragsgemäße Zustand (lastenfreier Erwerb der Liegenschaft) kann dadurch hergestellt werden, dass die Verbindlichkeit getilgt wird. Damit sind weder unverhältnismäßige Kosten verbunden noch werden berechtigte Interessen des Schädigers verletzt, so dass die Naturalherstellung (durch den Schädiger) auch tunlich ist. Begehrt der Erwerber Geldersatz, so übt er damit sein Wahlrecht aus, das aber insoweit begrenzt ist, als kein Geldersatz zusteht, wenn das Interesse des Schädigers an der Naturalherstellung erheblich überwiegt.

Das muss bei Verletzung der Depurierungspflicht bejaht werden: Muss der Verkäufer dem Erwerber Geldersatz leisten, so bleibt seine Haftung gegenüber dem Gläubiger solange bestehen, bis der Erwerber die Verbindlichkeit auch tatsächlich zahlt. Der Verkäufer riskiert damit, doppelt zahlen zu müssen, wenn der Erwerber den ersiegten Betrag nicht für die Tilgung der Verbindlichkeit verwendet und - was regelmäßig nicht ausgeschlossen werden kann - vom Gläubiger in Anspruch genommen wird. Wird der Verkäufer hingegen verpflichtet, an den Gläubiger zu leisten, so sind sowohl seine Interessen gewahrt als auch die des Erwerbers. Der Verkäufer riskiert nicht, doppelt zahlen zu müssen; der Erwerber erreicht, was er anstrebt: Er wird von einer Verbindlichkeit befreit, die er mangels entgegenstehender Vereinbarung nicht zu tragen hat. Ein berechtigtes Interesse des Erwerbers, den Betrag vom Verkäufer zu erhalten, um ihn an den Gläubiger zahlen zu können, ist nicht zu erkennen.

Das Berufungsgericht war der Auffassung, dass ein auf Zahlung an den Erwerber gerichtetes Begehren demnach abzuweisen sei, wenn und solange der Erwerber die Zahlung der Verbindlichkeit nicht nachgewiesen hatte. Mit der Frage, ob das Begehren von Amts wegen auf Zahlung an den Gläubiger umgestellt werden könnte, hat sich das Berufungsgericht nicht befasst.

In der Entscheidung ZBl 1935/227 wird diese Frage verneint. Das Begehren auf Zahlung an den Gläubiger sei kein Minus, sondern ein Aliud. Gegen diese Auffassung spricht, dass bei einer vergleichbaren Verpflichtung - der Verpflichtung des Erfüllungsübernehmers, den Schuldner schad- und klaglos zu halten - in ständiger Rechtsprechung ein Minus angenommen und die Möglichkeit einer Umstellung des Begehrens von Amts wegen bejaht wird (SZ 69/18 = EvBl 1996/78 = ecolex 1996, 360 = ÖBA 1996, 815 mwN). Dem Kläger werde nicht etwas Anderes zugesprochen werde, als er verlangt hat. Er werde auch in diesem Fall dem Zweck des Klagebegehrens entsprechend von der Zahlung der Schuld in der von ihm angeführten Höhe an seinen Gläubiger entlastet.

Das Gleiche muss auch bei der Klage des Erwerbers einer Liegenschaft gegen den Verkäufer gelten, der seiner Depurierungspflicht nicht nachgekommen ist. Auch in diesem Fall wird durch die Umstellung des Klagebegehrens auf Tilgung der Verbindlichkeit dem Zweck des Klagebegehrens entsprochen, so dass § 405 ZPO der Umstellung nicht entgegensteht.

Dem - umgestellten - Klagebegehren könnte aber im vorliegenden Fall nur stattgegeben werden, wenn das Berufungsgericht den Kaufvertrag über die Liegenschaft richtig ausgelegt hätte. Die Vertragsauslegung kann aufgrund der Verpflichtung zur allseitigen rechtlichen Überprüfung nicht ungeprüft zugrunde gelegt werden, auch wenn die Rechtsmittel der Parteien dazu keine Ausführungen enthalten.

Das Berufungsgericht hat - anders als das Erstgericht - den Kaufvertrag dahin ausgelegt, dass die Verpflichtung zur Zahlung der Kanaleinmündungsabgabe nicht auf den Kläger übergegangen sei. Es hat diese Auslegung darauf gestützt, dass sowohl das Kaufanbot als auch der in der Folge errichtete Kaufvertrag einen lastenfreien (im Kaufvertrag: geldlastenfreien) Erwerb der Liegenschaft durch die Käufer vorsehen und eine - ausdrückliche - Erklärung des Klägers, die Abgabe übernehmen zu wollen, nicht festgestellt ist.

Dem Berufungsgericht ist zuzugeben, dass eine ausdrückliche Erklärung des Klägers tatsächlich nicht festgestellt ist. Festgestellt ist aber, dass der Immobilienmakler den Kläger im Zuge der Verkaufsgespräche über die Abgabe informiert und ihm erklärt hat, dass die Kanaleinmündungsabgabe von 48.602,40 S aushafte und vom Erwerber übernommen werden müsse, im Kaufpreis von 3,100.000 S aber nicht enthalten sei. Nach Erhalt dieser Information hat der Kläger ein offenbar vom Immobilienmakler ausgefülltes Kaufanbot unterfertigt, dessen Vordruck die Erklärung enthielt, die Liegenschaft "lastenfrei" erwerben zu wollen. Diese Erklärung kann nach dem Inhalt der Verkaufsgespräche nur dahin verstanden werden, dass die Verpflichtung zur Übernahme der Kanaleinmündungsabgabe nicht als Last in diesem Sinn aufgefasst wurde, so dass ihre Übernahme durch die Käufer einem lastenfreien Erwerb nicht entgegenstand.

Mit der Unterfertigung des Kaufanbots hat der Kläger erklärt, die Liegenschaft zu den ihm vom Immobilienmakler mitgeteilten Bedingungen zu erwerben. Das schließt die - jedenfalls - schlüssige Erklärung mit ein, die Kanaleinmündungsabgabe zu übernehmen. In diesem Sinn hat der Immobilienmakler die Beklagten auch informiert; er hat ihnen mitgeteilt, dass der Erwerber die an die Gemeinde zu entrichtenden offenen Abgaben übernehme. Die Beklagten haben das Kaufanbot angenommen; damit ist zwischen dem Kläger und seiner geschiedenen Ehegattin auf der einen Seite und den Beklagten auf der anderen Seite ein Kaufvertrag zustandegekommen, nach dem die Kanaleinmündungsabgabe vom Erwerber der Liegenschaft zu übernehmen war.

Der Inhalt des in der Folge schriftlich errichteten Kaufvertrags steht dieser Auslegung nicht entgegen. In Punkt VI des Kaufvertrags übernehmen die Beklagten zwar die Haftung, "dass die gegenständliche Liegenschaft geldlastenfrei in das Eigentum der Käufer übergeht", für den Inhalt des Vertrags ist aber die zwischen den Parteien zustande gekommene Einigung und nicht der Wortlaut des darüber errichteten Schriftstücks maßgebend: Der übereinstimmende Wille der Parteien ("natürlicher Konsens") geht dem objektiven Erklärungswert eines Ausdrucks vor (Binder in Schwimann, ABGB**2 § 914 Rz 38 mwN; JBl 1988, 714 ua). Die Kanaleinmündungsabgabe ist demnach unabhängig davon vom Kläger zu tragen, ob die Verpflichtung zu ihrer Entrichtung überhaupt als Geldlast im Sinne des Art VI des Kaufvertrags aufzufassen ist. Das Erstgericht hat das auf Zahlung der Kanaleinmündungsabgabe gerichtete Klagebegehren daher zu Recht abgewiesen; das Berufungsgericht hat dieses Urteil im Ergebnis zu Recht bestätigt.

Die Revision musste erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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