JudikaturJustiz3Ob55/20i

3Ob55/20i – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. September 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Dr. Roch als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. E*****, 2. J*****, beide vertreten durch Univ. Prof. Dr. Max Leitner (SFU), Dr. Mara Sophie Häusler, LL.M., Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei R***** AG, *****, vertreten durch Fellner Wratzfeld Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, und die Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei 1. C***** GmbH in Liquidation, *****, 2. E***** GmbH Co KG, *****, beide vertreten durch Wess Kux Kispert Eckert Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen 8.761,82 EUR sA und 6.809,12 EUR sA und Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22. Oktober 2019, GZ 60 R 5/19v 38, womit das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 22. Oktober 2018, GZ 6 C 482/16z 30, teilweise bestätigt und im Übrigen aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Das Rechtsmittel wird, soweit es sich inhaltlich (als Rekurs) gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts richtet, zurückgewiesen.

Im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit jeweils 522,72 EUR (hierin enthalten 87,12 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

[1] Der Erstkläger war bei einer zur selben Bankengruppe wie die Beklagte gehörenden Bank als Kassier angestellt; er vertrieb dort keine Produkte. Anlässlich seiner Pensionierung erhielt er eine Abfertigung von rund 30.000 EUR. In der Folge trat etwa im Jahr 2004 ein Filialberater der Beklagten an ihn heran und pries ihm eine Beteiligung an einem niederländischen geschlossenen Immobilienfonds (57. Sachwert Rendite-Fonds Holland GmbH Co KG) an, wobei er erklärte, diese habe einen Ertrag von etwa 3,5 bis 7,5 % und sei daher besser als ein Sparbuch, man werde Miteigentümer an einem Grundstück oder Bürohaus, es sei aber sicher. Es handle sich um eine Veranlagung mit Unternehmensbeteiligung mit Chancen und Risiken. Der Berater erklärte dem Erstkläger weiters, was eine geschlossene Beteiligung und eine Kommanditbeteiligung sei, dass es hohe Mieterträge geben werde und dass das Kapital auch verloren gehen könne, wobei aber ein Totalverlust unwahrscheinlich sei.

[2] Bis dahin hatte der Erstkläger nur Aktien im Wert von 5.000 bis 8.000 EUR erworben, seine diesbezüglichen Erfahrungen waren bescheiden. Fondsanteile hatte er noch nie erworben.

[3] Der Berater hatte seine Kenntnis von dem Produkt aus Schulungen der Erstnebenintervenientin, die das Produkt in Österreich vertrieb. Den Kapitalmarktprospekt hatte er nicht gelesen, allfällige mögliche Rückzahlungen des Kommanditanteils waren kein Thema, und dem Berater war auch nicht bewusst, dass Bilanzverluste geplant waren und trotzdem Ausschüttungen erfolgen sollten.

[4] Der Berater erklärte dem Erstkläger, dass die Mieter sehr gut seien und Vorauszahlungen leisten müssten, das Risiko von Mietausfällen sei sehr gering. Kein Thema waren allfällige Innenprovisionen, es wurde nur das Agio besprochen. Nicht festgestellt werden konnte, dass über Steuern und eine Pauschalbesteuerung gesprochen wurde. Dem Erstkläger wurde eine Modellrechnung gezeigt sowie eine persönliche Prognoserechnung und ein Verkaufsfolder übergeben, den er auch mitnahm und durchblätterte. In den dem Erstkläger übergebenen Unterlagen befanden sich weiters die Verträge und Beitrittsunterlagen. Daraus ergibt sich, dass die Gesellschaft eine Kommanditgesellschaft ist und dass die Gesellschafter nach Maßgabe des Gesetzes haften und die Ausschüttungen liquider Mittel, die keinem Gewinn der Gesellschaft entsprechen, zu einem Wiederaufleben der beschränkten Kommanditistenhaftung führen können.

[5] Der Berater erklärte dem Erstkläger, dass Ausschüttungen die Rendite und Zinsen seien. Der Erstkläger hätte das Produkt nicht gekauft, wenn der Berater ihm gesagt hätte, dass es sich bei den Ausschüttungen um Kapitalrückzahlungen handle und er das Geld möglicherweise wieder herausgeben müsse.

[6] Insgesamt verstand der Erstkläger Diverses nicht, verabsäumte es aber, sich durch Lesen der Beitrittsunterlagen oder durch Nachfragen zu informieren. So las er weder die Beitrittserklärung noch die darin enthaltenen Risikohinweise noch das Anlegerprofil und die darin enthaltenen Risiken. Verträge und Beitrittsunterlagen las er ebenfalls nicht, nicht einmal das unmittelbar über seiner Unterschrift Stehende. Obwohl es ihm vom Berater erklärt worden war, verstand der Erstkläger nicht, was eine unternehmerische Beteiligung ist, was eine Treuhand ist, dass ein Kapitalverlust oder sogar ein – wenn auch laut dem Berater nur unwahrscheinlicher – Totalverlust möglich ist. Über weitere Kosten oder Provisionen wurde nicht gesprochen. Hätte er von weiteren Provisionen gewusst, hätte der Erstkläger nicht investiert, weil ihm das Risiko dann zu groß erschienen wäre.

[7] Der Erstkläger machte sich keine weiteren Gedanken über die Anlage und vertraute dem Berater. Er unterschrieb insgesamt dreimal auf der Beitrittserklärung, in der insbesondere angeführt ist, dass er mittelbar – über eine Treuhänderin GmbH – eine Kommanditbeteiligung an der 57. Sachwert Rendite-Fonds Holland GmbH Co KG in der Höhe von 10.000 EUR erwerben wolle. Eine seiner Unterschriften setzte er unter eine Passage, in der es ua heißt, dass ihm bewusst sei, eine langfristige und unternehmerische Bindung eingegangen zu sein.

[8] Weiters unterfertigte der Erstkläger ein vom Berater vorausgefülltes Anlegerprofil, in dem er erklärte, sich des unternehmerischen Risikos der Veranlagung bewusst zu sein, nämlich dass es keinen Sekundärmarkt gebe und ein vorzeitiger Ausstieg nicht vorgesehen sei. Weiter heißt es dort ua, dass er über das Risiko von mitunternehmerischen Beteiligungen und die mit der Veranlagung verbundenen Risiken ausführlich informiert worden sei und auch die Empfehlung der Konsultation eines Steuerberaters zur Kenntnis genommen habe, dass er als Gesellschafter einer deutschem Recht unterliegenden KG beitrete und die Haftung grundsätzlich mit der Höhe der Einlage beschränkt sei, aber bei Entnahmen aus der Einlage diese gegenüber den Gläubigern als nicht geleistet angesehen würde und die auf das gezeichnete Kapital beschränkte Kommanditistenhaftung wieder aufleben könne, sofern Ausschüttungen erfolgten, die das Kapitalkonto negativ werden ließen.

[9] All dies las der Erstkläger aber nicht durch, sondern konzentrierte sich nur auf den Ertrag und das von ihm zu zahlende 5%-ige Agio. Er machte sich auch keine Gedanken darüber, warum er hier dreimal unterschreiben müsse, warum es „Beitrittserklärung“ hieß und schenkte auch dem Umstand keine Beachtung, dass Kleingedrucktes zwischen Großgedrucktem stand. Ihm war klar, dass es „irgendetwas Deutsches“ sei. Seiner Vorstellung nach würde er nach zehn Jahren das einbezahlte Kapital mit dem Ertrag wieder herausbekommen. Den Kapitalmarktprospekt erhielt er nicht, hätte ihn aber auch nicht sinnverstehend lesen können.

[10] Der Erstkläger hätte nicht abgeschlossen, wenn er gewusst hätte, dass die Ausschüttungen eine Rückzahlung seiner Kommanditeinlage sein würden. Er kannte die Rechtsfolgen einer Einlagenrückgewähr bei einer KG nicht, das wurde ihm auch nicht erklärt. Der Berater stellte das Produkt insbesondere wegen der Investition in eine Immobilie und der namhaften Mieter als sicher dar. Fremdfinanzierung war kein Thema des Beratungsgesprächs, ebenso wenig Weichkosten.

[11] Der Erstkläger hätte das Investment in Frage gestellt, wenn er gewusst hätte, dass die Beklagte über das 5%-ige Agio hinaus weitere 3 % als Innenprovision erhielt. „Wäre das Investment wie versprochen abgegangen, wäre ihm das aber auch egal gewesen.“

[12] Der Erstkläger vertraute auf den Berater und sah sich nicht veranlasst, dessen Angaben einer weiteren Überprüfung zu unterziehen. Das Wort „Liquiditätsausschüttung“ sagte ihm nichts.

[13] In der Folge erhielt der Erstkläger ein Schreiben der Treuhänderin vom 23. Mai 2005, in dem der Erhalt der Beitrittserklärung und dessen Annahme bestätigt wurde. In diesem Schreiben wurde auf den Beitritt zur KG verwiesen. Im August 2005 erhielt der Erstkläger ein weiteres Schreiben, in dem festgehalten wurde, dass er aufgrund der Beteiligung wie ein typischer Kommanditist nach deutschem Handelsrecht behandelt werde, dass er jederzeit die Stellung eines direkt im Handelsregister eingetragenen Kommanditisten einnehmen könne und dass seine Kommanditbeteiligung von der Treuhänderin treuhändig gehalten werde. Es handle sich um die Beteiligung an einer Gesellschaft, die auf unbestimmte Zeit errichtet sei und von jedem Kommanditisten erstmalig zum 31. Dezember 2015 mit zwölfmonatiger Kündigungsfrist gekündigt werden könne. Die Haftung sei beschränkt auf den Treuhandbetrag. Die aus der Beteiligung erzielten laufenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen seien in Österreich steuerbefreit und unterlägen ausschließlich niederländischer Besteuerung, ein vollständiger Kapitalmarktprospekt könne jederzeit kostenlos angefordert werden.

[14] Über Empfehlung des Erstklägers, wonach es sich um ein gutes Produkt handle, zeichnete die Zweitklägerin am 21. September 2006 ohne weitere Beratung seitens der Beklagten einen Beitritt als Kommanditistin zur Zweiten Sachwert Rendite-Fonds Deutschland Technology GmbH Co KG („ Deutschland II “) im Nominale von 10.000 EUR (zuzüglich 5 % Agio). Die Beitrittsunterlagen, die der Erstkläger nach Hause brachte, waren nahezu ident mit jenen zur vorangegangenen Investition des Erstklägers.

[15] Der Erstkläger erwarb am 19. April 2007 – ebenfalls ohne weitere Beratung durch die Beklagte – eine Beteiligung im Nominale von 10.000 EUR (zuzüglich 500 EUR an 5%-igem Agio) an der E***** GmbH Co KG („ Holland I “); die Beitrittsunterlagen waren wiederum inhaltlich ident mit jenen seines ersten Investments, und es wurde erneut ein Anlegerprofil erstellt, das der Kläger unterfertigte.

[16] Im Gefolge dieser Investitionen erhielten beide Kläger weitere Schreiben, die inhaltlich jenen entsprachen, die der Erstkläger nach der ersten Beteiligung erhalten hatte. Die Zweitklägerin überließ alles im Zusammenhang mit der Investition dem Erstkläger, sie verließ sich völlig auf ihn und war damit einverstanden, dass er für sie handelte. Auch der Erstkläger las die nach den einzelnen Investitionen eingelangten Schreiben ebenso wenig wie die Beitrittsunterlagen, sondern legte sie lediglich säuberlich ab. Generell ließ er sich Ausdrücke und Vorgänge, die er nicht verstand, auch nicht erklären.

[17] Die Zweitklägerin erhielt insgesamt Ausschüttungen in Höhe von 4.504,58 EUR, verrechnet mit Steuerberatungskosten von 199,40 EUR [im Ergebnis also 4.305,18 EUR], und der Erstkläger in Höhe von 1.777,88 EUR. Die Zweitklägerin zahlte darüber hinaus Steuerberatungskosten von 252,30 EUR und für die Jahre 2008 bis 2012 Einkommensteuer von insgesamt 362 EUR aus den Ausschüttungen. Die Ausschüttungen wurden bei „Holland I“ im Jahr 2011 und bei „Deutschland II“ im Jahr 2013 eingestellt.

[18] Die Beklagte erhielt von ihren jeweiligen Vertriebspartnern über das (offen gelegte) Agio hinaus für „Deutschland II“ 3 % und für „Holland I“ 4 % vom Nominale an Innenprovision. Diese ist im Kapitalmarktprospekt unter „Kapitalbeschaffungskosten“ subsumiert, jedoch nicht extra ausgewiesen; das Gleiche gilt für die Geschäftsberichte.

[19] Die Kläger hätten bei Kenntnis, dass über das vereinbarte Agio hinaus Innenprovisionen fließen, die Veranlagung nicht vorgenommen. In diesem Fall hätten sie alternativ in ihr Gartenhaus investiert oder das Geld auf ein Sparbuch gelegt.

[20] Die Beklagte war der Meinung, dass gemäß geltendem Recht Innenprovisionen nicht offenzulegen seien.

[21] Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte geschlossene Immobilienfonds auch dann vertrieben hätte, wenn sie keine Innenprovisionen (über das Agio hinaus) erhalten hätte. Die Innenprovisionen wurden mit den jeweiligen Vertriebspartnern ausverhandelt.

[22] Erst im Jahr 2014 erfuhren die Kläger vom Klagevertreter, dass die Beklagte über das Agio hinausgehende Provisionen von den Vertriebspartnern erhalten hätte. Diese waren (auch) in einem Gespräch des Erstklägers mit Mitarbeitern der Beklagten im Jahr 2012 kein Thema gewesen.

[23] Die Kläger begehren jeweils die Rückzahlung der von ihnen in „Holland I“ bzw „Deutschland II“ investierten Beträge abzüglich erhaltener Ausschüttungen, die Zweitklägerin zuzüglich von ihr gezahlter Steuern und Steuerberatungskosten (Erstkläger: 8.761,82 EUR sA, Zweitklägerin: 6.809,12 EUR sA), sowie die Feststellung, dass die Beklagte ihnen „für alle Schäden“ aus der eingegangenen Beteiligung ersatzpflichtig sei. Sie seien aufgrund der unrichtigen Beratung davon ausgegangen, dass es sich bei den prognostizierten „Ausschüttungen“ um die Rendite und nicht etwa Entnahmen aus den Kommanditeinlagen (also Rückzahlungen aus den Investitionen) handle. Sie seien auch nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Anlageprodukte hochriskant seien und ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals nicht bloß möglich, sondern sogar relativ wahrscheinlich sei. Die Beklagte habe ihnen auch verschwiegen, dass sie für die Vermittlung der Produkte nicht nur die offen gelegte und als „Agio“ bezeichnete Provision von 5 % erhalte, sondern hinter dem Rücken der Kunden auch eine weitere Provision, einen „Kick-back“ von der Anlagegesellschaft bzw der Vertriebsorganisation. Die Beklagte habe mit ihrer Empfehlung der Anlageprodukte offensichtlich in Verfolgung ihres eigenen Interesses gehandelt, statt die Kläger in deren Interesse zu beraten. Dazu komme, dass das eingezahlte Kapital mit Weichkosten von mehr als 20 % (insbesondere durch Innenprovisionen an die Vertriebsgesellschaft) belastet sei. Die Kläger seien auch über die Laufzeit der Produkte falsch aufgeklärt worden, weil ihnen gegenüber immer von einer Laufzeit von zehn Jahren gesprochen worden sei. In Kenntnis jedes einzelnen dieser Umstände hätten die Kläger die Beteiligungen nicht erworben. Stattdessen hätten sie das Geld für ihr Gartenhaus aufgewendet oder kapitalerhaltend angelegt, etwa wie bisher auf Sparbüchern. Da zu erwarten sei, dass sie die erhaltenen Ausschüttungen zurückzahlen müssten und dass im Zusammenhang mit den Beteiligungen weitere Steuern und Steuerberatungshonorare anfielen, hätten sie auch ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung der Beklagten.

[24] Die Beklagte wendete insbesondere ein, die Kläger seien nicht unrichtig beraten worden. Eine Aufklärung über die Innenprovisionen sei nicht erforderlich gewesen, jedenfalls treffe die Beklagte am Unterbleiben eines Hinweises darauf kein Verschulden. Das überwiegende Verschulden am Erwerb der Produkte sei den Klägern anzulasten, die die ihnen übergebenen Unterlagen nicht gelesen hätten. Jedenfalls seien die Ansprüche der Kläger verjährt.

[25] Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte – unter Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens – zur Zahlung von 6.809,12 EUR sA an den Erstkläger und von 8.761,82 EUR sA an die Zweitklägerin und gab darüber hinaus dem Feststellungsbegehren vollinhaltlich statt. Den Klägern gebühre Schadenersatz infolge mangelhafter Beratung durch unterlassene Offenlegung der über das Agio hinaus erhaltenen Innenprovisionen und Kick-back-Zahlungen. Der Schaden liege bereits darin, dass der Anleger nicht die gewünschten Vermögenswerte erhalte. Nach den Feststellungen hätten die Kläger alternativ einen Bausparvertrag abgeschlossen oder in ihr Gartenhaus investiert, möglicherweise auch Gold gekauft. Der Abschluss eines Bausparvertrags wäre zumindest kapitalerhaltend gewesen. Die Kläger seien nicht ausdrücklich über geleistete Innenprovisionen und Kick-back-Zahlungen aufgeklärt worden. Dass diese unter die in den Geschäftsberichten und Kapitalmarktprospekten angeführten Kapitalbeschaffungskosten zu subsumieren seien, genüge nicht, weil der durchschnittlich verständige Anleger davon ausgehen dürfe, neben dem Agio (gemeint: nicht auch) Provisionen zu zahlen. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei es für die Beurteilung durch den Anleger sehr wohl maßgeblich, erkennen zu können, wie viel vom eingesetzten Kapital auf Provisionen entfalle, weil dies als Kalkulationsbasis der Wahrscheinlichkeit von Ertragsprognosen diene. Der Einwand der Beklagten, sie habe nicht schuldhaft gehandelt, sei in Hinblick auf § 1013 ABGB unberechtigt. Nach den Feststellungen habe eine Interessenkollision bestanden, weil die Beklagte ohne Erhalt der Gesamtprovision den Vertrieb nicht vorgenommen hätte. Die Kläger hätten daher wegen unterlassener Offenlegung der Innenprovision jedenfalls einen Schadenersatzanspruch, sodass auf die weiteren behaupteten Pflichtverletzungen gar nicht mehr einzugehen sei. Ein Mitverschulden der Kläger sei insbesondere bezüglich der schlagend gewordenen Pflichtverletzung der Beklagten nicht erkennbar. Das Zinsenbegehren bestehe jedoch nicht zur Gänze zu Recht, weil Zinsen aus Schadenersatz erst ab deren Geltendmachung – hier mit Schreiben des Klagevertreters vom 1. Juni 2016 – zu zahlen seien. Das Feststellungsinteresse der Kläger sei zu bejahen, weil die Kommanditistenhaftung nach § 172 dHGB noch schlagend werden könne, weitere Schäden also nicht auszuschließen seien.

[26] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten gegen den stattgebenden Teil des Ersturteils nicht Folge und bestätigte dieses Urteil mit der Maßgabe, dass die Beklagte zur Zahlung jeweils Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligungen verpflichtet wurde und sich das Feststellungsurteil nur auf alle künftigen Schäden (und nicht schlechthin auf alle Schäden) beziehe. Hingegen gab es der Berufung der Kläger Folge und hob das erstgerichtliche Urteil in seinem das Zinsenmehrbegehren abweisenden Teil zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

[27] Zur Berufung der Beklagten führte es aus, den Feststellungen sei zu entnehmen, dass der Erstkläger die Veranlagung nicht vorgenommen hätte, wenn er über die Innenprovision aufgeklärt worden wäre. Die weitere Feststellung, wonach er – aus dem Zusammenhang erkennbar: zeitlich später, daher nicht ex ante, sondern aus heutiger Sicht – bei günstigem Verlauf der Veranlagung die Innenprovision nicht thematisiert, offenbar also keinen Prozess geführt hätte, sei für die Frage der Kausalität nicht relevant, weil es dafür nur auf die ex ante-Betrachtung des Anlegers ankomme.

[28] Die Argumentation der Beklagten, ihre Haftung sei jedenfalls deshalb ausgeschlossen, weil der Erstkläger sie über sein fehlendes Verständnis bezüglich der Anlageform getäuscht und damit dem Berater die Möglichkeit genommen habe, ihn verständlich aufzuklären, gehe ins Leere, weil das Erstgericht den Sachverhalt primär zur Fehlberatung bezüglich der Innenprovision überprüft habe; in diesem Punkt komme aber eine Täuschung durch den Erstkläger nicht in Betracht, weil der Berater angegeben habe, im Zuge seiner Einvernahme erstmals über die Innenprovision informiert worden zu sein. Selbst die Offenlegung seines fehlenden Verständnisses durch den Kläger hätte daher zu keiner Information bezüglich der Innenprovision führen können. Es sei daher von einer verschuldeten mangelhaften Beratung der Kläger auszugehen.

[29] Dass die Beklagte der Meinung gewesen sei, nicht zur Offenlegung von Innenprovisionen verpflichtet zu sein, hindere die Annahme ihres Verschuldens nicht, weil ihr dieser Rechtsirrtum vorwerfbar sei. Auch vor Inkrafttreten des WAG 2007 habe ein Anlageberater den Anleger auf ihm von dritter Seite zufließende Provisionen hinzuweisen gehabt, wenn der Anleger – etwa wegen der Verrechnung eines Ausgabeaufschlags durch den Berater – nicht mit solchen (weiteren) Zahlungen und der damit verbundenen Gefahr einer Interessenkollision habe rechnen müssen. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang vermissten Feststellungen zur Motivation des Beraters seien irrelevant, weil es nicht auf den Wissensstand und das Motiv des einzelnen Beraters ankomme. Die zusätzlich begehrten Feststellungen zur Frage eines Interessenkonflikts seien schon deshalb nicht zu treffen, weil das Erstgericht zum Themenkomplex „Interessenkonflikt wegen Innenprovision“ ohnehin Feststellungen getroffen habe.

[30] Die Beurteilung des Erstgerichts, wonach der Erstkläger kapitalerhaltend mit seiner Abfertigung umgehen habe wollen, sei nachvollziehbar. Die entsprechende Feststellung werde jedoch mit der Einschränkung übernommen, dass der Erstkläger das Geld alternativ auf ein Sparbuch gelegt hätte, weil sich das (alternativ festgestellte) Investment in das Gartenhaus aus einer Aussage nicht ergebe (RIS Justiz RS0043057 [T4]). Der Beweis der hypothetischen Alternativanlage sei nur entscheidend, wenn der Geschädigte bei der Beratung bereits einen vorgefassten Anlageentschluss gehabt habe. Hier sei jedoch von keinem solchen auszugehen, weil sich der Berater an den Erstkläger gewandt habe. Da sich der hypothetische Verlauf nie mit letzter Sicherheit feststellen lasse, genüge die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Schaden auf das Unterlassen des pflichtgemäßen Handelns zurückzuführen sei. Es liege in der Natur der Sache, dass ein Anleger, der auf die Angaben des Anlageberaters vertraut habe, im Nachhinein häufig nicht ganz konkret angeben könne, welche andere Vermögensanlage er gewählt hätte, wenn er sich nicht für das ihm vorgeschlagene Anlageprodukt entschieden hätte. Im Nachhinein werde er regelmäßig nur in der Lage sein, eine gewisse „Gruppe“ von möglichen Anlageprodukten, etwa im Sinn einer bestimmten „Risikoklasse“, zu nennen, die seinen Anlagezielen entsprochen hätte und aus der er letztlich häufig nach den Empfehlungen des Beraters ein konkretes ausgewählt hätte. In solchen Fällen reiche die Feststellung aus, für welche Anlageart sich der Geschädigte bei ordnungsgemäßer Beratung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit entschieden hätte. Maßgebend für den Schadenersatzanspruch (in Geld) sei dann die typische Entwicklung solcher Anlagen, wobei Ausreißer nach oben und unten unbeachtlich seien. Der Erstkläger hätte alternativ kapitalerhaltend investiert; es lägen keine Beweisergebnisse dafür vor, dass er das Geld alternativ in nicht kapitalerhaltende Produkte investiert hätte.

[31] Entgegen der Ansicht der Beklagten könne von einem erheblichen Mitverschulden der Kläger keine Rede sein. Während die Rechtsprechung in jenen Fällen, in denen ein Anleger als wirtschaftserfahrener Kunde „blind“ auf die Zusicherungen eines Anlageberaters vertraue und Risikohinweise in den ihm überreichten Unterlagen ignoriere, von einem erheblichen Mitverschulden ausgehe, nehme sie bei unerfahrenen Anlegern unter vergleichbaren Voraussetzungen entweder gar kein oder nur ein geringes Mitverschulden an. Grundsätzlich müsse ein Anleger nicht damit rechnen, dass die ihm übergebenen Unterlagen in wesentlichen Punkten von den mündlichen Zusicherungen des Beraters abweichen. Nur wenn dem Geschädigten die Fehlerhaftigkeit der Beratung oder die unzureichende Sachkenntnis des Beraters aufgrund eindeutiger Hinweise oder wegen seines eigenen Wissensstandes auffallen hätte müssen, könne eine Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten angenommen werden. Nach nunmehr einhelliger Rechtsprechung bedürfe es keiner Korrelation zwischen dem sorglosen Verhalten des Geschädigten und dem kausalen Aufklärungsfehler. Die Annahme eines Mitverschuldens des Klägers im Zusammenhang mit einem die unterlassene Aufklärung über die Innenprovision betreffenden Fehlverhalten der Beklagten komme also grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn ihm die Fehlerhaftigkeit oder Unvollständigkeit gerade dieses Aufklärungsfehlers spätestens bei Vertragsabschluss auffallen hätte müssen. Entscheidend für die grundsätzliche Möglichkeit der Annahme eines Mitverschuldens sei nur, dass sich die Sorgfaltswidrigkeit des Geschädigten auf denselben Schaden beziehe, für dessen Entstehen der Schädiger einzustehen habe. Im konkreten Fall sei der Erstkläger jedoch trotz seiner Tätigkeit als Kassier in der Bank in Wertpapieren ein eher unerfahrener Anleger ohne – für die konkrete Veranlagung in einer Kommanditgesellschaft – relevante Vorkenntnisse gewesen. Die Beratung habe klar die Sicherheit der Anlage betont, ohne auf die besonderen Risiken hinzuweisen. Wenn der Erstkläger im Vertrauen – nicht zuletzt aufgrund der Nahebeziehung zur Bank – auf die Richtigkeit der vom Berater mündlich erteilten Informationen Unterschriften geleistet habe, ohne die Unterlagen „wirklich durchzulesen“, begründe dies im konkreten Einzelall kein Mitverschulden, zumal nicht einmal dem Berater selbst die formularmäßigen Allgemeinen Informationen zu „Vergütungen für den Vertrieb von Produkten“ bewusst gewesen seien. Auch die unterlassene detaillierte Lektüre der dem Erstkläger übergebenen Unterlagen nach Vertragsabschluss könne nicht zur Annahme eines Mitverschuldens der Kläger führen, die auf die Richtigkeit der mündlichen Beratung vertraut und über keinerlei Erfahrung mit Kommanditbeteiligungen oder vergleichbaren Veranlagungen verfügt hätten. Zu beachten sei überdies, dass den den Klägern übergebenen Unterlagen kein Hinweis auf das Bestehen einer Innenprovision zu entnehmen gewesen sei. Ebenso wenig seien Anhaltspunkte ersichtlich, dass den Klägern, insbesondere dem Erstkläger, die Fehlerhaftigkeit der Beratung oder die unzureichende Sachkenntnis des Beraters auffallen hätte müssen.

[32] Da die Kläger ausdrücklich angeboten hätten, an einer Rückübertragung der Beteiligung mitzuwirken, sei die Zug-um-Zug-Leistung in den Urteilsspruch aufzunehmen.

[33] Das Feststellungsinteresse der Kläger sei zu bejahen, weil die Gefahr bestehe, dass sie aus gesellschaftsrechtlichen Gründen die erhaltenen Ausschüttungen zurückzahlen müssten. Außerdem bestehe das Risiko, dass sie weitere Steuerberatungskosten und Steuern zu tragen hätten, obwohl nur Verluste entstünden. Berechtigt sei hingegen der Einwand der Beklagten, dass sich das Feststellungsbegehren seinem Wortlaut nach auch auf die bereits bezifferten Schäden beziehe. Da aus dem Klagevorbringen eindeutig hervorgehe, dass die Kläger keinen doppelten Zuspruch dieser Schäden begehrten, könne das Feststellungsbegehren durch Einfügung des Worts „künftig“ verdeutlicht werden.

[34] Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigend und ließ die ordentliche Revision nachträglich zu, weil im Hinblick auf die Entscheidung 7 Ob 106/19t eine abweichende Gewichtung der Sorgfaltsanforderungen von Anlegern in Zusammenhang mit Kommanditbeteiligungen, somit eine andere Beurteilung des Mitverschuldens der Kläger, durch den Obersten Gerichtshof nicht ausgeschlossen werden könne.

[35] In ihrer Revision wendet sich die Beklagte einerseits gegen den bestätigenden Teil des Berufungsurteils und bekämpft andererseits inhaltlich auch die im Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts vertretene Rechtsansicht, wonach die Zinsen aus der Alternativveranlagung als Teil des Schadenersatzes bereits mit Erwerb der Anlage zu laufen begännen, sodass Feststellungen zu den von den Klägern aus einer Alternativanlage erzielbaren Zinsen zu treffen seien.

[36] Die Kläger beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung , die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[37] I. Soweit sich die „Revision“ mit der Berechtigung des Zinsenbegehrens der Kläger befasst, also den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts bekämpft, ist das insoweit als Rekurs zu wertende Rechtsmittel mangels Zulassung durch das Berufungsgericht absolut unzulässig (RS0043898) und daher zurückzuweisen.

[38] II. Die gegen den das klagestattgebende Ersturteil bestätigenden Teil der Berufungsentscheidung erhobene Revision der Beklagten ist zulässig , aber nicht berechtigt .

[39] 1. Voranzustellen ist, dass die Zweitklägerin keinerlei Beratung seitens der Beklagten in Anspruch genommen, sondern sich bei ihrer Investition auf den Erstkläger verlassen hat. Die Vorinstanzen haben daher zu Recht nur darauf abgestellt, ob der Erstkläger von der Beklagten – anlässlich seiner nicht den Gegenstand dieses Verfahrens bildenden ersten solchen Investition – ausreichend über die damit verbundenen Risiken aufgeklärt wurde.

[40] 2. Zur unterlassenen Aufklärung über die Innenprovisionen :

[41] 2.1. Unstrittig ist, dass der Erstkläger vom Berater der Beklagten niemals über den (diesem selbst damals gar nicht bekannten) Umstand informiert wurde, dass die Beklagte neben der offengelegten, von den Klägern zusätzlich zum investierten Betrag zu leistenden Provision („Agio“) auch einen weiteren Provisionsbetrag („Innenprovision“) von der jeweiligen Treuhänderin erhielt.

[42] 2.2. Soweit sich die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf beruft, dass sie gemäß § 13 Z 2 WAG 1996 (nur) verpflichtet gewesen sei, sich um die Vermeidung von Interessenkonflikten zu bemühen und dafür zu sorgen, dass bei unvermeidbaren Interessenkonflikten der Kundenauftrag unter der gebotenen Wahrung des Kundeninteresses ausgeführt werde, übergeht sie, dass sie gemäß § 13 Z 4 WAG 1996 darüber hinaus verpflichtet war, ihren Kunden alle zweckdienlichen Informationen mitzuteilen, soweit dies zur Wahrung der Interessen der Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich ist.

[43] 2.3. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in mehreren – vergleichbare Kommanditbeteiligungen betreffenden – Entscheidungen klargestellt, dass eine Aufklärungspflicht über die Innenprovision schon vor Inkrafttreten des WAG 2007 (mit 1. November 2007, also nach den Investments der Kläger) bestand. Über diese ist gesondert aufzuklären, wenn der Anleger – etwa weil er ohnedies ein Agio leistet – nicht davon ausgehen muss, ein Anlageberater werde zusätzlich noch Zahlungen von dritter Seite erhalten (RS0131382). Die Rechtswidrigkeit eines derartigen Aufklärungsmangels liegt im Verschweigen der damit in der Regel verbundenen Interessenkollision, die grundsätzlich unabhängig von der Höhe der Innenprovision besteht (RS0131382 [T5]). Dass die Beklagte den Erstkläger nicht darüber aufklärte, dass sie von der Nebenintervenientin (zusätzlich zum vom Anleger geleisteten Agio) eine weitere Provision erhält, was die Kläger vom Erwerb abgehalten hätte, begründet daher einen (schadenskausalen) Aufklärungsfehler (1 Ob 159/19t).

[44] 2.4. Eine Verletzung dieser Aufklärungspflicht begründet den Anspruch auf Ersatz des im Erwerb einer nicht gewünschten Anlage liegenden Schadens, sofern nicht der Berater nachweist, dass der Erwerb der Anlage mangels Vorliegens einer Interessenkollision nicht im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der Pflichtverletzung steht (2 Ob 99/16x). Dieser Beweis ist der Beklagten nicht gelungen, weil nicht festgestellt werden konnte, dass sie die geschlossenen Immobilienfonds auch vertrieben hätte, wenn sie keine über das Agio hinausgehende Innenprovision erhalten hätte.

[45] 2.5. Die Beklagte trifft ein Verschulden an der unterlassenen Aufklärung über die Innenprovision, weil sie nicht damit rechnen durfte, dass dem Erstkläger dieser Umstand bewusst war, nachdem er selbst zur Zahlung eines Entgelts (Agio) verpflichtet war (1 Ob 159/19t mwN).

[46] 2.6. Die Kläger hätten die streitgegenständlichen Beteiligungen nach den Feststellungen nicht erworben, wenn der Berater den Erstkläger über die Innenprovisionen informiert hätte. Die Argumentation der Beklagten, der Erstkläger hätte das Investment bei Kenntnis von der Innenprovision nur in Frage gestellt, betrifft den vorhergehenden Erwerb des Erstklägers und geht daher nicht vom relevanten Sachverhalt aus. Damit steht aber der bei der fehlerhaften Anlageberatung bereits im Erwerb des nicht gewünschten Vermögenswerts gelegene (reale) Schaden fest (RS0129706). Entschließt sich der Geschädigte, die unerwünschte Anlage vorläufig zu behalten, besteht ein vereinfacht als „Naturalrestitution“ bezeichneter Anspruch, der auf Rückzahlung des Kaufpreises (abzüglich erhaltener Zinsen und Dividenden; allenfalls Zug um Zug gegen einen Bereicherungsausgleich durch Übertragung des noch vorhandenen Finanzprodukts an den Schädiger) gerichtet ist (RS0108267 [T15] ua). Dass eine solche Naturalrestitution hier unmöglich oder untunlich wäre, behauptet die Revisionswerberin (zu Recht; vgl 1 Ob 159/19t mwN) nicht.

[47] 3. Zum behaupteten entschuldbaren Rechtsirrtum der Beklagten :

[48] 3.1. Ein Rechtsirrtum ist dann vorwerfbar, wenn das Unrecht für den Täter wie für jedermann leicht erkennbar war oder wenn sich der Täter mit den einschlägigen Vorschriften nicht bekannt gemacht hat, obwohl er nach seinem Beruf, seiner Beschäftigung oder sonst den Umständen nach dazu verpflichtet gewesen wäre (RS0118363 [T1]). Rechtsunkenntnis und Rechtsirrtum sind also nur dann nicht vorwerfbar, wenn die (richtige) Gesetzeslage einem Betroffenen trotz zumutbarer Aufmerksamkeit nicht erkennbar war (2 Ob 223/14d = RS0118363 [T5]). Bei Beurteilung der Frage, ob dem Normunterworfenen die Kenntnis einer bestimmten Vorschrift unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zumutbar war, ist stets ein strenger Maßstab anzulegen (RS0008663).

[49] 3.2. Von einem entschuldbaren Rechtsirrtum der Beklagten kann hier keine Rede sein:

[50] 3.2.1. Die Beklagte führt zwar zahlreiche Literaturstellen für die Vertretbarkeit ihrer Rechtsansicht ins Treffen, die allerdings – bis auf eine einzige ( Koziol , Die Haftung der depotführenden Bank bei Provisionsvereinbarungen mit externen Vermögensverwaltern ihrer Kunden, ÖBA 2003, 483) – erst nach Inkrafttreten des WAG 2007 und damit nach den hier zu beurteilenden Investments veröffentlicht wurden, sodass ein entschuldbarer Rechtsirrtum damit jedenfalls nicht begründet werden kann.

[51] 3.2.2. Aus dem soeben zitierten Aufsatz von Koziol lässt sich für den Standpunkt der Beklagten ebenfalls nichts gewinnen, ist ihm doch zusammengefasst nur die Auffassung zu entnehmen, dass die depotführende Bank – als in dieser Konstellation „kundenferneres“ Unternehmen – den Kunden eines eigenständigen Vermögensverwalters grundsätzlich nicht über dessen Beteiligung an Gebühren und Entgelten aufzuklären habe, weil primär den Vermögensverwalter die Pflicht treffe, den Kunden über diese Zuwendungen zu informieren und sich um dessen Genehmigung zu bemühen; eine Informationspflicht der Bank bestehe nur, wenn sie Anlass für die Annahme habe, dass der Vermögensverwalter seiner diesbezüglichen Pflicht nicht nachkomme. Im vorliegenden Fall war die beklagte Bank jedoch selbst als Vermittlerin der Kommanditbeteiligung tätig, also das „kundennähere“ Unternehmen.

[52] 3.2.3. Dass Rückflüsse aus „Kick-back“-Provisionsvereinbarungen mit Dritten dem Kunden gegenüber offenzulegen sind, wurde entgegen der Behauptung der Beklagten sehr wohl schon zur Zeit der Investments der Kläger vertreten (vgl Knobl in Frölichsthal/Hausmaninger/Knobl/Oppitz/Zeipelt , Kommentar zum Wertpapieraufsichtsgesetz [1998] § 13 Rz 12 und 14; Gumpoltsberger , Aufklärungspflicht der Bank über Spesenaufteilungsvereinbarungen bei gestaffelter Einschaltung zweier WPDLU, ecolex 2005, 682).

[53] 4. Zum behaupteten Allein- bzw Mitverschulden der Kläger :

[54] 4.1. Von einem alleinigen bzw weitaus überwiegenden Verschulden des Erstklägers (und damit auch der Zweitklägerin) kann hier schon deshalb keine Rede sein, weil die Innenprovisionen weder Gegenstand der mündlichen Aufklärung noch aus den von den Klägern ungelesen unterfertigten Unterlagen und den darin enthaltenen Warnhinweisen ersichtlich waren. Der von der Revisionswerberin ins Treffen geführte Umstand, dass der Erstkläger dem Berater nicht mitteilte, dessen Belehrungen nicht verstanden zu haben, kann deshalb keinesfalls zum gänzlichen Entfall der Haftung der Beklagten führen.

[55] 4.2. Dass das Berufungsgericht trotz des Umstands, dass die Kläger die ihnen übergebenen Unterlagen nicht durchlasen, sondern sich auf die (vom Erstkläger nicht wirklich verstandenen) Erklärungen des Beraters verließen, ein Mitverschulden der Kläger verneinte, ist nicht zu beanstanden:

[56] 4.2.1. Nach der Rechtsprechung kann bei unrichtiger Anlageberatung ein die Schadenersatzpflicht des Anlageberaters minderndes Mitverschulden des Kunden etwa dann in Betracht kommen, wenn er selbst auf dem Anlagesektor hervorragende Kenntnisse besitzt und ihm daher die Unrichtigkeit der Anlageberatung hätte auffallen müssen (RS0102779). Das Nichtbeachten schriftlicher Risikohinweise begründet aber nicht stets und zwingend ein relevantes Mitverschulden des Anlegers (1 Ob 159/19t mwN = RS0102779 [T18]).

[57] 4.2.2. So wurde etwa bei gleichartigen Veranlagungen ein gleichteiliges Mitverschulden geschädigter Anleger bejaht, denen aufgrund ihrer Ausbildung entsprechende Kenntnisse zu unterstellen sind (2 Ob 99/16x: Rechtsanwältin, die häufig als Insolvenzverwalterin bestellt wird; 7 Ob 106/19t: abgeschlossenes Studium der Betriebswirtschaftslehre). Hingegen wurde im Fall eines Anlegers, dem weder aufgrund seiner Berufstätigkeit noch aus anderen Gründen besondere Fachkenntnisse im Bereich der Vermögensveranlagung unterstellt werden können, ein Mitverschulden verneint (8 Ob 109/16m: Arzt).

[58] 4.2.3. Im hier zu beurteilenden (Einzel )Fall ist zu berücksichtigen, dass der Erstkläger, anders als es die Revisionswerberin darzustellen versucht, keineswegs ein „Banker mit jahrzehntelanger Berufserfahrung“ ist, sondern (nur) als Kassier in einer Bank derselben Bankengruppe gearbeitet hatte, mangels entsprechender Ausbildung/Erfahrung die ihm vom Berater gebotene Aufklärung über das Produkt an sich nicht verstand, diesem aber vor allem deshalb, weil es sich um einen Mitarbeiter „seiner“ Bank handelte, vollkommen vertraute (vgl auch 1 Ob 159/19t, wo dem festgestellten intensiven Vertrauensverhältnis zwischen dem dortigen Kläger und dem Anlageberater besondere Bedeutung zugemessen wurde).

[59] 4.2.4. Es begründet daher im vorliegenden Fall keine ein Mitverschulden begründende Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten, dass sich der Erstkläger mit den einzelnen Unterlagen zu den Veranlagungen nicht auseinandersetzte und auch nicht offenlegte, die Erklärungen des Beraters nicht verstanden zu haben.

[60] 5. Zum behaupteten Mangel des Berufungsverfahrens :

[61] Die Beklagte zeigt zutreffend auf, dass dem Berufungsgericht insofern ein Verfahrensmangel unterlaufen ist, als es die erstgerichtliche Feststellung zur hypothetischen Alternativveranlagung zwar übernahm, aber ohne Beweiswiederholung einschränkte und damit abänderte. Allerdings fehlt es diesem Verfahrensmangel an der erforderlichen Relevanz (RS0116273 ua), weil auch die bei vorbehaltsloser Übernahme festgestellte Investition des Anlagebetrags „in das Gartenhaus“ (offensichtlich gemeint: in Renovierungs /Erhaltungsarbeiten an diesem) – entgegen der Rechtsansicht der Beklagten – mit kapitalerhaltendem Vorgehen gleichgesetzt werden kann (vgl 3 Ob 109/19d mwN).

[62] 6. Zum Feststellungsinteresse der Kläger :

[63] 6.1. Soweit die Beklagte das fehlende Feststellungsinteresse der Kläger aus den Rechtsfolgen der – erst lange nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz ergangenen – Vorabentscheidung des EuGH vom 3. Oktober 2019, VKI/TVP, C-272/18, ableiten will, handelt es sich um eine unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung.

[64] 6.2. Der weiteren Argumentation der Beklagten, wonach ein Wiederaufleben der Haftung des Erstklägers ausgeschlossen sei, steht die (wenn auch in der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts dislozierte) Feststellung entgegen, dass künftig noch Steuerberatungskosten auflaufen können.

[65] 7. Die Revision muss daher erfolglos bleiben.

[66] 8. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Für die Revisionsbeantwortung steht – anders als im Berufungsverfahren – nur der einfache Einheitssatz zu. Infolge Vertretung beider Kläger durch einen gemeinsamen Rechtsanwalt steht ihnen der Kostenersatzanspruch nur entsprechend ihrer Quote am Gesamtstreitwert zu ( Obermaier , Kostenhandbuch 3 Rz 1360 mwN). Da vom Gesamtstreitwert rund 55 % auf den Erstkläger und rund 45 % auf die Zweitklägerin entfallen, sind die Kosten der Revisionsbeantwortung beiden Klägern jeweils zur Hälfte zuzusprechen.

Rechtssätze
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