JudikaturJustiz3Ob349/97p

3Ob349/97p – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Dezember 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei Buchdruckerei ***** C*****, vertreten durch Dr.Christian Tschurtschenthaler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die verpflichtete Partei W***** GmbH, ***** wegen S 584.562,04 s.A. infolge außerordentlichen Revisionrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Leoben als Rekursgerichtes vom 15. September 1997, GZ 2 R 374/97t-32, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Im Gegensatz zur Ansicht der Revisionsrekurswerberin hat das Rekursgericht zu Recht im Einklang mit der Rechtsprechung und der herrschenden Lehre (RIS-Justiz RS0041347; Kodek in Rechberger Rz 2 zu § 462 ZPO mwN; Fasching, Lehrbuch**2 Rz 1784) die Teilrechtskraft der seinerzeit nur zum Teil aufgehobenen Entscheidung des Rechtspflegers des ursprünglich zuständigen Erstgerichtes, was das Ausmaß der auferlegten Sicherheitsleistung angeht, berücksichigt.

Nach herrschender Meinung handelt sich bei von einem Rechtspfleger in Überschreitung der ihm vom Gesetz eingeräumten Entscheidungsgewalt erlassenen Beschlüssen nicht um "Nichturteile" (so aber zu Urteilen eines Rechtspflegers Ballon ZPR7 Rz 328) (bzw "Nichtbeschlüsse"), vielmehr leiden diese Entscheidungen an einer Nichtigkeit im Sinne des § 477 Abs 1 Z 2 ZPO (EvBl 1973/219; SZ 47/37; SZ 56/189; RIS-Justiz RS0007465; Fasching Lehrbuch**2 Rz 1578; Mayr in Rechberger ZPO Rz 3 zu § 5 JN). Nach Rechtskraft einer Entscheidung kann diese Nichtigkeit allerdings nicht mehr geltend gemacht werden (EvBl 1973/219; 3 Ob 26/78). Das Rekursgericht konnte demnach aufgrund des seinerzeit von der Exszindierungsklägerin nur gegen die Höhe der auferlegten Sicherheitsleistung insoweit, als diese mit S 75.100,-- statt mit S 25.000,-- festgesetzt wurde, erhobenen Rekurses die Nichtigkeit der Entscheidung des Rechtspflegers auch nur in diesem Umfang wahrnehmen. Mangels Anfechtung durch (insbesondere) die betreibende Partei wurde der Beschluß über die Festsetzung der Sicherheitsleistung im Hinblick auf einen höheren Betrag als S 75.100,-- teilweise rechtskräftig (JBl 1978, 604; EvBl 1981/61 und weitere E zu RIS-Justiz RS0007108).

Da auch im Rekursverfahren die Nichtigkeitsgründe der ZPO (auch wenn sie, wie die Verletzung der Rechtskraft, in § 477 ZPO nicht ausdrücklich erwähnt sind) gelten (§ 514 Abs 2 ZPO iVm § 78 EO), hat das Rekursgericht völlig zu Recht die der Sache nach vom Rekurs der Exszindierungsklägerin geltend gemachte Nichtigkeit berücksichtigt.

Einer jener Ausnahmefälle, in denen die Wahrung der Teilrechtskraft wegen eines untrennbaren Sachzusammenhangs der Entscheidungsteile nicht möglich wäre (NZ 1970, 41 ua E zu RIS-Justiz RS00041347), liegt hier nicht vor.

Rechtssätze
3
  • RS0007465OGH Rechtssatz

    28. Februar 2023·3 Entscheidungen

    Nach ständiger Rechtsprechung des OGH leidet ein vom Rechtspfleger in Überschreitung der ihm vom Gesetz eingeräumten Entscheidungsgewalt erlassener Beschluss und das ihm vorangegangene Verfahren, soweit es vom Rechtspfleger durchgeführt wurde, an einer Nichtigkeit im Sinne des § 477 Abs 1 Z 2 ZPO. Ein solcher Beschluss ist daher im Falle seiner Anfechtung aufzuheben. Die Nichtigkeit ist, auch wenn sie im Rechtsmittel nicht geltend gemacht wurde, bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens wahrzunehmen. Entscheidungen des Rechtspfleger sind aber auch dann, wenn sie wegen Überschreitung der Entscheidungsbefugnis des Rechtspflegers nichtig sind, keineswegs wie "Nichturteile" ("Nichtbeschlüsse") rechtsunwirksam. Auch ein vom Rechtspfleger in Überschreitung seiner Kompetenz erlassener Beschluss ist daher der formellen Rechtskraft fähig und erwächst, wenn er nicht oder bloß mit einem unzulässigen Rechtsmittel angefochten wird, in Rechtskraft. In einem solchen Fall liegt nach Ablauf seiner Anfechtungsfrist ein rechtskräftiger Beschluss des Gerichtes vor, als dessen Organ der Rechtspfleger tätig geworden war. Wenn mit dieser Beschlussfassung das Verfahren abgeschlossen ist, ist auch die amtswegige Wahrnehmung der dem Beschluss anhaftenden Nichtigkeit - abgesehen vom Fall des § 42 Abs 2 JN - ausgeschlossen. Es kann sich daher auch von diesen Zeitpunkt an niemand auf die Nichtigkeit dieses Beschlusses berufen.