JudikaturJustiz3Ob259/06v

3Ob259/06v – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Dezember 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei M***** Inc., *****, USA, vertreten durch Fiebinger, Polak, Leon Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die verpflichtete Partei M***** GmbH (vormals M***** GmbH), *****, vertreten durch Piaty Müller-Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Unterlassung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 24. August 2006, GZ 1 R 124/06i-13, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 23. März 2006, GZ 7 E 224/05b-8, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die verpflichtete Partei wurde mit der einstweiligen Verfügung (EV) des Handelsgerichts Wien vom 18. August 2005 zur Unterlassung verpflichtet, das Zeichen „M*****" ... als Firmenschlagwort oder Etablissementbezeichnung im Zusammenhang u.a. mit der Bereitstellung von Arbeitskräften zu verwenden.

Die betreibende Partei, eine in den USA domizilierte Gesellschaft, beantragte wegen verschiedener (insgesamt 14) an bestimmten Tagen in konkret bezeichneten Medien (Internet, Telefonbuch, Zeitung) veröffentlichten Werbeeinschaltungen gemäß § 355 EO die Bewilligung der Exekution, die Verhängung einer Geldstrafe und den Erlag einer Sicherheitsleistung durch die verpflichteten Partei von 33.000 EUR. Die verpflichtete Partei äußerte sich zum Exekutionsantrag erst nach Ablauf der vom Erstgericht gesetzten Frist und stellte den Antrag, der betreibenden Partei eine aktorische Kaution aufzutragen. Das Erstgericht gab dem Exekutionsantrag statt, verhängte eine Geldstraße von 5.000 EUR, trug der verpflichteten Partei eine Sicherheitsleistung von 16.351,39 EUR auf und wies den auf Erlag einer aktorischen Kaution gerichteten Antrag der verpflichteten Partei ab.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der verpflichteten Partei teilweise Folge. Es bestätigte die Exekutionsbewilligung, reduzierte die Geldstrafe auf 4.000 EUR und wies das Mehrbegehren, die Geldstrafe auch wegen der Verwendung des Zeichens „M*****" bei der Nennung des vollständigen Firmenwortlauts der verpflichtenden Partei zu verhängen und auch den Antrag ab, der verpflichteten Partei eine Sicherheitsleistung von 33.000 EUR aufzutragen. Das Rekursgericht bestätigte schließlich die Abweisung des Antrags der verpflichteten Partei, der betreibenden Partei eine aktorische Kaution aufzutragen. Der außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist teilweise absolut unzulässig, teilweise mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

Rechtliche Beurteilung

I. Die Vorinstanzen haben übereinstimmend den Antrag auf Erlag einer aktorischen Kaution durch die betreibende Partei abgewiesen. Auf die im Rechtsmittel relevierte Rechtsfrage, ob § 57 ZPO im Exekutionsverfahren analog anwendbar ist, kann nicht eingegangen werden, weil Konformatsentscheidungen gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 EO unanfechtbar sind (stRsp, 3 Ob 200/05s mwN). Beim Antrag der verpflichteten Partei handelt es sich um einen selbständigen, verfahrensrechtlichen Entscheidungsgegenstand. Der Antrag war überdies auch verfristet (dazu unten P II.2.).

II. Im Übrigen vermag die Revisionsrekurswerberin keine erheblichen Rechtsfragen aufzuzeigen:

1. Dass eine widersprüchliche Judikatur der Landesgerichte zur Frage der Bescheinigung der Schadenshöhe zur Begründung einer von der verpflichteten Partei zu erlegenden Sicherheit (§ 355 Abs 2 EO) hier eine erhebliche Rechtsfrage darstellen soll, ist nicht nachvollziehbar, wurde doch der Antrag der betreibenden Partei vom Rekursgericht unangefochten abgewiesen, sodass dieses Thema hier wohl nicht mehr entscheidungswesentlich sein kann.

2. Fragen der Strafbemessung bilden im Hinblick auf deren Einzelfallbezogenheit regelmäßig keine erheblichen Rechtsfragen (RIS-Justiz RS0012388, zuletzt 3 Ob 50/06h). Insoweit die Revisionsrekurswerberin zu diesem Thema ihre mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit releviert und die unterlassene Parteivernehmung ihrer Geschäftsführerin rügt, ist ihr einerseits entgegenzuhalten, dass der vom Rekursgericht verneinte Verfahrensmangel erster Instanz nach ständiger oberstgerichtlicher Rsp nicht zum Gegenstand eines Revisionsrekurses gemacht werden kann; andererseits aber hatte die verpflichtete Partei ihre unsubstantiiert gebliebene Behauptung der fehlenden Leistungskraft erst außerhalb der vom Erstgericht gesetzten Äußerungsfrist erhoben. Auf verspätete Stellungnahmen war zufolge § 56 Abs 2 und 3 EO nicht einzugehen, weil andernfalls die Erteilung einer Frist und die vom Gesetz angeordneten Säumnisfolgen bedeutungslos wären (RIS-Justiz RS0002096; Jakusch in Angst, EO, § 56 Rz 6). Insoweit die Revisionsrekurswerberin die Strafhöhe mit Sachverhaltsvorbringen bekämpft ist ihr das Neuerungsverbot entgegenzuhalten (RIS-Justiz RS0002371), das nur dann nicht gilt, wenn der verpflichteten Partei keine Möglichkeit zur Äußerung eingeräumt wurde (RIS-Justiz RS0110233; vgl auch RS0085144).

3. Entgegen dem Revisionsrekursvorbringen hat die betreibende Partei in ihrem Exekutionsantrag die behaupteten Verstöße gegen den Unterlassungstitel ausreichend unter Anführung des Datums und des Veröffentlichungsmediums so konkret beschrieben, dass für eine allfällige Impugnationsklage der verpflichteten Partei eine hinreichend bestimmte Sachverhaltsgrundlage vorliegt.

4. Der Exekutionsantrag war nicht schon deshalb abzuweisen, weil sich die Unrichtigkeit der behaupteten Titelverstöße schon aus dem Parteivorbringen der betreibenden Partei und/oder aus den vorgelegten Urkunden ergibt:

Grundsätzlich ist bei der Bewilligung eines Exekutionsantrags gemäß § 3 Abs 2 EO von den Angaben der betreibenden Partei auszugehen (stRsp, RIS-Justiz RS0000029), sofern sie nicht offenkundig unrichtig sind oder sich die Unrichtigkeit aus den angebotenen Bescheinigungsmitteln ergibt (RIS-Justiz RS0113988). Selbst wenn aus dem Parteivorbringen der betreibenden Partei und dem vorgelegten Firmenbuchauszug hervorgeht, dass die verpflichtete Partei ihren Teilbetrieb „Arbeitskräfteüberlassung und Personaldienstleistung" schon vor Erlassung der EV an eine Dritte übertragen hätte, ist damit in keiner Weise bescheinigt, dass die verpflichtete Partei im Geschäftsverkehr keinesfalls titelwidrig gehandelt haben konnte. Die Tatsachenbehauptungen, wie beispielsweise diejenige, dass die verpflichtete Partei im angeführten Geschäftsbereich nicht mehr „operativ" tätig sei und daher keine Titelverstöße gesetzt habe, sind nicht im Rechtsmittelverfahren sondern ausschließlich in einem Impugnationsprozess von Relevanz.

5. Das Revisionsrekursvorbringen über fehlende Ausführungen der betreibenden Partei zum Thema der behaupteten Markenverstöße geht am Entscheidungsgegenstand vorbei. Im Exekutionsverfahren ist nicht der materiell-rechtliche Anspruch, sondern nur die Deckung der behaupteten Titelverstöße durch den Exekutionstitel zu prüfen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 78 EO).

Rechtssätze
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