JudikaturJustiz3Ob180/93

3Ob180/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Gerstenecker und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1.) Anton S*****, und 2.) Anton S*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Rohringer, Rechtsanwalt in Tamsweg, wider die verpflichtete Partei Heinz Z*****, vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory Schellhorn OEG in Salzburg, wegen Erwirkung von Unterlassungen, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 31.August 1993, GZ 6 R 168, 178/93-16, womit die Exekutionsbewilligung des Landesgerichtes Salzburg vom 21.April 1993, GZ 13 Cg 276/91-9, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibenden Parteien haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Verpflichtete ist auf Grund eines vor dem Landesgericht Salzburg geschlossenen Vergleiches schuldig, bestimmte die betreibenden Parteien beleidigende Äußerungen zu unterlassen.

Das Landesgericht Salzburg bewilligte auf Grund eines von den betreibenden Parteien gestellten Exekutionsantrags mit Beschluß vom 5.4.1993 die Exekution zur Erwirkung aller Handlungen und Unterlassungen, durch die der Verpflichtete dem angeführten Vergleich zuwiderhandeln würde.

Auf Grund eines weiteren Antrags der betreibenden Parteien, in dem eine andere Zuwiderhandlung als im ersten Antrag behauptet wurde, bewilligte das Landesgericht Salzburg mit Beschluß vom 21.4.1993 neuerlich die Exekution zur Erwirkung derselben Unterlassung wie in der ersten Exekutionsbewilligung.

In beiden Exekutionsbewilligungen wurde das Exekutionsgericht entgegen § 63 Z 5 EO nicht bezeichnet, die Ausfertigungen der Exekutionsbewilligungen wurden jedoch dem Bezirksgericht Salzburg übersendet. Dieses verhängte mit Beschluß vom 31.5.1993 auf Grund der Exekutionsbewilligung vom 21.4.1993 über den Verpflichteten eine Geldstrafe von 5.000 S. Die Exekutionsbewilligung und der Strafbeschluß wurden dem Verpflichteten am 18.6.1993 zugestellt.

Am 23.6.1993 langte in der gemeinsamen Einlaufstelle des Landes- und des Bezirksgerichtes Salzburg ein vom Verpflichteten unterfertigtes, am 22.6.1993 zur Post gegebenes Schreiben ein, in dem als Empfänger das Bezirksgericht Salzburg und die Namen zweier Richter angeführt sind, von denen einer die Exekutionsbewilligung und der andere den Strafbeschluß erlassen hat. In dem Schreiben wird bei Angabe des Gegenstands nur auf den Strafbeschluß Bezug genommen. Unter der Überschrift "Rekurs" erklärt der Verpflichtete, gegen diesen Beschluß "Einspruch" zu erheben, und macht als Grund unter anderem geltend, daß er die ihm zur Last gelegte Zuwiderhandlung nicht begangen habe. Er stellt den Antrag auf "Abweisung der Bewilligung der Exekution".

Das Bezirksgericht Salzburg stellte dem Verpflichteten den Schriftsatz mit Beschluß vom 7.7.1993 zur Verbesserung "insbesondere" durch anwaltliche Fertigung zurück und übermittelte zugleich eine Ablichtung des Schriftsatzes dem Landesgericht Salzburg. Der Verbesserungsauftrag wurde dem Verpflichteten am 16.7.1993 zugestellt.

Am 27.7.1993 gab der Verpflichtete beim Bezirksgericht Salzburg einen Rekurs gegen dessen Beschluß vom 31.5.1993 und beim Landesgericht Salzburg, das selbst keinen Verbesserungsauftrag erteilt hatte, einen Rekurs gegen dessen Beschluß vom 21.4.1993 zu Protokoll.

Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht gab dem gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg gerichteten Rekurs des Verpflichteten Folge, wies den Exekutionsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es vertrat unter Hinweis auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes AnwBl 1991, 857 die Meinung, daß der Rekurs beim Landesgericht Salzburg wirksam zu Protokoll gegeben worden sei. Er sei auch berechtigt, weil das Erstgericht gegen den Grundsatz der Einmaligkeit der Exekutionsbewilligung verstoßen habe. Da schon eine Exekutionsbewilligung ergangen gewesen sei, hätte es wegen des zweiten, denselben Exekutionstitel betreffenden Zuwiderhandelns nicht neuerlich die Exekution bewilligen dürfen.

Rechtliche Beurteilung

Der von den betreibenden Parteien gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Ehe die Frage der Wirksamkeit des vom Verpflichteten zu Protokoll gegebenen Rekurses erörtert wird, ist zu prüfen, ob dies rechtzeitig geschah. Der Oberste Gerichtshof pflichtet dabei dem Bezirksgericht Salzburg darin bei, daß der Rekurs des Verpflichteten (zumindest auch) gegen die Exekutionsbewilligung des Landesgerichtes Salzburg gerichtet war. Der Verpflichtete hat zwar als Empfänger nicht dieses Gericht sondern das Bezirksgericht Salzburg bezeichnet und er hat als angefochtenen Beschluß auch nicht die Exekutionsbewilligung, sondern den Strafbeschluß angeführt. Er hat aber immerhin auch den Richter genannt, der die Exekutionsbewilligung erließ. Aus dem Rekursvorbringen und vor allem aus dem Rekursantrag war überdies eindeutig zu entnehmen, daß er in Wahrheit (auch) die Exekutionsbewilligung bekämpfen wollte. Es lag daher insoweit nur eine unrichtige Benennung des angefochtenen Beschlusses vor, die gemäß dem sinngemäß anzuwendenden § 84 Abs 1 letzter Satz ZPO keine Bedeutung hat, weil das Begehren des Verpflichteten deutlich zu erkennen ist.

Der Rekurs wurde auch noch innerhalb der Rekursfrist eingebracht, weil er bei der gemeinsamen Einlaufstelle des Gerichtes erster Instanz und des Bezirksgerichtes Salzburg einlangte (RZ 1991/31). Daß er zunächst an dieses Gericht zur Behandlung weitergeleitet wurde, ist unerheblich. Er ist nämlich trotzdem auch als beim Landesgericht Salzburg eingebracht anzusehen. Da das Rechtsmittel noch innerhalb der für die Einbringung offenstehenden Frist bei diesem Gericht und damit beim Gericht erster Instanz einlangte, bei dem es gemäß § 78 EO iVm § 520 Abs 1 ZPO einzubringen war, muß nicht erörtert werden, ob im Sinn der Rechtsprechung zu § 89 GOG (vgl EvBl 1992/188; RZ 1991/31; RZ 1990/109 ua) die Tage des Postenlaufs einzurechnen gewesen wären, weil der Rekurs nicht an das Gericht erster Instanz adressiert war. Das Rechtsmittel ist schon am Tag des Einlangens in der gemeinsamen Einlaufstelle des Landes- und Bezirksgerichtes Salzburg als auch beim Landesgericht Salzburg eingebracht anzusehen, weshalb nicht entscheidend war, wann bei diesem Gericht die Ablichtung einlangte.

Da der vom Bezirksgericht Salzburg erteilte Verbesserungsauftrag für das Verfahren vor dem Landesgericht Salzburg keine Bedeutung hatte, hätte dieses an sich einen eigenen Verbesserungsauftrag erteilen müssen. Der Verpflichtete konnte aber die Verbesserung auch schon vor Erteilung eines solchen Auftrags vornehmen, weshalb entscheidend ist, ob dies dadurch geschah, daß er den Rekurs beim Erstgericht, einem Gerichtshof, zu Protokoll gab.

Der erkennende Senat hat schon in der auch vom Rekursgericht zitierten Entscheidung AnwBl 1991, 857 (mit zustimmender Besprechung von Graff) einen Rekurs als wirksam eingebracht angesehen, der bei einem Bezirksgericht gegen die Exekutionsbewilligung eines Gerichtshofs erster Instanz zu Protokoll gegeben wurde. Er hat an dieser Rechtsansicht in der Entscheidung EvBl 1991/140 festgehalten und sie mit der gebotenen teleologischen Auslegung des § 520 Abs 1 ZPO begründet. Der Zweck der Vorschrift, daß ein Rekurs entweder durch einen von einem Rechtsanwalt unterschriebenen Schriftsatz erhoben oder mündlich bei Gericht zu Protokoll gegeben werden müsse, liege sowohl darin, unzweckmäßige und nicht formgerechte Rekurse hintanzuhalten, als auch darin, der Partei die erforderlichen Rechtskenntnisse zuteil werden zu lassen. Beides sei aber auch dann gewährleistet, wenn ein Rekurs zu Protokoll genommen wird, obwohl es sich nicht um eine Rechtssache handelt, für die es im § 520 Abs 1 ZPO vorgesehen ist.

Der hier zu prüfende Fall unterscheidet sich allerdings von dem der angeführten Entscheidung zugrundeliegenden Fall dadurch, daß der Rekurs nicht von einem Bezirksgericht, sondern von einem Gerichtshof zu Protokoll genommen wurde. Geht man aber von dem in der Entscheidung EvBl 1991/140 dargelegten Zweck der Regelung des § 520 Abs 1 ZPO aus, so muß auch ein bei einem Gerichtshof zu Protokoll gegebener Rekurs als wirksam eingebracht angesehen werden, weil es keinen Unterschied machen kann, ob ein Bezirksgericht in einem im Gesetz nicht vorgesehenen Fall einen Rekurs zu Protokoll nimmt oder ob dies durch einen Gerichtshof geschieht; in beiden Fällen ist gewährleistet, daß unzweckmäßige und nicht formgerechte Rekurse vermieden werden und der Partei die erforderlichen Rechtskenntnisse zuteil werden. Die Gültigkeit vom Gericht ohne die gesetzlichen Voraussetzungen zu Protokoll genommener Rechtsmittel folgt auch daraus, daß rechtsunkundige Parteien nicht durch einen Gerichtsfehler den Rechtsschutz verlieren dürfen (Fasching, Lehrbuch2 Rz 1778). Dem steht nicht entgegen, daß in einzelnen, Bestimmungen ausdrücklich die Möglichkeit geschaffen wurde, den Rekurs bei einem Gerichtshof erster Instanz zu Protokoll zu geben. Dies begründet nur die Pflicht zur Aufnahme eines Protokolls, sagt aber nichts darüber aus, ob auch ein ohne eine solche Pflicht zu Protokoll genommener Rekurs wirksam erhoben wurde.

Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 8 Ob 629/90 allerdings die Auffassung vertreten, daß ein Rekurs unzulässig sei, wenn er beim in einer Delegierungssache in erster Instanz einschreitenden Oberlandesgericht zu Protokoll gegeben wurde. Der erkennende Senat vermag sich dieser Entscheidung jedoch aus den dargelegten Gründen nicht anzuschließen, zumal sie bloß damit begründet wurde, daß im § 520 Abs 1 ZPO Protokollarrekurse nur bei Bezirksgerichten vorgesehen seien. Das Rekursgericht hat somit über einen rechtzeitig und wirksam erhobenen Rekurs des Verpflichteten entschieden. Eine Mangelhaftigkeit des Rekursvefahrens kann auch nicht darin erblickt werden, daß das Rekursgericht die Anordnung unterließ, der Rekurswerber habe den Protokollarrekurs durch anwaltliche Fertigung zu verbessern. Die betreibenden Parteien übersehen, daß die Bestimmungen der §§ 84 f ZPO die Verbesserung von Formgebrechen in Schriftsätzen regeln (Fasching, Lehrbuch2 Rz 511 ff; derselbe Komm II 552; Mayr in Beitr ZPR II 156). Wohl ordnet § 79 ZPO an, daß ein die Stelle eines Schriftsatzes versehendes protokollarisches Anbringen nach den Bestimmungen über die Schriftsätze einzurichten ist. Für die Anwendung der Formvorschriften bei protokollarischen Anbringen hat aber nicht die Partei, sondern das Gerichtsorgan zu sorgen (Petschek-Stagel, Der österreichische Zivilprozeß 207). Aus diesem Grund hat der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung EvBl 1991/140 (unter Ablehnung der Entscheidung EvBl 1981/211) ausgesprochen, daß es übeflüssig ist, einen entgegen § 520 Abs 1 ZPO zu Protokoll genommenen Rekurs durch die Beisetzung der Unterschrift eines Rechtsanwaltes verbessern zu lassen. An dieser Ansicht wird festgehalten. Die betreibenden Parteien haben in ihrem Revisionsrekurs nur erklärt, den Beschluß des Rekursgerichtes insoferne anzufechten, "als zu Recht erkannt wird, daß der vom Titelgericht aufgenommene Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung vom 21.4.1993 unzulässig erfolgte". Sie haben beantragt, den Rekurs des Verpflichteten als unzulässig zurückzuweisen und den angefochtenen Beschluß ersatzlos aufzuheben. Der Revisionsrekurs wird allein darauf gestützt, daß die Aufnahme des Rekurses des Verpflichteten zu Protokoll nicht zulässig gewesen sei. Auf Grund dieses Sachverhalts ist davon auszugehen, daß die betreibenden Parteien die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses nur in der Richtung begehrten, ob der Verpflichtete einen wirksamen Rekurs erhoben hat (wobei in der Anfechtungserklärung statt des Wortes "zulässig" offensichtlich infolge eines Irrtums das Wort "unzulässig" verwendet wurde). Zur Frage, ob der angefochtene Beschluß in der Sache zutrifft, ist daher nicht Stellung zu nehmen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO.