JudikaturJustiz2Ob197/21s

2Ob197/21s – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. März 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Ferner Hornung Partner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei S*, vertreten durch Mag. Jürgen Lappi, Rechtsanwalt in Lambach, wegen Feststellung und Einwilligung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 21. Juli 2021, GZ 22 R 148/21b 42, womit über die Berufungen beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 16. März 2021, GZ 35 C 620/19t 35, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 418,78 EUR (darin enthalten 69,80 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung:

[1] Die Beklagte kann ihr Grundstück */3 zwar auch über den befestigten westlichen Weg mindestens gleichwertig wie über den strittigen Servitutsweg erreichen. Diesen Vorteil hat sie jedoch nur, weil sie auch Eigentümerin des Grundstücks */14 ist; weil das Wegerecht über den westlichen Weg ist nur für das Grundstück */14 einverleibt.

[2] Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die Rechtsfrage, ob bei der Zusammenlegung von Grundstücken und einer allfälligen späteren Trennung ein die Einschränkung der Dienstbarkeit hindernder Vorteil bestehen bleibe, über den Einzelfall hinaus Bedeutung für eine Vielzahl von gleichgelagerten Fällen habe.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die Revision des Klägers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[4] 1. Eine Dienstbarkeit kann nur bestehen, wenn sie für das herrschende Grundstück nützlich und bequem ist. Sie erlischt, wenn sie zwecklos wird (RS0011582). Nur völlige Zwecklosigkeit, die dauernde Unmöglichkeit oder die gänzliche Unwirtschaftlichkeit einer Dienstbarkeit für den Berechtigten lässt diese erlöschen (RS0011582 [T2]; RS0011699 [T3]; RS0116757 [T1]). Völlig zwecklos ist eine Dienstbarkeit nur dann, wenn sie ihren Sinn ganz verloren hat und die Ausübung der Dienstbarkeit nicht nur vorübergehend, sondern dauernd unmöglich geworden ist. Jeder auch nur einigermaßen ins Gewicht fallende Vorteil genügt für die Aufrechterhaltung des erworbenen Rechts (RS0011701; RS0116757). Eine Wegedienstbarkeit erlischt grundsätzlich nicht allein deshalb, weil der Berechtigte seinen Grund über einen anderen Weg erreichen kann, mag der Grund durch den anderen Weg auch bequemer zu erreichen sein (RS0011574; RS0011688 [T3]). Der Zweck einer Wegeservitut kann aber dann wegfallen, wenn eine vom Servitutsweg verschiedene Zugangsmöglichkeit einen vollwertigen (gleichwertigen) Ersatz für diesen bietet (RS0011582 [T5]; RS0011688 [T2]; RS0011699). Dabei wird nicht nur auf die Länge, sondern auch auf den Zustand der zur Verfügung stehenden Wege und auch auf sonstige Umstände abgestellt (RS0011582 [T11]; RS0011589 [T8]). Das Erfordernis der Nützlichkeit oder Bequemlichkeit bezieht sich immer auf das Grundstück selbst, nicht auf persönliche Vorteile seines Eigentümers (RS0011593 [T1]). Ob ein vollwertiger (gleichwertiger) Ersatz vorliegt oder nicht, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und wirft in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf (1 Ob 107/17t).

[5] 2. Die Beurteilung der Vorinstanzen, die strittige Servitut sei nicht erloschen, hält sich im Rahmen der Rechtsprechung.

[6] 3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Rechtssätze
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