JudikaturJustiz2Ob149/05h

2Ob149/05h – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. März 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Krista G*****, vertreten durch Dr. Gerald Stuhler, Rechtsanwalt in Bad Hofgastein, wider die beklagten Parteien 1.) Björn D*****, 2.) Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs, Schwarzenbergplatz 7, 1030 Wien, beide vertreten durch Dr. Felix Haid, Rechtsanwalt in Eben im Pongau, wegen EUR 5.000, - sA und Feststellung (EUR 2.000, ) über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 24. Februar 2005, GZ 22 R 10/05g 26, womit das Urteil des Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau vom 2. November 2004, GZ 1 C 1877/03p 20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 549,34 (darin enthalten EUR 91,56 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin wurde am 3. 6. 1994 in Österreich als Fußgängerin bei einem Verkehrsunfall durch den vom Erstbeklagten gelenkten und gehaltenen PKW mit dem polizeilichen Kennzeichen ***** (Deutschland) aus Alleinverschulden des Erstbeklagten verletzt. Die G***** Versicherung war im Unfallszeitpunkt Haftpflichtversicherer des Beklagtenfahrzeuges. Diese beauftragte die G***** Versicherung AG, Landesdirektion Salzburg, mit der Regulierung des Unfallschadens. Diese Versicherungsanstalt leistete im Jänner 1995 und im Februar 1996 unfallskausale Schadenersatzzahlungen an die Klägerin in Gesamthöhe von ATS 133.786, - (EUR 9.722,61), wobei davon EUR 8.837,02 auf das Schmerzengeld der Klägerin entfielen.

Am 3. 6. 1997 gab die G***** Versicherungs AG als Korrespondenzversicherung für die G***** Versicherung nachstehende schriftliche Erklärung ab:

„Was die Möglichkeit künftiger Schäden betrifft, so geben wir bereits jetzt die Erklärung ab, dass wir bis zur Höhe der vertraglich vereinbarten Haftpflichtversicherungssumme die volle Haftpflicht gegenüber ihrer Mandantin, Frau Krista G*****, für alle künftigen Schäden anerkennen, die sich als Folge dessen ergeben, dass der bei uns Versicherte am 3. 6. 1994 in Bad Hofgastein Frau Krista G***** fahrlässig verletzt hat.

Durch dieses Anerkenntnis ist in gleicher Weise wie durch ein Feststellungsurteil die Verjährung künftiger Ansprüche von Frau Krista G***** unterbrochen, sodass sich die Einbringung einer Feststellungsklage erübrigt.

Dieser Verjährungsverzicht gilt vorläufig bis 31. 12. 1997."

Dieser „Verjährungsverzicht" wurde von der G***** Versicherung AG mehrmals, zuletzt am 30. 12. 2002 bis 31. 12. 2003 verlängert.

Mit der am 30. 12. 2003 beim Erstgericht überreichten Klage begehrte die Klägerin von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Bezahlung von weiteren EUR 5.000, - an Schmerzengeld sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten, der zweitbeklagten Partei jedoch betragsbeschränkt im Rahmen des Versicherungsvertrages bis zur Höhe der Versicherungssumme, für alle aus dem Unfall zu erwartenden künftigen unfallskausalen Spät- und Dauerfolgen.

Über die bisher geleistete Abfindung hinaus seien bei der Klägerin neuerlich unfallskausale Schmerzen und Beschwerden aufgetreten, die ein weiteres Schmerzengeld von EUR 5.000, - rechtfertigten. Der Verjährungsverzicht der G***** Versicherung AG gelte jedenfalls für die G***** Versicherung, da die G***** Versicherung AG im Namen der G***** Versicherung auch die bisherige Schadensabwicklung vorgenommen und die vorhergehenden Verjährungsverzichte abgegeben habe. Die Haftung der Zweitbeklagten ergebe sich aus § 62 KFG und dem EKHG. Die Haftpflichtversicherung sei zudem Vertreter des Erstbeklagten als ihres Versicherungsnehmers.

Die Beklagten beantragten Klagsabweisung und brachten - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - vor, die Klägerin sei durch das bisher geleistete Schmerzengeld befriedigt. Durch die zitierte Erklärung der G***** Versicherung AG, die ein konstitutives Anerkenntnis darstelle, fehle es der Klägerin am Feststellungsinteresse. Dieses Anerkenntnis der G***** Versicherung AG sei weder namens des Erstbeklagten noch namens der zweitbeklagten Partei abgegeben worden. Es entfalte daher keine Wirkung gegenüber den Beklagten. Die Beklagten hätten innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist kein konstitutives Anerkenntnis gegenüber der Klägerin abgegeben bzw nicht auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Das nunmehrige Leistungs und Feststellungsbegehren der Klägerin sei verjährt. Die Verjährungseinrede verstoße nicht gegen Treu und Glauben und sei nicht arglistig, da das Fristversäumnis der Klägerin nicht auf ein Verhalten der Beklagten zurückgehe.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren statt, verurteilte die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Bezahlung von EUR 4.500, - sA und wies das Mehrbegehren auf Bezahlung weiterer EUR 500, - ab. Es traf umfangreiche Feststellungen über Verletzungen, Heilungsverlauf, Schmerzen und Dauerfolgen bei der Klägerin. Die Erklärungen, die die G***** Versicherung AG als Korrespondenzversicherung namens der G***** Versicherung abgegeben habe, wirkten gegenüber den Beklagten. Die zweitbeklagte Partei führe, wenn der Haftpflichtversicherer feststehe, die außergerichtlichen Verhandlungen mit dem Geschädigten nicht selbst, sondern überlasse diese den jeweiligen Haftpflichtversicherern, weshalb sie an deren Erklärungen (wie hier denjenigen der G*****Versicherung AG) gebunden sei. Die Verjährungsverzichtserklärungen der G***** Versicherung AG bänden die zweitbeklagte Partei und gemäß § 9 AKHB 1988 auch den Erstbeklagten. Da die Klage vor Ablauf der letzten Verjährungsverzichtserklärung bei Gericht eingelangt sei, versage der Verjährungseinwand. Die Klägerin habe ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Schäden, weil sie im Hinblick auf die Befristung der Verjährungsverzichtserklärungen gezwungen gewesen sei, ein Feststellungsbegehren zu erheben, um künftig dem Verjährungseinwand zu begegnen.

Das Berufungsgericht gab der nur von den Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000, - nicht jedoch EUR 20.000, - übersteige. Die Klägerin habe an der Feststellung ein rechtliches Interesse, weil die G***** Versicherung AG kein unbeschränktes Haftungsanerkenntnis, sondern einen Verjährungsverzicht bis zu einem jeweils bestimmten Endzeitpunkt abgegeben habe. Gemäß § 27 Abs 2 Satz 3 KHVG 1994 bewirke die Hemmung oder die Unterbrechung der Verjährung des Schadenersatzanspruches gegen den ersatzpflichtigen Versicherten auch die Hemmung oder die Unterbrechung der noch laufenden Verjährung des Schadenersatzanspruches gegen den Versicherer und umgekehrt. Die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung des Direktanspruches wirke auf den Anspruch gegen den Versicherungsnehmer auch insoweit, als der Anspruch des Dritten die Versicherungssumme übersteige. Die vom Erstbeklagten vertretene gegenteilige Ansicht widerspräche dem gesetzgeberischen Zweck der Direktklage gegen den Versicherer. Es entstünde nämlich gerade in den Fällen schwerster Schäden die Gefahr eines Rechtsverlustes, weil der Geschädigte vielfach nicht vorauszusehen vermöge, für welchen Teil seines Gesamtanspruches der Versicherungsnehmer wegen Erschöpfung der Deckungssumme schließlich selbst einzustehen haben werde und in welchem Umfang er daher gezwungen sein könnte, durch geeignete Rechtshandlungen auch insoweit der drohenden Verjährung zu begegnen. Der Gesetzgeber habe vielmehr bewusst den Anspruch gegen den Schädiger und gegen den Versicherer gekoppelt, um zu verhindern, dass dem Verletzten Nachteile dadurch entstünden, dass Regulierungsverhandlungen über den Schadensausgleich in aller Regel nur mit dem Versicherer geführt würden, während der Versicherungsnehmer selbst untätig bleibe und daher eine Unterbrechung oder Hemmung der für ihn laufenden Verjährungsfrist nicht erfolge. Der von der G***** Versicherung AG abgegebene Verjährungsverzicht binde auch den Erstbeklagten, der sich daher nicht auf die Verjährungseinrede berufen könne. Die Grundlage für die Haftung der Zweitbeklagten bilde das multilaterale Garantieabkommen zwischen den nationalen Versicherungsbüros vom 15. 3. 1991. Durch die Einstandsgarantie des behandelnden Büros werde der Geschädigte so gestellt, als ob ihm der Schaden von einem inländischen, zu den gesetzlichen Mindestversicherungssummen versicherten Kraftfahrer zugefügt worden wäre. § 27 Abs 2 Satz 3 KHVG sei daher auf das Verhältnis zwischen der Klägerin und der zweitbeklagten Partei anwendbar. Auch die zweitbeklagte Partei könne sich daher nicht auf die Verjährungseinrede berufen.

Über Antrag der Beklagten gemäß § 508 Abs 1 ZPO erklärte das Berufungsgericht die Revision für zulässig, da eine Rechtsprechung darüber, inwieweit im Rahmen des multilateralen Garantieabkommens eine von einem (ausländischen) Haftpflichtversicherer abgegebene Erklärung auch den zweitbeklagten Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs binde, nicht vorliege.

Gegen das Berufungsurteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagsabweisung abzuändern.

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Feststellungsinteresse:

Die Revisionswerberin meint, der Klägerin fehle das rechtliche Interesse an der Feststellung der Haftung der Beklagten für zukünftige unfallkausale Schäden, weil die G***** Versicherung AG ein konstitutives Haftungsanerkenntnis abgegeben habe, das der Klägerin als Geschädigter alles gebe, was auch ein Feststellungsurteil bieten könnte.

Dem ist für den Erstbeklagten schon zu entgegnen, dass die Erklärung der G***** Versicherung AG ihre Haftung nur bis zur Höhe der vertraglich vereinbarten Haftpflichtversicherungssumme anerkennt, wohingegen im vorliegenden Verfahren die Feststellung der Haftung des Erstbeklagten ohne Betragsbeschränkung begehrt wird. Schon deshalb ist das Feststellungsinteresse der Klägerin hinsichtlich des Erstbeklagten zu bejahen (2 Ob 157/00b = ZVR 2001/23; 7 Ob 144/05k; RIS Justiz RS0034315 [T1]).

Entgegen der Rechtsansicht der Revisionswerber ist aber auch das Feststellungsinteresse gegenüber dem zweitbeklagten Verband zu bejahen:

Ob ein konstitutives Anerkenntnis vorliegt, ist durch Auslegung des Parteiwillens im Einzelfall zu ermitteln. Dabei sind vor allem die verfolgten Zwecke, die beiderseitige Interessenlage und die allgemeine Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses maßgebend (RIS Justiz RS0017965). Ein konstitutives Anerkenntnis kann nicht nur ausdrücklich, sondern auch schlüssig durch solche Handlungen erfolgen, die unter Berücksichtigung aller Umstände keinen (vernünftigen) Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen (vgl § 863 ABGB; Heidinger in Schwimann 3 , § 1375 Rz 8 mwN; RIS Justiz RS0014279 [T7]). Ein schlüssig erklärtes konstitutives Anerkenntnis liegt daher schon dann nicht vor, wenn es einen vernünftigen Grund gibt, am Inhalt der Erklärung zu zweifeln. So maß der Oberste Gerichtshof etwa in der Entscheidung 2 Ob 4/94 der Erklärung „..... geben wir die Erklärung ab, dass wir mit der Wirkung eines Feststellungsurteiles hinsichtlich weiterer unfallkausaler ... Unfallsfolgen auf die Einrede der Verjährung verzichten" nicht die Rechtswirkung eines konstitutiven Anerkenntnisses zu.

Die hier vorliegende Erklärung der G***** Versicherung AG entspricht etwa der Formulierung, die der Entscheidung 2 Ob 2017/96y zugrundelag, in der der Oberste Gerichtshof ein konstitutives Anerkenntnis bejahte.

Der wesentliche Unterschied zum vorliegenden Fall liegt aber darin, dass hier die Erklärung des Korrespondenzversicherers mit dem Hinweis ergänzt wird, „Dieser Verjährungsverzicht gilt vorläufig bis 31. 12. 1997". Dieser Verjährungsverzicht wurde auch mehrfach verlängert.

Eine durch ein konstitutives Anerkenntnis begründete Forderung verjährt an sich binnen 30 Jahren (2 Ob 100/97p ua; Heidinger in Schwimann 3 , § 1375 ABGB Rz 26; Neumayr in KBB, § 1375 ABGB Rz 9). Vorliegend legen aber die genannte Formulierung sowie die in der Folge wiederholt erklärten Verlängerungen des „Verjährungsverzichtes" für die geschädigte Klägerin nahe, die G***** Versicherung AG wolle ihre Haftung zeitlich beschränken und sich vorbehalten, einer nach Ablauf der Frist erhobenen Leistungs oder Feststellungsklage sehr wohl den Einwand der Verjährung entgegenzuhalten. Die Befristung des „Verjährungsverzichtes" erweckt daher zumindest solche Zweifel am Erklärungswillen der G***** Versicherung AG, dass der Erklärung der objektive Erklärungswert eines unbeschränkten konstitutiven Anerkenntnisses, das die Verjährung für 30 Jahre unterbricht, nicht beigemessen werden kann.

Deshalb wäre selbst einer gegen die G***** Versicherung AG erhobenen Feststellungsklage das rechtliche Interesse nicht genommen. Bei ergebnislosem Verstreichenlassen dieser Frist müsste die Klägerin nämlich befürchten, infolge wirksam erhobener Verjährungseinrede der G***** Versicherung AG mit einer Klagsabweisung rechnen zu müssen. Ebenso ist daher das rechtliche Interesse an einer Feststellung der Haftung für künftige Schäden gegenüber den hier Beklagten zu bejahen.

2. Verjährung:

Zur Frage der Verjährung bringen die Revisionswerber zusammengefasst vor, der von der G***** Versicherung AG erklärte befristete Verjährungsverzicht sei gemäß § 1502 ABGB unwirksam; aus dem Umstand, dass die G***** Versicherung AG als Korrespondenzversicherer für die G***** Versicherung aufgetreten sei, ergebe sich kein Hinweis darauf, dass die Inanspruchnahme der G***** Versicherung AG in Vertretung für den zweitbeklagten Verband erfolge. Es sei nicht festgestellt worden, dass das Korrespondenzunternehmen als rechtmäßig bevollmächtigte Vertreterin des behandelnden Büros agiert habe. Die Klägerin habe die Replik der Arglist gegen die von den Beklagten eingewendete Verjährung nicht erhoben.

Hiezu wurde erwogen:

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen gab die G***** Versicherung AG „als Korrespondenzversicherung für die G***** Versicherung", den Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten Kraftfahrzeuges, die zitierte Haftungserklärung ab. Auch die Revisionswerber gestehen dies zu. Die Beklagten haben weiters außer Streit gestellt, die G***** Versicherung sei Haftpflichtversicherer des ausländischen Beklagtenfahrzeuges gewesen, die G***** Versicherung AG habe als Korrespondenzanstalt der G***** Versucherung fungiert bzw sei anstelle des ausländischen Haftpflichtversicherers als Abwicklungsbüro des besuchten Landes aufgetreten. Die zweitbeklagte Partei sei das Behandelnde Büro.

Angesichts dieser Feststellungen und des Vorbringens der Beklagten selbst ist ein eindeutiger Bezug zum multilateralen Garantieabkommen zwischen den nationalen Versicherungsbüros vom 15. 3. 1991 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Nr L 177, S 27; vgl § 62 Abs 1 KFG idF BGBl Nr 651/1994) gegeben. Dessen Anwendbarkeit und die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen hat bereits das Berufungsgericht zutreffend dargestellt, sodass auf dessen Ausführungen verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO; vgl ausführlich 7 Ob 103/03b = SZ 2003/63).

Nach Art 4 lit b des Abkommens bevollmächtigt das Behandelnde Büro (zweitbeklagter Verband), wenn es der Bitte des Zahlenden Büros (G***** Versicherung), die Bearbeitung und Regulierung von Ansprüchen einem Korrespondenzunternehmen (G***** Versicherung AG) zu überlassen, stattgibt, damit das benannte Korrespondenzunternehmen, Ansprüche zu bearbeiten und zu regulieren.

Die G***** Versicherung AG war daher „als rechtmäßig bevollmächtigter Vertreter des Behandelnden Büros" (Art 4 lit b des Abkommens), nämlich des zweitbeklagten Verbandes, tätig.

Den in der Revision als fehlend gerügten, begehrten Feststellungen „zum Verhältnis der G***** Versicherung AG zur zweitbeklagten Partei" sowie, die G***** Versicherung AG habe nicht als rechtmäßig bevollmächtigte Vertreterin des Zweitbeklagten agiert, stehen nicht nur die oben zitierten Feststellungen und Außerstreitstellungen, sondern auch das Neuerungsverbot entgegen.

Die Revisionswerber führen aus, es habe keinen klaren Akt der G***** Versicherung AG gegenüber der Klägerin gegeben, wodurch diese annehmen hätte können bzw dürfen, die G***** Versicherung AG wäre mit Wirkung namens der Beklagten eingeschritten.

Entgegen den Revisionsausführungen bedarf es zur Begründung der Wirkung der rechtsgeschäftlichen Erklärungen der Korrespondenzversicherung für den zweitbeklagten Versicherungsverband nicht eines Handelns des Korrespondenzversicherers ausdrücklich im Namen des zweitbeklagten Verbandes. Nach Art 4 des zitierten Abkommens wird - wie ausgeführt - eine Vollmacht des zweitbeklagten Verbandes an den Korrespondenzversicherer normiert, für das Behandelnde Büro Ansprüche zu bearbeiten und zu regulieren. Angesichts dieser Rechtslage konnte aus Sicht der Klägerin die vom Korrespondenzversicherer abgegebene Haftungserklärung nur bedeuten, dass sie (auch) für den zweitbeklagten Verband als Haftenden abgegeben werde.

Nach § 9 Abs 1 AKHB 1988 (vgl BGBl 1988/107) ist der Versicherer, außer im Fall der Freiheit von der Verpflichtung zur Leistung, bevollmächtigt, die ihm zur Befriedigung oder zur Abwehr der Entschädigungsansprüche des geschädigten Dritten zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des Versicherungsnehmers und der mitversicherten Personen im Rahmen der Versicherungssumme und der übernommenen Gefahr abzugeben.

Zu dieser insoweit mit Art 4 des Abkommens vergleichbaren Bestimmung hat der Oberste Gerichtshof vertreten, dass dann, wenn die beklagte Versicherung in einer Verjährungsverzichtserklärung nicht darauf hingewiesen hat, dass sie nur in eigenem Namen auftrete, der klagende Geschädigte davon ausgehen habe können, die beklagte Versicherung habe im Sinne des Art 9 Abs 1 AKHB auch im Namen des erstbeklagten Versicherten (Versicherungsnehmers) Erklärungen abgegeben (2 Ob 4/90 = ZVR 1991/38; vgl auch 2 Ob 59/90 = ZVR 1991/72; Mader/Janisch in Schwimann 3 , § 1502 ABGB Rz 3).

Die Haftungserklärung der Korrespondenzversicherung verpflichtet daher vorliegend auch den zweitbeklagten Verband.

Sämtliche Streitteile haben sich auch auf die AKHB (1988) bezogen. Wie soeben ausgeführt (vgl insbes ZVR 1991/38), bedarf es für das Wirksamwerden eines solchen Handelns seitens des Versicherers (hier des Korrespondenzversicherers) nicht eines ausdrücklichen Handelns im Namen des Versicherungsnehmers, um für diesen wirksam zu sein. Die Haftungserklärung der G***** Versicherung AG verpflichtet daher auch den Erstbeklagten.

Nach ständiger Rechtsprechung ist zwar gemäß § 1502 ABGB ein Vorausverzicht auf die Einrede der Verjährung nicht möglich, doch führen in der Praxis häufige Verjährungsverzichtserklärungen zur Zulassung einer Replik der Arglist bzw der Berufung auf Treu und Glauben gegen die im Prozess dennoch erhobene Verjährungseinrede (RIS Justiz RS0014826; RS0014838; RS0014828; Mader/Janisch in Schwimann 3 , § 1502 ABGB Rz 1 mwN; M. Bydlinski in Rummel 3 , § 1502 ABGB Rz 1 mwN). Die Replik der Arglist muss nicht ausdrücklich erhoben werden, es genügt ein Vorbringen der sie begründenden Tatsachen (1 Ob 2/93 mwN; 1 Ob 68/01h ua; Mader/Janisch in Schwimann 3 , § 1451 ABGB Rz 19 mwN; M. Bydlinski in Rummel 3 , § 1501 ABGB Rz 2 mwN). Die Replik ist nach ständiger Rechtsprechung dann berechtigt, wenn die Fristversäumnis auf ein Verhalten des Gegners zurückzuführen ist. Dazu zählt nicht nur ein aktives Vorgehen des Schuldners, wenn er etwa den Gläubiger geradezu abhält, der Verjährung durch Klagsführung vorzubeugen, sondern es verstößt auch ein Verhalten des Schuldners gegen die guten Sitten, auf Grund dessen der Gläubiger nach objektiven Maßstäben der Auffassung sein konnte, sein Anspruch werde entweder ohne Rechtsstreit befriedigt oder nur mit sachlichen Einwendungen bekämpft, sodass er aus diesen Gründen eine rechtzeitige Klagsführung unterlassen hat (SZ 47/104; 1 Ob 2/93; 1 Ob 68/01h; 2 Ob 201/04d uva; RIS Justiz RS0034537, RS0014838).

Im Sinne dieser Rechtsprechung ist das von der Klägerin in erster Instanz erstattete Vorbringen durchaus ausreichend, um als Einwand der Arglist gelten zu können. Es läuft zusammengefasst darauf hinaus, kraft des von der G***** Versicherung AG bis 31. 12. 2003 abgegebenen Verjährungsverzichtes könnten sich auch die beiden Beklagten nicht auf die Verjährung berufen. Dass aber die Verjährungsverzichtserklärungen der G***** Versicherung AG geeignet waren, die Klagsführung der Klägerin hinauszuzögern und Ansprüche der Klägerin aus dem Unfall verjähren zu lassen, ist nicht zweifelhaft. Kraft der dargestellten Bindung der Beklagten an die von der G***** Versicherung AG als Korrespondenzversicherer abgegebenen Verjährungsverzichtserklärungen verstößt auch der Verjährungseinwand der Beklagten gegen die guten Sitten.

Zusammenfassend ist festzuhalten:

Rechtsgeschäftliche Erklärungen des Korrespondenzversicherers im Rahmen des Art 4 lit b des multilateralen Garantieabkommens zwischen den nationalen Versicherungsbüros vom 15. 3. 1991 gegenüber dem Geschädigten verpflichten den Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs als Behandelndes Büro und den Versicherungsnehmer eines ausländischen Haftpflichtversicherers als Zahlendes Büro auch dann, wenn der Korrespondenzversicherer nicht ausdrücklich im Namen der genannten Rechtssubjekte auftritt.

Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.

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