JudikaturJustiz2Ob107/23h

2Ob107/23h – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. September 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon. Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am * 2022 verstorbenen A*, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Sohnes I*, vertreten durch HOLTER WILDFELLNER PARTNER Rechtsanwälte GmbH Co KG in Grieskirchen, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 5. April 2023, GZ 22 R 51/23s 69, womit in Folge Rekurses des Sohnes der Beschluss des Bezirksgerichts Gmunden vom 27. Jänner 2023, GZ 16 A 91/22g 62, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

[1] Die 2022 verstorbene Erblasserin hinterließ zwei Töchter und einen Sohn, den nunmehrigen Revisionsrekurswerber. In ihrem Testament vom 27. März 2019 setzte sie ihre jüngere Tochter zur Alleinerbin ein und enterbte ihren Sohn.

[2] Mit in Notariatsaktsform errichtetem Übergabsvertrag vom 16. Dezember 1981 übergab die Erblasserin ihrem Sohn zum (in der Präambel genannten) Zweck der „Regelung des Überganges des Privat und Betriebsvermögens“ (unter anderem) eine Vielzahl an Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteilen. Im Hinblick auf mehrere Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteile, darunter die EZZ 60, 74, 172 und 209 je KG *, vereinbarten die Vertragsparteien, dass die Übergabe und Übernahme am Tag des Ablebens der Erblasserin erfolgt. Die Rechtswirksamkeit der „(unter Verzicht auf jeden Widerruf) auf den Todesfall übereigneten Liegenschaften und Anteile samt Zubehör“ machten die Vertragsparteien vom Überleben des Sohnes abhängig. Die Liegenschaften EZZ 60 und 172 standen im Zeitpunkt des Todes des Erblasserin jeweils in deren Alleineigentum, die Liegenschaften EZZ 74 und 209 im Miteigentum der Erblasserin und ihres Sohnes.

[3] Die im Übergabsvertrag nicht erwähnte Liegenschaft EZ 576 KG * steht seit 2000 aufgrund eines Kaufvertrags im Eigentum des Sohnes und seiner Ehefrau.

[4] Die jüngere Tochter gab eine bedingte Erbantrittserklärung zum gesamten Nachlass aufgrund des Testaments vom 27. März 2019 ab. Die ältere Tochter ist Pflichtteilsberechtigte.

[5] Der Sohn stellt den Antrag, das Verlassenschaftsgericht möge die Erbhofeigenschaft der verlasszugehörigen Liegenschaften EZZ 60, 74, 172 und 209 „gemeinsam mit der (unter Lebenden übereigneten) EZ 576“ feststellen und den Übernahmspreis ermitteln.

[6] Die Töchter bestreiten das Vorliegen eines Erbhofs.

[7] Das Erstgericht wies den Antrag des Sohnes ab, weil dieser die von ihm angeführten Liegenschaften weder aufgrund gesetzlicher noch gewillkürter Erbfolge erwerbe und daher auch nicht Anerbe werden könne.

[8] Das Rekursgericht gab einem Rekurs des Sohnes nicht Folge. Gemäß § 9 Abs 1 AnerbenG sei dieses Gesetz mit Ausnahme der Bestimmungen über die gesetzliche Erbfolge auch dann anzuwenden, wenn der Erblasser über den Erbhof oder dessen wesentliche Teile durch Vermächtnis verfüge. Die Rechtsprechung sei zur Rechtslage vor dem ErbRÄG 2015 aufgrund der „Vermächtnislösung“ davon ausgegangen, dass das AnerbenG auch dann anzuwenden sei, wenn der Erblasser durch Schenkung auf den Todesfall über den Erbhof verfügt habe. Im ErbRÄG 2015 habe der Gesetzgeber aber nunmehr die „Vertragslösung“ verankert. Im Anlassfall könne dahingestellt bleiben, ob die Bestimmungen in der Fassung vor oder nach dem ErbRÄG 2015 anzuwenden seien, weil die vom Sohn angestrebte Feststellung der Erbhofeigenschaft schon daran scheitere, dass die EZ 576 im Todeszeitpunkt der Erblasserin nicht in deren (Mit )Eigentum gestanden sei.

[9] Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.

[10] Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Sohnes mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Stattgebung seines Antrags. Hilfsweise wird ein weiterer Abänderungsantrag und ein Aufhebungsantrag gestellt.

[11] Die Töchter beantragen in der ihnen freigestellten Revisionsrekursbeantwortung jeweils, den außerordentlichen Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[12] Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig , weil noch keine Rechtsprechung zu den Auswirkungen der im ErbRÄG 2015 für die Schenkung auf den Todesfall verankerten „Vertragslösung“ auf das Anerbenrecht vorliegt. Er ist aber nicht berechtigt .

[13] Der Sohn argumentiert, dass auf den vorliegenden Schenkungsvertrag noch die Rechtslage vor dem ErbRÄG 2015 anzuwenden sei, sodass er als auf den Todesfall Beschenkter einem Vermächtnisnehmer gleichzuhalten und damit nach § 9 Abs 1 AnerbenG als Anerbe anzusehen sei. Das Rekursgericht habe nicht geprüft, ob die vom Sohn genannten Liegenschaften auch unter Ausklammerung der EZ 576 als Erbhof zu qualifizieren seien und hätte daher den Antrag nicht zur Gänze abweisen dürfen. Unerfindlich sei, weshalb das Rekursgericht nicht über das im gestellten Begehren enthaltene Minus abgesprochen habe.

Dazu hat der Fachsenat erwogen:

[14] 1. Die Feststellung der Erbhofeigenschaft hat grundsätzlich zwingend im Verlassenschaftsverfahren zu erfolgen (RS0036902). Sie hat (nur) dann mit einem gesonderten und auch gesondert anfechtbaren Beschluss des Verlassenschaftsgerichts zu erfolgen, wenn – wie hier – die Erbhofeigenschaft unter den Beteiligten strittig ist (2 Ob 235/17y Punkt 1. mwN). Allerdings setzt ein Beschluss über die Feststellung der Erbhofeigenschaft die Anwendbarkeit des Anerbengesetzes voraus und hat daher zu unterbleiben, wenn die sondergesetzlichen Erbteilungsregeln des Anerbengesetzes keinesfalls anzuwenden sind (RS0050266; 6 Ob 55/12z). Darüber hinaus besteht auch im Fall einer nicht der Abhandlungspflege zu unterziehenden Liegenschaft – also etwa im Fall einer Schenkung unter Lebenden – keine Zuständigkeit des Verlassenschaftsgerichts zur Feststellung der Erbhofeigenschaft oder zur Ausmittlung des Übernahmspreises (RS0063087).

[15] Kann die Erbhofeigenschaft nicht im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens geklärt werden (oder wird das Verlassenschaftsverfahren durch Einantwortung ohne an sich gebotene Klärung der Erbhofeigenschaft bzw des Übernahmspreises rechtskräftig abgeschlossen), müssen die entsprechenden Fragen nach allgemeinen Grundsätzen als Vorfrage im strittigen (Pflichtteils )Prozess beantwortet werden (vgl etwa 2 Ob 100/20z mwN).

[16] 2. Es ist damit in einem ersten Schritt zu klären, ob im vorliegenden Fall die sondergesetzlichen Erbteilungsregeln des Anerbengesetzes überhaupt Anwendung finden können.

[17] 2.1. Der Anwendungsbereich des Anerbengesetzes, das im Kern auf eine besondere Form der Erbteilung (III. Abschnitt) bei Vorhandensein eines Erbhofs (I. Abschnitt) abzielt, ist nach dessen II. Abschnitt grundsätzlich in drei Fällen eröffnet: erstens bei gesetzlicher Erbfolge (§ 3 AnerbenG), zweitens bei gewillkürter Erbfolge (§ 8 AnerbenG) und drittens im Fall einer Verfügung über den Erbhof durch Vermächtnis (§ 9 AnerbenG).

[18] Über den weit überwiegenden Teil jener Liegenschaften, die nach der Rechtsansicht des Sohnes einen Erbhof bilden sollen, hat die Erblasserin durch Schenkung auf den Todesfall zu Gunsten des Sohnes verfügt. Im Testament aus 2019 hat die Erblasserin den Sohn nicht zum (Mit )Erben eingesetzt, sondern ihn vielmehr enterbt.

[19] Es liegt damit in Ansehung des Erbhofs weder ein Fall der gesetzlichen Erbfolge iSd § 3 AnerbenG noch der gewillkürten Erbfolge iSd § 8 AnerbenG (vgl dazu 6 Ob 197/07z Punkt 1.) vor. In Frage käme die (unmittelbare) Anwendung der Bestimmungen des Anerbenrechts somit nur dann, wenn die Schenkung des Erbhofs auf den Todesfall zu Gunsten des Sohnes als „Vermächtnis“ iSd § 9 Abs 1 AnerbenG zu qualifizieren wäre.

[20] 2.2. § 9 AnerbenG lautet:

„(1) Hat der Verstorbene über den Erbhof oder dessen wesentliche Teile durch Vermächtnis verfügt, so ist dieses Bundesgesetz mit Ausnahme der Bestimmungen über die gesetzliche Erbfolge anzuwenden, wenn auf Grund des Vermächtnisses eine einzige natürliche Person, Ehegatten allein oder ein Elternteil und ein Kind allein Eigentümer des Erbhofs oder dessen wesentlicher Teile werden und diese Personen in allen Fällen zu den Miterben gehören. Der oder die Vermächtnisnehmer, die den Erbhof nach dem vorstehenden Satz übernehmen, sind Anerbe im Sinn dieses Bundesgesetzes; § 8 Abs. 6 gilt sinngemäß.

(2) Vermächtnisse über einzelne Teile oder Zubehör des Erbhofs hindern die Anwendung dieses Bundesgesetzes nicht, wenn sie die Erbhofeigenschaft nicht beeinträchtigen.“

[21] 2.3. Ob der Sohn als „Vermächtnisnehmer“ iSd § 9 Abs 1 AnerbenG qualifiziert werden kann, hängt entscheidend von der rechtlichen Einordnung der Schenkung auf den Todesfall und damit im Ergebnis von der auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwendenden Rechtslage ab.

[22] 3. Die Schenkung auf den Todesfall ist eine unbedingte, mit dem Tod des Erblassers als Anfangstermin befristete Schenkung, die erst nach dessen Tod erfüllt werden soll (2 Ob 59/23z Rz 18 mwN).

[23] 3.1. Nach der zur Rechtslage vor dem ErbRÄG 2015 ergangenen Rechtsprechung waren auf den Todesfall Beschenkte jedenfalls im Verhältnis zu Pflichtteilsberechtigten den Vermächtnisnehmern gleichzuhalten (RS0103393 [insb T4]). Auf den Todesfall geschenkte, aber faktisch dem Erblasser bis zu seinem Tod verbleibende Gegenstände waren deshalb wie ein Vermächtnis zu behandeln und der Ausmessung des Pflichtteils zu Grunde zu legen. Sie waren auch in das Verlassenschaftsinventar aufzunehmen (RS0007843), wenn sie sich zum Zeitpunkt des Todesfalls noch im Besitz des Erblassers befunden haben (2 Ob 148/10v Punkt 2. mwN).

[24] 3.2. Mit dem ErbRÄG 2015 hat der Gesetzgeber in § 603 ABGB ausdrücklich normiert, dass die Schenkung auf den Todesfall auch nach dem Tod des Geschenkgebers als Vertrag anzusehen ist. Der Beschenkte gilt als Gläubiger der Verlassenschaft und nicht mehr als Vermächtnisnehmer (ErläutRV 688 BlgNR 25. GP 12). Diese „Vertragslösung“ hat zur Folge, dass die noch nicht übereignete Sache zwar als Aktivum der Verlassenschaft, die Verpflichtung aber gleichzeitig als Passivum zu inventarisieren ist. Der reine Nachlass wird im Ergebnis daher ohne die geschenkte Sache ermittelt, sie zählt nicht mit. Das bedeutet auch, dass der Wert der Schenkung nicht Teil der Pflichtteilsbemessungsgrundlage ist. Die Schenkung kann aber, wie andere lebzeitige Schenkungen, zur reinen Verlassenschaft hinzugerechnet und auf den Pflichtteil der beschenkten Person angerechnet werden (2 Ob 59/23z Rz 20 f). Den Beschenkten trifft keine Beitragspflicht nach § 764 Abs 2 ABGB ( Oberhumer in Ferrari/Likar-Peer , Erbrecht² Rz 9.26 mwN).

[25] 4. In der ausführlich begründeten Entscheidung 2 Ob 59/23z hat sich der Senat mit den unterschiedlichen Literaturmeinungen zum zeitlichen Anwendungsbereich des § 603 ABGB idF ErbRÄG 2015 im Hinblick auf die Übergangsbestimmungen des § 1503 Abs 7 Z 1, 2 und 5 ABGB auseinandergesetzt und ausgeführt, dass (nur) die Gültigkeit einer Schenkung auf den Todesfall nach den beim Abschluss des Vertrags geltenden Formvorschriften zu beurteilen ist – insoweit ist § 603 ABGB idF ErbRÄG 2015 nur auf Neuverträge (also ab 1. 1. 2017 abgeschlossene Schenkungen auf den Todesfall) anzuwenden, für Altverträge (also bis zum 31. 12. 2016 abgeschlossene Schenkungen auf den Todesfall) gilt insoweit § 956 ABGB alt.

[26] Für die übrigen, materiell-rechtlichen Folgen der Schenkung auf den Todesfall ist § 603 ABGB idF ErbRÄG 2015 hingegen – unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses – immer dann anzuwenden, wenn der Erblasser nach dem 31. 12. 2016 gestorben ist. Letzteres gilt etwa für das Wesen der Schenkung auf den Todesfall, die „Vertragstheorie“, für das Pflichtteilsrecht und für das Anrechnungsrecht (2 Ob 59/23z Rz 22 bis 35 = RS0134367).

[27] Da die Erblasserin erst 2022 verstorben ist, ist die 1981 erfolgte Schenkung auf den Todesfall iSd § 603 ABGB idF ErbRÄG 2015 auch nach dem Tod des Geschenkgebers als Vertrag – und nicht als Vermächtnis – anzusehen.

[28] 5. Auf Grundlage der zu Punkt 3.1. dargestellten Rechtsprechung ging der Senat zur Rechtslage vor dem ErbRÄG 2015 davon aus, dass die an ein Vermächtnis anknüpfenden höfe und anerbenrechtlichen Vorschriften (also etwa § 9 AnerbenG) auch dann anwendbar sind, wenn der Erblasser den Erbhof einem Erben auf den Todesfall geschenkt hat (2 Ob 162/17p = RS0131900; idS bereits 6 Ob 37/02p Punkt 6. zu § 26 THG).

[29] 6. Diese Rechtsprechung kann aufgrund der vom Gesetzgeber im ErbRÄG 2015 gewählten Vertragslösung nicht aufrecht erhalten werden.

[30] 6.1. Auch wenn der Gesetzgeber durch das ErbRÄG 2015 im Bereich des Anerbenrechts nur terminologische Anpassungen vorzunehmen beabsichtigte (ErläutRV 688 BlgNR 25. GP 41), können die durch das ErbRÄG 2015 festgelegten Änderungen in der Rechtsnatur der Schenkung auf den Todesfall bei Auslegung des AnerbenG nach Ansicht des Senats nicht außer Betracht bleiben. Der von der Judikatur zur Rechtslage vor dem ErbRÄG 2015 befürworteten (analogen) Anwendung der an ein Vermächtnis anknüpfenden anerbenrechtlichen Vorschrift des § 9 AnerbenG auf eine Schenkung auf den Todesfall ist damit der Boden entzogen.

[31] Für diese Ansicht spricht vor allem, dass der Wert der Schenkung auf den Todesfall aufgrund der vom Gesetzgeber gewählten Vertragslösung – im Gegensatz zur Rechtslage vor dem ErbRÄG 2015 und im Gegensatz zu einem Vermächtnis (§ 779 Abs 2 ABGB) – nicht Teil der Berechnungsgrundlage für den Pflichtteil ist. Zu bedenken ist, dass die Feststellung der Erbhofeigenschaft und die Festsetzung des Übernahmspreises im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens keinen Selbstzweck darstellt, sondern die Grundlage für die Erbteilung nach dem III. Abschnitt des AnerbenG bilden soll (vgl 6 Ob 12/86). Diese Erbteilung umfasst neben der Zuweisung des Erbhofs vor allem die Auszahlung und Sicherstellung der Abfindungsansprüche der weichenden Miterben (§ 10 ff AnerbenG) und Pflichtteilsberechtigten (§ 17 AnerbenG). Kommt der Feststellung der Erbhofeigenschaft und Festsetzung eines Übernahmspreises hingegen weder für den Abfindungsanspruch eines – im Anlassfall im Übrigen gar nicht vorhandenen – weichenden Mit erben noch für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs (unter Ausklammerung der Frage einer Hinzu und Anrechnung) Bedeutung zu, fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für eine analoge Anwendung des § 9 AnerbenG auf die Schenkung auf den Todesfall im Anwendungsbereich des ErbRÄG 2015.

[32] Für die Verneinung einer Analogie spricht auch, dass jedenfalls aus Sicht der Pflichtteilsberechtigten die Schenkung auf den Todesfall durch das ErbRÄG 2015 einer Schenkung unter Lebenden deutlich angenähert wurde (vgl Welser , Erbrechts Kommentar § 603 ABGB Rz 3). So ist der Übereignungsanspruch des Geschenknehmers nach § 779 Abs 1 ABGB zur Bemessung des Pflichtteils – wie bereits ausgeführt – von der Verlassenschaft abzuziehen. Außerdem wird die Schenkung auf den Todesfall in § 780 ABGB nicht als auf den Pflichtteil anzurechnende Zuwendung auf den Todesfall genannt und in § 781 Abs 1 ABGB der Schenkung unter Lebenden bei der Hinzu und Anrechnung gleichgestellt ( Tschugguel in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang³ § 603 ABGB Rz 2). Gerade bei einer unter Lebenden erfolgten Schenkung kommt es aber nicht zur Anwendung des AnerbenG im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens (RS0063087).

[33] 6.2. Auch Eccher (in Schwimann/Kodek 5 § 9 AnerbenG Rz 2) spricht sich in der – soweit überblickbar – einzig konkreten literarischen Stellungnahme zu dieser Frage im Anwendungsbereich des ErbRÄG 2015 gegen eine analoge Anwendung des § 9 AnerbenG auf Schenkungen auf den Todesfall aus.

[34] 6.3. Die nicht auf das Vorliegen eines Vermächtnisses, sondern eine „gewillkürte Rechtsnachfolge von Todes wegen“ abstellende Bestimmung des § 26 THG gebietet im Anwendungsbereich des ErbRÄG 2015 keine Einbeziehung einer den geschlossenen Hof (§ 1 THG) betreffenden Schenkung auf den Todesfall in den Anwendungsbereich des Höferechts, gilt diese doch auch nach dem Tod des Geschenkgebers als Vertrag und damit im Ergebnis als Rechtsgeschäft unter Lebenden (vgl Oberhumer in Ferrari/Likar-Peer , Erbrecht² Rz 9.5).

6.4. Als Ergebnis folgt damit:

[35] Auf Grundlage der durch das ErbRÄG 2015 eingeführten „Vertragslösung“ führt das Bestehen einer einen Erbhof betreffenden Schenkung auf den Todesfall nicht zur Anwendung des AnerbenG im Verlassenschaftsverfahren selbst.

[36] 7. Ob die Anwendung der anerbenrechtlichen Vorschriften im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens überdies daran scheitern muss, dass der Sohn nicht als „Miterbe“ iSd § 9 Abs 1 AnerbenG angesehen werden kann (vgl die bei Edlbacher , AnerbenG [1961] 48 abgedruckten Gesetzesmaterialien; insoweit allerdings für eine teleologische Reduktion eintretend Zemen , Zum Vermächtnis des Erbhofes, NZ 2006/45, 200 [201]; Kralik , Erbrecht³ 375 f), muss ausgehend vom erzielten Ergebnis nicht beantwortet werden.

[37] 8. Auf die tragende Begründung des Rekursgerichts, wonach die Anwendung des AnerbenG im vorliegenden Fall bereits daran scheitere, dass eine der vom Sohn genannten Liegenschaften wegen fehlenden Eigentums der Erblasserin im Todeszeitpunkt (vgl § 1 Abs 1 AnerbenG) jedenfalls keinen Teil eines Erbhofs darstellen könne, muss ebenso wie auf die in diesem Zusammenhang im Revisionsrekurs gerügten Mangelhaftigkeiten und Aktenwidrigkeiten des Rekursverfahrens nicht näher eingegangen werden.

[38] 9. Da die Vorinstanzen den Antrag des Sohnes im Ergebnis zutreffend abgewiesen haben, war dem außerordentlichen Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtssätze
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