JudikaturJustiz1Ob614/95

1Ob614/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Oktober 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *****leasing Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Gerhard Schütz, Rechtsanwalt in Wien, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei W***** Co. Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Gerhard Renner und Dr.Gerd Höllerl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Bernhard E*****, vertreten durch Dr.Harald Lettner, Rechtsanwalt in Salzburg, und den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Johann M*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Mayr und Dr.Johann Eder, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 4,327.171,73 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Endurteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 29.März 1995, GZ 1 R 259/94 65, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 14.April 1994, GZ 10 Cg 378/93 52, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Zwischenurteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei kaufte insgesamt 100 PKW, um diese an die auf deren Seite eingeschrittene Nebenintervenientin zu verleasen; diese trat dann ihren Kunden gegenüber als Leasinggeberin auf. In den mit der klagenden Partei abgeschlossenen Verträgen war kein „Optionsrecht“ für die Nebenintervenientin vorgesehen; ein Kaufleasing war somit nicht vereinbart. Vor dem Erwerb der Neufahrzeuge durch die klagende Partei wurden diese von der Nebenintervenientin „beim jeweiligen Lieferanten ausgesucht“. Nachdem die Lieferanten der klagenden Partei die Rechnung übermittelt hatten, klärte diese den Rechnungsbetrag mit der Nebenintervenientin ab und erteilte daraufhin „dem Lieferanten die Finanzierungszusage“. Die Übernahme der Neufahrzeuge beim Lieferanten erfolgte nicht durch die klagende Partei, sondern durch die Nebenintervenientin. Nach deren behördlichen Zulassung entweder für die Nebenintervenientin oder deren Kunden „gelangten die Typenscheine der Fahrzeuge zur klagenden Partei“. Auf jeweiliges Ersuchen der Nebenintervenientin, das mit vorzunehmenden Ummeldungen begründet worden war, erhielt diese „Typenscheine von Fahrzeugen“ durch die klagende Partei übermittelt. Ohne Wissen und Zustimmung der klagenden Partei verkaufte die Nebenintervenientin sodann die geleasten Fahrzeuge. Der Beklagte kaufte insgesamt 22 Fahrzeuge, darunter auch jene sechs, die den Gegenstand dieses Verfahrens bilden. Bei den Fahrzeugverkäufen wurde dem Beklagten von „Vertretern und Bediensteten“ der Nebenintervenientin erklärt, daß die Fahrzeuge in deren Eigentum stünden. Der Beklagte nahm in die ihm von der Nebenintervenientin übergebenen Typenscheine der einzelnen Fahrzeuge Einsicht. Als Zulassungsbesitzer waren die Nebenintervenientin oder dritte Personen eingetragen; zu letzteren erklärte die Nebenintervenientin dem Beklagten, daß es sich um die Leasingnehmer der Fahrzeuge handle. Im einzelnen verhielt es sich bei den diesem Verfahren zugrunde liegenden Fahrzeugen wie folgt:

1. PKW Mercedes Benz 190 E 2,5, Fahrgestell Nr. WDB 201035 1F 789898: Dieses Fahrzeug kaufte die klagende Partei von einer Kraftfahrzeughandel und Reparaturgesellschaft mbH „laut deren Rechnung vom 11.6.1991“. Im Typenschein war nicht die klagende Partei, sondern eine andere Gesellschaft „als Käufer eingetragen“; auf diese wurde das Fahrzeug am 2.November 1990 zugelassen. Der Abschluß des Leasingvertrages zwischen der klagenden Partei und der Nebenintervenientin erfolgte am 3.Juli 1991. Nach den weiteren Eintragungen im Typenschein waren nacheinander noch zwei natürliche Personen Zulassungsbesitzer. Die Nebenintervenientin verkaufte dieses Fahrzeug dem Beklagten laut Vertrag und Rechnung vom 26.Mai 1992.

2. PKW Mercedes Benz 300 SE, Fahrgestell Nr. WDB 140032 1A 014717: Dieses Fahrzeug kaufte die klagende Partei von einer Autohandelsgesellschaft laut deren Rechnung vom 9.August 1991. Im Typenschein wurde die klagende Partei „als Käufer“ eingetragen. Der Abschluß des Leasingvertrages mit der Nebenintervenientin erfolgte am 10.September 1991. Diese verkaufte das Fahrzeug an den Beklagten laut Vertrag und Rechnung vom 13.Juni 1992.

3. PKW Mercedes Benz 300 TE 24 V, Fahrgestell Nr. WDB 124091 1F 123800: Die klagende Partei kaufte dieses Fahrzeug vom Beklagten laut dessen Rechnung vom 11.März 1992. Der Leasingvertrag mit der Nebenintervenientin wurde am 18.März 1992 abgeschlossen. Nach den Eintragungen im Typenschein war am 10.Juli 1991 die „Einzeltypisierung für den Beklagten“ erfolgt, danach wurde das Fahrzeug zuerst für den Beklagten und dann für die Nebenintervenientin zugelassen. Diese verkaufte es an den Beklagten laut Vertrag und Rechnung vom 22.Juni 1992.

4. PKW Mercedes Benz 190 E 2,5, Fahrgestell Nr. WDB 201036 1F 741298: Die klagende Partei kaufte dieses Fahrzeug von einer Kraftfahrzeughandel und Reparaturgesellschaft mbH laut deren Rechnung vom 10.Jänner 1991. Nach den Eintragungen im Typenschein war die Einzeltypisierung am 16.Juli 1990 für eine andere Gesellschaft erfolgt. Sodann wurde das Fahrzeug für eine weitere Gesellschaft und schließlich noch für eine natürliche Person zugelassen. Der Abschluß des Leasingvertrages mit der Nebenintervenientin erfolgte am 7.Februar 1991. Von dieser kaufte der Beklagte das Fahrzeug laut Vereinbarung und Rechnung vom 26.Juni 1992.

5. PKW Mercedes Benz 560 SEL, Fahrgestell Nr. WDB 126039 1A 559710: Die klagende Partei kaufte dieses Fahrzeug von einem Händler laut dessen Rechnung vom 27.März 1992. Die Einzeltypisierung war nach dem Inhalt des Typenscheins am 27.Jänner 1992 für den Verkäufer erfolgt. Danach weist der Typenschein eine natürliche Person als Zulassungsbesitzerin aus. Der Abschluß des Leasingvertrags mit der Nebenintervenientin erfolgte am 4.Mai 1992. Diese verkaufte das Fahrzeug laut Vereinbarung und Rechnung vom 27.Juni 1992 an den Beklagten.

6. PKW Mercedes Benz 300 SE, Fahrgestell Nr. WDB 140032 1A 017077: Die klagende Partei kaufte dieses Fahrzeug von einer Autohandelsgesellschaft laut deren Rechnung vom 9.September 1991. Sie wurde „als Käufer“ in den Typenschein eingetragen. Danach kam es zur Fahrzeugzulassung für die Nebenintervenientin. Der Abschluß des Leasingvertrages mit dieser erfolgte am 9.Oktober 1991. Diese verkaufte das Fahrzeug an den Beklagten laut Vereinbarung und Rechnung vom 13.Juli 1992.

Im August 1992 fielen der klagenden Partei Unregelmäßigkeiten in Ansehung der an die Nebenintervenientin verleasten Fahrzeuge auf. Am 17.September 1992 erschienenen Vertreter der klagenden Partei beim Beklagten und wiesen diesen auf deren Eigentumsrecht hin. In diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte fünf der verfahrensbetroffenen Fahrzeuge noch nicht verkauft. Der Verkauf erfolgte dann allerdings noch vor Klageeinbringung. Das oben zu Punkt 2. bezeichnete Fahrzeug hatte der Beklagte bereits vor dem 17.September 1992 verkauft. Dieses befand sich an diesem Tag nicht mehr auf seinem Betriebsgelände. Es wurde jedoch „in weiterer Folge vom Beklagten zurückgenommen und ein weiteres Mal verkauft“.

Die klagende Partei begehrt den Zuspruch von 4,327.171,73 S sA und brachte im wesentlichen vor:

Dem Beklagten sei ihre Rechtsbeziehung zur Nebenintervenientin bekannt gewesen. Einzelne Fahrzeuge seien beim Beklagten selbst gekauft worden. Er habe auch Kenntnis davon gehabt, daß die Leasingverträge mit der Nebenintervenientin auf vier Jahre abgeschlossen worden seien. Er habe im übrigen um die „schlechte wirtschaftliche Lage“ der Nebenintervenientin ebenso Bescheid gewußt wie um „die starke Unterpreislichkeit seiner Ankäufe“. Die Umstände „bezüglich der Kaufvertrags und Rechnungsausstellung“ seien verdächtig gewesen. Der Bevollmächtigte der Nebenintervenientin habe nämlich dem Beklagten „blanko ... unterfertigte sogenannte Verkaufsvereinbarungen und Rechnungen vorgelegt“. Aus den Typenscheinen der Fahrzeuge sei „kein Eigentums oder Verfügungsrecht“ der Nebenintervenientin hervorgegangen. Der Beklagte habe daher die sechs PKW nicht redlich erworben. Es falle ihm Vorsatz, jedenfalls aber grobe Fahrlässigkeit zur Last. Da der Beklagte die unredlich erworbenen Fahrzeuge weiterverkauft habe, sei das Klagebegehren aus dem Titel des Schadenersatzes berechtigt.

Der Beklagte wendete im wesentlichen ein, er habe auf das Eigentumsrecht der Nebenintervenientin an den gekauften Fahrzeugen vertraut und immer „die entsprechenden Verkaufsvereinbarungen und Rechnungen“ und die „Originalfahrzeugpapiere, wie Typenscheine oder Einzelgenehmigungen“, erhalten. Bis etwa Oktober 1992 sei ihm unbekannt gewesen, daß die von ihm gekauften PKW nicht im Eigentum der Nebenintervenientin gestanden seien. Er habe überdies nichts über eine „angeblich prekäre finanzielle Situation“ der Verkäuferin gewußt. Unbeschadet des Inhalts der Typenscheine sei ihm vom Geschäftsführer der Nebenintervenientin zugesichert worden, die an ihn verkauften Fahrzeuge befänden sich in deren Eigentum.

Das Erstgericht erkannte mit Zwischenurteil, daß das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es führte rechtlich im wesentlichen aus:

Der Beklagte berufe sich zu Unrecht auf gutgläubigen Eigentumserwerb. Lediglich bei zwei von sechs Fahrzeugen scheine die Nebenintervenientin in den Typenscheinen auf. In einem Fall habe aber der Beklagte das Fahrzeug zuvor selbst an die klagende Partei verkauft; die „bloße Anführung“ der Nebenintervenientin als Zulassungsbesitzerin habe deshalb deren Verfügungsrecht „nicht hinreichend“ dargetan. Im zweiten Fall sei dagegen die klagende Partei „als Käufer“ im Typenschein eingetragen gewesen; der Beklagte habe daher nicht „auf ein Eigentum“ der Nebenintervenientin vertrauen dürfen. Aufgrund des Inhaltes der Typenscheine und der sich daraus ergebenden Unklarheiten hätte er „weitere Nachforschungen im Sinne einer Einsicht in die von ihm zu verlangenden Urkunden anstellen müssen“. Statt dessen habe er sich mit der Behauptung des Eigentums durch die für die Nebenintervenientin aufgetretenen Personen begnügt. Die rechtlichen Voraussetzungen für den gutgläubigen Eigentumserwerb seien daher weder nach § 367 ABGB noch nach § 366 HGB erfüllt. Durch den rechtswidrigen Eingriff in das Eigentumsrecht der klagenden Partei hafte der Beklagte für den daraus entstandenen Schaden.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es erwog rechtlich im wesentlichen:

Die Nebenintervenientin und der Beklagte seien Kaufleute. Es sei daher gemäß § 366 Abs 1 HGB zu prüfen, ob der Beklagte gutgläubig Eigentum erworben habe. Diese Bestimmung erweitere den Vertrauensschutz des bürgerlichen Rechts dahin, daß bereits der gute Glaube an die „Vertretungsbefugnis“ einen Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten ermögliche und Schlechtgläubigkeit erst bei grober Fahrlässigkeit anzunehmen sei. Für die Beurteilung sei wesentlich, ob der Erwerb objektiv als verdächtig erscheine. Nach einhelliger Judikatur habe der gutgläubige Erwerb eines Gebrauchtwagens zur Voraussetzung, daß sich der Käufer durch einen Einblick in den Typenschein von der Veräußerungsberechtigung des Verkäufers überzeuge. Ergäben sich bei Prüfung des Typenscheins verdächtige Umstände, bestehe eine Erkundigungspflicht „beim letzteingetragenen Halter“. Der deutsche Bundesgerichtshof habe etwa einen Verdachtsgrund dann angenommen, wenn ein Gebrauchtwagen auf der Straße verkauft worden und der Verkäufer nach dem Inhalt des Kfz Briefes nicht als letzter Halter eingetragen gewesen sei (NJW 1975, 735). Das zeige jedoch, daß nicht schon immer dann eine Nachforschungspflicht bestehe, wenn der Verkäufer nicht als letzter Halter aus dem Typenschein hervorgehe, sondern es bedürfe des Hinzutretens weiterer Umstände, um eine Erkundigungspflicht des Käufers auszulösen. Der Beklagte habe seit 26.Mai 1992 insgesamt 21 Fahrzeuge von der Nebenintervenientin gekauft, ohne daß es bis zur Mitteilung der klagenden Partei am 17.September 1992 zu Schwierigkeiten gekommen wäre. Es sei ihm auch zugesichert worden, daß sich sämtliche Fahrzeuge im Eigentum der Nebenintervenientin befänden. Daß diese bei vier Fahrzeugen nicht Zulassungsbesitzerin gewesen sei, habe nicht als objektiv verdächtig angesehen werden müssen, weil Leasingfahrzeuge mit den Leasingnehmern als Zulassungsbesitzer den Gegenstand der Kaufverträge gebildet hätten. Die klagende Partei habe die Typenscheine der Fahrzeuge „über Monate hinweg“ der Nebenintervenientin überlassen und dadurch sehr wesentlich dazu beigetragen, daß der Beklagte auf deren Ehrlichkeit habe vertrauen können. Das Mißtrauen eines Händlers gegenüber einem anderen sei im vorliegenden Fall nicht angebracht gewesen, sodaß dem Beklagten zumindest keine grobe Fahrlässigkeit vorwerfbar sei. Dieser habe daher gutgläubig Eigentum erworben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Soweit der Beklagte gegen die Zulässigkeit der Revision einwendet, es sei keine „wesentliche Frage“ des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts zu lösen, wird sich aus den folgenden Darlegungen ergeben, daß das Berufungsgericht die durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes geprägten Grundsätze auf den hier zu beurteilenden Einzelfall unrichtig anwendete; das ist aber im Revisionsverfahren im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit aufzugreifen.

Beide Parteien gehen im Revisionsverfahren richtig davon aus, daß die Frage eines gutgläubigen Eigentumserwerbs durch den Beklagten gemäß § 366 Abs 1 HGB zu prüfen ist. Nach dieser Bestimmung wird ua das Eigentum an einer beweglichen Sache auch dann erworben, wenn sie ein Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes, ohne daß sie ihm gehört, veräußert, es sei denn, dem Erwerber ist bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt, daß die Sache nicht dem Veräußerer gehört oder dieser nicht befugt ist, über jene für den Eigentümer zu verfügen. Wesentlich ist dabei die Befugnis zur Verfügung über die Sache im eigenen Namen (JBl 1993, 183 = ÖBA 1993, 156 [ Bollenberger ]; Schuhmacher in Straube , HGB 2 I Rz 8 zu § 366). Wer Sachen erwirbt, die - wie Kraftfahrzeuge üblicherweise unter Eigentumsvorbehalt verkauft und gekauft werden, darf sich - jedenfalls als Kaufmann - nicht allein mit der Erklärung des Veräußerers begnügen, Eigentümer der Sache zu sein oder über sie verfügen zu können, sondern er muß diese Angaben durch das Verlangen auf Vorlage von Urkunden insbesondere der Typenscheine bei Kraftfahrzeugen, der Rechnungen und Zahlungsbelege - überprüfen. Die Unterlassung einer solchen Nachforschung verwirklicht grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 366 Abs 1 HGB (EvBl 1993/90; WBl 1989, 256; JBl 1986, 235 [ Czermak ]; HS 10.758/19; Schuhmacher in Straube aaO Rz 11 zu § 366 mwN; Bollenberger , Veräußerung von Vorbehaltsgut, ÖJZ 1995, 641 [644]). Bei Veräußerung eines gebrauchten Kraftfahrzeugs ist vorerst die Einsicht in den Typenschein zu verlangen (WBl 1989, 256; JBl 1988, 313; SZ 34/197; Bollenberger aaO 645). Die Eintragung einer bestimmten Person als Zulassungsbesitzer im Typenschein besagt aber noch nicht, daß diese befugt sei, das Kraftfahrzeug als Eigentümerin oder sonst Verfügungsberechtigte zu verkaufen; bei dem im Typenschein Eingetragenen kann es sich vielmehr auch bloß um einen aus einem Abzahlungsgeschäft Berechtigten, einen Bestand oder Leasingnehmer handeln. Es sind also weitere Nachforschungen nicht in jedem Fall entbehrlich, wenn der Typenschein den Verkäufer als letzten Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeugs ausweist. Legen besondere Umstände den Verdacht nahe, der Verkäufer könne unredlich sein, bedarf es weiterer Aufklärungen (WBl 1989, 256), insbesondere dann, wenn man wie der Beklagte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vorzugehen hat. Bei der Beurteilung des Umfangs der Nachforschungspflicht im Einzelfall ist nicht die persönliche Meinung des Erwerbers, sondern die Frage maßgebend, ob der Erwerb objektiv verdächtig erscheint (HS 9349/12; HS 6291; HS 5282; SZ 34/197).

Wenn es im vorliegenden Fall auch nicht um den Verkauf von unter Eigentumsvorbehalt stehenden Kraftfahrzeugen geht, so kann das - entgegen der Ansicht des Beklagten nicht die von der dargestellten Rechtsprechung geprägten Voraussetzungen für den gutgläubigen Eigentumserwerb an gebrauchten Kraftfahrzeugen und anderen beweglichen Sachen verdrängen; unredlich kann nämlich nicht nur ein Vorbehaltskäufer, sondern auch jede andere Person sein, die sich wie zB die Nebenintervenientin als Leasingnehmerin - eine in Wahrheit nicht vorhandene Rechtsposition anmaßt, über die den Gegenstand der Veräußerungsgeschäfte bildenden Kraftfahrzeuge verfügungsberechtigt zu sein.

Nach den getroffenen Feststellungen schien die Nebenintervenientin in den Typenscheinen der zu den Punkten 1., 2., 4. und 5. beschriebenen Fahrzeuge überhaupt nicht auf. Wie jedoch aus der dargestellten Rechtsprechung folgt, hätte sich der Beklagte in diesen Fällen schon allein deshalb nicht mit der Erklärung „von Vertretern und Bediensteten“ der Nebenintervenientin begnügen dürfen, die Kraftfahrzeuge stünden in deren Eigentum, sondern es wäre jedenfalls auch die Einsicht in Rechnungen und Zahlungsbelege erforderlich gewesen (so auch: Bollenberger aaO 645). Daran kann auch die Tatsache, daß die Nebenintervenientin die Typenscheine der Fahrzeuge innehatte und diese sodann dem Beklagten aushändigte, nichts ändern. Die bloße Gewahrsame an Typenscheinen läßt nämlich noch keinen Schluß darauf zu, deren Inhaber sei legitimiert, über die in diesen Urkunden beschriebenen und in seinem Besitz befindlichen Kraftfahrzeuge zu verfügen. Daß nämlich - wie im vorliegenden Fall der Inhaber der Typenscheine selbst nur Leasingnehmer ist, um die geleasten Fahrzeuge im Rahmen seiner kaufmännischen Tätigkeit weiterzuverleasen, stellt nur eine von mehreren denkbaren Möglichkeiten einer fehlenden Verfügungsmacht über die einzelnen Kraftfahrzeuge unbeschadet der an den Typenscheinen bestehenden Gewahrsame dar.

Wie die zu beurteilenden Feststellungen im übrigen belegen, ist es im Leasinggeschäft nicht unüblich, daß der Leasingnehmer als Zulassungsbesitzer im Typenschein eines Kraftfahrzeugs aufscheint. Der Beklagte durfte daher auch in jenen Fällen nicht von einer Verfügungsberechtigung der Nebenintervenientin ausgehen, in denen diese als Zulassungsbesitzerin in den Typenscheinen der zu den Punkten 3. und 6. beschriebenen Fahrzeuge eingetragen war. In diesem Zusammenhang ist nämlich auch zu beachten, daß der Beklagte den PKW Mercedes Benz 300 TE 24 V, Fahrgestell Nr. WDB 124091 1F 123800, der klagenden Partei laut seiner Rechnung vom 11.März 1992 selbst verkauft hatte und dieses Fahrzeug schon am 22.Juni 1992 also in einem nahen zeitlichen Zusammenhang mit dem Verkauf von der Nebenintervenientin zurückkaufte. Alle diese Umstände hätten beim Beklagten jedenfalls den Verdacht eines möglicherweise unredlichen Verkaufs hervorrufen müssen. Nichts anderes gilt für den PKW Mercedes Benz 300 SE, Fahrgestell Nr. WDB 140032 1A 017077, in dessen Typenschein die klagende Partei „als Käufer“ eingetragen war. Auch dieses von der klagenden Partei am 9.September 1991 erworbene Fahrzeug wurde dem Beklagten von der Nebenintervenientin bereits am 13.Juli 1992 - also nach rund zehn Monaten - verkauft. Bei diesen Erwerbsgeschäften hätte der Beklagte aber auch deshalb besonders vorsichtig sein müssen, weil er schon vorher Fahrzeuge von der Nebenintervenientin gekauft hatte, obwohl diese nicht einmal in deren Typenscheinen aufschien. Gerade auch beim bloßen Vertrauen auf eine Verfügungsbefugnis der Verkäuferin sind hohe Anforderungen an die Gutgläubigkeit zu stellen ( Bollenberger aaO 647).

Der Beklagte ließ also - unter Heranziehung eines objektiven Beurteilungsmaßstabs - in allen diesen Geschäftsfällen jene Vorsicht als Kaufmann vermissen, deren Einhaltung zur Vermeidung des Vorwurfs grober Fahrlässigkeit nach den von der Rechtsprechung geprägten Grundsätzen erforderlich gewesen wäre. Diese rechtliche Schlußfolgerung ergibt sich bereits aus den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen. Es stellt sich daher gar nicht die Frage, ob die im Verfahren erster Instanz erfolgreich gewesene klagende Partei berechtigt wäre, erstmals im Revisionsverfahren „Feststellungsmängel“ zu rügen.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens stützt sich auf §§ 52 Abs 2 und 393 Abs 4 ZPO. Wird ein stattgebendes Zwischenurteil bestätigt, ist ein Kostenvorbehalt auszusprechen (SZ 23/243).

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