JudikaturJustiz17Ob18/07g

17Ob18/07g – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. Juli 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wilhelm H***** KG, *****, vertreten durch Schwarz Schönherr Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei H*****-GmbH, *****, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung, Auskunft und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 20.500 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 30. Mai 2007, GZ 2 R 96/07w-10, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Die Gefahr künftiger Rechtsverletzungen ist eine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung und demnach grundsätzlich vom Kläger zu beweisen. Hat sich aber der Beklagte bereits rechtswidrig verhalten, so ist zu vermuten, dass er sich auch in Zukunft nicht an das Gesetz halten werde. Daher kommt es bei der Wiederholungsgefahr zu einer Umkehr der Beweislast: Der Beklagte muss besondere Umstände dartun, die eine Wiederholung seiner gesetzwidrigen Handlung als ausgeschlossen oder zumindest äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen (RIS-Justiz RS0080065).

1.2. Bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr kommt es stets darauf an, ob dem Verhalten des Verletzers in seiner Gesamtheit wichtige Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, dass er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen (RIS-Justiz RS0012087). Keine Wiederholungsgefahr besteht, wenn sich der Beklagte von der Rechtsverletzung, sobald sie ihm bekannt wird, distanziert und weder bestreitet, dass eine solche objektiv vorliegt, noch ein Recht zum beanstandeten Verhalten behauptet und auch Maßnahmen trifft, dass der unterlaufene Fehler berichtigt wird (RIS-Justiz RS0079523). Das Angebot einer exekutionsfähigen Verpflichtung ist in Fällen, in denen der Störer seine rechtsverletzende Handlung nicht bestreitet, keineswegs das einzige Verhalten, aus dem auf den Wegfall der Wiederholungsgefahr geschlossen werden kann (RIS-Justiz RS0079899 [T44]).

1.3. Ob dem Störer der Beweis des Wegfalls der Wiederholungsgefahr gelungen ist, hängt regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab (4 Ob 89/94 = MR 1994, 170 - Haustierversicherung II; 4 Ob 177/03p; 4 Ob 26/05k) und wirft - abgesehen von einer gravierenden Fehlbeurteilung - keine erhebliche Rechtsfrage auf (RIS-Justiz RS0042818).

2. Bescheinigt ist, dass die Beklagte, deren Geschäftsbetrieb regional auf Souvenirgeschäfte in Tirol begrenzt ist, zwischen September 2005 und Jahresende 2006 Kräuterlikör unter einem Zeichen vertrieben hat, das einer für die Klägerin ua für Spirituosen und Liköre registrierten Marke verwechslungsfähig ähnlich ist. Infolge geringen Umsatzes mit diesem Produkt hat es die Beklagte von sich aus Ende 2006 aus ihrem Sortiment genommen. Vor Klagseinbringung forderte die Klägerin die Beklagte nicht zur Unterlassung der Verwendung ihrer Marke auf. Nach Zustellung der auf diesen Markeneingriff gestützten Klage samt Sicherungsantrag am 20. 3. 2007 richtete die Beklagte am 25. 3. 2007 ein Schreiben an zumindest acht Souvenirgeschäfte in Tirol, von denen sie annahm, sie könnten das beanstandete Produkt noch führen. In diesem Schreiben gestand die Beklagte eine Zeichenkollision zu und forderte die Adressaten auf, allenfalls noch in deren Warenbestand befindliche Eingriffsgegenstände der Beklagten sofort aus den Regalen zu nehmen und ihr zurückzuschicken. In ihrer Äußerung zum Sicherungsantrag führte die Beklagte aus, sie habe bei der Produkteinführung nicht an einen möglichen Eingriff in fremde Schutzrechte gedacht; unter Hinweis auf die Einstellung des Produktvertriebs und die nach Klagszustellung von ihr getroffenen Maßnahmen erachtete die Beklagte die Wiederholungsgefahr als nicht gegeben.

3.1. Das Rekursgericht ist in seiner die Abweisung des Sicherungsantrags bestätigenden Entscheidung von den Grundsätzen der unter Punkt 1. dargestellten Rechtsprechung nicht abgewichen. Seine Beurteilung, auf Grund der von der Beklagten getroffenen Maßnahmen bestünden keine Zweifel an der Ernstlichkeit ihres Willens, künftig Eingriffe in Rechte der Klägerin zu unterlassen, hält sich im Rahmen des ihm in dieser Frage offenstehenden Ermessensspielraums.

3.2. Entgegen der im Rechtsmittel vertretenen Ansicht ist das Angebot einer exekutionsfähigen Verpflichtung in Fällen, in denen der Störer - wie hier - die Rechtsverletzung nicht bestreitet, keineswegs das einzige Verhalten, aus dem auf den Wegfall der Wiederholungsgefahr geschlossen werden kann. Im Anlassfall hat die Beklagte gezielte Maßnahmen eingeleitet, um die betroffenen Produkte - deren Vertrieb sie ohnehin schon seit mehreren Monaten auf Grund eigenen Entschlusses und nicht unter dem Druck der Klagsführung eingestellt hat - möglichst lückenlos aus dem Verkehr zu ziehen. Die Auffassung des Rekursgerichts, auf Grund der von der Beklagten getroffenen Maßnahmen bestünden keine Zweifel an der Ernstlichkeit ihres Willens, künftig Eingriffe in Rechte der Klägerin zu unterlassen, ist nicht zu beanstanden (ähnlich bei einem vergleichbaren Sachverhalt etwa auch 4 Ob 126/03p). Bedurfte es demnach für den Wegfall der Wiederholungsgefahr keines Angebots einer exekutionsfähigen Verpflichtung, kommt es auch nicht darauf an, ob die gerichtlich begehrte Veröffentlichungsermächtigung berechtigt ist.

Rechtssätze
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